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E-Book

Ein Universum aus Nichts

... und warum da trotzdem etwas ist

AutorLawrence M. Krauss
VerlagKnaus
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl256 Seiten
ISBN9783641091149
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Eine Reise zu den Ursprüngen unseres Universums
Warum gibt es alles und nicht nichts? Worüber sich Philosophen seit Jahrhunderten den Kopf zerbrechen, darauf weiß die Physik Antwort: Nach den neuesten Erkenntnissen kann durchaus alles aus dem Nichts entstanden sein. Und mit Lawrence Krauss ist das gar nicht so schwer zu verstehen. Ironisch, böse und zugleich mit einem Augenzwinkern weiß Krauss selbst die Erkenntnis, dass wir aller Wahrscheinlichkeit nach auch im Nichts verschwinden werden, höchst amüsant zu präsentieren, und schont dabei niemanden: weder Philosophen noch Theologen noch sich selbst.

Die Frage nach der Entstehung unseres Universums ist eine der bemerkenswertesten Erkundungsreisen, die die Menschheit je unternommen hat. Einstein, Hubble, Relativitätstheorie, Inflation und Quantenmechanik - kein Bereich der Kosmologie, über den Lawrence Krauss nicht verständlich und vor allem spannend zu erzählen weiß. Dabei fragt er immer auch nach den Quellen unseres Wissens: Wie hat sich unsere Vorstellung vom Ursprung aller Dinge entwickelt? Weshalb wissen wir, was wir heute wissen? Und warum können wir davon ausgehen, dass das auch stimmt? Mit Ein Universum aus Nichts hat er ein Buch geschrieben, das schlau macht - voller Seitenhiebe gegen die theologische Zunft und alle anderen esoterischen Welterklärungen. Ganz ohne Berechnungen.

Der Professor für Physik und Astronomie sowie Leiter der Fakultät für Physik an der Case Western University wird als Autor mehrerer Sachbücher bekannt, die ihm viel Lob und Anerkennung einbringen: 'Fear of Physics: A Guide for the Perplexed' und 'The Fifth Essence: The Search for Dark Matter' lauten zwei dieser Titel. Außerdem publiziert er über 100 wissenschaftliche Artikel. Für seine Arbeit wird er mit mehreren internationalen Preisen ausgezeichnet , unter anderem 1986 mit dem Presidential Investigator Award des Weißen Hauses.

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Leseprobe

1. Kapitel

Ein kosmisches Geheimnis – die Anfänge

Das eigentliche Geheimnis, das jede Reise begleitet:
Wie kam der Reisende überhaupt an den Ausgangspunkt?

Louise Bogan, Journey Around My Room

Es war eine finstere, stürmische Nacht …

Anfang 1916 hatte Albert Einstein die großartigste Arbeit seines Lebens abgeschlossen – eine Jahrzehnte dauernde, intensive geistige Auseinandersetzung, in der er eine neue Theorie der Gravitation entwickelte und diese als Allgemeine Theorie der Relativität bezeichnete. Dabei handelte es sich jedoch nicht nur um eine neue Theorie der Schwerkraft, sondern auch um eine neue Theorie von Raum und Zeit. Und es war die erste wissenschaftliche Theorie, die nicht nur erklären konnte, wie Objekte sich durch das Universum bewegen, sondern auch, wie das Universum selbst sich möglicherweise entwickeln würde.

Die Sache hatte jedoch einen Haken. Als Einstein begann, seine Theorie auf die Darstellung des Universums insgesamt anzuwenden, wurde deutlich, dass sie nicht das Universum schilderte, in dem wir offensichtlich leben.

Jetzt, fast 100 Jahre später, kann man sich kaum wirklich vorstellen, wie sehr sich das Bild unseres Universums in der Zeit eines Menschenlebens verändert hat. Was die wissenschaftliche Gemeinde im Jahr 1917 anging, galt das Universum als statisch und ewig, bestand aus einer einzigen Galaxie, unserer Milchstraße, und war umgeben von einem weitläufigen, unendlichen, finsteren und leeren Raum. Genau das, was man vermuten musste, wenn man mit bloßem Auge oder einem kleinen Fernrohr zum Nachthimmel aufschaute, und damals gab es kaum einen Grund, etwas anderes zu unterstellen.

