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E-Book

Präventionsmanagement in Gesundheitssystemen

VerlagMedhochzwei
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl425 Seiten
ISBN9783862162963
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis69,99 EUR
Gesundheitsförderung, Vorsorge, Früherkennung: das medizinische und ökonomische Spannungsfeld von Evidenz, Nutzen und Risiken Die Deutsch-Schweizerische Gesellschaft für Gesundheitspolitik legt mit Band 8 ihrer Schriftenreihe eine systematische Übersicht über ein zielführendes Präventionsmanagement in Gesundheitssystemen vor. Das Werk beinhaltet die Vorträge der 12. Konsultation der Gesellschaft, ergänzt um wissenschaftliche und versorgungspolitisch relevante Beiträge namhafter Autoren aus beiden Ländern. Im Mittelpunkt der Argumentation steht die permanente Suche nach evidenzbasierten Angeboten in den wesentlichen Präventionsbereichen: der Gesundheitsförderung/Primärprävention, der Gesundheitsvorsorge und der Früherkennung. Konzepte eines besser risikostratifizierten Präventionsmanagements werden vorgestellt und diskutiert.

Prof. Dr. h.c. Herbert Rebscher ist Vorsitzender des Vorstandes der DAK - Unternehmen Leben und Professor für Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik an der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth. Zudem ist er Hauptgeschäftsführer der Deutsch- Schweizerischen Gesellschaft für Gesundheitspolitik. Stefan Kaufmann ist Direktor der EGK-Gesundheitskasse. Zudem ist er im Verwaltungsrat der Swiss DRG AG, Stiftungsrat von Gesundheitsförderung Schweiz, Stiftungsrat ceb und Präsident des Stiftungsrat SNE sowie Verwaltungsrat der Concret AG.

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Leseprobe

Methodische Zugänge aus medizinischer und ökonomischer Perspektive


1 Das medizinische Dilemma der Prävention – Evidenz, Nutzen, Chancen und Risiken


Gerd Antes/Katharina Kunzweiler/Ingrid Töws

1 Evidenz in der klassischen evidenzbasierten Medizin (EbM): Ursprünge und grundlegende Konzepte

2 Die Erweiterung des Evidenzbegriffs auf die gesamte Gesundheitsversorgung

3 Zusammenfassung des Wissensstands: Systematische Übersichtsarbeiten (Reviews) als Schlüsseltechnologie für die Evidenzbasierung

4 Evidenzbasierung für die Bewertung und Implementierung von Interventionen in allen fachlich-inhaltlichen Zusammenhängen – auch der Prävention

5 Prävention und Gesundheitsförderung in Deutschland: Konsequente Orientierung an Evidenz notwendig

Literatur

Prof. Dr. rer. nat. Gerd Antes

Jahrgang 1949, Mathematiker und Methodenwissenschaftler am Universitätsklinikum Freiburg und Honorarprofessor an der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg. Seit 1997 Direktor von Cochrane Deutschland und ehemals Mitglied der Steering Group der Cochrane Collaboration (bis 2004). Er ist Gründungs- und Vorstandsmitglied (2001–2003 als Sprecher) des Deutschen Netzwerk Evidenzbasierte Medizin, sowie Mitglied in mehreren Beratungsgremien und wissenschaftlichen Beiräten zur systematischen Nutzung von Evidenz in der Forschung und Gesundheitsversorgung.

Katharina Kunzweiler

Jahrgang 1984, ausgebildete Physiotherapeutin und Master-Abschluss in Public Health/Gesundheitswissenschaften. Seit 2014 bei Cochrane Deutschland und beim Deutschen Register Klinischer Studien als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit bei Cochrane Deutschland liegt im Bereich Wissenstransfer und -synthese für nicht-ärztliche Gesundheitsberufe sowie medizinische Laien.

Ingrid Töws

Jahrgang 1986, Bachelor- und Master-Abschluss in European Public Health und seit 2014 wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Cochrane Deutschland. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt in der Wissenskommunikation und Methodenforschung.

Abstract:

Prävention und Gesundheitsförderung sind allgegenwärtig in den Gesundheitssystemen – in Deutschland besonders durch ein spezielles Präventionsgesetz. Damit wird scheinbar eine neue Ära der Medizin eingeleitet: Anstatt vorhandene Krankheiten nur zu therapieren, wird der Fokus auf das Vorbeugen von Krankheiten bzw. die Früherkennung gelegt. Diese vermeintliche Einfachheit ist oft grob irreführend. Jede Präventionsmaßnahme kann schaden oder nutzen. Mögliche Einflussfaktoren befinden sich untereinander in komplexen Abhängigkeitsverhältnissen. Die Identifikation der wahren positiven Faktoren muss streng wissenschaftlichen Kriterien folgen. Für die Bewertung dient das Wissen aus der Synthese hochwertiger, patientenorientierter Studien auf der Basis der Methodik der Evidenzbasierten Medizin.

