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E-Book

Die Farben der Lust

Sex in lesbischen Liebesbeziehungen

AutorRenate Stendhal
VerlagVerlag Krug & Schadenberg
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl164 Seiten
ISBN9783959172073
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
Frisch verliebt. Wir schweben im siebten Himmel. Die Hormone spielen irdisch verrückt. Unser Sexleben ist aufregend und voller Leidenschaft, unser Begehren endlos. Doch nach einiger Zeit flaut die Lust ab, Frust macht sich bereit - trotz aller Liebe. Schließen Leidenschaft und intime Nähe sich zwangsläufig aus? Wenn wir als Paar zusammenbleiben, uns jedoch nicht mit einem sexlosen Liebesleben arrangieren möchten, muss sich etwas ändern. Aber wie? Renate Stendhal geht dieser Frage nach und stellt fest: »Die Wahrheit ist wohl das stärkste Aprodisiakum, das es gibt.« Indem wir ehrlich sind und einander die Wahrheit sagen, indem wir Kontrolle aufgeben und damit etwas Riskantes, Wagemutiges tun, können wir unser erotisches Feuer neu entfachen. In »Die Farben der Lust« begleiten wir die Autorin und weitere Frauen auf ihrem Weg zu neu entflammender Leidenschaftlichkeit und finden Inspiration für unser eigenes Liebesleben.

Renate Stendhal, aufgewachsen in Berlin und Hamburg, lebt nach langjährigem Paris-Aufenthalt heute mit ihrer Partnerin Kim Chernin in Point Reyes, Kalifornien. Sie arbeitet als Einzel- und Paartherapeutin und schreibt Kulturkritiken für »Scene4 Magazine« und die »Huffington Post«. Zu ihren deutschen Veröffentlichungen zählen »Cecilia Bartoli. Eine Liebeserklärung« (gemeinsam mit Kim Chernin) und »Gertrude Stein: Ein Leben in Bildern und Texten«. Im Verlag Krug & Schadenberg ist ihr Buch »Die Farben der Lust. Sex in lesbischen Liebesbeziehungen« erschienen, das unterdessen in der zweiten Auflage und als E-Book vorliegt. Renate Stendhals Pariser Memoiren, »Kiss Me Again, Paris«, erscheinen im Sommer 2017 bei IFSF Publishing.

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Leseprobe

Vorwort


Die sieben Stadien des lesbischen Begehrens Oder: Was hat die Wahrheit damit zu tun?


Als junge Lesbe hatte ich geradezu panische Angst vor dem Verlust sexueller Leidenschaft und hegte große Zweifel, ob es mir gelingen würde, dem zu entrinnen. Monogamie schien mir der sichere Weg zu sexueller Langeweile. Meine Erfahrung mit serieller Monogamie lehrte mich, dass das Begehren unweigerlich einem langsamen Tod geweiht war. Doch meine Intuition sagte mir etwas anderes. Die Behauptung, dass Leidenschaft und Intimität nicht nebeneinander bestehen können, roch verdächtig nach einem patriarchalen Mythos. Ich begann diese berühmte Unvereinbarkeit zu hinterfragen. Es musste einen Weg geben, anhaltende Liebe und heißen Sex in Einklang zu bringen.

Es gibt Zeiten im Leben, in denen Monogamie einen zu großen Kampf gegen unsere Hormone erfordert oder in krassem Gegensatz zu dem Zeitgeist steht, dem wir uns verpflichtet fühlen. Solch eine Zeit erlebte ich während der zweiten Welle der Frauenbewegung in den siebziger Jahren. In Paris, wo ich damals lebte, strömten täglich neue Frauen in die politischen Versammlungen und Selbsterfahrungsgruppen – und jede von ihnen war eine potentielle Verführerin oder ein Objekt des Begehrens. Das erotische Vermögen von Frauen schien grenzenlos: Frau mit Frau, mit zwei Frauen, drei Frauen, einem ganzen Kollektiv, einem ganzen Raum voller Frauen. Zu dieser Zeit hatte Monogamie natürlich nicht die geringste Chance.

