Ein Modell ist ein Abbild eines komplexen Sachverhaltes und abstrahiert auf die Merkmale, die für einen besonderen Kontext von Bedeutung sind. Nach dieser Definition abstrahiert das Modell eines Geschäftes bzw. eines Unternehmens von all seinen komplexen Beziehungen und Abhängigkeiten auf bestimmte Merkmale. Somit ist ein Geschäftsmodell (GM) die Abbildung eines Unternehmens in aggregierter Form[64]. Im weiteren Verlauf wird das Konzept GM im Hinblick auf webbasierte GM aufgegriffen.
Wie zuvor dargestellt, hat der Einsatz von IKT in der Tourismusbranche eine essenzielle Bedeutung. Der reine Einsatz von IKT allein schafft allerdings noch keinen Wert für die Unternehmen. Vielmehr ermöglicht erst das GM einen Mehrwert. So trägt die IKT eine bedeutende Rolle als Treiber für die Entstehung von GM. Allerdings sind es die GM selbst, die die entscheidende Rolle spielen (vgl. Abbildung 2).
Abbildung 2: Wechselwirkungen zwischen IKT und Geschäftsmodell
Quelle: in Anlehnung an Wigand (1997), S. 13; Stähler (2002), S. 69.
Für einige Autoren umfasst das Konzept GM vor allem die interne Betrachtungsweise des Unternehmens und der Aktivitäten zur Erzielung von Einkünften. Andere Autoren erweitern ihre Definition dahin gehend, dass ein GM ebenso das Umfeld und die Beziehungen zur Umwelt umfasst.[65] Nach Meier/Stormer (2012) besitzt es verschiedene Komponenten. Durch die Definition der Produkte und Dienstleistungen werden diese unter anderem auf Digitalisierbarkeit (vgl. Kapitel 2.1.2) hin überprüft. Weitere Komponenten betreffen die Festlegung der Zielgruppe (vgl. Kapitel 4) sowie die Gestaltung der Geschäftsprozesse und Distribution (vgl. Kapitel 5) als auch die Festlegung des Ertragsmodells.[66]
Kollmann (2013a) unterscheidet GM anhand ihrer Geschäftsbereiche und der handelnden Akteure. So werden Anbieter und Empfänger von Leistungen in Konsumenten (Customer), Unternehmen (Business) und Behörden (Government) unterschieden. Daraus resultieren die Geschäftsbereiche „Business-to-Business“, „Business-to-Customer“ und „Customer-to-Customer“, die miteinander in Aktion treten.[67]
Wirtz (2010) vertritt ebenso einen Ansatz, der über die ausschließliche Betrachtungsweise der internen Wertschöpfungskette eines Unternehmens hinausgeht. Er beschreibt das GM als Modell des „Leistungserstellungsprozesses“ unter besonderer Berücksichtigung der Ressourcen in Form von Informationen, Produkten und Dienstleistungen, die in ein Unternehmen hinein- und aus ihm hinaus fließen. Somit wird in der Geschäftsmodellanalyse die Funktion der vor- und nachgelagerten Akteure in der wertschöpfungsübergreifenden Kette mit einbezogen. Das GM wird um ein sogenanntes Partialmodell erweitert, das wiederum aus einem Marktmodell, einem Beschaffungsmodell, einem Leistungserstellungsmodell, einem Leistungsangebotsmodell, einem Distributionsmodell und einem Kapitalmodell besteht, um zusätzliche betriebswirtschaftliche Analysen zu ermöglichen. Er schlägt in seiner Konzeption verschiedene Geschäftsmodelltypologien vor, die innerhalb eines Typs möglichst gemeinsame Eigenschaften aufweisen und zwischen den verschiedenen Typen differenzierbar sind.[68]
Das von ihm vorgestellte 4C-Net Business Model kategorisiert GM aus dem Customer-to-Customer-Bereich und unterscheidet die vier Basisgeschäftsmodelle Content, Commerce, Context und Connection. Diese vier Varianten unterteilt er nochmals aufgrund eines spezifischeren Leistungsangebotes. GM, die nicht eindeutig einer Kategorie zugeordnet werden können, bezeichnet Wirtz als hybride GM. Die GM, die im Bereich Content angesiedelt sind, legen ihren Fokus auf die Bereitstellung von Inhalten, Context auf die Klassifizierung von verfügbaren Informationen. Commerce-GM konzentrieren sich auf Transaktionen, die online abgeschlossen werden und Connection-GM auf der Interaktion zwischen den Nutzern.[69]
In dieser Arbeit wird der Vorschlag von Wirtz (2013) aufgegriffen, da dieser eine mögliche Herangehensweise beschreibt, um ein GM in einer benötigten Abstraktion aus der internen und der externen Perspektive darstellen zu können. Zur weiteren Analyse werden die RSP in ihrer Gesamtheit und ihren Charakteristika dargestellt, um dieses im späteren Verlauf der Arbeit aus interner und externer Perspektive analysieren zu können (vgl. Kapitel 6).
