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E-Book

René Schnitzler. Zockerliga

Ein Fußballprofi packt aus

AutorRainer Schäfer, Wigbert Löer
VerlagGütersloher Verlagshaus
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783641066291
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Wie tief ist der Sumpf des Wettskandals im deutschen Fußball?
Ein brisanter Insiderbericht aus der verlogenen Glitzerwelt des Fußballs. Von Spielsucht und Wettskandalen: eine Demaskierung der Fußball-Helden der Nation

Viel Geld, viel Freizeit, Langeweile in den Trainingspausen - und schon in jungen Jahren daran gewöhnt, »spielend« Geld zu verdienen. Fast alle Fußballprofis befinden sich in derselben Position: Wie kann man mit seinen Kumpels was erleben, wenn man den Körper schonen muss?

Ein Blick hinter die Kulissen einer verlogenen Glitzerwelt: schnelle Autos, schöne Frauen, regelmäßige Besuche in Kasinos und illegalen Spielhöllen - für nicht wenige Fußball-Profis der direkte Weg in die Schuldenfalle. Die Lösung? Das systematische Verschieben von Fußballspielen. Hohe Summen sind geflossen, wer wen bestochen, wer absichtlich Spiele verloren hat - dies zu klären, ist jetzt Aufgabe der Staatsanwaltschaft Bochum. Ihr Kronzeuge: René Schnitzler, der im Januar 2011 im Stern über seine Kontakte zur Wettmafia ausgepackt hat. Sein Fall ist nur einer von vielen, sogar Namen von Nationalspielern werden genannt.

Am Beispiel des einstigen Hoffnungsträgers Schnitzler zeigt dieses Buch, mit welchen Problemen die Fußballstars jenseits des Rasens zu kämpfen haben. Was er zu erzählen hat, ist explosiv und dramatisch, ein Enthüllungsthriller, wie man ihn im deutschen Fußball noch nicht erlebt hat. Und damit wächst der Druck auf Funktionäre und Klubs - denn nun gibt es nichts mehr zu verwischen oder zu beschönigen.

Wigbert Löer, geboren 1972, ist studierter Politikwissenschaftler. Nach seinem Studium absolvierte er eine Ausbildung in der Henri-Nannen-Journalistenschule und arbeitet seitdem für verschiedene Magazine von Gruner + Jahr. Seit 2007 arbeitet er als Sportredakteur beim Stern.
Wigbert Löer lebt mit seiner Familie in Hamburg.

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Leseprobe
"7 DER ABSTIEG (S. 92-93)

Sara erkennt ihren Freund kaum wieder. Morgens steht er freiwillig auf und trifft sich mit Pedro Gonzalez zum Sondertraining, zwei und manchmal sogar drei Mal pro Woche. Ausgerechnet Schnitzler, der Bewegung gern vermeidet. Im Donnerspark an der Elbchaussee laufen der Fitnesstrainer und der Stürmer im Spätsommer 2008 gemeinsam die Hänge rauf und runter. Gonzalez kommt auch zum Heimtraining in die Hafencity. Dort wohnen Schnitzler und Sara inzwischen in der Straße Am Kaiserkai, die direkt auf die Baustelle der Elbphilharmonie zuführt.

Die Wohnung im zweiten Stock misst 94 Quadratmeter und ist damit kleiner als das Appartment in Ottensen, jedoch nicht weniger exklusiv ausgestattet. Im Keller des Neubaus mit roter Fassade stehen Fitnessgeräte und Laufbänder, daneben können die Hausbewohner im Pool schwimmen, der vier mal acht Meter groß ist. Pedro Gonzalez zeigt Schnitzler Übungen, mit denen der Muskeln an seinem Körper entdeckt, von denen er bislang nichts wusste. Auch Sara trainiert manchmal mit.

