Hinführung
Die Führungsfunktion ist zwangsläufig mit einem erhöhten Maß an Freiheit verbunden. Sie ist erforderlich, um bedarfsgerecht gestaltend, koordinierend und unterstützend wirken zu können. Freiheit stellt für Führungskräfte aber auch eine Versuchung dar, den jeweils eingeräumten Freiraum nicht immer in legitimer Art und Weise und zu Lasten der vom Führungshandeln Betroffenen zu nutzen.
So erscheint das Hinterfragen der Nutzung von Freiheit und der mit ihr verbundenen Versuchung geboten, unangemessenes und vertretbares Verhalten – gerade bei Führungskräften – zu sichern, Schaden von der jeweiligen Institution und den interagierenden Menschen abzuwenden und den Bedürfnissen der Kunden in höchstmöglichem Maße gerecht zu werden.
Reflexion im Vorfeld des Führungshandelns und als ein den Führungsprozess begleitendes Unterfangen ist insoweit ein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, damit wirtschaftlicher Erfolg sich einstellt und Zufriedenheit bei Mitarbeitern und Kunden sich breitmacht, damit Zukunftsfähigkeit gesichert und ein langfristiges Überleben erreicht wird.
Abgrenzung
Bei unserer Betrachtung bewegen wir uns im Grundsätzlichen und auf der Ebene der Abstraktion. Den Brückenschlag zur konkreten, vielschichtig ausgeformten Praxis hin wird der Einzelne selbst leisten müssen. Insoweit kann der vorliegende Beitrag als Denkanstoß und Aufforderung apostrophiert werden.
Dass wir uns kontextgebunden mit der aufgeworfenen Thematik auseinandersetzen, stellt sich als zwangsläufiger Tatbestand dar. Denn wir alle sind von Ort und Zeit, in die wir gestellt sind, geprägt und treffen unsere Aussagen vor dem Hintergrund bestehender Rahmenbedingungen, gemachter Erfahrungen und zukunftsgerichteter Einschätzungen.
So liegt es schließlich in der Verantwortung des Aufnehmenden, nachfolgende Informationen abzuwägen und mit bisherigen eigenen Überlegungen zu verbinden, sodass sich im Endergebnis eine angemessene Fortentwicklung der eingenommenen Position ergibt und daraus Folgewirkungen im personalen Handeln.
Zielbestimmung
Ziel dieses Beitrages ist es, auf die Zukunft bezogen ein verantwortungsbewusstes Verhalten zu stärken. Dabei betrachten wir zunächst
Führung und die mit ihr verbundene Freiheit,
gehen auf Freiheit und die ihr innewohnende Versuchung ein und
suchen nach Hilfen, die bestehende Gefahr zu minimieren.
Unser Vorgehen gestaltet sich pragmatisch und ergebnisoffen. Es kann nur zu Zwischenergebnissen führen. Und doch sind gerade diese wichtig, um zu vertretbaren Überzeugungen zu kommen, sich angemessen zu positionieren und sich im gezeigten Sozialverhalten gegenüber den Bezugspersonen überzeugend zu präsentieren.
Führung soll schließlich zum gemeinsamen Erfolg der Akteure beitragen und diesen nicht gefährden. Sie soll unter Berücksichtigung der bestehenden Gegebenheiten gewährleisten, dass im Zusammenwirken Probleme gelöst, Herausforderungen gemeistert, Aufgaben erfüllt und Ziele erreicht werden.
Abbildung 1:
Individuum in vorgegebenem Rahmen
Quelle: selbst erstellt
Grundsätzliches
Die Führungsfunktion ist zwangsläufig mit Freiheit verknüpft. Denn in der zielgerichteten verantwortlichen Nutzung von Freiheit liegt der Wesenskern der wahrzunehmenden dienenden Funktion. Gerade das Aufzeigen von Perspektiven, die Begleitung und Unterstützung, aber auch die Zielausrichtung und Koordination der Aktivitäten bedürfen kreativer Einflussnahmen.
Ohne einen angemessenen Gestaltungspielraum ist dies erfolgversprechend nicht zu bewerkstelligen. Der gesetzte Rahmen muss gewissermaßen hinreichend Luft zum Atmen geben, damit individuelle Kompetenzen und Erfahrungen der Führungskraft für die jeweilige Institution eine nutzbringende Wirkung entfalten können.
Freiheit ist insoweit kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Ihr Gegenpol wäre eine von Misstrauen geprägte Gängelung, die sowohl von der Motivation der Betroffenen, als auch von den Ergebnissen her, zu aller Lasten suboptimale Gegebenheiten erwarten lassen.
