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E-Book

Gegengift

Europa stiehlt euch die Zukunft. Wie ihr euch wehrt.

AutorGerald Hörhan
VerlagVerlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl187 Seiten
ISBN9783838714219
Altersgruppe16 – 99
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Sparen bei der Bildung, schwieriger Arbeitsmarkt und keine Chance auf eine sichere Altersversorgung. Jetzt halst Europa seiner Jugend auch noch die Kosten für den Reformstau auf. Denn die Rechnung für die Krisen in Griechenland, Spanien, Irland, Portugal bezahlt am Ende sie. Nach seinem Bestseller 'Investment Punk' rüttelt Hörhan mit diesem Buch die junge Generation auf und sagt, wie sie sich wehren kann.

Eine provokante Kampfansage des Harvard-Absolventen, der gern mit Irokesenschnitt und Lederkluft auftritt und im Aston Martin vorfährt.

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Leseprobe
drei
Ihr seid Arschkriecher

Ihr seid den Politikern scheißegal. Bevor ihr dieses Buch weiterlest, will ich, dass euch das klar ist. Es gibt keine Regierung, die fürsorglich auf euch herabblickt und macht, dass am Ende alles gut wird. Die Politiker kümmern sich nicht um euch. Im Gegenteil. Wenn sie eine gesellschaftliche Gruppe abzocken, seid ihr immer die erste Wahl. Sie zocken euch mit jedem Euro an zusätzlicher Staatsverschuldung und mit jeder aus Rücksicht auf die Alten verweigerten Verwaltungsreform ab. Jetzt gerade lasten sie euch die Kosten für die Sanierung Europas auf. Sie stecken eure Zukunft in den Rettungsschirm für den Euro. Die Milliarden, die nach Griechenland, Irland, Portugal und bald vielleicht nach Spanien, Italien, Frankreich, Belgien und Zypern fließen, werdet ihr verdienen und in Form von Steuern und Abgaben bezahlen müssen. Ihr werdet dafür bluten, dass zum Beispiel Griechenland durch Faulheit, Korruption, Schattenwirtschaft und Bilanzfälschung pleitegegangen ist. Eure Zukunft versickert in den Straßen von Athen, in denen die Griechen gegen ihre alte Misswirtschaft demonstriert und dabei Geschäfte geplündert und Autos zerstört haben.

Die Politiker stehlen euch eure Zukunft wissentlich und nicht etwa, weil sie keine andere Wahl hätten. Sie könnten Beamte feuern, sinnlose Gesetze abschaffen und die Staatsbetriebe verkaufen. Doch es gäbe immer irgendwelche Gruppen, die sich aufregen würden. Ihr seid die Einzigen, die sich alles gefallen lassen.

Auch bei Griechenland haben alle die Alternative gekannt, aber niemand hat sie gewählt. Die EU hätte Griechenland einem Insolvenzverfahren nach dem Vorbild des amerikanischen „Chapter 11“ für bankrotte Firmen unterziehen müssen. So haben die Amerikaner General Motors und viele Fluglinien saniert. Ein von der EU bevollmächtigter und vom griechischen Parlament akzeptierter Experte hätte die griechischen Staatsgeschäfte übernehmen, heilige Kühe wie die Beamtenprivilegien schlachten, Gespräche mit den Gläubigern führen und über einen teilweisen Schuldenerlass, längere Stundungen und Zinssenkungen verhandeln müssen. Als Experten hätte die EU jemanden holen müssen, der sanieren kann. Zum Beispiel den Investor Warren Buffett. Der hat 1991 bei der damals maroden und später an die Citibank verkauften Investmentbank Salomon Brothers bewiesen, dass er mit ruhiger und sicherer Hand sanieren kann. Buffett ist jetzt 81. Mit 85 wäre er fertig gewesen und Griechenland hätte dann als Vorzeigenation dagestanden.

Doch den Großteil der Verantwortung tragen in der EU wie einst in der Sowjetunion Apparatschiks, die nie gewählt wurden, und die wollen keine Entscheidungen treffen, sondern bürokratische Prozesse abwickeln.