Während meiner promiskuitiven Jahre gestand ich mir kaum jemals ein, dass mir etwas fehlte. Meine Abenteuer, meine Affären und polyamourösen Experimente waren eine gute sexuelle Lehrzeit, aber sie entpuppten sich oft als emotional oder intellektuell frustrierend oder erstickten an eifersüchtigen Komplikationen. Die sexuelle Hochstimmung war kurzlebig. War ich immer noch auf der Suche nach »der Richtigen«? Ein romantischer Mythos? Ich gelangte schließlich zu der Überzeugung, dass die auf ewig sexuell attraktive, interessante und faszinierende Frau meiner Träume nicht existierte.

Als ich mich im Alter von einundvierzig Jahren erneut ernsthaft verliebte, war ich demzufolge misstrauisch – trotz meines Entzückens. Ich zog nach Berkeley, Kalifornien, um mit dieser Frau zusammenzusein, die ebenfalls Autorin und Feministin war und meine Liebe zur französischen Kultur und zur deutschen Lyrik teilte. Doch ich war entschlossen, nicht einen Tag länger bei ihr zu bleiben, als meine sexuelle Leidenschaft währte.

Heute, achtzehn Jahre später, hat sich meine frühere Intuition bestätigt: Leidenschaft und Intimität schließen sich nicht zwangsläufig aus. In einer Beziehung ist vieles möglich, wenn die beiden Liebenden zueinander passen, wichtige Interessen miteinander teilen, einander mögen wie beste Freundinnen, sich immer noch anziehend finden, neugierig aufeinander bleiben und, am wichtigsten von allem, sich trauen, ehrlich miteinander zu sein. Zu meiner Überraschung stellte ich fest, dass Wahrheitsliebe im Umgang mit Gefühlen und Körperempfindungen der Schlüssel für anhaltendes Begehren sein kann. Das hatte mir, soweit ich mich erinnern konnte, nie jemand gesagt. Zwar ist viel die Rede davon, dass Ehrlichkeit in allen ethischen und moralischen Beziehungen und natürlich in Liebesbeziehungen eine wichtige Rolle spielt, doch wer hätte je gedacht, dass Ehrlichkeit erotisch sein könnte? Dass Wahrheit ein Aphrodisiakum sein könnte?

Als ich mich in Kim, meine Amerikanerin in Paris, verliebte, bestand einer unserer besonderen erotischen Genüsse darin, zusammen Obst zu essen. Ich erinnere mich an den Morgen nach unserer ersten Liebesnacht in Paris. Meine Wohnung bestand aus drei winzigen chambres de bonnes, Mädchenkammern, in der Mansarde eines alten Hauses. Sie gingen auf einen Hof mit einer Kastanie hinaus, hinter der sich kilometerweit graue Schieferdächer und ziegelrote Schornsteine erstreckten, bis das Auge am Horizont auf den Eifelturm traf. Ich schlich mich in aller Frühe hinaus, als Kim noch schlief, und kaufte frische Croissants und Erdbeeren. Als sie aufwachte, küsste ich sie und fütterte sie, fütterte sie und küsste sie. Ich bot ihr eine Erdbeere an, die ich zwischen meinen Zähnen und Lippen hielt, und neckte sie, indem ich nicht losließ, als sie in die Beere beißen wollte. Dieses Spiel, bei dem ich sie fütterte, mich ihr entzog, dann wieder nachgab und sogar die Beere verfolgte, die bereits in ihrem Mund verschwunden war, stellte einen besonderen Anreiz für mich dar. Es spielte mit den klassischen Elementen der Verführung: sich darbieten und sich enthalten, Verfolgung und Flucht, Aggression und Hingabe. Die Mischung aus saftig-süßer Frucht und Zunge war ein erotisches Hors d’œuvre, das ein Fest ohnegleichen versprach.

Wir wiederholten dieses Spiel anschließend noch viele Male – mit Kirschen, Schokolade und anderen Köstlichkeiten. Jedes Mal, wenn wir es spielten, fanden wir uns in meine kleine Wohnung zurückversetzt mit der Zimmerpalme und der Matratze auf dem Boden, dem Licht, das durch das Fenster hereinflutete, und dem Begehren, das unsere überraschten, berückten Körper durchströmte.

