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Europapolitik aus dem Ausschuss

Innenansichten des Ausschusswesens der EU

AutorSebastian Huster
VerlagDUV Deutscher Universitäts-Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl312 Seiten
ISBN9783835055490
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis54,99 EUR
Die empirisch angelegte Studie nimmt eine Mikroanalyse der Arbeits- und Funktionsweise der Ausschüsse sowie eine Bewertung ihres Problemlösungspotenzials in der europäischen Mehrebenenverflechtung vor. Sie präsentiert somit erstmals Innenansichten des Ausschusswesens der EU.

Dr. Sebastian Huster war Fellow an der Graduate School of Social Sciences der Universität Bremen.

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Leseprobe
1 Die Welt der Ausschüsse (S. 25)

Das Institutionengefüge der Europäischen Union gleicht einem Eisberg – an der Oberfläche bilden die Europäische Kommission, der Ministerrat und das Europäische Parlament die Spitze des Eisbergs, während eine immense Zahl von Ausschüssen im Verborgenen unter der Wasseroberfläche arbeitet. Tagtäglich treffen sich in Brüssel bis zu 40 Ausschüsse bei Kommission, Rat oder Parlament, die weit reichende Vorarbeiten leisten. Zwar werden die Entscheidungen letztlich von den ‚offiziellen’ Institutionen getroffen, ohne die Hilfe der Ausschüsse wären sie jedoch hoffnungslos überfordert.

Unbemerkt von der Öffentlichkeit, den Medien oder der Wissenschaft hat sich das Ausschusswesen im europäischen Politikprozess zu einem verborgenen Machtapparat entwickelt, der durch richtungweisende Vorentscheidungen die EU-Gesetzgebung entscheidend beeinflusst. Diese Diskrepanz zwischen der offiziellen Version wie ein Regierungssystem organisiert ist und wie es tatsächlich funktioniert ist kennzeichnend für alle politischen Systeme.

In modernen Demokratien werden die meisten Entscheidungen in informellen Gremien vorbereitet und beraten, bevor sie von Regierung und Parlament in offizielles Recht umgesetzt werden.3 Ohne die informelle Arbeit der Ausschüsse wären die Regierungssysteme in unserer modernen Welt nicht mehr funktionsfähig. Im Hinblick auf die Frage wie Macht und Einfluss in einem politischen System verteilt sind, ist der Aufbau und die Zusammensetzung der Schattenwelt der Ausschüsse somit von grundlegender Bedeutung.

In der EU offenbart der Blick hinter die offizielle Fassade von Kommission, Rat oder Parlament eine undurchsichtige Sub-Struktur von unzähligen Ausschüssen, Gruppen oder Netzwerken, die das EU-System am Laufen halten. Die Welt der EU-Ausschüsse ist nicht nur für Außenstehende ein Buch mit sieben Siegeln. Kennern der Europapolitik ist der Begriff Komitologie zwar geläufig – doch gehen viele von der irrigen Annahme aus, Komitologie stehe für das Ausschusswesen der EU insgesamt.

Dass außerhalb der eingeweihten EUZirkel niemand die Ausschüsse wirklich kennt, hängt zum einen mit der wenig transparenten Arbeitsweise dieser Gremien zusammen und ist zum anderen auf die mangelnde Systematisierung von Informationen seitens der europäischen Organe zurückzuführen. So gibt es über die Anzahl der Ausschüsse bis heute nur grobe Schätzungen.

Ebenso sind die Namen der verschiedenen Ausschüsse häufig sehr verwirrend und lassen selten auf ihre Aufgaben und Funktionen schließen. Zum besseren Verständnis der undurchsichtigen Welt der Ausschüsse im europäischen Institutionengefüge gibt Abbildung 1.1 einen ersten Überblick über die Gemeinschaftsorgane und ihre Ausschüsse. Die Ausschüsse nehmen in Rat, Parlament und Kommission ganz unterschiedliche Aufgaben wahr und unterscheiden sich weitgehend hinsichtlich ihres Rechtsstatus sowie ihrer Zusammensetzung.

