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E-Book

Freinet-Pädagogik und die moderne Schule

AutorHarald Eichelberger
VerlagStudienverlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl180 Seiten
ISBN9783706558419
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Die Freinet-Pädagogik zählt wie die Montessori-, die Jenaplan- und die Daltonplan-Pädagogik zu den reformpädagogischen Richtungen, die die Schule und die Auffassung von Unterrichten nachhaltig verändert haben. Célestin Freinet hat in dieser Tradition seinen Platz als Reformer, als politischer Kopf, als Verfechter der Demokratie in der Schule. Sein Name steht auch für technische Erneuerungen: Die Freinet-Pädagogik bietet mit der Einrichtung der Korrespondenz-Klassen, der Schülerzeitung, der Dokumentation und dem Freien Text eine ideale pädagogische Grundlage für die Arbeit mit dem Computer in der Klasse. Es genügt nicht, die Schulen 'ans Netz zu hängen'! Die Aktualität der Freinet-Pädagogik liegt darin, dass sie dem Einsatz moderner Kommunikationsmedien in der Schule einen pädagogischen Sinn gibt.

Der Herausgeber: Harald Eichelberger ist Professor für Erziehungswissenschaften und Unterrichtswissenschaften an der Pädagogischen Akademie des Bundes in Wien. Montessori-Ausbildner und Betreuer von Schulversuchen zur Aktualisierung der Reformpädagogik im Regelschulwesen; fachliche und organisatorische Mitarbeit an EU-Projekten zur Lehrerbildung und Lehrerfortbildung. Weitere Publikationen im Studienverlag: 'Handbuch zur Montessori-Didaktik', 'Der Jenaplan heute' (Hg., gemeinsam mit Marianne Wilhelm); 'Eine Schule für dich und mich. Inklusiven Unterricht, inklusive Schule gestalten'(Hg., gemeinsam mit Marianne Wilhelm und Gitta Bintinger), sowie 'Eine Einführung in die Daltonplan-Pädagogik' (Hg.).

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Leseprobe

Harald Eichelberger, Christian Laner

Vorwort


„Die Tätigkeit des Lehrers ist im idealen Fall gleich Null ...1

Hugo Gaudig

Dieses Buch über die Freinet-Pädagogik ist Teil einer Reihe von Büchern über und zur Reformpädagogik: Nach dem „Handbuch zur Montessori-Didaktik“, dem ersten in Österreich publizierten Jenaplan-Buch „Der Jenaplan heute“, der „Einführung in die Daltonplan-Pädagogik“ mit erstmals in deutscher Sprache publizierten Originaltexten Helen Parkhursts aus ihrem Buch „Education on the Daltonplan“ liegt nun der vierte Band einer Reihe über reformpädagogische Konzeptionen als Studientext vor: ein Buch über die Aktualität der Freinet-Pädagogik, in dem nicht versäumt wird, auch die Wurzeln einer pädagogischen Bewegung aufzuzeigen und dem Leser eine Möglichkeit zu geben, diese pädagogische Bewegung auch in einem radikalen Sinn zu studieren.

Die Autorinnen und Autoren dieses Bandes sehen die Reformpädagogik als Fundament der gegenwärtigen bildungspolitischen Entwicklung und im Speziellen die Freinet-Pädagogik als wesentlichen Teil dieses Fundaments zur Erneuerung und ständigen gesellschaftspolitisch notwendigen Entwicklung der Schule und des gesamten Schulsystems.

Was gegenwärtig real- und bildungspolitisch notwendig ist, ist das kritische Durchdenken und Sichten der an Erneuerungsideen reichen Reform-Bewegung hinsichtlich ihrer vielen auch gegenwärtig noch tragfähigen und zukunftsträchtigen pädagogischen Konzeptionen. „Eine Auseinandersetzung mit den reformpädagogischen Grundgedanken bedeutet stets eine substantielle Bereicherung, weil hier gültige Antworten auf Fragen entwickelt wurden, die in veränderter zeitspezifischer Konfiguration noch unsere Fragen sind.

