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E-Book

Mythos Dominanz über das Pferd

Zuhören, nicht flüstern

AutorBirgit Sulzer
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl164 Seiten
ISBN9783744861762
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Freiwilliger Gehorsam, Respekt aus tiefem Vertrauen, wahre Gelassenheit. Wenn wir uns von der Idee der Dominanz lösen, werden diese Ziele erreichbar. Die Autorin erklärt die gewaltfreien Mittel der modernen Tierpsychologie. Dabei folgt sie den Spuren Xenophons , der heute als einer der ersten Hippologen gilt . Mit Fallbeispielen, über Analogien zu konkreten Übungen, überträgt sie das alte Wissen in unsere moderne Welt.

Birgit Sulzer lebt mit ihrem Mann und ihren Tieren in Niedersachsen. Sie unterstützt als Tierpsychologin mit Vorträgen, Coaching und Therapie Pferdefreunde bei der Verwirklichung ihrer Ziele.

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Leseprobe

LEITSATZ: SEI ACHTSAM UND NIMM AUF SEINE BEDÜRFNISSE RÜCKSICHT!

***

Na Braune, was ist bei dir passiert? Ein Insektenstich, Bauchschmerzen? Ist ja auch egal, irgendetwas war für dich anders an dem Tag, als die Decke zum Angstobjekt wurde. Wäre deine Angst vor der Decke gar nicht entstanden, wenn man an diesem Tag zugehört und Rücksicht genommen hätte? Ich denke, ja.

***

Wie wäre es denn mit folgender Variante: Die Freundin ist mehr von der fürsorglichen Sorte. Auf meinen Einwand, dass ich jetzt nicht ins Kino gehen möchte, bestellt sie sofort einen Orthopäden, einen Osteopath und einen Schuster. Alle Versuche mich weiter mitzuteilen, werden unterdrückt und mit hektischer Aktivität beantwortet. Am Ende wurde ich untersucht, eingerenkt und habe ein neues Paar Schuhe. Wir gehen nicht ins Kino (wenigstens etwas) und ich bin immer noch mies drauf. Die Freundin verlässt die Szene, mit dem guten Gefühl alles nur Mögliche unternommen zu haben. Am Schluss ruft sie mir noch zu, dass sie für das nächste Mal etwas besorgen wird. Das würde mir dann helfen, gleich mit ihr ins Kino zu gehen. Hätte sie gerade in der Werbung gesehen, wäre ganz wunderbar. Ich verstehe die Welt nicht mehr und brauche wirklich dringend neue Freunde.

Es gibt heute so viele Angebote, dem Pferd etwas Gutes zu tun und wir nehmen sie gerne in Anspruch. Das Gefühl alles in unserer Macht stehende getan zu haben, tut uns gut und viele Anbieter wissen das zu nutzen. Es spricht ja auch nichts dagegen. Dem Pferd geht es nicht schlechter nach solchen Wohltaten, aber es geht ihm, hinsichtlich des eigentlichen Problems, auch nicht besser.

Ungünstig ist es nur, wenn dies alles bei uns ein Gefühl der Enttäuschung hervorruft. Wenn – trotz aller dieser Investitionen – der gewünschte Effekt einfach nicht eintritt. Einige werden denken, dass alles viel besser sein könnte, wenn man sich alles leisten könnte. Das Wichtigste ist aber Zeit und Aufmerksamkeit. Beides kostet kein Geld. Anstatt uns Zeit zu nehmen und zuzuhören, ersetzen wir das durch hektischen Aktionismus und/oder finanzielle Aufwendungen und erwarten dann perfekte Ergebnisse. Wenn man sich die Funktion der Produkte klar macht, wird einem bewusst, dass diese eigentlich nur an den Symptomen ansetzen. Die Ursache des Problems können sie nicht beseitigen.

