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E-Book

Einfach mal klarkommen

Studium - Praktikum - Klinikum. Eine wahre Geschichte

AutorJennifer Elise Bentz
VerlagEden Books - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl240 Seiten
ISBN9783944296173
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Jennifer wird bald dreißig und hat endlich ihr Studium hinter sich. Im Gepäck hat sie alles, was man für einen erfolgreichen Karrierestart braucht: Gute Noten, Auslandserfahrung, Praxissemester. Doch die Arbeitgeber der Nation haben nicht auf Jennifer gewartet. Anstatt mit der ersehnten Festanstellung steigt sie mit einem Praktikum ins Arbeitsleben ein und arbeitet rund um die Uhr. Ihr Ziel: Eine sichere Anstellung ergattern. Doch Jennifers Ehrgeiz treibt sie in die Erschöpfung und führt schließlich zum Zusammenbruch. Mit der Diagnose Burn-out kommt sie auf die psychosomatische Station einer Klinik. Hier findet sie wieder Freude am Leben, erlebt allerhand skurrile Situationen und lernt vor allem, auf ihre eigenen Bedürfnisse zu hören. Überforderung und Stress gehören im Berufsalltag mittlerweile dazu. Das Arbeitsleben wartet mit immer höheren Anforderungen auf, der Leistungsdruck steigt und damit auch die gesundheitlichen Belastungen. Der problematische Jobeinstieg über zahlreiche Praktikumsstellen und befristete Verträge lässt junge Akademiker das Modell Karriere als Lebensinhalt infrage stellen. Ein Wertewandel findet statt, der berufliche Erfolg als Statussymbol wird abgelöst durch ein Streben nach mehr Lebensqualität. Das Buch erzählt humorvoll und ehrlich von einem der hochaktuellen Themen unserer Zeit und verleiht der Generation Praktikum eine Stimme.

Jennifer Elise Bentz wurde 1980 geboren und studierte Publizistik und Filmwissenschaft. Sie lebt zusammen mit ihrem Freund und ihrem Sohn in Mainz.

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Leseprobe

Kapitel 1

Überforderte Praktikantin eliminiert sich selbst


Es ist viertel vor acht Uhr morgens, ich rauche Kette und hänge in der Warteschleife für Geistesgestörte. »Bitte halten Sie die Verbindung, der nächste freie Mitarbeiter wird sich um Ihre Belange kümmern.« Es folgt eine leicht psychedelische Musik, von der mir übel wird. Vielleicht liegt es aber auch an der siebten Zigarette in Folge.

»Wer sind Sie und was wollen Sie hier?«, schrie mein neuer Chef, als ich mich am ersten Arbeitstag in seinem Büro vorstellte. Das ist gerade mal drei Wochen her. Ich erklärte, wer ich war und was ich wollte. »Frau Bentz also! Aha! Die neue Praktikantin! Guuut für Sie! Aber wieso stehen Sie hier so untätig rum?« Sein Tonfall steigerte sich zum Ende des Satzes hin zu einer merkwürdigen Mischung aus Wut und Weinerlichkeit. »Mein Gott, starren Sie nicht so, Sie arbeiten nicht nur nichts, Sie halten mich auch noch auf!« Er rüttelte nervös an dem nichtssagenden Brillengestell, das auf seiner spitzen Nase saß, und fuhr sich mehrmals mit den Händen durch die Haare, obwohl er keine mehr hatte. Ich schloss die Tür. Hölzern ging ich den Weg zurück durch den Flur, um im Anschluss eine halbe Stunde verdutzt und regungslos in der Mitte meines kleinen Büros zu stehen. Danach setzte ich mich an den Computer und nahm meinen ursprünglichen Plan wieder auf, als Praktikantin der Spielfilm-Abteilung einer TV-Produktionsfirma überdurchschnittlich gute Arbeit zu leisten. Von den fünf Praktikanten, so hieß es, würden zwei in ein einjähriges Ausbildungsprogramm übernommen – und ich wollte dabei sein. So saß ich noch im Büro, als alle anderen schon längst gegangen waren, und arbeitete an einer Übungskalkulation, eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, die vermutlich eigens für die Praktikanten erstellt worden war. Damit waren meine verklärt-romantischen Vorstellungen, gleich am ersten Arbeitstag durch einen genialen Geistesblitz zur gefeierten Heldin der gesamten Filmcrew zu werden, höhnisch lachend an der Realität zerschellt. Außerdem war ich mir sicher gewesen, dass derartige fingierte Textaufgaben zeitgleich mit dem Uni-Abschluss aus meinem Leben verschwinden würden. Und Platz machten für echte, verantwortungsvolle Arbeit. Etwas deprimiert arbeitete ich weiter, bis eine Putzfrau in blauem Kittel mit beängstigend schlechter Laune um mich herumwischte und dabei energisch auf Polnisch redete. Es klang so, als würde sie sich bei sich selbst über mich beschweren. Anschließend warf sie mich raus, weil sie abschließen wollte.