Freiheit und deren Grenzen
Freiheit ist für Führungskräfte aus gutem Grunde nicht unbegrenzt. Denn es gilt zu gewährleisten, dass
einerseits die eingeräumten Freiheitsgrade mit deren Notwendigkeit im Rahmen der Ausübung übertragener Funktionen korrespondiert und
andererseits ein Missbrauch der Freiheit im Interesse der Institution und der Betroffenen soweit möglich vermieden wird.
Die Festlegung von Grenzen richtet sich nicht zuletzt auch nach den betrieblichen Gepflogenheiten und der bestehenden Ausprägung des dem Funktionsinhaber entgegengebrachten Vertrauens. Insoweit tut sich ein Spektrum auf, das von grundlegendem Misstrauen und Kontrollwahn bis zur fast unbegrenzten Vertrauensseeligkeit und damit verbundenem übergroßem Risiko reicht.
Hier das rechte Maß zu finden und zu bewahren, erscheint als eine stetige Herausforderung und als permanente Gratwanderung. Man wird hier gewiss auf Grundsätze und Erfahrungen setzen, muss jedoch – auch bei weitestgehend rationalem Vorgehen – stets auf Unerwartetes gefasst sein, das ein Überdenken und eventuelles Verändern der bislang eingenommenen Position nahelegt.
Spannungsfeld und Nutzenoptimierung
Das sich ergebende Spannungsfeld zwischen Vertrauen und Misstrauen, sowie zwischen Gestaltungsfreiraum und Sicherheitsbemühen wird sich nicht ohne weiteres problemlos auflösen lassen. So wird nach dem größtmöglich zu erzielendem Nutzen zu fragen sein. Dies sollte – unter Berücksichtigung der nicht zu vernachlässigenden ethischer Standards – den einzuschlagenden Weg vorgeben.
Dass sich hier je nach Funktionen, Kompetenzen, Erfahrungen, Zuständigkeitsbereichen, Bezugspersonen und vielen anderen Faktoren unterschiedliche Positionierungen ergeben dürften, erscheint dem aufmerksamen Betrachter nur natürlich. Die aufscheinende Differenziertheit stellt hier eine Antwort auf die jeweiligen situativen Gegebenheiten und konkreten Erfordernisse dar.
Spannungsfeld und anzustrebende Nutzenoptimierung setzt allerdings voraus, dass der den Freiheitsgrad festlegende Entscheidungsträger zur angemessenen Entscheidung hinreichend fähig und auch bereit sein sollte. Widrigenfalls wäre ein mehr oder weniger starkes Abweichen von der anzustrebenden Ideallinie, der konkreten Ausprägung der eingeräumten Freiheit in Übereinstimmung mit dem Nutzenoptimum – vorgezeichnet.
Versuchung
Wenn wir uns mit Freiheit auseinandersetzen, vor allem der Freiheit der Führungskraft, dann liegt es nahe, die der Freiheit innewohnende Gefahr der Versuchung zu beleuchten. Unter Versuchung verstehen wir in diesem Zusammenhang die Verlockung oder den starken Wunsch, etwas zu tun, das man nicht tun sollte (vgl. http://de.thefreedictionary.com/Versuchung).
Versuchung ist insoweit eine Anfechtung, von dem für richtig erachteten Weg abzuweichen, um zumeist nur kurzfristig wirksame Vorteile – häufig auf Kosten langfristiger Entwicklungen – zu erlangen. Hier kommen die individuellen Präferenzen und die subjektive Gewichtung der einzelnen Optionen ins Spiel.
Entscheidend für die Ausprägung der Gefahr des Nachgebens dürfte hier das Verhältnis zwischen den rationalen und emotionalen Bestimmungsfaktoren für das Handeln beim jeweilig Einzelnen sein. Insoweit treffen wir auch hier auf eine aus der Individualität der Bezugspersonen erwachsende Differenziertheit.
Auswirkungen des Nachgebens auf die Freiheit
Wer der Versuchung nachgibt um kurzfristig persönliche Vorteile zu erlangen, der erkauft sich diese nicht selten mit mittel- und langfristigen Nachteilen. Diese können sich in unterschiedlicher Art und Weise zeigen. Vordergründig ist dabei zu denken an
höhere Kosten,
Vertrauensverlust und Belastung der konstruktiven zielgerichteten Zusammenarbeit,
negative Auswirkungen auf das Betriebsklima und die Unternehmenskultur, sowie
Einschränken bei oder Verlust der...