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Die Digitalisierung und deren Auswirkungen auf den Bankensektor im Privatkundenbereich

AutorJulia Wehr
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl75 Seiten
ISBN9783668264878
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2016 im Fachbereich BWL - Bank, Börse, Versicherung, Note: 1,3, Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Rhein-Neckar e. V., Sprache: Deutsch, Abstract: Durch eine verschärfte Regulierung, einem anhaltend niedrigem Zinsniveau, massiven Kostendruck und dem weitverbreiteten Misstrauen ihrer Kunden, stehen Retail-Banken auch noch Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise vor weltweiten Herausforderungen. Hinzu kommt der zunehmende Wunsch der Kunden nach einer raschen und weitreichenden Digitalisierung im Bankensektor. Eine Herausforderung für die traditionellen Banken ist, dass nicht nur die Wettbewerber, sondern sogar branchenfremde Anbieter die Kundenbedürfnisse der nachkommenden, mit digitalen Technologien aufgewachsenen Generation besser und kostengünstiger als sie erfüllen. Daher sollten die traditionellen Banken bei digitalen Technologien, mobilen Kommunikationsformen zu einem integralen Bestandteil ihrer Geschäftsmodelle machen. Die Bereitschaft von Millionen von Kunden, sich auf neue Technologien einzulassen, wird durch den großen Erfolg mobiler Bezahlsysteme in Schwellen- und zunehmend auch in Industrieländern belegt. Ziel der Arbeit ist es, in Erfahrung zu bringen, wie weit sich die Digitalisierung auf das Retail Banking auswirkt und welche Folgen sich daraus ergeben. Außerdem soll erforscht werden, in wie weit verschiedene Banken bereits neue, an die Situation angepasste Geschäftsmodelle für ihre Kunden entwickelt haben und diese nutzen. Die Kernfragen in dieser Diplomarbeit sind: Wie sehen die Veränderungen der Banken aus? Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf das Retail Banking, also das Bankgeschäft mit den Privatkunden? Verlangt die Digitalisierung eine grundlegende Neuorganisation des ursprünglichen Bankgeschäftes?

Nach dem erfolgreichen Abschluss an der VWA Rhein-Neckar e.V. zur Betriebswirtin, habe ich mich dazu entschlossen ein Aufbaustudium an der Fachhochschule Südwestfalen zu beginnen, um den Titel Bachelor of Arts zu erwerben. Aus diesen beiden Studiengängen resultieren die publizierten Arbeiten. Praktische Erfahrungen habe ich 5 Jahre in einer Volksbank als Privatkundenberaterin gesammelt und arbeite nun als Baufinanzierungsspezialistin bei einem marktführenden Unternehmen.

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Leseprobe

3 Geänderte Umweltfaktoren


 

3.1 Auf Kundenseite


 

Der moderne Privatkunde ist laut Uwe C. Swoboda kritischer, selbstbewusster, qualitäts- und preisbewusster geworden. Aufgrund der fehlenden Akzeptanz, Ratschläge von Bankmitarbeitern kommentarlos zu akzeptieren, wird es für diese in Beratungsgesprächen heutzutage immer schwieriger. Laut führenden Marktforschungsunternehmen und Trendforschern, die Swoboda in seinem Buch nicht näher namentlich benennt, lassen sich vier Trends von Kundentypen erkennen. Diese vier Trends sind: der Fun-Client, der Smart-Client, der Convenience-Client und der Quality-Client. Sie werden im nachfolgenden Abschnitt näher beschrieben.[17]

 

Der Fun-Client wählt die Bank, die ihm den meisten Erlebniswert verspricht. Spaß ist für ihn sehr wichtig. Durch interessante Homepages und durch die Errichtung eines neuen Filialtyps wie Bankshops, Finanzshops oder Finanzagenturen, erfährt der Fun-Client seinen individuellen Zusatznutzen. Verschiedene Institute habe sogenannte Bank-Cafés mit Kaffee und Häppchen to go eröffnet, um diesen individuellen Zusatznutzen für Kunden zu erfüllen. Hier wäre beispielsweise die Wells Fargo Bank in San Francisco zu nennen. Sie bieten ihren Kunden unter anderem nicht nur Finanzdienstleistungen, sondern auch Espresso und Sandwiches zum Mitnehmen an. Der Mehrwert einer Kundenverbindung ist insbesondere für die jüngeren Kunden ein immer wichtiger werdendes Entscheidungskriterium bei der Wahl der passenden Bank.[18]

 

