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Interkulturelle Aspekte der Arzt-Patienten-Kommunikation am Beispiel russischer Kinderpatienten

AutorJulia Skrypnikova
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl99 Seiten
ISBN9783656888390
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Medien / Kommunikation - Interkulturelle Kommunikation, Note: 1,3, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Veranstaltung: Kommunikationswissenschaft/Journalistik, Sprache: Deutsch, Abstract: Im Vergleich zu früheren Zeiten hat das wissenschaftliche Interesse an der Arzt-Patienten-Kommunikation in den letzten Jahren stark zugenommen. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Viele Ärzte haben nicht besonders viel Zeit für ihre Patienten und die Kommunikation ist begrenzt. Besonders schwierig ist es für unerfahrene Ärzte, die Sichtweise des Patienten zu übernehmen, die Perspektive zu wechseln und ihm genau zuzuhören. 'Wir werden ins kalte Wasser geschmissen und plötzlich sind diese Patienten, die ganz normale Menschen sind, zu fremden Wesen aus fremden Galaxien', schreibt eine Medizinstudentin in einem Forum. Viele Patienten sind mit einer solchen Beziehung unzufrieden. Aus diesem Grund wechseln sie die Ärzte oder wollen gar nicht mehr zum Arzt oder ins Krankenhaus gehen. Noch problematischer ist heutzutage die interkulturelle Arzt-Patienten-Kommunikation, weil viele Menschen mit Migrationsgrund in Deutschland leben. Viele kommen nach Deutschland, um eine hochqualitative Behandlung zu bekommen, dazu gehören auch russische Familien mit Diagnosen wie Krebs, die mit der Hoffnung nach Deutschland kommen, um das Leben ihres Kindes. Die Begegnung von Ärzten und Patienten aus unterschiedlichen Kulturkreisen gehört heutzutage zum medizinischen Alltag. Aber Letztere geraten in eine andere Welt in der andere Regeln, eine andere Kultur und andere Besonderheiten gelten. Hinzu kommt die Sprachbarriere. Einige Ärzte wissen nicht, wie man ein gutes Gespräch mit solchen Patienten und mit ihren Eltern aufbauen kann. Es treffen also zwei Welten aufeinander. Manchmal entstehen deswegen viele Missverständnisse. Eine gute Arzt-Patienten-Kommunikation ist in solchen Fällen wichtig, weil sie den Heilungsprozess beeinflussen kann und die gesamte Arbeit zwischen dem Arzt und dem Patienten verbessern könnte. Es soll sozusagen ein gesamtes Team aus den Personen sein, die an der Arzt-Patienten-Kommunikation beteiligt sind. Dazu gehören gewöhnlich der Arzt, die Eltern, der Kinderpatient und der Dolmetscher. Die vorliegende Arbeit ist der interkulturellen Kommunikation zwischen Arzt und Patienten am Beispiel russischer Kinder gewidmet und wird überwiegend aus eigener Erfahrung mit Ärzten sowie kleinen Patienten und deren Eltern geschrieben. Dabei werden Patienten vom Kindes- bis zum Jugendalter betrachtet. [...]

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Leseprobe

3 Die Besonderheiten in der Kommunikation bei Kindern als Patienten


 

Eltern wie Kinder berichteten, dass die Art, wie der Arzt kommunizierte, ein Schlüsselfaktor in der Beziehung zu ihnen war“.[108] Die meisten Kinder wollen auch mit den Ärzten sprechen und Antworten auf ihre Fragen bekommen. Aber in der Arzt-Patienten-Kommunikation wird das Kind häufig kaum als Kommunikationspartner betrachtet. Die Ärzte sprechen mit jungen Patienten nicht oder nur sehr wenig.

 

3.1 Arzt-Kind-Beziehung


 

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, haben aber – als Kinder – das gleiche Recht auf Respekt und Akzeptanz, wie es den Erwachsenen zugestanden wird. Patientengespräche mit Kindern sind im Prinzip nicht kompliziert.[109] Fast immer sprechen die deutschen Ärzte mit russischen Kindern mittels ihrer Eltern und/oder eines Dolmetschers, da sich die kranken Kinder jeden Alters gegenüber dem Arzt hilflos und fremd fühlen. Die Bindung zu den Eltern ist meist recht eng, besonders zur Mutter; dort wird Schutz gesucht.