Grundsätzlich lassen sich in die zuvor vorgestellten Geschäftsmodelltypologien Unternehmen aus der Online-Tourismusbranche einordnen, die nachfolgend der Vollständigkeit halber dargestellt werden.
Für das Content-GM ist beispielweise das Online-Reisemagazin MERIAN zu nennen. Die Journalisten verfassen unter dem Titel „Reisemagazin und Reiseführer für weltweite Urlaubsziele“ Beiträge aus der Reisebranche und informieren die Website-Besucher über verschiedene Themen aus diesem Bereich. Der Schwerpunkt liegt hier auf der Bereitstellung und Darstellung von Content für die Zielgruppe des Reisemagazins. Die Erlöse in diesem GM resultieren überwiegend aus Werbeeinnahmen wie zum Beispiel über Banner von Partnerunternehmen.
Online-Reisebüros wie Expedia gehören zu den klassischen Commerce-Geschäftsmodellen. Auf der Website werden verschiedene Urlaubsangebote sowie Flüge und Unterkünfte beworben, die der Nutzer über einen Buchungsprozess reservieren soll. Auch die Websites der klassischen Leistungsträger wie AirBerlin oder Bahn.de haben transaktionalen Charakter. Sie verfügen über ein Buchungssystem, über das der Konsument Leistungen erwerben soll. Es geht hier vordergründig um die Abwicklung von Transaktionen. Hierüber erwirtschaften die Commerce-Unternehmen ihre Einnahmen.
Die Website von TripAdvisor ist eine Plattform, auf der die Besucher nach verschiedenen Reiseobjekten wie zum Beispiel Sehenswürdigkeiten oder Restaurants in einer bestimmten Stadt suchen können. So können sich diese über verschiedene Reiseziele und die dort angebotenen Möglichkeiten informieren. Das Unternehmen dieses GM entspricht dem Bereich Context. Es adressiert die Möglichkeiten, die durch das Web 2.0 entstanden sind.
Ein typisches Beispiel für einen Online-Anbieter im Bereich Connection ist Travel-Friends.de. Auf der Website des Anbieters können sich Nutzer anmelden und ihre Reiseerfahrung mit anderen Nutzern austauschen. Zwar produzieren die registrierten Nutzer auch Content, allerdings steht im Fokus der Austauschgedanke zwischen diesen. Hier wird der Gedanke des Web 2.0 aufgegriffen.
Einige Websites mit Urlaubsangeboten sind neben einem Logo mit dem Zusatz (Internet-/Web-)Portal (in Bezug zu einer bestimmten Branche) betitelt. So wirbt beispielsweise Urlaubspiraten[70] mit dem Zusatz „Reiseschnäppchen Portal“ und verweist damit auf ein Portal mit günstigen Angeboten aus der Urlaubsbranche (vgl. Abbildung 3). Solche Angebote werden betitelt beispielsweise mit „Amsterdam: 3 Tage im sehr guten 4-Sterne-Designhotel inkl. Frühstück für nur 79,− €“ und „12 Tage Dominikanische Republik mit Hotel und Hin- und Rückflug für nur 563,− €“. Diese Schnäppchen werden auch als Deals bezeichnen und beziehen sich in der Regel auf Angebote aus Restkontingenten, Preisfehlern und Gutscheinen aus dem Bereich Urlaub. Beispielsweise weisen einige RSP auch auf Angebote zum kostenlosen Bezug einer Kreditkarte hin, um im Urlaub kostenlos Bargeld abholen zu können. Das Angebot geht damit über das des Kerntourismus hinaus (vgl. Kapitel 2.1.2). Neben Urlaubspiraten existieren weitere RSP wie Urlaubsguru, Reisespione, Travelcloud, Travel-Dealz.
Nach Hansen/Neumann (2009) wird ein Portal durch seine Bereitstellung von Informationen zu einem bestimmten Thema charakterisiert. Dabei werden Informationen, die aus anderen Quellen stammen, aufbereitet und dem Nutzer als Einstieg auf einer Website angezeigt. Je nach Breite oder Tiefe des Informationsangebotes werden Portale in horizontale und vertikale eingeteilt.[71] Da Reiseschnäppchen-Portale (RSP) ihren Fokus auf ein Informationsangebot rund um das Reisen legen, können sie des Weiteren als vertikales Portal spezifiziert werden.
Die Einstiegsseite von Urlaubspiraten enthält Angebote und Informationen rund um den Urlaub und macht diese der Nutzergemeinde über eine Website zugänglich (B2C). Neben Urlaubsangeboten beinhaltet die Website Informationen, die über das Offerieren von Angeboten hinausgehen wie beispielsweise die Kategorie „Tipps und Tricks“ rund um das Reisen. Das Portal wird durch ein Katalogmanagement unterstützt, das „Funktionen für Aufbau, Unterhalt...