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Ich bin eigentlich nicht aggressiv: Theorie und Praxis eines Anti-Aggressions-Kurses mit türkischstämmigen Jugendlichen

AutorAhmet Toprak
VerlagLambertus Verlag
Erscheinungsjahr2001
Seitenanzahl120 Seiten
ISBN9783784113708
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis10,99 EUR

Wie aggressiv sind Jugendliche türkischer Herkunft wirklich? Agieren sie in alltäglichen Interaktionen aggressiver als andere Jugendliche oder prägen Vorurteile und Stereotypen das Bild dieser Jugendlichen? Wie gestaltet sich ein Anti-Aggressions-Kurs mit türkischen Jugendlichen und was bedeuten die Begriffe Ehre, Männlichkeit und Freundschaft für die Population in Bezug auf Gewalttätigkeit?

"Es ist das Spannende des vorliegenden Buches und das Verdienst Ahmet Topraks, dass er mit Unsicherheiten im kulturellen Umgang aufräumt, wenn Begriffe wie Ehre, Männlichkeit und Freundschaft kultur- und betroffenenperspektivisch präzisiert werden. Dies tut er ehrlich und kritisch. Und diese ungeschminkte Sicht auf aggressiv agierende junge Türken kann sich der Autor political correct leisten, weil er selber Deutscher türkischer Abstammung ist, sich in beiden Kulturen zu Hause fühlt und somit kaum in den Geruch eines ausländerfeindlichen Habitus geraten dürfte." (Jens Weidner, Vorwort)

Der Autor

Dr. phil. Dipl.-Pädagoge, Anti-Aggressivitäts-Trainer. Studium der Erziehungswissenschaften in Regensburg und Promotion in Passau. Zusatzausbildung zum Anti-Aggressions-Trainer in Frankfurt a.M. Er arbeitet gegenwärtig bei der Arbeiterwohlfahrt - Referat Migration - in München und ist dort für Anti-Aggressions-Kurse mit Jugendlichen nichtdeutscher Herkunft zuständig. Darüber hinaus ist er Lehrbeauftragter an der Katholischen Universität Eichstätt und ist in der Weiter- und Fortbildung für soziale Fachkräfte mit interkulturellem Ansatz tätig.

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Kapitelübersicht
  1. Inhalt und Vorworte
  2. Einleitung
  3. I. Sozialisationsbedingungen der türkischen Jungen sowie die Bedeutung der Begriffe Ehre, Männlichkeit und Freundschaft: 1. Die Begründung der Methode
  4. I. Sozialisationsbedingungen der türkischen Jungen sowie die Bedeutung der Begriffe Ehre, Männlichkeit und Freundschaft: 2. Sozialisationsbedingungen der türkischen Jungen
  5. I. Sozialisationsbedingungen der türkischen Jungen sowie die Bedeutung der Begriffe Ehre, Männlichkeit und Freundschaft: 3. Aggression und Gewalt
  6. II. Anti-Aggressions-Kurse (AAK) mit türkischen Jungen: 1. Projekt: Anti-Aggressions-Kurse der Arbeiterwohlfahrt – Referat Migration – nach Paragraph 10 Jugendgerichtsgesetz (JGG) zwischen 1996 bis 2000
  7. II. Anti-Aggressions-Kurse (AAK) mit türkischen Jungen: 2. Anti-Aggressions-Kurse nach Paragraph 10 JGG
  8. II. Anti-Aggressions-Kurse (AAK) mit türkischen Jungen: 3. Übungen
  9. II. Anti-Aggressions-Kurse (AAK) mit türkischen Jungen: 4. Das Sitzungscurriculum eines Anti-Aggressions-Kurses
  10. Literatur
  11. Der Autor
Leseprobe

3. AGGRESSION UND GEWALT (S. 54-55)

In der öffentlichen Diskussion werden die beiden Begriffe „Aggression" und „Gewalt" in einem Atemzug genannt und auch miteinander in Verbindung gebracht. Während der Begriff „Aggression" sowohl positiv als auch negativ sein kann, werden mit dem Begriff „Gewalt" negative und extreme Formen der Aggression assoziiert. Da auch der Titel des Kurses den Begriff „Aggression" beinhaltet, wird bei der Definition, bei der Erläuterung des theoretischen Hintergrunds sowie den diversen Erklärungsansätzen das Augenmerk auf diesen Begriff gerichtet.

3.1 Definition

Bevor die beiden Begriffe definiert werden, ist es wichtig, die vier Erklärungsebenen (nach W. Doise, 1986) bei der Beschreibung menschlichen Verhaltens auseinander zu halten.

(1) Intraindividuelle Erklärungen:

Dazu gehören Ansätze, die intrapsychische Gründe für aggressives Verhalten heranziehen, wie zum Beispiel ein besonderes Maß an physiologischer Erregung oder Ärger. So geht beispielsweise die sexuelle Gewalt oft mit physiologischer Erregung beim Täter einher.

(2) Interpersonale Erklärungen:

Da Menschen einander missverstehen und die Intentionen ihrer Handlungen unterschiedlich interpretiert werden, entstehen Aggressionen häufig aus Interaktionen zwischen Individuen.

(3) Intergruppale Erklärungen:

„Aggression und Gewalt sind Handlungen, die häufig im Zusammenhang mit der Begegnung von Mitgliedern unterschiedlicher Gruppen zu beobachten sind. Intergruppenaggression liegt dann vor, wenn Gruppenmitglieder aggressiv gegeneinander sind, weil sie unterschiedlichen Gruppen angehören."

