Das Handlungsfeld von Hebammen bestimmt sich innerhalb ihrer beruflichen Tätigkeit durch die gesundheitliche Betreuung von Schwangeren, Gebärenden, Wöchnerinnen und Säuglingen. Die internationale Hebammenvereinigung (ICM), hat den Beruf der Hebamme folgendermaßen definiert:
Die Hebamme ist eine verantwortungsbewusste, zuverlässige professionelle Fachkraft, die partnerschaftlich mit Frauen zusammenarbeitet und ihnen die erforderliche Unterstützung, Betreuung und Beratung während Schwangerschaft, Geburt und im Wochenbett gewährt. Sie leitet eigenverantwortlich die Geburt und betreut das Neugeborene und den Säugling. Die Arbeit der Hebamme umfasst präventive Maßnahmen, die Förderung der normalen Geburt, das Erkennen von Komplikationen bei Mutter und Kind, die Gewährleistung notwendiger medizinischer Behandlung oder anderer angemessener Unterstützung sowie die Durchführung von Notfallmaßnahmen. Die Hebamme hat eine wichtige Aufgabe in der Gesundheitsberatung, nicht nur für Frauen, auch innerhalb der Familie und der Gesellschaft. Diese Arbeit sollte vor der Geburt beginnen, die Vorbereitung auf die Elternschaft einbeziehen, wie auch Hinweise zur Gesundheit, Sexualität und zur Entwicklung des Kindes beinhalten. Eine Hebamme kann in verschiedenen Bereichen praktizieren, einschließlich Hausgeburtshilfe und Gemeindearbeit, in Krankenhäusern, Kliniken oder in Gesundheitseinrichtungen. (ICM, 2005, [online])
Entsprechend dieser Definition arbeitet eine in Deutschland tätige Hebamme in einem vielfältigen Wirkungskreis. Sie kann Frauen bereits mit Beginn einer Schwangerschaft betreuen. Sie steht dabei für Fragen zur Ernährung und Lebensführung zur Verfügung, kann die gesamte Durchführung der Schwangerenvorsorgeuntersuchungen entsprechend der Mutterschaftsrichtlinien übernehmen, leistet Hilfe bei Schwangerschaftsbeschwerden und bereitet die Frauen oder Paare einzeln oder in Gruppen auf die Geburt vor. Unter der Geburt leitet die Hebamme die Frau an, unterstützt sie bei den Wehen, ergreift geburtsförderliche Maßnahmen, observiert den Gesundheitszustand der Mutter und des Ungeborenen und leitet schließlich dieNachgeburtsphase. Im Wochenbett überwacht die Hebamme den Gesundheitszustand der Mutter und des Kindes, sowie dessen Entwicklung. Sie leitet zum Stillen oder zur Flaschenernährung an, ergreift wundheilungsfördernde Maßnahmen und berät die Eltern individuell in ihrer neuen Lebenssituation. Eine Betreuung durch Hebammen ist bis zu 8 Wochen nach der Geburt, bei vorliegenden Schwierigkeiten, wie bspw. Gedeihstörungen des Kindes, auf ärztliche Anordnung auch darüber hinaus möglich. Zu erwähnen sei an dieser Stelle, dass sich die Geburt nicht nur auf die Geburt eines reifen Neugeborenen bezieht, sondern Hebammenhilfe auch für die Wochenbettbetreuung nach einer Fehl- oder Totgeburt vorgesehen ist. Zudem können Hebammen zu den bereits oben erwähnten Geburtsvorbereitungskursen (Geburtsvorbereitung in Gruppen) auch Rückbildungsgymnastik-, Babymassage- oder Säuglingspflegekurse, sowie Schwangeren- und Babyschwimmen oder spezielle Eltern-Kind-Gruppen anbieten (vgl. Zoege von Manteuffel, 2002)
Es gibt generell zunächst zwei unterschiedliche Möglichkeiten, wie Hebammen ihren Beruf ausüben können: die angestellte Form, meist in der Klinik oder auch in gynäkologischen Praxen, oder als freie, selbstständige Hebamme. Laut statistischem Bundesamt Destatis waren im Jahr 2006 bereits die Hälfte aller in Deutschland tätigen Hebammen in der ambulanten Gesundheitsversorgung als Freiberuflerinnen tätig. Dies sei allerdings nicht auf zunehmende Geburtenzahlen zurückzuführen, die bekanntlich seit mehreren Jahren rückläufig sind, sondern mit der verkürzten, Krankenhausliegedauer in Verbindung zu setzen. Verließ 1997 eine Mutter nach einer normal verlaufenden Entbindung noch nach durchschnittlichen 5 Tagen das Krankenhaus, so tat sie es im Jahr 2006 bereits nach 3,3 Tagen. Durch diese veränderte Gegebenheit benötigen Mütter/ Paare eine verstärkte Betreuung durch eine ambulant tätige Hebamme, zu deren Aufgaben auch medizinische Vorsorgeuntersuchungen und die Geburtsvorbereitung gehören (vgl. Afentakis, 2008).