Der Ministerrat wird vom Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) und den zahlreichen Arbeitsgruppen des Rates unterstützt. Diese setzen sich ausschließlich aus Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten zusammen und dienen als Schaltstelle der Beschlussfassung. Im Parlament wiederum erarbeiten die verschiedenen Parlamentsausschüsse die Stellungnahmen und Entscheidungen des Parlamentes im europäischen Rechtsetzungsprozess.

Wie in Parlamenten allgemein üblich, sitzen in den Parlamentsausschüssen die Parlamentarier selbst. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss (WSA) und der Ausschuss der Regionen (AdR) sind die beiden institutionalisierten beratenden Organe der EU, die eigens eingerichtet wurden, um die Positionen der organisierten Interessen bzw. der regionalen Gebietskörperschaften in die Willensbildungsprozesse der Gemeinschaft einzubringen.

Während die Ausschussstruktur bei Rat und Parlament überschaubar ist, ist das Ausschusswesen der Kommission – der eigentliche Untersuchungsgegenstand dieser Studie – um ein Vielfaches komplexer und undurchsichtiger. Die Kommission ist das Gemeinschaftsorgan, das die meisten Ausschüsse einsetzt. Ihre Aufgaben reichen von rein beratender Funktion bis hin zur Umsetzung der Gemeinschaftspolitik. Auch variiert ihre Zusammensetzung.
Inhaltsverzeichnis
Danksagung6
Inhaltsverzeichnis7
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen11
Abkürzungsverzeichnis15
Einleitung17
1 Die Welt der Ausschüsse25
1.1 Die Expertengruppen in der Politikentwicklung28
1.2 Die Ausschüsse und Arbeitsgruppen in der Politikentscheidung35
1.3 Die Komitologieausschüsse in der Politikimplementation39
1.4 Resümee und Ausblick52
2 Regieren durch Ausschüsse – Entwicklung eines analytischen Bezugsrahmens55
2.1 Der institutionelle Kontext des Ausschusswesens60
2.2 Die Interaktionsmuster in den Ausschüssen74
2.3 Die Gestaltungskapazität der Ausschüsse87
2.4 Der analytische Bezugsrahmen im Überblick94
3 Forschungsdesign und methodisches Vorgehen95
3.1 Forschungsdesign95
3.2 Methodisches Vorgehen98
4 Die Arbeitsweise der Ausschüsse105
4.1 Allgemeine Arbeitsbedingungen105
4.2 Vorsitz und Zusammensetzung106
4.3 Sekretariatsgeschäfte107
4.4 Übersetzung108
4.5 Stellungnahmen109
4.6 Vertraulichkeit und Transparenz109
5 Die Ausschüsse in der Gemeinsamen Agrarpolitik111
5.1 Die Gemeinsame Agrarpolitik111
5.2 Die Rolle der Ausschüsse in der Agrarpolitik114
5.3 Umsetzung der GAP-Reform 2003131
5.4 Marktorganisation für Getreide157
5.5 Fazit197
6 Die Ausschüsse in der Umweltpolitik201
6.1 Die europäische Umweltpolitik201
6.2 Die Rolle der Ausschüsse in der Umweltpolitik203
6.3 Die Regulierung von genetisch veränderten Organismen224
6.4 Fazit254
7 Innenansichten des Ausschusswesens259
7.1 Die Rolle der Ausschüsse im europäischen Mehrebenensystem259
7.2 Die Interaktions- und Kooperationsbeziehungen in den Ausschüssen273
7.3 Das Problemlösungspotenzial der Ausschüsse293
8 Schlussfolgerungen303
Literaturverzeichnis309
Anhang I323
Anhang II – Details zur empirischen Analyse325
Verzeichnis der beobachteten Ausschüsse325
Verzeichnis der geführten Interviews326

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