Ein anderer Kundentyp ist der sogenannte Smart Shopper, der sein Finanzverhalten nach seiner momentanen Präferenz differenziert. Wenn er günstige Preise bevorzugt, kontaktiert er eine Direktbank, bevorzugt er Exklusivität, lässt er sich in einer Bankfiliale beraten.[19]

 

Wiederum anders verhält sich der Convenience-Client. Da er seine Finanzgeschäfte schnell und ohne Mühe abwickeln will, akzeptiert er kaum lange Wartezeiten oder hohe Wegekosten und präferiert daher Internet-Banking. Mit dem Internet-Banking kann er jederzeit ortsunabhängig seine Bankgeschäfte abwickeln als auch aktuelle Finanzdaten einsehen.[20]

 

Als letzten Kundentyp ist der Quality-Client zu nennen. Dieser Typ wird auch informierter Privatkunde genannt. Er achtet sehr auf die Qualität der Finanzprodukte und der Beratung. Er unterscheidet diese in vier Teilqualitäten: Produktqualität, Transaktionsqualität, Service- und Beratungsqualität. Der Quality-Client erwartet also nicht nur ein hochwertiges Finanzprodukt, sondern auch eine freundliche und kompetente Beratung. Zu diesem Typ zählen neben dem gehobenen Mengenkunden vor allem vermögende Privatkunden.[21]

 

Der Kunde von heute hat außerdem die verschiedensten Bedürfnisse. Eine Übersicht hierzu gibt der nachfolgende Abschnitt.

 

Aus einer Studie der Roland Berger Strategy Consultants GmbH die in Zusammenarbeit mit VISA Europe Services Inc. im Februar 2015 erschienen ist, haben sehr mehrere Informationen ergeben, die den Bankkunden von heute beschreiben. Bei der genannten Studie fanden 30-minütige Telefoninterviews mit 2.000 Bankkunden in Deutschland und 1.000 in der Schweiz statt. Die Studie hat ergeben, dass 63% der deutschen Bankkunden ihre alltäglichen Bankgeschäfte inzwischen online erledigen. Bei Überweisungen und Kontoabfragen beispielsweise gilt für die Mehrheit der Kunden inzwischen der Grundsatz „online first“. Es gibt jedoch immer noch eine Gruppe von Kunden, die für etliche andere Services, die ebenfalls leicht online zu erledigen wären, die Filiale bevorzugt. Zu nennen wäre hier das Verwalten persönlicher Daten oder die Abfrage von Kontoauszügen. Kontostatistiken zeigen allerdings, dass der Trend klar Richtung Online geht. Lediglich 39% der Girokonten in Deutschland wurden im Jahr 2004 online genutzt, heute liegt dieser Anteil bei 55%. Dies hat sich aus einer Erhebung des Bankenverbandes ergeben. Beim Kauf neuer Bankprodukte spielt das Internet schon jetzt eine bedeutsame Rolle. Es ist für jeden vierten Kunden in der Aufmerksamkeits- und Informationsphase bereits der wichtigste Kanal. Hohe Online-Relevanz zeigt sich zum Beispiel beim Kreditkartengeschäft, welches als Vorreiter für die digitalen Kanäle gilt. Das Internet ist hier sogar der wichtigste Kanal, die Filiale folgt erst danach. Dafür sind drei Gründe ausschlaggebend: Kreditkarten sind relativ leicht verständliche und vergleichbare Produkte. Bankkunden haben bereits durch diverse Online Shopping Erfahrungen gelernt, vieles online zu erwerben. Dazu gehört unter anderem die Beantragung von Kreditkarten über das Internet. Was die Beratung betrifft, ist die Filiale dem Netz immerhin noch ebenbürtig. Diese Vorliebe könnte jedoch weiter schwinden, da die Kunden laut der oben genannten Studie vermehrt Online-Kanäle bevorzugen, da sie hier einen Mehrwert im Netz sehen und die Hürden in der Nutzung gering sind. Für einfache Bankprodukte wird Flexibilität und Schnelligkeit geschätzt. Die Bereitschaft für eine intensive Nutzung von Online-Angeboten ist vorhanden, jedoch wünschen sich die Kunden etliches noch einfacher und bequemer.[22]

 

 

Abbildung 2: Durchschnittliche Nutzung von Informationsquellen für Finanzprodukte in %, In: Vater, D./ Cho, Y./ Sidebottom, P. (2012)

 