Doch irgendwann in Laufe der Zeit verschwand dieses Spiel von unserer Speisekarte. Wir vergaßen es einfach – ich zumindest, denn eines Tages stellte ich fest, dass es verschwunden war. Als ich versuchte, es zurückzuholen, zusammen mit den liebgewonnenen Erinnerungen an die Zeit unserer anfänglichen Leidenschaft, gelang es mir nicht. Kim war nicht länger in der Stimmung, es zu spielen. Irgendetwas hatte sich verändert. Anfangs war ich beunruhigt; ich fühlte mich zurückgewiesen, ich war bestürzt. Mir dämmerte, dass es auch noch andere Lieblingsspielarten der erotischen Kommunikation gegeben hatte, die wir fallengelassen oder die uns im Lauf der Zeit verlassen hatten. Ich musste zugeben, dass auch meine sexuellen Vorlieben nicht mehr dieselben waren wie früher: Auch ich enthielt Kim erotische Genüsse vor, die sie einmal besonders geschätzt hatte, zu denen ich jedoch keine Lust mehr verspürte. Ging uns unser sexueller Appetit verloren? Fingen wir an, uns miteinander zu langweilen? Erhob das Schreckgespenst des lesbischen Bettentods wieder einmal sein schauriges Haupt?

Ich vermute, dass alle Paare, die das Stadium der Verliebtheit überdauert haben, die Situation wiedererkennen. Es ging mir plötzlich auf, dass Kim und ich ähnliche »Klimaveränderungen« in unseren früheren Beziehungen erlebt hatten. Als Therapeutin hörte ich darüber hinaus auch von meinen Klientinnen einiges über diese wechselnden erotischen Stimmungen. Das Muster des Begehrens, das sich in Beziehungen gewöhnlich abzeichnet, würde ich folgendermaßen beschreiben:

Stadium 1: Verliebtsein


Dieses Stadium stellt den Hauptbezugspunkt in unserer Kultur dar. Auf dieses Stadium werden wir von Anfang an zugerichtet mit Märchen von Prinzen und Prinzessinnen, die sich auf den ersten Blick ineinander verlieben und auf geheimnisvolle Weise bis an ihr Lebensende glücklich miteinander sind. Unzählige Filme führen uns Menschen vor, die sich ineinander verlieben. Wir bekommen es so oft demonstriert, dass wir automatisch annehmen, dass Liebe dasselbe ist wie Verliebtsein – oder zumindest so aussieht. Wir begreifen nicht, dass Verliebtsein kein Normalzustand ist. Es ist wie ein Drogentrip, ein außergewöhnliches High. Wir befinden uns in einem Ausnahmezustand. Unser Gleichgewicht ist aus dem Lot, und wir geraten in Gefahr, über unsere eigenen Füße zu stolpern, uns lächerlich oder gar unmöglich zu machen. Wir können vom Objekt unseres Begehrens völlig besessen sein. Alles, was wir tun, und alles, was unsere Angebetete tut, wird mit bangem Eifer auf der Skala »Komme ich ihr näher?« bemessen. Fühlt sie sich zu mir ebenso hingezogen wie ich mich zu ihr? Oder wird es nur zu einer Freundschaft reichen? Wir sind verabredet: Werden wir Sex miteinander haben? Wer macht den ersten Schritt? Was, wenn der Sex enttäuschend ist? Wird das alles ruinieren? In diesem erregten Zustand der Ungewissheit, des gesteigerten Begehrens und Bangens essen wir kaum, schlafen wir kaum, vergessen wir unsere Pflanzen zu gießen, schwänzen wir die Schule, vernachlässigen wir unseren Job. Wir können es als einen nicht weiter gefährlichen Fall von Wahnsinn bezeichnen.

Stadium 2: Flitterwochen


Der harmlose Fall von Wahnsinn dauert an. Die sexuelle Macht dieses Stadiums fegt all unsere Grenzen hinweg. Über Nacht verwandeln uns Ekstase, Angst und Begehren in Abenteuerinnen, in Entdeckerinnen unbekannter Kontinente von Leib und Seele. Wir lieben einander. Wir überwinden unsere üblichen Hemmungen. Plötzlich mögen wir den Anblick unseres Körpers im Spiegel und trauen uns, nackt zu tanzen. Plötzlich haben wir keine Bedenken, von allem, wonach uns verlangt, so viel zu essen, wie wir wollen. Wir entdecken unsere Lust auf oralen Sex. Mit erstaunlicher Risikofreude lassen wir uns auf sexuelle Spiele ein, die wir uns bis dahin allein in unserer...

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