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Kleider machen Leute. Pädagogische Aspekte von Kleidung als nonverbaler Botschaft

AutorKarolin Strohmeyer
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl85 Seiten
ISBN9783656477129
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Pädagogik - Sonstiges, Note: 1,0, Universität Osnabrück, Sprache: Deutsch, Abstract: 'Mode ist ein allgegenwärtiges, alltägliches und vielseitiges Phänomen. Das Kleidungsverhalten von uns Menschen ist komplex determiniert - viele unterschiedliche Gründe und Ursachen beeinflussen den Griff in den Kleiderschrank. Ich ziehe das an, was mir gefällt und andere sollen mich so wahrnehmen, wie ich mich mit meiner Kleidung fühle. Dabei spielt der Aspekt der nonverbalen Kommunikation der Kleidung eine entscheidende Rolle. Nonverbale Kommunikation bedient sich einer Zeichen- bzw. Symbolsprache, um Botschaften zu vermitteln. Anhand der äußeren Erscheinung macht sich unser Gegenüber ein Bild von uns und steckt uns in eine Schublade. Den funktionalen Aspekten der Bekleidung stehen modische Aspekte gegenüber. Sie rücken die Vorliebe der Menschen an der Veränderung, am ständig Neuen, in den Vordergrund. Kleidung ist aber noch viel mehr: Kleidung dient der Selbstdarstellung, der Selbstbehauptung, der An- und Abgrenzung zu gesellschaftlichen Gruppen. Kleidung ist nicht nur ein oberflächliches und dekoratives Element des menschlichen Lebens, sondern ein wichtiges Ausdrucksmittel und Regulator innerhalb einer Gesellschaft. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich insbesondere mit der nonverbalen Kommunikationskraft von Kleidung und untersucht diese besonders hinsichtlich der pädagogischen und erzieherischen Aspekte. Dabei soll dementsprechend speziell das Kleidungsverhalten von Grundschulkindern analysiert werden. Nach dem Versuch einer Definition von Mode bzw. Kleidung werden einige wichtige Faktoren, die Kleidung ausmachen, wie der soziologische, der psychologische und der psychoanalytische, vorgestellt. Dabei soll immer die Sicht auf das Grundschulkind, verbunden mit der Betrachtung von Lebenslauf und Identitätsbildung, im Vordergrund stehen. Welche Beweggründe, Kleidung auszuwählen, treiben Kinder bei der Auswahl ihrer Kleidung bzw. dürfen/können sie ihre Kleidung selbst wählen oder werden sie fremdbestimmt? Inwieweit lassen sie sich von Sozialisationsagenturen wie Eltern, Lehrerinnen und Lehrern, Mitschülerinnen und Mitschülern oder aber von Marken dabei beeinflussen? Inwieweit können Grundschulkinder das Kleidungsverhalten der Erwachsenen und Gleichaltrigen interpretieren und wie bewusst kommunizieren sie selbst mit Kleidung? Dies soll diese Arbeit - auch mit Hilfe der im Anhang befindlichen Umfrageergebnisse - klären. Lässt sich sagen: Kleider machen Leute - Kleine Kleider machen kleine Leute!?

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Leseprobe

III. Die Bedeutung der Kleidung für die Identitätsbildung von Kindern


 

1. Wandel des Lebenslaufes


 

Wie bereits in Kapitel II. 4. erwähnt, ist für das Kleidungsverhalten von Kindern aus soziologischer Sicht die Betrachtung des Lebenslaufes von entscheidender Wichtigkeit. Der Wandel eines Lebenslaufes hängt vorwiegend von drei Aspekten ab: Alter, sozialem Wandel und Gesellschaft. Die Verknüpfung der Aspekte Alter und Lebenslauf erfolgt über den Begriff Generation[53]. Generation heißt in diesem Fall Gruppenbildung, die in keinerlei Weise soziale Verbundenheit aufzeigt im Gegensatz zu konkreten Gruppenbildungen[54]. Die gesellschaftlich geläufigste Definition sieht die Generation als eine Gruppe, die ein und demselben Geburtenjahrgang entspringt. „Einer Altersgruppe gehört man lebenslang an, durchläuft verschiedene Phasen, die an Definitionen gebunden sind und entwickelt aufgrund der geteilten biographischen Situation eine Gemeinsamkeit hinsichtlich verschiedener Werte, Wünsche und Lebenshaltungen.“[55] Alter ist somit eine unabhängige Variable, die den Ablauf des Lebens bestimmt und als Bindeglied zwischen Subjekt und Gesellschaft aufgefasst werden kann. Probleme zwischen den einzelnen Generationen entstehen häufig durch ökonomisch-soziale Bedingungen, d.h. Unstimmigkeiten hinsichtlich unterschiedlicher Interessen, Empfindungen, Gefühle und Meinungen. Sätze wie ‚Früher war alles besser…‘ oder ‚Bei uns war das noch anders…‘ bekommen vor allem Kinder und Enkelkinder der Nachkriegsgeneration zu hören. Denn jede Generation erlebt in ‚ihrer Zeit‘ ein anderes Problem, welches sie versucht, auf ihre eigene Art und Weise zu lösen und was sie später in ihrem Tun bestimmt. Dabei liefert jede Generation für sich einen individuellen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Gesellschaft. In der Soziologie liegt dem Generationskonzept von Karl Mannheim immer die Theorie des

