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E-Book

Rechtspopulismus - Die Herausforderung

Rückkehr alter Monster seit dem 11. September.

AutorHeinz Duthel
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl492 Seiten
ISBN9783741229442
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Die herrschende Politik, der gestiegene Wettbewerbsdruck und eine strukturell verfestigte Massenarbeitslosigkeit setzen seit Jahren eine soziale Unterbietungskonkurrenz in Gang, in der Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte grundlegend in Frage gestellt sind. Unter den Slogans "Hauptsache Arbeit" oder "Sozial ist, was Arbeit schafft" sollen die verteilungspolitischen und arbeitsinhaltlichen Ansprüche zum nicht mehr vertretbaren Luxus erklärt werden. Auf diese Weise geraten sämtliche Standards guter Arbeit unter Druck. (Siehe Opel, VW, Deutsche Bank usw.) Arbeitszeiten werden ausgeweitet, Leistungsbedingungen verschärft und vielerorts ist ein Rollback bisheriger humanisierungspolitischer Errungenschaften zu beobachten. "Die USA sind ein radikales Regime"; Fakten einer tugendhaften Nation. Eine lange Geschichte der 'ethnischen Säuberungen', Sklaverei, Rassismus und Segregation sind nicht Geschichte. Durch die Atlantik Brücke in Deutschland, der NATO in Europa ist die US Politik hier zuhause. Politiker in der EU und Nationale Regierungen sind nicht mehr als tanzende US Spielpuppen und die Quelle aller Rechtspopulistischen Bewegungen

Heinz Duthel, Oberst a.D., Ex-Konsul in Colmar, Frankreich der VRA, Studium der Philosophie. Autor von über 30 veröffentlichten Bücher.

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Leseprobe

Stürzt das europäische Haus ein?

Zur Krise der Europäischen Union

1.

Um die Mitte des Jahres 2005 stürzte die EU in eine tiefen Krise, die von den Journalisten schon als GAU, also als der denkbar schlimmste Unfall, bezeichnet wird.[2] Das "Schmettern des gallische Hahns", das - so die Hoffnung des jungen Marx im Jahre 1844 - den "deutschen Auferstehungstag verkünden" werde (MEW 1: 391), war deutlich zu vernehmen. Knapp 55% der Wähler hatten beim Referendum über den EU-Verfassungsvertrag[3] mit "Nein" gestimmt. Drei Tage später votierten in den Niederlanden sogar 62% gegen die EU-Verfassung (bei einer - zumindest im Vergleich zu den Europawahlen - relativ hohen Wahlbeteiligung von über 63%). Kurz danach setzte die britische Regierung die für 2006 geplante Volksabstimmung zur EU-Verfassung ab, während einige Regierungen verkündeten, dass sie den Ratifizierungsprozess fortsetzen wollen.

Die Krise manifestierte sich nicht allein in den Ergebnissen dieser Abstimmungen, sondern auch in der Unsicherheit über das weitere Vorgehen. Bei vergleichbaren Abstimmungen in Dänemark (1992) - nach Maastricht - und in Irland (2001) - nach Nizza - wurde sofort die Möglichkeit einer Wiederholung des Referendums ins Auge gefasst. Nunmehr wagte niemand, eine solche Variante vorzuschlagen. Das Gewicht von Frankreich und den Niederlanden, zwei Gründungsstaaten der EWG im Jahre 1958, ist in der EU einfach zu groß, um das klare Votum wegzumanipulieren. Schließlich hatte auch das noch deutlichere Ergebnis in den Niederlanden deshalb eine eigene Bedeutung, weil bei früheren Wahlen und Abstimmungen sowie bei Meinungsumfragen lange Zeit die Niederländer als eines der Völker galten, die gegenüber der europäischen Idee und Politik besonders freundlich eingestellt waren.