 

Da einige Kinder über ihre Krankheit oder den Grund ihrer veränderten Lebensbedingungen Bescheid wissen wollen („Was habe ich?“, „Warum soll ich im Krankenhaus bleiben?“), stellt sich die Frage, wie viel Wahrheit einem Kind in einer solchen Lage zugemutet werden kann und soll. „Jeder Mensch hat ein humanitäres Recht darauf, mit der Wahrheit, soweit sie ihn betrifft, konfrontiert oder nicht konfrontiert zu werden.“[110] Bei kleinen Kindern bis ca. sieben Jahren sollte der Arzt den Eltern diese Entscheidung überlassen, in einigen Fällen kann er auch selbst beurteilen, ob das Kind über die psychische Reife verfügt, die ein offenes Gespräch dieser Art vertretbar erscheinen lässt. Neben der Behandlung sollten die Ärzte das Interesse des Kindes wahrnehmen und ihren Eltern gegenüber vertreten.[111]

 

Stellen die Kinder Fragen, ist Ehrlichkeit seitens des Arztes oberstes Gebot, „weil die Kinder ein gutes Gespür für Unwahrheiten und Unglaubwürdigkeiten haben. Die Wahrheit, die die Ärzte ihnen mitteilen, ist meistens nur eine Bestätigung ihrer Ahnungen.“[112]. Kinder fragen direkt, der Arzt muss sich darüber im Klaren sein, dass ungeschickte Antworten zu Angst und depressionsartigen Zuständen bei seinem Patienten führen können; auch muss er dafür Sorge tragen, dass sich das Kind nicht allein gelassen fühlt, insbesondere, wenn sich Gedanken um Trennung und Tod in ihm breitmachen.[113] Bleiben Fragen des Arztes unbeantwortet, empfiehlt sich ein spielerischer, kindgerechter Umgang mit der Situation („Wir machen es so: Wenn Du irgendwelche Fragen nicht beantworten willst, dann schüttel einfach mit dem Kopf, o.k.?“). Die Gespräche mit dem Kind sollten in der Form eines Interviews durchgeführt und dabei bevorzugt die Technik der geschlossenen Fragen angewandt werden. Dadurch bekommt das Kind schon zu Beginn der Behandlung das Gefühl, eine aktive Rolle im Behandlungsverlauf zu spielen. Die Fragen und Antworten des Arztes sollten in kurzen, einfachen Sätzen formuliert werden und auf jede Verwendung von Fachsprache verzichten. Lässt sich ein Fachterminus nicht vermeiden („Was ist ein Katheter?“), kann der Gegenstand und seine Verwendung – z. B. mithilfe eines Bildes – anschaulich und verständlich beschrieben und erklärt werden.

 

3.2 Sprachlicher und kommunikativer Entwicklungsstand des Kindes


 

„Sprechen ist eine der höheren geistigen Funktionen des Menschen. Das Sprechen prägt wesentliche Verhaltensweisen des Menschenkindes, bei seinem Kommunikationsbedürfnis als einem sozialen Wesen, im wachsenden mitmenschlichen Umgang mit den Nächsten.“[114] Durch das Sprechen können Menschen z. B. ihre Wünsche ausdrücken.

 