 

sozialen Wandels zugrunde. Dabei beinhaltet der soziale Wandel die „Verschiebungen in den Lebensereignissen Schulende, Berufseinstieg, Verlassen der Herkunftsfamilie, Heirat und Gründung eines eigenen Haushalts.“[56] Lebensphasen spiegeln ein Leben mit typischen, dominanten und immer wiederkehrenden Gesichtspunkten wider, aber auch einen historischen Zeitpunkt bzw. eine geschichtliche Epoche.[57] Ecarius bevorzugt dabei den Begriff des ‚individualisierten’ Lebenslaufes, der Selbstorganisation und soziale Reproduktion erfordert. Sie begründet dies mit dem sich immer offener entwickelten privaten Lebensweg der heutigen Zeit, verbunden mit unbestimmteren beruflichen Laufbahnen. „Die ‚Freiheiten’ in der Lebensgestaltung werden als Selbstfindungsprozesse sowie als die Möglichkeit erfahren, das Leben ‚jenseits’ vom sozialen Herkunftsmilieu und klassenspezifischen sozialen Typisierungen zu planen.“[58] Dies trifft sicherlich auch auf das Kleidungsverhalten zu. Doch das war nicht immer so. Das Denken und Leben eines Menschen ist sehr stark vom Wandel der Gesellschaft beeinflusst, d.h. von „sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen, politischen und technischen Faktoren.“[59] Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts legten Kleiderordnungen die Mode fest und es konnte leicht zwischen den einzelnen Ständen durch markante Merkmale unterschieden werden. Modisch tonangebend war damals die jeweils politisch oder kulturell dominierende Schicht. Dies war bis zur „Französischen Revolution in der Hauptsache der Großadel, im späten Mittelalter allerdings das gehobene Bürgertum, im 16. Jh. z.T. das Patriziat, gegen Ende des 18. Jh.s das aufgeklärte Bürgertum, während der Französischen Revolution das Proletariat und im 19. Jh. bis zum 1. Weltkrieg das Großbürgertum. Nach dem 1. Weltkrieg kam es im deutschsprachigen Raum zu einem stärkeren modischen Anteil der Mittelschicht und seit Mitte der 60er Jahre zu einer Mode-Dominanz der Jugend.“[60] Seit dem 2. Weltkrieg haben nun auch finanziell schwächere Personen durch immer neu entwickelte Fasern wie z.B. Chemiefasern und preisgünstig angebotene Kleidung die Chance, am modischen Geschehen teilzunehmen und Trends mit zu machen. Ein Modewechsel kann nun, durch die Unterstützung von

 

einem Großteil der Gesellschaft, schneller vonstattengehen. Folglich wird eine Doppelfunktion der Mode in der Gesellschaft ersichtlich: zum einen gewährleistet sie Individualität und Einzigartigkeit und zum anderen kennzeichnet sie soziale Zugehörigkeit oder Abgrenzung. Kultur ist dabei ein wesentlicher Faktor im sozialen Alltag. So erscheint es wichtig, eine Beschreibung und Analyse von kulturellen Aspekten zu durchleuchten. Der ‚Kreislauf der Kulturen‘ bzw. ‚Circuit of Culture‘ wurde entwickelt, um die Beziehungen zwischen Ökonomie und Kultur darzustellen. Dabei weisen alle Elemente (Identität – Konsum – Repräsentation – Regulierung – Produktion[61]) eine gewisse Unabhängigkeit auf, die durch Artikulation zu einer Einheit verschmelzen. Als Artikulation versteht Stuart Hall „eine Verknüpfungsform, die unter bestimmten Umständen aus zwei verschiedenen Elementen eine Einheit herstellen kann. Es ist eine Verbindung, die nicht für alle Zeiten notwendig, determiniert, absolut oder wesentlich ist.“[62] Alle Faktoren sind infolgedessen abhängig voneinander. Ohne Produktion kann es z.B. keinen Konsum geben oder ohne Konsum keine Repräsentation. So scheint es auch egal zu sein, an welcher Stelle man in den Kreis eintritt, da immer erst alle Bereiche durchlaufen werden müssen, um von der Kultur/Gesellschaft akzeptiert zu werden. Heutzutage findet ein monatlicher Wechsel in der Mode statt, welcher mit kaum mehr wahrnehmbaren Details in Modejournalen und anderen Medien dargestellt wird. Dabei werden modische Aspekte der Vorjahre immer wieder neu aufgegriffen und anders kombiniert. Große Sonnenbrillen, blumige Printhosen und Neonfarben sind nun wieder ‚In‘. Modewechsel steht somit als Ausdruck der Zeit.[63] Infolgedessen scheint unsere Gesellschaft in den Jahren immer pluralistischer und komplexer geworden zu sein. Einzelnen Menschen erscheint es nun umso wichtiger, in der Masse zu imponieren und aus der Anonymität hervorzutreten. Die Möglichkeit zu einer Selbstdarstellung wird ermöglicht. So sind es vor allem junge Menschen, die dem Bedürfnis einer