Die Krise setzte sich kurz nach den Volksabstimmungen fort im Europäischen Rat, wo die europäische Finanzverfassung für die Jahre 2007 bis 2013 auf der Tagesordnung stand. Über das Finanzvolumen in Höhe von 1,06% der EU-Wirtschaftsleistung konnte noch mühsam eine Einigung erreicht werden. Der Konflikt brach jedoch über die Verteilung der Mittel aus. Der britische Premier Tony Blair weigerte sich - unterstützt von dem Niederländer Balkenende - zum Schluss, über eine Verminderung des so genannten "Britenrabatts"[4] zu verhandeln, sofern nicht eine "strukturelle Reform" bei den Agrarausgaben - d.h. eine generelle Umverteilung von den Agrarausgaben zu anderen Politikfeldern, wie Wissenschaft, Forschung, Wettbewerbsförderung usw. - vorgenommen wird. Blair musste wissen, dass diese Position für den französischen Präsidenten Chirac (aber auch für die neuen Mitgliedsländer im Osten), die schon ihre Kompromissbereitschaft hinsichtlich der Senkung der Agrarausgaben signalisiert hatten, unannehmbar war. Zumindest eine fiskalische Bewegungsform fand der Konflikt mit der Zusicherung der neuen Kanzlerin Angela Merkel, die deutschen Zahlungen zu erhöhen.

Doch Blair geht es um mehr als um Haushaltsfragen. Seine Kritik zielt auf das "europäische Sozialmodell": "Es habe 20 Millionen Arbeitslose produziert, die Produktivität gesenkt und Europa hinke wissenschaftlich und technisch hinter den USA, Indien und China hinterher. Als Alternative wies er auf die britische Wirtschafts- und Sozialpolitik und darauf, dass die ›Wettbewerbsfähigkeit‹ das Ziel sein müsse" (Frankfurter Rundschau vom 26.6.05, S. 1).[5]

2.

In der Geschichte der europäischen Integration seit den 1950er Jahren sind Krisen nichts ungewöhnliches. Das Scheitern der EVG im Jahr 1954, die Politik des "leeren Stuhls", die Frankreich Mitte der 1960er Jahre praktizierte, das Scheitern des "Werner-Planes" einer Wirtschafts- und Währungsunion Anfang der 1970er Jahre, die viel beklagte "Eurosklerose" der späten 1970er und frühen 1980er Jahre, die Reaktionen auf den Maastricht-Vertrag in Frankreich und Dänemark im Jahr 1992 und der Rücktritt der gesamten EU-Kommission unter Jacques Santer im März 1999 waren - um nur einige ausgewählte Beispiele anzuführen - Wegemarken in einem politischen Prozess, der von kritischen Beobachtern als Ausdruck fundamentaler Widersprüche der europäischen Architektur,[6] von den "Eurooptimisten" hingegen als Ausdruck der "schöpferischen Potenzen" der Integrationspolitik gedeutet wurde. "Die Geschichte der europäischen Einigung ist eine Geschichte von Krisen, vom Umgang mit Krisen (als Krisenmanagement) und von der Überwindung von Krisen" (Kirt 2001: 11).[7]

Für diese These spricht, dass die Integration durchgängig als eine "Erfolgsgeschichte" interpretiert wird. Das heißt: Die zahlreichen Krisen waren keine Existenzkrisen, die den Bestand der EWG/EG bedrohten, sondern es handelte sich um Entwicklungskrisen, die - in unterschiedlichen Zeiträumen - schließlich bewältigt und überwunden wurden. Immer wieder wurde durch Verhandlungen und ein kluges Politikmanagement schließlich der Kompromiss zwischen gemeinschaftlichen und partikularen, nationalen Interessen neu definiert und geregelt. Keine Regierung hat jemals ernsthaft an den Ausstieg aus dem gemeinsamen Projekt gedacht; denn auch bei ungeliebten Entscheidungen wussten die Akteure, dass die Kosten des Ausstieges allemal höher sein würden als diejenigen Kosten, die aus der Zustimmung zu Kompromissen bzw. zu den so genannten "package deals" entstehen. Die gemeinschaftlichen Interessen, die sich mit dem Integrationsprojekt seit seiner Gründung verbinden, kollidieren zwar immer wieder mit den partikularen, nationalen Interessen. Gleichwohl haben die sozialen und politischen Kräfte, die das Projekt unterstützen, stets die Wirtschafts- und Marktintegration als notwendige Bedingung für das Wirtschaftswachstum im eigenen Lande und für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des westeuropäischen Kapitalismus auf dem Weltmarkt (vor allem gegenüber den USA und Ostasien) angesehen. In den Zeiten des Kalten Krieges und der Systemkonkurrenz wurde darüber hinaus die Integration als "Bollwerk" gegen den Kommunismus im Osten Europas konzipiert und als solche von den USA, der Führungsmacht des Westens, unterstützt, wenngleich die USA in Einzelfragen (z.B. hinsichtlich der Öffnung des EG-Agrarmarktes) immer auch bereit waren, "Hähnchen-" oder "Sojakriege" mit der EG zu führen.