Wie in Newtons Theorie der Schwerkraft ist die Gravitation auch in Einsteins Theorie eine ausschließlich anziehende Kraft zwischen allen Objekten. Das heißt, es ist unmöglich, eine Anordnung von Massen im Weltraum für alle Zeiten an Ort und Stelle zu halten. Ihre wechselseitige Anziehung aufgrund der Schwerkraft wird letztlich dafür sorgen, dass sie ineinanderfallen, was eindeutig im Widerspruch zu einem scheinbar statischen Universum steht.

Für Einstein war die Tatsache, dass seine Theorie der Allgemeinen Relativität offensichtlich nicht mit dem damals gültigen Bild des Universums übereinstimmte, ein größerer Schlag, als man heute vielleicht glaubt. Die tiefer liegenden Gründe erlauben es mir, mit einem Mythos über Einstein und die Allgemeine Relativität aufzuräumen, der mich immer gestört hat. Gewöhnlich geht man davon aus, dass Einstein jahrelang zurückgezogen in einer Art Elfenbeinturm arbeitete und mithilfe von reinem Denken und Vernunft zu seiner schönen, von der Wirklichkeit unabhängigen Theorie kam. (Vielleicht in der Art mancher Stringtheoretiker unserer Zeit.) Doch nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein.

Einstein ließ sich im Grunde immer von Experimenten und Beobachtungen leiten. Während er im Geist viele »Gedankenexperimente« durchspielte und mehr als ein Jahrzehnt lang hart arbeitete, erlernte er neue mathematische Verfahren und folgte dabei vielen falschen theoretischen Hinweisen, ehe er schließlich eine Theorie hervorbrachte, die tatsächlich von mathematischer Schönheit war. Der wichtigste Moment für die Entwicklung seiner Liebesbeziehung zur Allgemeinen Relativität hatte jedoch mit Beobachtungen zu tun. Während der letzten hektischen Wochen, in denen er seine Theorie im Wettstreit mit dem deutschen Mathematiker David Hilbert vollendete, berechnete er mithilfe seiner Gleichungen eine Vorhersage, die ansonsten vielleicht eher als obskures astronomisches Resultat gegolten hätte: eine geringfügige Präzession im Perihel (dem Punkt der engsten Annäherung) der Umlaufbahn des Merkur um die Sonne.

Astronomen hatten schon seit Langem bemerkt, dass die Umlaufbahn des Merkur ein wenig von der abwich, die Newton vorhergesagt hatte. Diese Umlaufbahn war nämlich keine makellose Ellipse, die in sich selbst zurückführte, sondern wies eine geringfügige Präzession auf. 1 Deren Betrag ist mit 43 Bogensekunden (etwa 1/100 eines Grades) pro Jahrhundert unglaublich klein.

Als Einstein diese Berechnung mithilfe seiner Theorie der Allgemeinen Relativität ausführte, erhielt er genau die richtige Zahl. Abraham Pais, ein Biograf Einsteins, drückt es so aus: »Diese Entdeckung war, wie ich glaube, bei Weitem das stärkste emotionale Erlebnis in Einsteins wissenschaftlichem und möglicherweise in seinem gesamten Leben.« Er erklärte, Herzklopfen verspürt zu haben, als sei in seinem Inneren »etwas gesprungen«. Einen Monat später, als er im Gespräch mit einem Freund seiner Theorie »unvergleichliche Schönheit« attestierte, war seine Freude über die mathematische Form in der Tat sehr ausgeprägt, doch vom Herzklopfen war keine Rede mehr.

Die offensichtliche Unstimmigkeit zwischen der Allgemeinen Relativität und dem beobachteten »statischen« Universum bestand jedoch nicht lange – obwohl sie Einstein dazu veranlasste, eine Modifikation in seine Theorie einzubauen, die er später als seinen größten Fehler bezeichnete. Doch dazu weiter unten mehr. Inzwischen weiß jeder (mit Ausnahme gewisser Schulämter in den USA), dass das Universum nicht statisch ist, sondern sich ausdehnt, und dass diese Expansion vor etwa 13,7 Milliarden Jahren in einem unfassbar heißen, dichten Urknall begann. Ebenso bedeutend ist die Erkenntnis, dass unsere Galaxie nur eine von mehr als 100 Milliarden Galaxien im beobachtbaren Universum ist. Es geht uns hier wie den ersten Kartografen der Erde – wir fangen gerade an, das Universum in seinen größten Maßstäben zu erfassen. Da muss es einen natürlich nicht wundern, dass unser Bild des Universums in den letzten Jahrzehnten revolutionäre Wandlungen erfahren hat.