Kinder fangen durchschnittlich im Alter von zwei bis drei Jahren zu sprechen an. Bereits während der Schwangerschaft beginnen die meisten Mütter mit ihrem Kind zu sprechen, und da das Kind seine Mutter hören kann, erwirbt es dadurch Voraussetzungen für die spätere Sprachentwicklung. Ab der 28. Schwangerschaftswoche hört das Kind außer Gefäß- und Darmgeräuschen auch die Stimme der Mutter sowie Geräusche aus der unmittelbaren Umgebung.[115] Das bedeutet, dass nicht erst mit der Geburt die kommunikative Entwicklung des Kindes beginnt. Das erste hörbare Sprechvermögen zeigt sich indessen im Schreien des Kindes. Das Schreien zeigt, dass das Kind etwas möchte, z. B. essen oder trinken oder es zeigt etwa an, dass es Bauchschmerzen hat. Bereits ab dem 3. bis 6. Lebensmonat beherrschen Kinder in der Regel schon Vokalisationen und können Silben produzieren, z. B. „ba, ma, bu" oder „la“. Ab dem 6. Monat können die Kinder dann für gewöhnlich schon Silbenreihen artikulieren, wie beispielsweise „Ma-ma, Pa-pa“ oder „ba-ba“. Etwa ab dem 8. Monat erfolgt dann der Übergang von der „präverbalen“ zur verbalen Kommunikation, weil die Kinder in diesem Alter mit ihrem Blick zwischen Mutter und Gegenstand pendeln und auf Gegenstände zu zeigen beginnen. Während sie auf etwas zeigen, vergewissern sie sich mit einem kurzen Blick zur Mutter, dem so genannten „visual checking“, ob sich ihre Aufmerksamkeit auf den gleichen Gegenstand richtet.[116] Eine Mutter sagt ihrem Kind dann normalerweise, wie das jeweilige Ding heißt, wodurch das Kind wiederum allmählich begreift, dass jedes Ding einen Namen hat.[117] Bis zum 9. Monat kann man – laut Festlegung – sagen, dass sich ein Kind in der sogenannten „Lallphase“ befindet. In dieser Phase der „Einwortsätze“ werden Zungenmotorik und Stimmbänder trainiert und die sprachlichen Grundmuster für Vokale, Konsonanten und Zischlaute entwickelt. [118] Ab ca. dem 9. Lebensmonat beginnen die Kinder zu verstehen, was z. B. die Eltern ihnen sagen. Sie hören die Wörter und Sätze der Erwachsenen und versuchen, einige Silben und Laute zu wiederholen. Mit zwei Jahren können die Kinder fast alles verstehen, und wenn nicht, dann drücken sie das mit mimischen Zeichen, z. B. dem Frageblick, aus oder sagen das Wort „Nein“. Die Sprachentwicklung bei Kindern ist bekanntlich individuell, einige Kinder beginnen früher zu sprechen, andere später. Aber gewöhnlich wird im Alter von zwei bis zweieinhalb Jahren das Sprechen erlernt. Kinder verwenden in ihrer Sprache solche Wörter, die sie in der Umgebung hören. Ab vier bis sechs Jahren können sie schon fließend sprechen und den Sinn jedes Satzes, wenigstens sofern er sich innerhalb ihres „Sprachmilieus“ befindet, verstehen. Ihr Wortschatz wird mit zunehmender Erfahrung entsprechend erweitert. Ab ca. sechs Jahren können sie nicht nur einfache Sätze, sondern komplexe(re) Sätze verwenden, also Sätze, die auch Nebensätze aufweisen.

 

Die Satzbildung mit einhergehender Grammatikentwicklung beginnt in der Regel, wenn das Kind mit einem Wort den Sinn eines ganzen Satzes ausdrücken möchte (Einwortsatz), z. B. wenn es das Wort „Ball“ mit freudiger Stimme sagt und damit meint, dass es mit diesem Ball spielen möchte. Mit ca. drei Jahren kann ein Kind gewöhnlich einfache, grammatikalisch richtige Sätze in korrekter Abfolge sprechen. Mit ca. fünf Jahren ist die kindliche Sprachentwicklung in ihren groben Zügen beendet, was bedeutet, dass ein Kind seine Gedanken, Wünsche und das, was es erlebt hat, in sprachlicher Form äußern können sollte. Wortschatz und Sprachstil können sich hingegen – bei entsprechender Übung – selbstredend stetig weiterentwickeln.[119]

 

3.3 Kommunikation durch das Spiel


 

Wenn Erwachsene sich für das Spiel von Kindern interessieren, wird ihr Alltag meistens reicher. Kinder sind dankbar für das Interesse an ihrer Phantasie und ihren Aktivitäten. Sie mögen Erwachsene besonders dann, wenn sie ihre kindliche Spielwelt mit ihnen teilen. Über das Spiel finden die Kinder einen Kontakt zu Erwachsenen.“[120] „Spieltherapie ist ein Verfahren, das die spezifische ‘Sprache‘ des Kindes, nämlich den Ausdruck im Spiel, berücksichtigt und dies als Medium für einen psychotherapeutischen Prozess nutzt.“[121]

 

Die erste Vertreterin der Spieltherapie war die nicht ärztliche Kinderanalytikerin Hermine von Hug-Hellmuth. Ab 1920 entwickelte sie diese Therapie, in der die kleinen Patienten durch die Methode des Spiels während des therapeutischen Prozesses zur Heilung angeregt wurden. Weitere Forscherinnen, die sich mit der Spieltherapie auseinandergesetzt haben, sind u. a. Ada Müller-Braunschweig, Anna Freud, Melanie Klein, Margaret Lowenfeld, Madeleine Rampert, Gerhild von Staabs. Heutzutage existiert eine große Vielfalt von Methoden und Anwendungsgebieten der Spieltherapie. Viele Psychologen in Krankenhäusern arbeiten allein oder mit Ärzten zusammen, um die Kommunikation mit Kindern durch das Spiel zu verbessern und auch zur Behandlung anzuregen, um letztlich Ängste bei Kindern abzubauen.[122]

 

Die Hauptgründe für Kommunikationsschwierigkeiten bei beziehungsweise mit Kindern resultieren...

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