Arbeitet eine Hebamme in einem angestellten Verhältnis, hat sie zumeist feste Dienstzeiten und bezieht ein tariflich geregeltes Einkommen. Als angestellte Hebamme ist sie vorwiegend in gynäkologischen Praxen, im Kreissaal oder auf der Wochenbettstation im Krankenhaus tätig. Als Freiberufliche organisiert sie ihre Arbeitszeiten selbst, soweit diese planbar sind und rechnet über die Hebammengebührenverordnung direkt mit den Krankenkassen ab. Viele Hebammen arbeiten dazu in einer Mischform aus angestelltem Verhältnis und Freiberuflichkeit. Sie sind teilweise in einer Klinik oder Praxis angestellt und arbeiten zusätzlich als Freiberufliche in der ambulanten Betreuung (vgl. Zoege von Manteuffel, 2002). Sie geben Kurse oder führen außerhalb ihrer Dienstzeiten Schwangerenbetreuung und Wochenbettbesuche durch.
Zudem gibt es Beleghebammen, die einen Vertrag mit einem Krankenhaus haben, in dem festgesetzt ist, dass sie die Räumlichkeiten nutzen darf. Die finanzielle Abrechnung ist dabei von Krankenhaus zu Krankenhaus sehr unterschiedlich in Vertragsformen geregelt (vgl. ebd., 2002). Für die zwischenmenschliche Beziehung der Hebamme zu ihren zu betreuenden Personen bedeutet dies eine grundlegend andere Voraussetzung. Die Hebamme kennt die Frau/werdenden Eltern bereits aus der Schwangerschaft. Wenn die Geburt beginnt, betreut die Hebamme sie ggf. zunächst eine zeitlang zuhause, bis es sinnvoll erscheint in die Klinik zu fahren. Die Hebamme betreut dort die Frau/werdenden Eltern weiter, bis das Kind und die Plazenta geboren sind und eine Verlegung nach hause oder auf die Entbindungsstation möglich ist. Die Frau trifft bei dieser Betreuungsform also nicht auf ein ihr unbekanntes Gesicht, wenn sie im Krankenhaus eintrifft und hat im Normalfall auch keinen Wechsel der betreuenden Hebamme während der Geburt. Eine ähnliche Gegebenheit trifft auch bei der Geburtshausenbindung oder Hausgeburt zu, nur dass hierbei in der Regel kein Aufenthalt in der Klinik stattfindet. Im Gegensatz zu der Betreuung durch Hebammen bei Beleg-, Geburtshaus- oder Hausgeburten fordert die Tätigkeit in der Klinik ein enormes Maß an Empatiefähigkeit seitens der Dienst habenden Hebamme. In der Regel begegnet diese der Frau/ den Eltern in der Klinik zum ersten Mal. Die Frau lernt also ihre betreuende Person in einem Moment kennen, in dem sie sehr auf Zuwendung und Beistand angewiesen ist. Die Hebamme wiederum kennt weder die Lebenssituation der Frau/Eltern, noch sind ihr ihre Empfindungen und Wünsche bezüglich der anstehenden Geburt vertraut. Es ist also an ihr, neben den medizinisch relevanten Befunderhebungen ebenso einen persönlichen Zugang zu der Frau/den Eltern zu erreichen, um daraus ein für die Geburt nötiges professionelles Arbeitsbündnis entstehen zu lassen (vgl. Pairman, 1997)
Die Arbeit von Hebammen innerhalb ihrer freiberuflichen ambulanten Tätigkeit impliziert, dass sie fast immer sehr gute Kenntnisse über die individuellen Lebensumstände ihrer zu betreuenden Personen besitzen. Sei es, wenn sie diese in der Schwangerschaft, zur Hilfe bei Beschwerden und Vorsorgen zu hause aufsuchen oder auch Besuche im Wochenbett leisten. Sie können dabei durch die Nähe zu den sozialen Lebensbereichen der Frauen und ihrer Familien, Schwangerenvor- und Nachsorge praktischer, lebensnäher, effektiver und effizienter gestalten als in der arzt- und kliniktypischen Komm-Struktur. Die Einbeziehung der häuslichen Verhältnisse und Lebenssituationen bewirken den besten Hintergrund für eine lebensnahe Betreuung (vgl. Collatz, 1993).
Diese eigenverantwortliche Form des Arbeitens als Hebamme ist möglich, da in Deutschland in erster Linie Hebammen für die physiologische Geburt zuständig sind und es ihnen ebenfalls erlaubt ist, physiologisch verlaufende Schwangerschaften und Wochenbettbetreuungen zu leiten (vgl. Horschitz & Kurtenbach, 2003). Eine nähere Erläuterung hierzu folgt im nachstehenden Abschnitt 3.1.3.
Die vorbehaltenen Tätigkeiten und die Hinzuziehungspflicht von Hebammen, bzw. Ärzten sind vorerst folgendermaßen im Hebammengesetz festgehalten:
HebG §4, II. Abschnitt, Vorbehaltene Tätigkeiten, Hinzuziehungspflicht des Arztes:
(1) Zur Leistung von Geburtshilfe sind, abgesehen von Notfällen, außer Ärztinnen und Ärzten nur Personen mit einer Erlaubnis der Berufsbezeichnung ‚Hebamme’ oder ‚Entbindungspfleger’ ... berechtigt. Die Ärztin und der Arzt sind verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass bei einer Entbindung eine Hebamme oder ein Entbindungspfleger zugezogen wird. (2) Geburtshilfe im Sinne des Abs. 1 umfasst Überwachung des Geburtsvorgangs von Beginn der Wehen an, Hilfe bei der Geburt und...