1 Evidenz in der klassischen evidenzbasierten Medizin (EbM): Ursprünge und grundlegende Konzepte


Für das Verständnis der Konzepte der Evidenzbasierung ist ein Blick auf die inzwischen fast 50 Jahre zurückliegenden Ursprünge der modernen Entwicklung und auf die Namensgebung empfehlenswert. Die Wiege der Evidenzbasierten Medizin (im Folgenden mit „EbM“ abgekürzt) stand an der McMaster Universität der kanadischen Stadt Hamilton und nicht, wie oft fälschlicherweise angenommen, in Oxford, und ist untrennbar mit dem Namen Dave Sackett verbunden. Sackett schlug vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen als Internist fundamentale Neuerungen für die patientenorientierte Forschung und medizinische Aus- und Fortbildung vor, die von der medizinischen Fakultät der McMaster Universität angenommen wurden und zu seiner Professur und 1968 zur Einrichtung eines Department of Clinical Epidemiology & Biostatistics führten. Gleichzeitig wurde er Leiter der Division of Internal Medicine at McMaster University.3

1

Die erstmalige Namensgebung dieser Art für das Department und die gleichzeitige Leitung der Inneren Medizin war charakteristisch für die damalige Modernisierung: Ausgangsproblem sollte nicht die fachsystematische Theorie sein, sondern das zu lösende medizinische Problem. Dafür wurden geeignete Verfahren gesucht, die in der wissenschaftlichen Literatur veröffentlicht waren und durch den Arzt kompetent angewendet wurden. In den nächsten zwei Jahrzehnten wurde dieser Ansatz konsequent in die medizinische Ausbildung (Einführung von problemorientiertem Lernen) und Fort- und Weiterbildung eingebracht und konzeptionell weiterentwickelt. Klinische Epidemiologie war das Schlagwort dieser Zeit, unter dem der methodische Apparat weitgehend entwickelt wurde, der dann Anfang der 1990 als EbM scheinbar aus dem Nichts auftauchte4, tatsächlich jedoch nur deswegen so schnell als entwickeltes Konzept präsentiert werden konnte, weil es zu weiten Teilen durch eine Namensänderung auf die Vorarbeiten der klinischen Epidemiologie zurückgreifen konnte. Lehrbücher wie Clinical Epidemiology: How to Do Clinical Practice Research5 oder Clinical Epidemiology: Essentials6 (aus Harvard) stammen von ersten Auflagen aus der Zeit (1985 und 1982). In der ersten Auflage von Haynes et al. wurde die Klinische Epidemiologie sogar als Basic Science for Clinical Medicine bezeichnet und Clinical Practice Research als elementarer Bestandteil ärztlichen Tuns dargestellt.

2

Die grundlegenden Arbeiten in der klinischen Epidemiologie nach dem Beginn in McMaster schufen ein umfassendes, beeindruckendes Fundament für Anwendungen, das sich jedoch weitgehend in der Welt der Methodik bewegte. Da das Anliegen war, die medizinische, klinische Praxis stärker auf diese Grundlagen zu stützen, wuchs der Wunsch nach einer Bezeichnung, die die Praxisrelevanz und weniger die Methodik betonte und als allgemeines Prinzip akzeptiert wurde. Die systematische Beschäftigung mit der wissenschaftlichen Literatur führte zu Critical Appraisal als Schlüsselbegriff für die Nutzung der Wissensgrundlagen. Bringing critical appraisal to the bedside7 war das Ziel, und passend dazu erschien der Begriff Scientific Medicine angemessen. Der Versuch, diese Bezeichnung als Oberbegriff für die entwickelten Konzepte einzuführen, scheiterte jedoch schon in McMaster auf der ganzen Linie am erbitterten Widerstand der wissenschaftlichen Gemeinschaft. Zu viele Wissenschaftler vor allem aus den Grundlagenwissenschaften fühlten sich diskreditiert, da die gängige Praxis doch schon wissenschaftliche Medizin sei. Die Feindseligkeit gegenüber der neuen Wissenschaftlichkeit am Krankenbett verdeutlichte die tiefen Gräben zwischen den wissenschaftlichen Lagern und besonders zwischen Grundlagen- und patientenorientierter Forschung, der mehr Gewicht gegeben werden sollte. Tatsächlich war der heute so akzeptierte und alltäglich genutzte Begriff EbM also seinerzeit nur eine Ersatzlösung, die politisch durchsetzbar war.8

3

2 Die Erweiterung des Evidenzbegriffs auf die gesamte Gesundheitsversorgung


Die Vorgeschichte und die begriffliche Gründung der EbM waren ausdrücklich auf die Entscheidungen zwischen Arzt und Patient fokussiert und beschränkt. Ziel war, Entscheidungen am Krankenbett besser auf die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien zu gründen. Die Ausweitung auf ambulante Praxis und niedergelassene Ärzte war natürlich nur ein kleiner, weiterer Schritt. Dabei ging es anfangs in der „reinen“ EbM ausdrücklich nur um maximalen Nutzen und minimalen Schaden in der Behandlung einzelner Patienten, wie in der inzwischen wohl am häufigsten zur EbM zitierten Quelle im British Medical Journal9 festgestellt wird.

4

Dass diese puristische Perspektive zwangsläufig auch idealistisch war und viele Aspekte des Gesundheitsversorgungssystems nicht berücksichtigte, wurde sehr schnell deutlich. Zu stark und einflussreich waren andere systemimmanente Kräfte, vor allem die Auswirkungen der Leistungsfinanzierung, als dass diese unberücksichtigt bleiben konnten. Deswegen war es nur eine Frage der Zeit, bis die ursprüngliche EbM zur evidenzbasierten Gesundheitsversorgung (Evidence-based Health Care, EBHC) verallgemeinert wurde. Diesmal ging die Initiative von Oxford aus, von einem der Pioniere, der untrennbar mit der Entwicklung verbunden war: Muir Gray beschrieb die Evidenzbasierung auf Systemebene in seinem Lehrbuch umfassend.10 Wie die Titel der ersten und zweiten Auflage zeigen,...

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