So richtig kann es Schnitzler heute gar nicht erklären, warum er den Fitnesscoach anheuerte und auch selbst bezahlte. 1 200 Euro im Monat lässt er sich den Aufbau seines Körpers kosten. Wollte er Holger Stanislawski beweisen, dass der ihn zu früh abgeschrieben hatte? Wollte er gar seinen Beruf mit Ernst und Konsequenz ausüben? »Keine Ahnung«, sagt Schnitzler, er zuckt mit den Schultern. »Keine Ahnung«, das sagt er öfter. Er hat dann keine Lust, über die Sache nachzudenken. Keine Ahnung bedeutet auch: Ich bin nicht daran interessiert, mich zu analysieren. Psychologie ist Schnitzler verdächtig.

Noch heute empört er sich über einen Kinderpsychologen in Düsseldorf, den er mal mit seiner Mutter aufsuchte. Man dachte damals, Schnitzler leide unter der Aufmerksamkeitsstörung ADHS. »Da musste ich dann unsere Familie als Tiere malen.« Eine Zumutung, so ein Test, sagt seine Stimme, wobei er das Ergebnis gern berichtet: »War alles okay mit mir.« Körperlich jedenfalls ist Schnitzler im Herbst 2008 so fit wie noch nie in seiner Zeit beim FC St. Pauli.

Die Waage zeigt 81 Kilo an, »mein Idealgewicht«. Und Sara sagt: »Er sah richtig gut aus.« Auch die Mitspieler wundern sich. Sie müssen jetzt auf den Wampentanz verzichten. Der Mittelfeldspieler Fabian Boll hat den Begriff erfunden, in der Kabine hat die Mannschaft ihn immer mal wieder eingefordert: »Mach uns den Wampentanz, Schnitzel!« Schnitzler trug dazu enge Boxershorts, deren Gummi tief ins Fleisch drückte. Am Bauch und an den Hüften wackelten Speckrollen, die er dann rhythmisch bewegte. Fleischbeschau in kurzen Hosen, dazu konnte Schnitzler diabolisch grinsen.

Am Kaiserkai in der gerade erst entstehenden Hafencity geht es ruhiger zu als im wuseligen Ottensen. Das Appartement unter Schnitzler hat Thiago Neves bezogen, ein Spielmacher aus Brasilien, der zum Hamburger SV gekommen ist, den Klub aber nach einigen Monaten wieder verlässt. Wenn Schnitzler aus dem Fenster schaut und den Kopf nach links dreht, sieht er den eingerüsteten, langsam wachsenden Kaispeicher, den Hamburg für immer mehr Millionen Euro zur Elbphilharmonie umbauen lässt. Auch am zukünftigen Marco-Polo-Turm, schräg gegenüber seiner Wohnung, wird noch gebaut, bisher ist das Gebäude nur ein Betonskelett, das darauf wartet, Fleisch auf die Rippen zu bekommen. In großen Teilen wüst und leer ist die Hafencity, eine Attraktion eher für Touristen, die von dem kühnen Städtebauprojekt gehört haben und es sich nun erlaufen.

Wenn Schnitzler und Sara unten im Haus in dem weiß gekachelten Schwimmbecken herumtollen, können sie Menschen die Promenade hoch- und runter laufen sehen. Einige drücken ihre Nase an die Fensterscheibe, um herauszufinden, was sich dahinter verbirgt. Doch das verdunkelte Glas gibt den Blick nicht frei. Ungestört können die Bewohner Sport treiben, in der Sauna schwitzen und auf den Liegen entspannen. Und auch Partys feiern, was Schnitzler und ein paar Mannschaftskollegen durchaus mal tun. Die neue Wohnung kostet jeden Monat 2 100 Euro Miete. Sara hat sie ausgesucht, heute bereut sie die Wahl: »Eigentlich war das auch nicht okay, vom Preis her. Ich hatte mich wohl ein bisschen an den Lebensstil gewöhnt. René hat immer gesagt: ›Ich kauf mir dies, ich kauf mir das‹, da hatte man das Gefühl, dass das Geld da ist.«"
Blick ins Buch

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