In der Abbildung zwei ist die durchschnittliche Nutzung der verschiedenen Informationsquellen in Bezug auf Finanzprodukte in Prozent dargestellt. Die Daten sind aus einer Studie des Managementberatungsunternehmens Bain & Company aus dem Jahr 2012 entnommen. Aus der Studie ist ersichtlich, dass die primär bevorzugte Informationsquelle für Finanzprodukte das Internet ist. Dies liegt vermutlich unter anderem an der Möglichkeit rund um die Uhr alle möglichen Informationen in relativ kurzer Zeit zu erlangen. Mit etwa 50 Prozent erreicht der Bankberater als Quelle für Informationen rund um Finanzprodukte und Serviceangebote den zweiten Rang als bevorzugten Kanal. Danach folgen Freunde, unabhängige Makler und sonstige Informationsquellen.

 

Um die Nutzung von Online-Kanälen weiter zu stärken, sollten die Banken noch weiter Hürden abbauen die sich in der Phase des Kaufabschlusses befinden. Der Abschluss von Bankgeschäften im Internet scheiterte lang an technischen oder rechtlichen Hürden. Als Beispiel ist hier die Legitimation zu nennen. Digital-affine Bankkunden mussten für eine persönliche oder Postident-Identifizierung von Online nach Offline wechseln. Seit 2014 erlauben gelockerte BaFin-Standards allerdings ein webbasiertes Legitimationsverfahren, sodass Abschlüsse ohne Medienbruch möglich sind. Um die Kunden über passende Online-Angebote bis zum Kaufabschluss enger an sich zu binden, sollten Banken neue Möglichkeiten nutzen und innovative Lösungen für Kunden anbieten.[23]

 

Ein weitere These, welcher sich aus der Studie der Roland Berger Strategy Consultants GmbH in Zusammenarbeit mit VISA Europe Services Inc. ergeben hat, ist, dass sich 55% der Kunden innovative Filialkonzepte wünschen. Die Banken sollen sich bei Vorreitern anderer Branchen wie Apple oder Starbucks kundenorientierte Lösungen abschauen. Dass das Filialsterben Realität ist, kann man permanent den öffentlichen Nachrichten entnehmen. Seit dem Jahr 2004 ist die Filialdichte deutscher Privatbanken um 30% zurückgegangen. Diese Entwicklung wird sich weiter fortsetzen, da der Kostendruck für Banken stetig wächst. Jedoch stehen auch viele Kunden dem Filialabbau skeptisch gegenüber. Bei der Auswahl der Hausbank ist für 62% die Nähe zur Filiale ein wichtiges Kriterium. Daraus kann man schließen, dass eine Mehrheit der Kunden die Filiale vor Ort nicht missen möchte. Eine individuelle und persönliche Beratung bei komplexen Bankprodukten ist aus Kundensicht sehr wichtig. Jedoch hat die Filiale nicht immer den primären Rang. 64% der Befragten der Roland Berger Studie würden bei gleichen Konditionen, im Vergleich zum Internet, lieber in der Filiale abschließen. Für viele von Ihnen, nämlich 69%, sind die Konditionen bei Bankgeschäften nicht das ausschlaggebende Kriterium. Nur einer von vier Kunden würde für eine persönliche Beratung zahlen, das bedeutet, dass die Filiale nur konkurrenzfähig ist, solange sie nicht teurer als die Online-Alternative ist. Rentable Beratungsmodelle, die der Kunde als gleichwertig zur Online-Alternative auffasst, wären eine gute Lösung hierfür. Der persönliche Kontakt mit dem Kunden ist zwar teuer, aber auch überaus wertvoll. Daher müssen Kapazitäten bleiben, in denen man Kunden bei Bedarf ausführliche Beratungsgespräche anbieten kann. Großes Potenzial besitzen auch Videotelefonie und Chats für Beratungsgespräche. Zum einen wegen der Schnelligkeit und Flexibilität. Zum anderen weil man dadurch die Beratungsqualität noch steigern kann, wenn beispielsweise ein Spezialist noch im Kundengespräch per Videochat hinzugezogen werden kann.[24]

 

Moderne Lösungen mit der passenden Atmosphäre zu verbinden, wird bei der Filiale der Zukunft ein wichtiger Punkt sein. Sogar Konzepte, die komplett mit dem bisherigen Bild von Banken brechen, können sich 55% der Kunden vorstellen. Eine Idee wäre es, sich bei der Atmosphäre und dem Service an Apple oder Starbucks anzulehnen. Jeder vierte Kunde findet, dass sich die Banken bei einfachen Bankgeschäften an Discountern wie Aldi oder Lidl orientieren sollten, da...

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