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E-Book

Körper und Geist in Harmonie

Die Heilkraft buddhistischer Psychologie

AutorThich Nhat Hanh
VerlagKösel
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl224 Seiten
ISBN9783641087913
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Gibt es so etwas wie einen freien Willen, oder handeln wir immer nur aus uns vertrauten Mustern und Konditionierungen heraus? Vermögen wir so auf unseren Geist einzuwirken, dass wir unser Leiden mindern, unser Glück fördern und unsere Selbstheilungskräfte aktivieren können? Lebenspraktisch und alltagsbezogen widmet sich Thich Nhat Hanh diesen und anderen Fragen, die gegenwärtig auch im Mittelpunkt von Neurowissenschaft und Psychologie stehen, und zeigt, dass tiefgreifende Veränderung und Heilung möglich sind.

Thich Nhat Hanh war einer der bekanntesten spirituellen Lehrer unserer Zeit. Der Zen-Meister, Dichter und Friedensaktivist lebte zwischenzeitlich aufgrund seines Engagements für ein Ende des Vietnam-Kriegs in Frankreich im Exil. Das von ihm gegründete Praxiszentrum Plum Village wird jährlich von Menschen aus aller Welt besucht. Die zahlreichen Bücher des Autors bringen den Menschen aller Kulturen die Kunst des achtsamen Lebens näher.

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Leseprobe

Ihren Geist finden


Wenn wir uns gestresst fühlen oder sehr beschäftigt sind, dann sagen wir oft, dass wir den Verstand verlieren oder nicht wissen, wo uns der Kopf steht. Doch wo war er, bevor wir ihn auf diese Weise verloren haben, und wo ging er hin? Im Surangama Sutra, einem populären buddhistischen Text in Vietnam und China, diskutieren der Buddha und sein Schüler Ananda, wie und wo der Geist zu lokalisieren wäre. Ist er im Körper, außerhalb des Körpers oder zwischen dem Körper und der äußeren Welt. Das Sutra lehrt uns, dass der Geist letztendlich nicht-lokal ist. Mit anderen Worten, wir können nicht sagen, dass er innerhalb des Körpers, außerhalb des Körpers oder dazwischen sei. Er hat keinen festen Ort.

Doch nicht nur der Geist ist nicht lokalisierbar, nichts ist es. Heute Morgen habe ich ein zartes grünes Blatt vom Boden aufgehoben. Ist das Blatt in meinem Geist, oder ist es außerhalb davon? Was für eine Frage! Es ist eine einfache Frage, doch schwer zu beantworten. Die Begriffe »innerhalb« und »außerhalb« lassen sich nicht auf die Wirklichkeit anwenden.

Wir neigen dazu, uns unseren Geist als »hier drinnen« vorzustellen und die Welt als »da draußen« zu sehen. Den Geist als subjektiv und die Welt, den Körper, als objektiv. Der Buddha lehrte, dass Geist und Körper nicht eigenständig existieren, sie sind wechselseitig miteinander verbunden und durchdringen einander. Ohne das eine kann das andere nicht sein. Es gibt keinen oder keine Wahrnehmenden ohne das Wahrgenommene. Objekt und Subjekt manifestieren sich zusammen. Wenn wir üblicherweise an Geist denken, so denken wir an Geistbewusstsein. Doch ist der Geist nicht nur Geistbewusstsein. Er ist auch Manas. Er ist auch Speicherbewusstsein.

Wir können uns darin üben, unseren Körper als einen Fluss zu sehen und unseren Geist als Teil dieses Flusses, der fortwährend fließt, sich fortwährend verändert. Der buddhistischen Psychologie zufolge besteht das größte Hindernis für uns, die Wirklichkeit klar zu sehen, in unserer Neigung, uns in der Vorstellung zu verfangen, das Subjekt sei etwas anderes als das Objekt und das Objekt existiere unabhängig vom Subjekt. Diese Sichtweise ist uns zur Gewohnheit geworden, ein Muster, das unser Denken und Verhalten zutiefst prägt und beeinflusst.