»Frau Beeentz«, hörte ich eine ungewöhnlich hohe Männerstimme rufen, als ich am nächsten Morgen übermüdet aus dem Aufzug im sechsten Stock des Firmengebäudes stieg.

»Ja?« Mein Blick fiel auf einen kleinen, dunkelhäutigen Mann mit modischer Frisur und edlem Anzug, der eiligen Schrittes auf mich zuging und bereits seine Hand ausstreckte, als er noch fünf Meter von mir entfernt war.

»Landmeier mein Name, Online-Marketing und Personal, hallo«, stellte er sich vor und schüttelte freudestrahlend meine Hand. »Ich war gestern außer Haus und konnte Sie nicht persönlich begrüßen. Jetzt aber! Wie fühlt man sich denn so in den ersten Tagen am neuen Arbeitsplatz?«

Tja, wie fühlt man sich, wenn man jahrelang studiert hat, um danach als Junior-Producerin oder Redaktionsvolontärin zu arbeiten, und letztendlich wieder nur als Praktikantin endet? Und wenn man außerdem am ersten Tag von einem brüllenden Chef und einer mies gelaunten Putzfrau empfangen wird? Wie fühlt man sich also? Beschissen natürlich.

»Gut«, sagte ich und lächelte Herrn Landmeier an. Er war mir trotz allem sympathisch. Eine Tür weiter stellte er mich der ersten Sekretärin, Frau Segmüller, vor. Eine freundlich aussehende, etwa fünfzigjährige Dame mit auberginefarbenem Kurzhaarschnitt und einer silbernen Brille, die sie aber nicht auf der Nase, sondern an einer Kette um den Hals trug. Sie blickte interessiert auf.

»Das ist Frau Bentz«, sagte Herr Landmeier, »unsere neue Praktikantin. Sie hat gerade in diesem Monat ihr Studium beendet.«

Ich spürte einen pochenden Kopfschmerz, wahrscheinlich vom Schlafmangel der letzten Nacht.

»Na, dann heiße ich Sie herzlich willkommen«, begrüßte mich Frau Segmüller mit einem freundlichen Lächeln und schüttelte meine Hand. »Sie sind also frisch gebacken von der Universität? Und haben alle Prüfungen geschafft?«

Ich nickte.

»Das ist doch mal ein Grund, den Sekt aufzumachen, der schon seit Wochen im Kühlschrank liegt!«, rief Frau Segmüller begeistert aus. Dass sich eine völlig fremde Person so enthusiastisch über meinen Abschluss zeigte, überraschte und berührte mich zugleich, also stimmte ich lächelnd zu. Später sollte ich feststellen, dass beinahe jeden Tag eine Flasche Sekt getrunken werden musste, die schon seit Wochen im Kühlschrank lag, und dafür permanent Gründe hermussten. Nichtsdestotrotz freute ich mich darüber, solch nette Kollegen zu haben. Auch die anderen Praktikanten, Christian, Timo, Michael und Florian waren sehr nett (selbst wenn ich sie notgedrungen als Konkurrenten betrachten musste). Der Chef an sich wurde nicht netter. Dummerweise hatte ich das Büro genau neben seinem erwischt, und wenn er »Denken!« oder »Lesen!« musste, lag er auf seiner Couch, knetete zur Beruhigung seiner Nerven einen kleinen Knetball und wartete angestrengt auf irgendwelche Geräusche. Drangen diese dann aus meinem oder einem anderen Nachbarbüro, etwa in Form eines zusammengeknüllten Papiers oder eines nicht unterdrückbaren Niesens in sein Büro, sprang er von seiner Couch auf, schlug mit der Faust gegen die Wand und schrie so laut, dass sich seine Stimme überschlug. Meistens hielt ich mir die Ohren zu und bekam nur Satz- und Wortfetzen mit, die ich der Etikette wegen hier nicht wiederholen möchte.