Welches Problemland auch immer als Nächstes auftaucht, die Politiker werden weiter von eurer Zukunft stehlen. Aus reiner Bequemlichkeit. So viel sie können. Sie werden es so lange tun, bis nichts mehr davon übrig ist. Ihr macht es ihnen zu einfach. Aus drei Gründen.

Erstens. Ihr wehrt euch nicht. Ihr seid der für das System äußerst bequeme und ziemlich dekadente historische Sonderfall einer jungen Generation, die den Alten lieber in den Arsch kriecht, als zu revoltieren. Ihr habt euch angepasst. Statt Konfrontation, Konflikt, Dynamik und damit Entwicklung zu bringen, verhaltet ihr euch passiv und abwartend. Ihr bringt nichts in Gang. Ihr denkt nicht quer.

Ihr seid keine Punks und nicht einmal Hippies. Ihr seid Schafe. Ihr seht alle gleich aus, habt den gleichen Lebenslauf und bewerbt euch um die gleichen Jobs. Die Personalchefs müssen dann nur noch herausfinden, wer von euch am lautesten blökt.

Vor Kurzem habe ich ein paar von euch bei einer Hochzeit getroffen. Alles Leute zwischen 25 und 35, alle im gleichen Spießeranzug mit Stecktuch. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wo ihre Gehstöcke sind. Am liebsten hätte ich die ganze Gruppe in das Altenheim eingewiesen, bei dem ich im Aufsichtsrat sitze.

Wenn ich an der Wiener Wirtschaftsuni Kurse halte, ist es das Gleiche. Lauter Schnösel, die sich darüber austauschen, welcher Vater der wichtigere stellvertretende Vizedirektor von irgendwas ist.

Mit eurem Verhalten schadet ihr nicht nur euch selbst. Kollektive Arschkriecherei ist auch volkswirtschaftlich gesehen verhängnisvoll. Ohne Punks gibt es keine Entwicklung. Ohne Punks steht die Welt still. Ihr unterbrecht die ständige Ablöse von Alt und Neu. In euch versiegen die Kreativität und der Tatendrang der europäischen Mittelstandsgesellschaft, und wenn es keine Kreativität und keinen Tatendrang gibt, gibt es auch sonst nichts.

Weil ihr nie gegen das Alte revoltiert habt, seid ihr das Missing Link zwischen dem Wirtschaftsaufschwung der Vergangenheit und einem der Zukunft.

So hübsche Krawatten könnt ihr euch gar nicht umbinden, um dieses Versäumnis wieder wettzumachen. Ich scheiße auf Krawatten. Ich trage zerrissene Jeans, Nietengürtel und Doc Martens, wenn ich Lust dazu habe. Ich habe in der Schule kapiert, dass ich im Rechnen gut bin. Wenn ich damals eine Krawatte umgebunden hätte, um dem System zu gefallen, wäre ich irgendein armes Schwein in einer Buchhaltungsabteilung geworden. Mir war immer klar, dass ich niemals für so ein Leben um sieben Uhr morgens aufstehen würde. Ich bin Jahrgang 1975 und besitze heute rund hundert Wohnungen in Frankfurt, Wiesbaden, Stuttgart und Wien. Ich bin wirtschaftlich unabhängig und ich tue, was ich will. Meistens ist das Arbeiten, weil es mir Spaß macht. Ziemlich oft sind es aber auch wilde Partys. Am besten kann ich mich noch immer auf einem Metalfestival entspannen. Arschkriecher wie ihr dagegen kommen nie weit, auch wenn es manchmal so aussieht. Es fehlt ihnen an Augenhöhe, aufrechter Haltung und eigener Perspektive. Spaß haben sie auch keinen. Ihre Welt ist ziemlich eng und ekelhaft.

Zweitens. Ihr habt keinen politischen Einfluss. Ihr seid nicht vernetzt und schafft es nicht, Lehrer oder Gewerkschaften auf eure Seite zu ziehen. Eure Lobbyisten sind ahnungslos und haben keinen Zugang zur Macht. Selbst gute Lobbyisten könnten nichts für euch tun. Ihr seid zu wenige und habt zu wenig wirtschaftliche Macht, um eine politische Stimme zu haben.