Es wäre schön an dieser Stelle davon auszugehen, dass heute überwiegend die Grundbedürfnisse des Pferdes, nach Ernährung, Haltung, Auslauf usw., befriedigt werden. Aber auch zu diesem Thema gibt es viele Missverständnisse. Das natürliche Wohngebiet eines Pferdes muss alle lebenswichtigen Grundlagen aufweisen. Dazu gehören u.a. neben Nahrung und Wasser, die Versorgung mit Mineralien, Schlaf- und Wälzplätze sowie Schutz- und Scheuerstellen. Die Größe des Wohngebietes richtet sich nach dem Vorhandensein dieser Versorgungspunkte. In freier Wildbahn sind Flächen von 0,8 km2 bis 200 km2 bekannt. Es ist also nicht wirklich erforderlich sehr große Flächen anzubieten, solange diese Ressourcen angeboten werden.

Auch die Ernährung ist durch die Vielzahl der Angebote nicht einfacher geworden. Welches Kraftfutter? Braucht man ein Zusatzfutter? Es gibt für alles ein passendes Produkt und regelmäßig werden auch neue Lösungen, für Probleme die man noch gar nicht hatte, angeboten. Grundsätzlich ist es doch so, dass das Pferd in freier Wildbahn kein Müslidepot hat. Der Erhaltungsaufwand ist mit gutem Heu, Stroh und Mineralien gedeckt. Alles Weitere dient dem, durch die sportliche Betätigung, nötigen Ausgleich. Unterversorgungen sind meist leicht und schnell erkennbar. Bei einer Überversorgung ist das schon deutlich schwieriger.

Ich wurde von einer Halterin gebeten, ihr seit Tagen völlig apathisches Pferd anzusehen. Die ältere Stute, die bei ihr das Gnadenbrot erhält, hatte zum Ende des Winters stark abgebaut. Ein Blutbild ergab eine ausreichende Versorgung und so wurde lediglich die Ration an Kraftfutter erhöht. Dies führte zu keiner Verbesserung und in Folge wurde das Kraftfutter gewechselt. Die Stute nahm zu, wurde aber immer ruhiger. Seit Tagen bewegt sie sich kaum noch und wirkt apathisch. Dieser Einschätzung konnte ich mich vor Ort nur anschließen. Dem Pferd war kaum eine Reaktion zu entlocken. Unter den sich deutlich abzeichnenden Rippenansätzen wölbte sich ein sehr runder Bauch. Die Beine wirkten geschwollen und schwammig. Auf Nachfrage wurde mir ein Kraftfutter für Sportpferde während des Wettkampfes präsentiert. Nach vielen Versuchen, war es das einzige Futter, welches die gewünschte Gewichtszunahme hervorbrachte. Nach Einführung des neuen Futters wurde das Pferd immer träger. Das wurde mit einer Erhöhung der Kraftfutterration „bekämpft“. Dies ist in etwa so, als würden wir die Trägheit und das Völlegefühl nach dem großen Festtagsmenü damit bekämpfen, dass wir noch eine weitere Portion essen. Ich empfahl dringend die Fütterung zu ändern. Das Futter ist so reich an schnell verfügbarer Energie, dass dies vermutlich die Apathie verursacht. Der Stoffwechsel weiß einfach nicht wohin mit der ganzen Energie und versucht diese irgendwie loszuwerden. Das ältere Pferd benötigt zwar hochwertige, aber auch leicht zu verarbeitende und vor allem langsam zur Verfügung stehende Energie. Nach entsprechender Umstellung der Fütterung, ist die Stute sehr schnell wieder aufgewacht und hat auch an den richtigen Stellen zugenommen.

Nicht immer geben Blutwerte hier den Aufschluss, da der Stoffwechsel versucht, das Überangebot irgendwie loszuwerden. Das kann durchaus zu Unterversorgung an anderer Stelle führen, oder zu Änderungen im Verhalten. Manchmal sind Verhaltensänderungen auch frühe Anzeichen einer schweren Stoffwechselerkrankung. Meine Stute war anderen Pferden gegenüber sehr dominant. Irgendwann wurde sie immer unterwürfiger. Nach geraumer Zeit, zeigten sich erst die weiteren Symptome der schweren Erkrankung.