Ich verließ jeden Abend als Letzte das Büro und rauchte noch eine Zigarette mit Mimi, der polnischen Putzfrau, auf der Feuerleiter. Sie sprach gebrochen Deutsch und hatte mir mittlerweile glaubwürdig versichert, dass ihr wütendes Selbstgespräch am ersten Abend nicht von mir, sondern vom miserablen Frauengeschmack ihres ältesten Sohnes gehandelt hatte. Zu Hause angekommen, wickelte ich während des Duschens das tägliche Streitgespräch mit meinem Freund am Telefon ab und machte mich wieder an die Arbeit. Als besonders wichtig hatte es sich erwiesen, jedes Drehbuch, das mein Chef in der engeren Auswahl hatte, besonders gut zu kennen. Beinahe täglich suchte er mich nämlich in meinem Büro auf und wollte meine Meinung zu einem der Stoffe wissen. Das Ganze war vom Ablauf her höchst standardisiert: Er riss die Tür auf, steckte den Kopf rein – um den ganzen Körper in ein fremdes Büro zu bewegen, war einfach zu wenig Zeit – und stellte mir eine Frage, ohne vorher zu erklären, worum es ging. Antwortete ich nicht innerhalb von zwei Sekunden sinnvoll und folgerichtig, rollte er mit den Augen, schlug die Tür scheppernd wieder zu und ließ mich mit einem Rekordstand an Adrenalin im Körper zurück. Anfangs fiel mir erst ein bis zwei Stunden nach seiner Attacke ein, auf welches Drehbuch sich seine Frage bezogen haben könnte. Die Zeitspanne vom Schockmoment bis zur Erkenntnisfindung wurde aber immer kürzer und ich werde nie den Tag vergessen, als ich direkt eine Antwort parat hatte. Es war am Ende der ersten Woche und wieder einmal bellte er schon los, bevor die Tür richtig offen und sein Kopf im Zimmer war: »… das jetzt ein Schwulen-Ding oder eher ’ne Vater-Sohn-Geschichte?«, hörte ich nur noch. Ich wusste, worum es ging, und hatte eine Meinung. Jetzt bloß nicht in Details verlieren, obwohl sie durchaus angebracht wären. Kurz, präzise und ohne Umschweife antworten. Los.

»Also solange das so endet, ist es wohl eher ’ne Vater-Sohn-Geschichte, fängt aber als Film über Homosexualität an. Also nicht stringent genug«, sagte ich, so schnell es mit einem Viertel Frischkäse-Roggenbrötchen im Mund möglich war, ohne undeutlich zu sprechen. Erst runterschlucken hätte zu viel Zeit gekostet. Nach dem typischen »hmpfgrmlgrml« schlug mein Chef ohne ein weiteres Wort die Tür zu und stampfte davon. Meine Antwort hatte ihn offenbar nicht überzeugt. Exakt zehn Sekunden später hörte ich jedoch nebenan im Büro seine schnarrende Stimme schimpfen: »Also, ich habe den ganzen Morgen nachgedacht und solange das so endet, ist es wohl eher ’ne Vater-Sohn-Geschichte, fängt aber als Film über Homosexualität an. Also nicht stringent genug. Ändern Sie das!«

Dann hörte ich, wie ein zu bedauernder Telefonhörer wütend und geräuschvoll in seine Gabel geknallt wurde. Endlich hatte Herr Speeks meine Kompetenzen erkannt. Wäre ich konzentrierter gewesen, hätte ich das viel früher erreichen können. Ich ärgerte mich über die unzähligen Male, bei denen ich nicht schnell genug reagiert hatte. Vielleicht lag es daran, dass ich mich seit einigen Tagen irgendwie müde und gerädert fühlte. Es war das Gefühl einer sich anbahnenden Erkältung. Meine körperliche Verfassung war mir zwar egal, aber es sollte auf keinen Fall so weit kommen, dass mich jemand für schwach oder nicht belastbar halten könnte. Ich hatte nur wenige Wochen Zeit, um mit überragender Arbeit zu überzeugen.

Das hätte ich möglicherweise sogar geschafft, wäre ich nicht durch einen mehr als dämlichen Zufall in eine verzwickte Doppelrolle geraten: Kurz vor Feierabend kamen Frau Segmüller und mein Chef zusammen in mein Büro, schlossen die Tür hinter sich und bauten sich stillschweigend-theatralisch mit ernsten Minen vor meinem Schreibtisch auf.

»Ist irgendwas?«, fragte ich.

»Ja,...

Blick ins Buch

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