Das Konzept der daltonisierten Schule, die Methoden der Pädagogen Decroly, Freinet, Montessori, Steiner, Petersen sind noch heute so aussagekräftig wie in den 20er Jahren, als sie entwickelt wurden. Genauer gesagt: sie gehören auch gegenwärtig zu den wenigen gültigen Modellen, die eine begründete und bewährte Antwort auf die Bildungsproblematik geben.

Der entscheidende Grundgedanke der Reformpädagogik, der ihre Verästelung in die verschiedensten pädagogischen Bereiche zusammenhält, ist das Prinzip der Selbsttätigkeit in der Erziehung. Es zeigt sich in der Individualisierung des Unterrichts ebenso wie in den Formen der Selbstbeurteilung oder Mitverwaltung. In einer erfindungsreichen Weiterentwicklung, Gestaltung und Umsetzung des reichen pädagogischen Ideengutes der pädagogischen Klassiker entstand ein neues Bild der Schule als Lebens- und Wirkungsraum des Kindes, in dem es sich wohlfühlt, weil es durch seine Mitwirkung ein begründetes Heimatrecht erwirkt.“2

Bei allen Gemeinsamkeiten, die in den pädagogischen Ideen und Konzeptionen der Reformpädagogik zu finden sind, finden wir auch Ausdifferenzierungen und Orientierungen unterschiedlicher Art und unterschiedlicher Richtungen. Die Freinet-Pädagogik ist ein Beispiel für die spezielle Ausrichtung einer pädagogischen Konzeption innerhalb einer pädagogischen Bewegung (der Reformpädagogik – Anm. der Autoren) bei gleichzeitiger Betonung der gleichen Grundorientierung.

Die Reformpädagogik ist eine ungewöhnlich komplexe Bewegung ... Sie hat so unterschiedliche Sprecher hervorgebracht wie Cecil Reddie, Hermann Lietz, Bertholt Otto, Maria Montessori, Paul Oestreich, Adolf Reichwein, Célestin Freinet u. a.

Célestin Freinet ist aus heutiger Sicht ein klassischer Vertreter der Reformpädagogik. Der von ihm geschaffenen pädagogischen Bewegung ist innerhalb aller anderen reformpädagogischen Konzeptionen auch eine spezielle Perspektive eigen. Célestin Freinet ist expressis verbis der politischste aller Reformpädagogen: In der Freinet-Schule wird demokratisches Handeln gelernt, werden Regeln gelernt, nach denen Schüler selbst verantwortlich im Leben politisch agieren können. Politisch Handeln und politisch Denken zu lernen ist Vorbereitung auf das Leben, ist Erreichen von Selbständigkeit durch Selbsttätigkeit unter dem Primat des pädagogischen Denkens. Selbständig werden ist aber nicht auf das Klassenzimmer bezogen, sondern geschieht bei Freinet unter Einbezug der Welt außerhalb der Schule, der Lebenswelt der Kinder. Die Kinder verlassen die Schule, besuchen Arbeitsstätten der Erwachsenen, führen mit ihnen Gespräche, recherchieren und lernen auf diese Weise nicht eine Welt aus dem Buch kennen, sondern „die“ reale Welt, in der sie leben, wobei diese tiefgründig erforscht werden soll, um sie zu durchschauen. Nicht umsonst findet man in den Freinet-Klassen die Ateliers, die Werkstätten. Durch aktives Tun geschieht die Auseinandersetzung, die schließlich in eine Art journalistische Tätigkeit mündet. Das Alltagsleben ist die Basis für die schulische Arbeit. Durch das Schreiben werden die Gedanken nochmals überarbeitet und geklärt. Die Texte werden für die Öffentlichkeit geschrieben, nicht aus reinem Selbstzweck, womit auch die Bedeutung des Schreibens mit seinem Ausdruck, der Rechtschreibung und der Grammatik eine neue Dimension und eine wichtige Bedeutung erhält.

