Kapitel 1 Grundlagen der Energieheilung
Kapitel 1
Grundlagen der Energieheilung
Verirrt in der Wildnis zwischen
Wahrem Bewusstsein und den Sinnen
Erwachte ich plötzlich in mir selbst …
LALLA, N AKED SONG
D as grundlegende Energieparadigma wurde erstmals vor fünf tausend Jahren in Indien dokumentiert, und zwar in den Upanischaden, 1 aber auch in den Originaltexten der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). 2 Von insgesamt 94 verschiedenen Kulturen weiß man, dass sie ein Konzept haben, das die dem Körper zugrunde liegende Energie beschreibt. 3 Alle diese Kulturen verfügen über ein Heilungsmodell oder -system, das auf einem Energiestrom beruht, der die Grundlage allen Lebens darstellt. Und in der Art, wie sie diese Energie beschreiben und lokalisieren, gibt es sowohl Ähnlichkeiten als auch Unterschiede. Ich will Ihnen nun eine Zusammenschau eini ger dieser Systeme vermitteln, damit Sie ihre Zusammenhänge und Wechselbeziehungen erkennen, so wie ich sie sehe.
In den westlichen Ländern wurde die Energiemedizin erst Anfang des 19. Jahrhunderts bekannt. Ihr berühmtester Vertreter war der Arzt Franz Mesmer, der »Vater« der Hypnose. 4 Mesmer verfasste Schriften über den animalischen Magnetismus – eine Energie, die sich von einem Gegenstand auf den anderen übertragen ließ – und praktizierte diese auch »Mesmerismus« genannte Kunst der Energieübertragung. Die Vorstellung von einer allem zugrunde liegenden Energie oder Lebenskraft war bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ein fester Bestandteil der Schulmedizin, doch dann begannen Ärzte und medizinische Lehrer den Körper und seine Krankheiten anhand von Organsystemen (zum Beispiel Herz-, Atemwegs- oder Knochenerkrankungen) zu beschreiben. 5
Dieses Einteilungssystem hat uns zwar großartige medizinische Fortschritte gebracht, trotzdem erleben wir heute in unserer westlichen Kultur und Medizin eine Wiederkehr oder Renaissance der Energieheilungstechniken. Zurzeit befinden wir uns in einer Integrationsphase: Jetzt können wir uns die Weisheiten anderer Heilparadigmen aneignen und sie in unsere aktuellen Sichtweisen und Behandlungsmethoden einbinden. Dadurch wird uns klar, dass Medizin eine Kunst ist und dass viele dieser älteren Heilparadigmen – zum Beispiel Energieheilung, TCM, Ayurveda, Körper-Geist-Medizin (die bis zu den altgriechischen Asklepiostempeln zurückreicht) und Pflanzenheilkunde oder Phytotherapie – bei der Behandlung bestimmter Erkrankungen hilfreich sein können. Energetische Therapieverfahren und Techniken können zur Krankheitsvorbeugung und zum allgemeinen Wohlbefinden beitragen. Außerdem helfen sie bei Krankheitsprozessen, für deren Behandlung die Schulmedizin allein nicht ausreicht – zum Beispiel gegen chronische Schmerzen –, bei anderen chronischen Erkrankungen und bei der Heilung tief sitzender psychischer oder körperlicher Verletzungen. Wir erleben gerade eine zunehmende Integration verschiedenster Heilparadigmen. Auf dieser Basis können wir erforschen, welche Technik bei welcher Krankheit oder Symptomkombination am besten wirkt.