Die Entdeckung, dass das Universum nicht statisch ist, sondern vielmehr expandiert, hat tiefe philosophische und religiöse Bedeutung, weil sie nahelegt, dass unser Universum einen Anfang hat. Ein Anfang schließt Schöpfung ein, und Schöpfung rührt Emotionen auf. Während es nach der Entdeckung des expandierenden Universums im Jahr 1929 mehrere Jahrzehnte dauerte, bis die Vorstellung eines Urknalls unabhängige wissenschaftliche Bestätigung erhielt, verkündete Papst Pius XII. bereits 1951, dieser Befund sei ein Beleg für die Schöpfung. Er führte aus:

… es scheint, als sei es der heutigen Wissenschaft mit einem einzigen Streich über die Jahrhunderte zurück gelungen, Zeugnis abzulegen von dem erhabenen Augenblick des ersten Fiat Lux (Es werde Licht), als zusammen mit der Materie aus dem Nichts ein Meer aus Licht und Strahlung hervorbrach und sich aufteilte und sich zu Millionen Galaxien formte. Demnach hat [die Wissenschaft] mit der für wissenschaftliche Beweise charakteristischen Konkretion die Kontingenz des Universums bestätigt und dazu die wohlbegründete Deduktion der Epoche, in der die Welt aus der Hand des Schöpfers hervorging. Daher hat die Schöpfung stattgefunden. Wir sagen: Deshalb gibt es einen Schöpfer. Folglich gibt es Gott!

Dabei ist die komplette Geschichte ein wenig interessanter. Tatsächlich war es ein belgischer Priester und Physiker namens Georges Lemaître, der als Erster einen Big Bang in Erwägung zog. Lemaître verfügte über eine bemerkenswerte Kombination von Fähigkeiten. Er begann seine Studien mit dem Fach Ingenieurswissenschaften, war im Ersten Weltkrieg ein hochdekorierter Artillerist und wandte sich dann der Mathematik zu, während er Anfang der 1920er Jahre für das Priesteramt studierte. Dann befasste er sich mit Kosmologie und studierte zunächst bei dem berühmten britischen Astrophysiker Sir Arthur Stanley Eddington, ehe er nach Harvard ging und schließlich vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) einen zweiten Doktortitel in Physik erhielt.

Ehe Lemaître 1927 seinen zweiten Doktortitel bekam, hatte er Einsteins Gleichungen für die Allgemeine Relativität gelöst und gezeigt, dass die Theorie ein nicht statisches Universum vorhersagt und tatsächlich nahelegt, dass das Universum, in dem wir leben, expandiert. Diese Feststellung erschien so ungeheuerlich, dass Einstein selbst energisch einwandte: »Ihre Mathematik ist korrekt, doch Ihre Physik ist abscheulich.«

Lemaître machte dennoch weiter – 1930 ging er außerdem davon aus, unser expandierendes Universum habe eigentlich als unendlich kleiner Punkt begonnen, den er als »Uratom« bezeichnete, wobei dieser Anfang »ein Tag ohne Gestern« sei (was vielleicht als Anspielung auf die Schöpfungsgeschichte gemeint war).

Die Vorstellung eines Urknalls, die Papst Pius so laut verkündete, war also zuerst von einem Priester entwickelt worden. Man könnte vielleicht annehmen, dass Lemaître über diese päpstliche Einschätzung begeistert war, doch er selbst hatte die Idee schon aufgegeben, dass diese wissenschaftliche Theorie theologische Konsequenzen haben könnte, und im Entwurf seines 1931 erschienenen Aufsatzes über den Urknall einen Absatz zu dieser Frage gestrichen.

Tatsächlich widersprach Lemaître später der vom Papst 1951 verkündeten Behauptung, der Urknall sei ein Schöpfungsbeweis. 2 Zu dieser Zeit war er in die vatikanische Pontifikalakademie gewählt worden, deren Präsident er später werden sollte. Er drückte es so aus: »Soweit ich das erkennen kann, bleibt eine solche Theorie vollständig außerhalb jeder metaphysischen oder religiösen Fragestellung.« Der Papst kam später nie mehr öffentlich auf diese Behauptung zurück.

Daraus lässt sich eine wertvolle...

Blick ins Buch

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