3.

Die "alten Krisen" waren stets charakterisiert durch zeitweilig nicht zu lösende Konflikte zwischen nationalen Regierungen über Grundsatzentscheidungen europäischer Politik und Strategie. Gleichwohl wirkte über lange Zeit die Systemkonfrontation - und mit ihr die Unterordnung der europäischen Integration unter die transatlantischen Beziehungen - als Basiskonsens zwischen den Akteuren. Oftmals spielten die Krisen in Brüssel in der öffentliche Meinung und in den Auseinandersetzungen zwischen den großen Parteien im eigenen Lande nur eine untergeordnete Rolle. Die Meinungsumfragen des "Euro-Barometers" konstatierten für den gesamten Zeitraum überwiegend positive Einstellungen zu Europa - vor allem in der Bundesrepublik, in Italien und den Benelux-Staaten. Der Informationsstand über europäische Politik war meist niedrig, ging aber mit der Erwartung einher, dass Europa "gut" für die Wirtschaft und deshalb auch für das individuelle Wohlergehen sei. Informierte und engagierte Anhänger der "Europaidee" - ob von rechts oder von links - waren dabei wohl stets in der Minderheit.

Diese Konstellation hat sich seit der großen weltpolitischen Wende der Jahre 1989 - 1991 grundlegend verändert. Mit dem Ende des Kalten Krieges hatte sich die Funktion der transatlantischen Beziehungen grundlegend verändert und die Öffnung der EG/EU nach Mittel-, Ost- und Südosteuropa stand unvermeidlich auf der Tagesordnung. Mit der Implosion der Sowjetunion und des "sozialistischen Staatensystems" - aber auch mit der kapitalistischen Transformation in China - hat sich der kapitalistische Weltmarkt nicht nur räumlich universalisiert, sondern definiert auch neue Anforderungen an die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Kapitalismus und die Konkurrenz zwischen den verschiedenen Kapitalismusmodellen in der Welt. Seit den 1980er Jahren ist die EU daher herausgefordert, sich diesen neuen Anforderungen zu stellen.

Die neue Integrationsdynamik (relance européenne) wurde - unter der Präsidentschaft von Jacques Delors seit 1984 (Delors 2004: 213ff.) - mit dem Projekt "Binnenmarkt 92" (Einheitliche Europäische Akte) eingeleitet. Sie erreichte mit dem "Maastricht-Vertrag" (1991) einen ersten Höhepunkt: Neben dem Binnenmarkt wurde jetzt die Wirtschafts- und Währungsunion als Ziel anvisiert. Gleichzeitig wurde den Gewerkschaften mit dem "Sozialdialog" und dem "Sozialprotokoll" (zum Maastrichter Vertrag) ein Kooperationsangebot mit dem Ziel der Parallelisierung von Markt- und Sozialintegration unterbreitet. Der EU-Vertrag legte die Grundlagen für die GASP (Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik) und für erste Schritte auf dem Gebiet einer gemeinsamen Innen- und Rechtspolitik (in den Bereichen Asyl und Einwanderung). Gleichzeitig wurde die Union von 12 auf 15 Mitglieder (plus: Österreich, Schweden, Finnland) erweitert. Mit den - ehemals sozialistischen - Beitrittskandidaten wurden die Verhandlungen eröffnet, die bis zum Jahr 2004 zum Beitritt von zehn neuen Mitgliedstaaten führten. Zusammen mit der Währungsunion (Einführung des Euro, Europäische Zentralbank) wurden weitere Projekte - wie z.B. die Schaffung eines einheitlichen europäischen Finanzmarktes, die Beschäftigungspolitik nach dem Amsterdamer Vertrag sowie die Umsetzung von Liberalisierungsschritten im Zusammenhang des Binnenmarktprogramms (z.B. die Liberalisierung des Dienstleistungssektor, die so genannte "Bolkestein-Richtlinie") - in...

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