Als junger Novize lernte ich, dass das Bewusstsein aus drei Teilen besteht. Der erste und zweite Teil sind: darshana, der/die Wahrnehmende, und nimita, das Wahrgenommene – also Subjekt und Objekt. Das Subjekt und das Objekt stützen einander, um sich zu manifestieren. Wenn Sie glauben, dass das Subjekt ohne das Objekt sein könnte, so ist das ein großer Irrtum. Wir neigen zu der Annahme, dass das Subjekt der Wahrnehmung, unser Geist, eigenständig und unabhängig vom Objekt der Wahrnehmung oder dem Objekt der Erfahrung existiert. Und wir glauben, dass das Wahrnehmungsobjekt, was für uns da draußen ist, unabhängig vom Subjekt der Wahrnehmung existiert.

Im Buddhismus gibt es den Begriff namarupa. Namarupa ist das Äquivalent zu Psychosoma. Wirklichkeit manifestiert sich zweifach: als Psyche und Soma, geistig und körperlich/ biologisch. Und das eine kann nicht ohne das andere sein. Gehirn und Geist sind zwei Aspekte der Manifestation ein und derselben Sache. Wir müssen uns also darin üben, das Gehirn als Bewusstsein zu sehen und nicht das Bewusstsein als etwas vom Gehirn vollkommen Getrenntes und Verschiedenes zu verstehen.

Ermöglichen Sie einer Flamme, sich zu manifestieren, so stellen Sie sich vielleicht vor, dass die Flamme etwas vollkommen anderes sei als das Streichholz. Aber Sie wissen, dass die Flamme immanent ist, dass sie im Brennmaterial des Streichholzkopfes verborgen ist, verborgen im Sauerstoff der Luft; die Flamme hat keinen realen Ort. Wenn die Bedingungen zusammenkommen, manifestiert sich die Flamme. Die Natur des Bewusstseins ist ebenfalls nicht—lokal. Wir wissen, das Bewusstsein ist stets das Bewusstsein von etwas. Objekt und Subjekt sind immer zusammen. Schauen wir in den einen Teil, sehen wir den anderen Teil. Schauen wir in den anderen Teil, sehen wir diesen Teil. Das ist die Natur des Interseins, des wechselseitig miteinander Verbundenseins. Das eine ist innerhalb des anderen.

Doppelte Manifestation


Manifestation ist immer eine doppelte: das Subjekt und das Objekt – das Subjekt, der/die Wahrnehmende, und das Objekt, das Wahrgenommene. Vijñapti Manifestation, ist eine doppelte Manifestation. Jede Manifestation hat ihr Subjekt und ihr Objekt. Im Chinesischen besteht das Zeichen für Bewusstsein aus zwei Teilen, der eine bezieht sich auf das Wahrnehmungssubjekt, der andere auf das Wahrnehmungsobjekt. Doch schauen wir mehr in die Tiefe, dann sehen wir einen dritten Teil, der die Basis der ersten beiden Teile bildet. Betrachten Sie eine Münze. Sie haben Kopf und Zahl. Der Kopf ist die eine, die Zahl die andere Seite, und sie können nicht voneinander getrennt werden. Zu erkennen, dass es zwei Seiten einer Münze gibt, ist einfach. Doch schauen Sie tiefer, dann sehen Sie, dass es da einen Stoff gibt, welcher die Manifestation der zwei Seiten möglich macht, und dieser ist das Metall. In Sanskrit wird diese Substanz svabhava genannt. Jeder Samen in unserem Bewusstsein: der Samen der Freude, der Samen der Sorge, der Samen der Angst, der Samen der Wut, der Samen der Achtsamkeit, der Samen der Konzentration – jeder Samen trägt stets diese drei Teile in sich.

Wenn ich einen Berg betrachte, glaube ich vielleicht, dass dieser ein Objekt sei, das unabhängig vom Bewusstsein existiert, doch das ist ein grundlegender Irrtum. Betrachten Sie eine Wolke als etwas Objektives, als eine äußere Realität, die nichts mit Ihrem Bewusstsein zu tun hat, dann ist das der grundlegende Irrtum. Die Wolke und der Berg sind lediglich Objekte meines Sehbewusstseins. Und mein Bewusstsein, Subjekt und Objekt umfassend, beruht auf einer Grundlage, damit Manifestation möglich ist. Und diese ist der dritte Teil, die Substanz.