Das US-amerikanische National Center for Complementary and Alternative Medicine (NCCAM), das zu der Gesundheitsbehörde National Institutes of Health (NIH) gehört, teilt Energiefelder in zwei verschiedene Arten ein: nachweisbare (bereits gemessene) und mutmaßliche Felder, die erst noch gemessen werden müssen. Nachweisbare Energiefelder sind wissenschaftlich erfassbar. Dazu gehören laut NCCAM »elektromagnetische Felder, die in Magnetresonanztomografie, Herzschrittmachern und Strahlentherapie, in der Behandlung der Schuppenflechte mit ultraviolettem Licht und in der Laserkeratoplastik zum Einsatz kommen«. 6 Obwohl alle diese Verfahren mit Energiefeldern arbeiten, bezeichnet die Schulmedizin Methoden, die sich nachweisbarer Energiefelder bedienen, nicht als »Energiemedizin« oder »Energieheilung«. Diese Begriffe sind zurzeit denjenigen Verfahren vorbehalten, die mit mutmaßlichen Energiefeldern arbeiten. Laut NCCAM »entziehen sich« diese mutmaßlichen Felder »bisher einer Messung mit reproduzierbaren Methoden«. 7 Das NCCAM erkennt jedoch an, dass die Vorstellung, Menschen seien von einer feinstofflichen Energie erfüllt, bereits seit über zweitausend Jahren existiert und dass es für diese Energie viele verschiedene Bezeichnungen gibt, »beispielsweise qi in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), ki im japanischen Kampo-System, doshas in der ayurvedischen Medizin und anderswo Prana, ätherische Energie, Fohat, Orgon, Od, Mana und homöopathische Resonanz«. 8
Das NCCAM bezeichnet alle komplementär- und alterna tivmedizinischen Verfahren, die mit mutmaßlichen Energiefeldern arbeiten, als »Energieheilung«. Sowohl innerhalb als auch außerhalb schulmedizinischer Kreise wird heutzutage viel über Energie und über die Arbeit mit dem Energiefeld des Körpers gesprochen, obwohl manche Ärzte und Wissenschaftler diesen Energiekörper und die Energieheilung für »Hokuspokus« halten. Ich kann dazu nur Folgendes sagen: Viele – vielleicht sogar die meisten – Ärzte, die ihren Beruf schon seit etlichen Jahren aus üben, haben intuitiv begriffen, dass beim Heilungsprozess auch noch etwas anderes eine Rolle spielt als reine Wissenschaft. Wir haben zurzeit nur noch keine gemeinsamen Begrifflichkeiten für dieses »Andere« .
Da die Existenz des körperlichen Energiefeldes nicht schulmedizinisch erforscht wurde und es auch keine wissenschaftlichen Beweise dafür gibt, weigern sich viele etablierte Ärzte und Wissenschaftler, Energieheilverfahren anzuerkennen und zu praktizieren. Das Energiefeld des Körpers lässt sich nur schwer erforschen, obwohl es mittlerweile schon einige Untersuchungen dazu gibt. Es existieren fundierte, reproduzierbare Daten, die zeigen, dass man mit Energieheilung tatsächlich Schmerzen lindern kann, sodass der Patient weniger Medikamente braucht. Auch die Wirkung, die ein Energieheiler auf Pflanzen und Tiere ausübt, ist messbar. 9 Doch solange es keine Methode gibt, mit der man das Energiefeld des Körpers genau messen kann – und zwar auf eine Weise, die sich mit den Methoden der Schulmedizin deckt –, wird es weiterhin Unklarheiten in der Definition von Energieheilung und ihren Einsatzgebieten geben. 10 In den USA, in Kanada und Europa wurden bereits erste wissenschaftliche Untersuchungen zur Messung des körperlichen Energiefeldes durchgeführt, unter anderem von James Oschman, Melinda Connor und Gary Schwartz.
Der Energiekörper
Energieheilung oder Energiemedizin beruht auf der uralten Vorstellung, dass es eine Lebenskraft, einen allem zugrunde liegenden Energiefluss gibt – und diese Energie existiert nicht nur im physischen Körper, sondern reicht darüber hinaus. Es gibt verschiedene Bezeichnungen für dieses Energiesystem des Körpers: »Energiefeld«, »Energiekörper«, »Biofeld« oder »feinstofflicher Körper«. All diese Begriffe meinen dasselbe. Dieses Energiesystem ist die Schablone, aus der unser physischer Körper erwächst, und steuert sämtliche Körperfunktionen. Ich stelle mir den physischen Körper gern als Pflanze und den Energiekörper als Boden vor, in dem die Pflanze wächst. Der Boden beeinflusst das Wachstum und den Gesundheitszustand der Pflanze. Zwar gibt es auch noch andere Faktoren, die sich auf ihre Gesundheit auswirken (zum Beispiel Gewalteinwirkungen, Tempera turen unterhalb des Gefrierpunkts oder zu wenig Sonnen licht), doch das allgemeine physiologische Gleichgewicht (die Homöostase) und das Wachstum der Pflanze hängen vom Boden ab.
Die Energie, die den feinstofflichen Körper durchströmt, lässt sich mit dem Strom des Wassers durch einen Fluss und seine Nebenflüsse vergleichen. Wenn man am Ufer des Flusses einen Damm errichtet (also eine Energieblockade entsteht) oder wenn der Fluss aufgrund heftiger Regenfälle anschwillt (was einem starken Energiezustrom entspricht), tritt er über die Ufer, und es entstehen neue Wasserläufe. Bei Wasserknappheit (Energiemangel) trocknen die kleineren, seichteren Nebenflüsse aus. Ziel der Energieheilung ist es, dafür zu sorgen, dass das Wasser (die Energie) mühelos durch das System fließen kann. Das können wir erreichen, indem wir den Hauptfluss mitsamt...