Es ist ganz egal, welche Partei ihr wählt. Ihr seid als Zielgruppe für alle Lager uninteressant. In euch zu investieren bringt nichts. Politikern reicht es völlig, im Namen der Jugendpolitik ein paar Besprechungskränzchen einzurichten. Dort produzieren grauhaarige Funktionäre Papiere mit technokratischen Namen. „Sichtweisen und lebensweltliche Perspektiven Jugendlicher zum Thema Herausforderungen der nationalen und europäischen Jugendpolitik“ heißt eines, das ich vor Kurzem gelesen habe. Wie alle kommt es zu dem Schluss, dass ihr Politik scheiße findet.

Als Reaktion darauf versprechen euch die Politiker alles Mögliche, aber mehr als ein paar Imagekampagnen kommen dabei nie heraus. Diese Imagekampagnen gehen immer nach hinten los, weil auch in der Politik gilt, dass gute Werbung ein schlechtes Produkt nur umso schneller ruiniert. Den Politikern ist das egal. Sie kümmern sich lieber um die Alten, weil die sie an der Macht halten.

Im Gegensatz zu euch können die Alten sich sehr wohl wehren, weil sie schon jetzt viele sind und ihre Zahl weiter steigt. Sie haben politischen Einfluss. Sie können den Gewerkschaften beitreten und sie bilden den Verwaltungsapparat. Ihre Lobbyisten sind abgedankte Politiker mit jahrzehntelanger Erfahrung. Sie können die Post, die Bahn oder den ganzen Staat lahmlegen. Auf die Stimmen der Alten kommt es an, doch die wählen keine Partei, bloß weil die so nett zum Nachwuchs ist. Sie wählen jene Partei, die nett zu ihnen selbst ist. Das ist ihr demokratisches Recht und ein genetisch programmierter Reflex, der mit dem Alter zunimmt. Je älter ein Mensch wird, desto mehr hat er die Tendenz, sich nur noch um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern.

Drittens. Ihr kriegt es gar nicht richtig mit, wenn ihr abgezockt werdet. Ihr durchschaut die ökonomischen und politischen Zusammenhänge zu wenig. Bei den Protesten der spanischen Jugend gegen ihre miese wirtschaftliche Lage verpassten die Organisatoren den Demonstranten erst einmal Schnellkurse, damit sie wussten, wogegen sie überhaupt demonstrierten. Sie mussten mit ganz simplen Dingen wie dem Unterschied zwischen einer Zentralbank und einer Kommerzbank anfangen. In Frankreich haben Jugendliche sogar gegen die Anhebung des Rentenalters demonstriert, obwohl sie eine ihrer wenigen Chancen wäre, dass für sie noch etwas vom Sozialstaat übrig bleibt. Sie haben nicht einmal kapiert, dass sie es sind, die dafür bezahlen müssen, wenn die Alten mit 55 in Rente gehen.

Eure Schulen haben euch die ökonomischen und politischen Zusammenhänge nicht erklärt. Sie sind vor hundert Jahren stecken geblieben. Lehrergewerkschafter, Schuldirektoren, obskure Bildungspolitiker und andere Bürokraten erpressen das Schulsystem und verhindern jede Modernisierung.

Deshalb lernt ihr dort mit veralteten Methoden veraltete Dinge, die größtenteils wirtschaftsfeindlich, zukunftsfeindlich und internetfeindlich sind. Ihr lernt dort, ob die Saurier von links nach rechts oder von rechts nach links gewedelt haben, aber nichts darüber, wie die Wirtschaft funktioniert. Das gesamte System stammt aus einer Zeit, als Wissen noch nicht immer und überall abrufbar war und es noch darauf ankam, aus dem Gedächtnis zu schöpfen.

Jetzt knechten und quälen euch die Lehrer mit Überflüssigem von damals, um ihre Machtposition zu behalten. Informationen...

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