(4) Ideologische Ebene:

„Menschliches Verhalten ist in einen gesellschaftlichen Kontext eingebettet, der den Handlungs- und Verständnisrahmen absteckt. Gesellschaftliche Ideologien legen fest, welche Handlungen erlaubt oder gar erwünscht sind, und begünstigen oder verhindern damit auch die Entstehung von Aggression und Gewalt."

Aggression:
Eine verhaltentheoretische und einfache Definition von „Aggression" kommt von Buss aus dem Jahre 1961. Aggression bedeutet seiner Ansicht nach „... a response that delivers noxious stimuli to another organism".96 In diesem Falle beinhaltet der Begriff „Aggression" nur den physischen Aspekt, und die psychische Seite der Aggression wird komplett ausgeklammert. Zwei sehr umfangreiche Definitionen kommen von Bandura (1979) sowie Zillmann (1979):

„Aggression wird als ‚schädigendes und destruktives charakterisiert, das im sozialen Bereich auf der Grundlage einer Reihe Faktoren als aggressiv definiert wird, von denen einige eher beim Beurteiler als beim Handelnden liegen.’"
Nach Zillmann

„ist eine Aktivität dann als Aggression zu definieren, wenn von der handelnden Person versucht wird, einer anderen Person körperlichen Schaden oder physischen Schmerz zuzufügen, und wenn das Opfer gleichzeitig danach strebt, eine solche Behandlung zu vermeiden."

Gewalt:

Eine einfache Definition der Gewalt schlägt Zimbardo (1995) vor: „Gewalt ist Aggression in ihrer extremen und sozial nicht akzeptablen Form."

Inhaltsverzeichnis
Inhalt6
Vorwort10
Vorwort II11
Einleitung12
I. Sozialisationsbedingungen der türkischen Jungen sowie die Bedeutung der Begriffe Ehre, Männlichkeit und Freundschaft16
1. DIE BEGRÜNDUNG DER METHODE16
1.1 Die Art des Interviews17
1.2 Das Erstellen des Interviewleitfadens19
1.3 Datenerhebung24
2. SOZIALISATIONSBEDINGUNGEN DER TÜRKISCHEN JUNGEN30
2.1 Die Schule30
2.2 Berufsausbildung/Erwerbstätigkeit32
2.3 Die Wohnsituation36
2.4 Die Peergroup37
2.5 Der Ausländerstatus40
2.6 Die Religion44
2.7 Die Ehre45
2.8 Die Männlichkeit50
2.9 Die Freundschaft52
3. AGGRESSION UND GEWALT55
3.1 Definition55
3.2 Theoretischer Hintergrund und Erklärungsansätze57
3.3 Überlegungen zu aggressionsauslösenden Faktoren bei türkischen Jungen58
II. Anti-Aggressions-Kurse (AAK) mit türkischen Jungen65
1. PROJEKT: ANTI-AGGRESSIONS-KURSE DER ARBEITERWOHLFAHRT – REFERAT MIGRATION – NACH PARAGRAPH 10 JUGENDGERICHTSGESETZ (JGG) ZWISCHEN 1996 BIS 200065
1.1 Träger des Projektes65
2. ANTI-AGGRESSIONS-KURSE NACH PARAGRAPH 10 JGG71
2.1 Die rechtlichen Grundlagen72
2.2 Die methodischen Grundlagen74
2.3 Deskriptionsphase75
2.4 Einzelgespräche77
2.5 Konfrontativer und provokativer Ansatz81
2.6 Der heiße Stuhl82
2.7 Der Einsatz und das Ziel der Übungen bzw. Filme85
2.8 Das Verfassen eines Opferbriefes86
2.9 Zwischen- und Endauswertung mit den Teilnehmern87
2.10 Endauswertung unter den TeamkollegInnen88
2.11 Workshop89
2.12 Teilnahmebedingungen und Ausschlusskriterien89
2.13 Arbeitsziel89
2.14 Angebote des Anti-Aggressions-Kurses90
2.15 Mitarbeiter91
2.16 Finanzierung91
2.17 Evaluation92
3. ÜBUNGEN96
3.1 Die Wahrnehmung96
3.2 Das Partnerinterview98
3.3 Gewaltbilder analysieren99
3.4 Die Kennenlernübung: „Wenn ich ....“99
3.5 Die Fallübung (Mit Rollen besetzen)100
3.6 Typisch Türkisch/Deutsch101
3.7 Die Schimpfwörter101
3.8 Die Vertrauensübung I102
3.9 Die Vertrauensübung II (Die blinde Kuh)103
3.10 Die Vertrauensübung III103
3.11 Der Menschenschlauch103
3.12 Der Zuckball104
3.13 Der gordische Knoten105
3.14 Die Stühleübung105
3.15 Das Soziogramm106
3.16 Nähe und Distanz106
3.17 Ausgrenzen107
3.18 Die Flaschenübung107
3.19 Die Schreiübung108
3.20 Ausgeschlossen (Quelle: Portmann, R., 1996, S. 33)108
3.21 Der Platz gehört mir (Quelle: Portmann, R., 1996, S. 39)109
3.22 Ein Skulptur bauen109
3.23 Die Kalt- und Warmdusche110
3.24 Bitte hilf mir111
3.25 Die Delikthitparade (entnommen aus Frey u.a., 1997. S. 128)111
4. DAS SITZUNGSCURRICULUM EINES ANTI-AGGRESSIONS-KURSES112
Literatur115
Der Autor120

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