Die Freinet-Pädagogik war und ist nicht auf die schulische Arbeit alleine beschränkt. Sie war und ist eine Pädagogik mit dem Anspruch der Veränderung der Gesellschaft. Nicht nur die Gestaltung der Schule ist die Aufgabe der Lehrer, Eltern und Kinder. Gerade mit der Aufgabe der Schulgestaltung und Schulentwicklung wollte Célestin Freinet in seinen Kindern das Bewusstsein schaffen, dass auch die Gesellschaft nach den Bedürfnissen des Kindes bzw. der Betroffenen veränderbar ist. Er hat den Kindern das Wort gegeben, damit sie lernen, sich zu artikulieren, damit sie lernen können, in einer Demokratie zu leben – verantwortlich für sich selbst und für andere Menschen und doch selbstbestimmend innerhalb eines demokratisch strukturierten sozialen Gefüges zu sein. Wo sonst sollen Kinder Demokratie lernen, wenn nicht in der Schule? Und wir dürfen und müssen nicht nur den Kindern das Wort zur Gestaltung und Entwicklung ihrer Schule geben, sondern auch den Lehrerinnen und Lehrern und den Eltern. Demokratie bedeutet Mitbestimmung und daher auch Mitbestimmung an einem lebendigen Gestaltungs- und Umgestaltungsprozess der Gesellschaft und eines wesentlichen Teils derselben: der Schule.

„Célestin Freinet ist bestrebt, für diesen Umwandlungsprozess den pädagogischen Rahmen in der Schule zu entfalten, der bei ihm als Schulkollektiv eine pädagogische Synthese zwischen dem Schulstaat und der Schulform bildet. Die Druckerpresse als das schulpraktische Zentrum bietet Möglichkeiten sowohl hinsiehtlieh der selbsttätigen Aufgabenlösung – sei es als individuelle Leistung oder als kooperative Bewährung in der Gruppe. Der Austausch der Arbeitsergebnisse mit Patenschulen in anderen Regionen und Ländern gewährt zugleich die Möglichkeiten des internationalen Gedanken- und Erfahrungsaustauschs als Vorstufe zur internationalen Verständigung.“3

Das Studium der Freinet-Pädagogik wie auch anderer reformpädagogischer Modelle sollte es uns ermöglichen, dem pädagogischen Ziel eines auf Selbständigkeit und Selbstbestimmung basierenden Bildungsprozesses in den Schulen näher zu kommen, ohne die Notwendigkeit einer didaktisch-methodischen Grundlage für schulisches Lernen und den gesellschaftlichen Rahmen der Schule aus den Augen zu verlieren.

„Die Repräsentanten der Reformpädagogik sind Gestalten eigener Dignität. Ihre Theorie ist fest mit den relevanten praktischen Wirklichkeitsbereichen verwoben, so dass das eine stets mit den anderen mitbedacht sein will. Die Reformpädagogik stellt insgesamt gleichsam ein System der pädagogischen Schlüsselbegriffe dar, die, unter Nutzung der Grundeinsichten der pädagogischen Klassiker, die Bereiche der Erziehungswirklichkeit so erschließen und gestaltbar machen, dass ein nie abreißender Dialog zwischen Theorie und Praxis entsteht.“4

Mit all den zu diskutierenden Konzepten sind pädagogische Prinzipien wie Selbständigkeit, Selbstbildung, Eigenverantwortung, Selbsttätigkeit, eigenständiges und autonomes Lernen, entdeckendes Lernen, Bildung der Imaginationsfähigkeit sowie soziales Lernen und Integration verbunden. Zentrales Anliegen ist es, dem heranwachsenden Menschen in seiner Entwicklung zur eigenständigen Persönlichkeit und zur Entfaltung seiner Individualität zu helfen.

Montessori-Pädagogik, Freinet-Pädagogik, der Jenaplan nach Peter Petersen, der Daltonplan nach Helen Parkhurst oder der Epochenunterricht der Waldorfschulen bieten klare methodisch-didaktische Konzepte und sind dabei doch flexibel: Je nach dem entwickelten Schulprofil bieten sie die Grundlage für die pädagogische Arbeit an der Schule oder sie bilden die Basis für die Entwicklung eines adaptierten oder neu erstellten Erziehungs- und Unterrichtskonzeptes. In beiden Fällen setzt die Integration eines dieser Modelle ein vorangehendes intensives Studium desselben voraus und erfordert die permanente Reflexion, ob die Intentionen der Schule auch eine...

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