 

Selbstverwirklichung durch einen bestimmten Kleidungsstil nachgehen, um Zugehörigkeit oder Abgrenzung zu einer bestimmten Gruppe/Szene zu symbolisieren (Weiteres s. Kapitel III. 4., 5.). Fest steht, dass bei Untersuchungen zur Kleiderpsychologie schnell deutlich wird, dass, egal ob Jung oder Alt, die Kleiderauswahl unter immer wieder ähnlich auftretenden Kriterien stattfindet. So sollte Kleidung stets modern, ‚up to date‘, bequem und „so ähnlich wie die ihrer Freunde sein.“[64] Der letztgenannte Aspekt scheint mir der entscheidende zu sein für die Auswahl von Kleidung bei Grundschulkindern - wenn sie denn selbst bestimmen dürfen. Doch wie sieht es mit der Selbstbestimmung aus?

 

2. Kindheitsforschung


 

Als 1920 die ersten Volksschulen entstanden, entwickelte sich in den Familien ein angenehmes Klima, in dem sich für Kinder recht gute Voraussetzungen für ihre Persönlichkeitsentwicklung fanden - allerdings stark abhängig von den sozialen Unterschieden in den Elternhäusern und den finanziellen Möglichkeiten. Durch Beseitigung wirtschaftlicher Not, Verbesserung hygienischer Verhältnisse und Wohnbedingungen und der Veränderung des emotionalen Binnenklimas in bürgerlichen Familien entwickelte sich Kindheit zu einem wertvollen Lebensabschnitt. In den letzten 40 Jahren ist die Entwicklung der Kindheit durch widersprüchliche Prozesse gekennzeichnet. „Das Bildungswesen expandierte, soziale Dienste und Einrichtungen zur Betreuung und Freizeitgestaltung von Kindern nahmen zu […] Die emotionale Zuwendung zu den Kindern stieg, nicht zuletzt als Folge der kleiner werdenden Familien.“[65] Allerdings gibt es auch Kinder, die extrem vernachlässigt und misshandelt werden. In den 90er Jahren entwickeln sich Kinder als Akteure, die sich ihre Umwelt selbst aneignen. Die moderne Kindheit wird von immens vielen Aspekten wie Kultur, Zeit, Gesellschaft und sozial definierten Kriterien beeinflusst. Rückblickend spricht man von der Kindheit als einer progressiven Entwicklung, da diese sich „angefangen bei der völligen Ablehnung des Kindes (Kindermord in der Antike) über die Stufe der ‚Weggabe‘ und des ‚Aussetzens‘ von

 

Kindern (4.-13. Jahrhundert) und über verschiedene Stadien der Sozialisierung, zu einem angestrebten Zustand der vollständigen Empathie erstreckte.“[66] Bei dem Begriff Kindheit unterscheiden Klaus Neumann-Braun u.a. zwischen Kindesalter, d.h. „biologische[n], (sozial-)psychologische[n] und pädagogische[n] Phasenmodelle[n] sowie Altersnormenkonzepte[n] oder kindliche[r] Entwicklung“, und dem historischen und sozialwissenschaftlichen Hintergrund, d.h. Kindheit „als ein[em] sozio-kulturelle[m] Phänomen der Institutionalisierung der Lebensphase einer spezifischen gesellschaftlichen Altersgruppe […].“[67] Durch die soziale Lage von Elternhaus, Schule, Arbeitswelt, Peer-Groups und sozialen und biologischen...

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