Die Welle und das Wasser


Ein im Buddhismus häufig verwendetes Beispiel ist das von Welle und Wasser. Die Welle entstammt dem Meer, und wenn Sie die Erscheinung der Welle beobachten, dann sehen Sie, dass es da einen Anfang und ein Ende gibt. Sie sehen das Anwachsen und Zurückgehen der Welle, die Präsenz und Nicht-Präsenz der Welle. Bevor die Welle ansteigt, scheint es sie nicht zu geben, und nachdem sie zurückgegangen ist, sehen wir sie auch nicht mehr. Wir unterscheiden zwischen der einen Welle und der anderen. Eine Welle mag schöner, höher oder niedriger als eine andere Welle sein. Auf die Erscheinungswelt bezogen haben wir alle möglichen Konzepte: Anfang, Ende, hoch, niedrig, schön, weniger schön – und das schafft viel Leid. Doch gleichzeitig wissen wir, dass eine Welle auch Wasser ist. Es ist einer Welle möglich, ihr Leben als Welle und als Wasser zur selben Zeit zu leben. Als Welle gehört sie der Erscheinungswelt an, sie hat einen Anfang und ein Ende, steigt an, geht zurück. Sie unterscheidet sich von anderen Wellen. Doch wenn sie ihre Natur tief berührt, dann erkennt sie, dass sie Wasser ist. Sie ist nicht nur eine Welle, sie ist auch Wasser. In dem Augenblick, in dem sie realisiert, dass sie Wasser ist, hört ihr Leid auf. Sie hat keine Angst mehr, anzusteigen und zurückzugehen. Sie sorgt sich nicht mehr darum, ob sie da ist oder nicht da ist. Das Wasser repräsentiert die Welt von Nicht-Geburt, Nicht-Tod, von Weder-kommen-noch-Gehen.

Wenn Sie etwas tiefer schauen, dann erkennen Sie, dass das, was wir zusammen tun, zueinander sagen, zusammen denken, eine Wirkung auf uns und die Welt hat, jetzt oder später. Im Buddhismus ist nichts ausschließlich individuell oder kollektiv. Diese Begriffe und Vorstellungen sind relativ.

Sie meinen vielleicht, Ihr Körper sei Ihr persönlicher Besitz, aber Ihr Körper gehört auch der Welt. Nehmen Sie einmal an, Sie wären Busfahrer und Ihre Sicherheit hinge von Ihren Sehnerven ab. Sie halten Ihre Sehnerven für ausschließlich individuell, sie gehören Ihnen und Sie sind es, der von den Sehnerven profitiert und verantwortlich für sie ist. Doch wenn wir in Ihrem Bus sitzen, sind wir alle von Ihren Sehnerven sehr abhängig. Unser Leben hängt von Ihnen ab. Von daher ist es etwas naiv zu sagen: »Das ist mein Leben!« Wir sind in Ihnen, Sie sind in uns. Wir durchdringen und bedingen einander.

Wenn wir eine Rose sehen, identifizieren wir sie als weiße Rose, und wir sind uns sehr sicher, dass sie eine objektive Realität besitzt, die unabhängig von unserem Bewusstsein existiert – ob wir an die Blume denken oder nicht, sie ist da. Sie gehört zur objektiven, äußeren Welt. So denken wir im Allgemeinen. Doch hat uns die Wissenschaft gelehrt, dass die Farben, die wir sehen, Schwingungen einer bestimmten Wellenlänge sind. Ist die Wellenlänge zu kurz oder zu lang, dann können wir sie nicht wahrnehmen. Passen die Frequenzen zu unseren Sinnesorganen, glauben wir, dass die entsprechenden Dinge existieren. Nehmen wir die Frequenz nicht wahr, meinen wir, dass sie nicht existieren. Ich frage vielleicht einen anderen Menschen: »Sehen Sie dasselbe wie ich? Hören Sie, was ich höre?« Und dieser Mensch sagt: »Ja, ich sehe, was Sie sehen, ich höre, was Sie hören.« Dann haben wir den Eindruck, da beide Seiten ja übereinstimmen, dass es so sein müsse, dass da etwas objektiv und außerhalb von uns sein müsse. Doch vergessen wir dabei, dass wir...

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