Eine Bekannte beschrieb die Veränderung bei ihrem Wallach so, dass sie den Eindruck habe, er wäre etwas depressiv. Auch das war ein erstes Symptom. Ich will an dieser Stelle nicht eine Bandbreite von Horrorszenarien entwerfen. Aber Verhaltensänderungen, sofern sie nicht nur kurzfristig auftreten, sollte man ernst nehmen.

Viele Probleme ergeben sich aus Mängeln in der Haltung. Wenn diese das natürliche Verhalten unterdrückt oder die Grundbedürfnisse nicht oder nicht ausreichend befriedigt. Dies nur auf die Ernährung, Bewegung und medizinische Versorgung zu reduzieren, wird der Sache nicht gerecht. Eine Vielzahl von Verhaltensstörungen, wie z.B. Stereotypien (Koppen, Weben) sind oft Reaktionen auf nicht angemessene Bedingungen. Diese Störungen kommen bei freilebenden Pferden nie vor und sind damit immer auf die Haltung durch den Menschen zurückzuführen. Selbst wenn die eigentliche Ursache abgestellt wird, werden diese geänderten Verhaltensweisen oft immer noch gezeigt. Ein möglichst frühes Eingreifen ist daher bei den ersten Anzeichen nötig und kann dann eine dauerhafte Schädigung abwenden.

Große Erfolge werden oft bei Änderung der Haltung zum Offenstall erzielt. Ich kenne auch einen Fall, mit nächtlicher Boxenhaltung. Hier hat es schon genügt, bei dem betroffenen Pferd die Tür der Box über Nacht offen zu halten. Offensichtlich hat schon das Wissen, sich selbst aus der räumlichen Beschränkung befreien zu können, genügt. Damit wurde der Auslöser für das Koppen eliminiert.

Pferde sind in Bezug auf Stress sehr sensibel, da dieser als schädlich wahrgenommen wird. Verursacher sind dabei nicht nur Beschränkungen in den körperlichen Grundbedürfnissen, sondern auch Beeinträchtigungen durch psychische Faktoren. Jedes Individuum reagiert dabei sehr unterschiedlich und entwickelt ganz eigene Bewältigungsstrategien. Diese werden vom Menschen meist als unerwünscht wahrgenommen und entsprechend beantwortet. Damit wird jedoch nur auf das Symptom reagiert. Die Ursache bleibt vorhanden und wird durch die Unterdrückung noch verstärkt.

Das Pferd möchte ganz einfach schadensfrei über den Tag kommen. Dazu gehört nicht nur, dass es vor Übergriffen von Artgenossen, Krankheiten, Verletzungen, sondern auch generell vor körperlichen und auch psychischen Übergriffen geschützt wird. Dazu ist es nötig, dass wir alle Bedürfnisse und Beschränkungen des Pferdes wahrnehmen. Nicht nur die physischen, sondern auch die psychischen. Was ist aber die gebräuchlichste Reaktion, wenn das Pferd uns seine Bedürfnisse mitteilt? Überwiegend versucht man das Tier daran zu hindern, die Aussage zu übermitteln. Sehr häufig sieht man das bei der Hufbearbeitung.

Wie wäre es mit einem Selbstversuch? Ein Bekannter soll einem einen besonders eng sitzenden Stiefel an- und ausziehen. Erste Vorgabe, beide Beteiligten dürfen nicht reden. Zweite Vorgabe: Einmal geht es nur darum, dass es der Bekannte besonders bequem hat und beim zweiten Mal geht es darum, dass man es selbst bequem hat. Welche Version war am Ende für Beide angenehmer und...

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