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E-Book

Rezidiv - Mein Krebs ist wieder da - und ich hasse ihn! - Autobiografie

AutorMarina Roggenkamp
VerlagVerlag DeBehr
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl146 Seiten
ISBN9783957536419
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
... Am nächsten Morgen, ich hatte mich am Abend vorher in den Schlaf geweint, war es dann so weit. Die Schwester betrat das Zimmer, gab mir das Operationshemd, die Stützstrümpfe und sagte, ich solle mir das alles schon mal anziehen. Ich wäre die Erste an diesem Morgen, die operiert werden würde ... Ich hatte gehofft, ihn los zu sein, doch nun war ich wieder in der Klinik und stand kurz vor der OP, denn mein Krebs war zurück. Hoffte ich erneut auf ein Wunder? Dachte ich, dieses Mal würde ich ihn endgültig abschütteln können? War ich lebensfroh und zuversichtlich? NEIN! Ich hatte die Nase so voll, ich wollte nicht mehr, die Vorstellung von erneuter Chemo mit all ihren Nebenwirkungen erschütterte mich zutiefst, wofür das denn alles noch? War dieses Leben überhaupt noch lebenswert? Ich hasste, hasste, hasste diesen Krebs so abgrundtief. Da saß er in mir und fraß sich satt, und ich wurde ihn einfach nicht los ... Marina Roggenkamp erleidet nach Jahren der Behandlung ein Rezidiv. Ihr Krebs kommt mit aller Macht zurück. Wut und Trauer mischen sich weitab von Hoffnung und Zuversicht. Erneut zeigt sie dem Krebs die Zähne. Eine zutiefst ehrliche Autobiografie.

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Leseprobe

 

WUFFI

Eines Tages kam mein Partner dann auch noch auf die Idee, wir sollten uns einen Hund zulegen. Er glaubte, das würde meinem Gemüt und meiner körperlichen Verfassung bestimmt guttun. Ich war nicht ganz so begeistert davon, denn wenn ich mir vorstellte, ich sollte auch noch mit einem Hund ein bis zwei Stunden täglich mit meinen tauben Beinen und Füßen laufen, graute es mir sehr. Natürlich sprach ich mit ihm darüber, aber er sagte, wir könnten es doch erst einmal probieren, und natürlich ging es wieder nach seinem Willen.

  Wir fuhren also von Tierheim zu Tierheim, um nach einem passenden Hund für mich zu gucken. Oder für uns? Wie auch immer. Aber letztendlich war es natürlich so, wie ich es mir gedacht hatte, denn ich musste mich dann doch um alles kümmern.

  Als Erstes hatte er für mich einen Beagel ausgesucht. Mit diesem gingen wir erst einmal spazieren, um zu schauen, ob ich ihn überhaupt halten könnte, denn durch die Chemotherapie waren ja meine Füße, Beine und Hände zu 70 Prozent noch immer taub, und daran würde sich wahrscheinlich auch nie wieder etwas ändern. Wir gingen also mit dem Beagel los, und ich hatte ihn natürlich an der Leine. Der Spaziergang entpuppte sich dann als eine einzige Katastrophe. Der Hund zog mich durch die Gegend wie ein Weltmeister, und hätte mein Freund nicht eingegriffen, wäre der Beagel mit mir spazieren gegangen, und ich hätte mich ganz sicher auch noch auf die Nase gelegt.

  Also war der Beagel erst einmal nichts für mich. Diese Situation hatte mir aber noch mal deutlich gezeigt, dass es keinen Sinn für mich machte, sich einen Hund anzuschaffen. Es war einfach zu viel für mich, und das sagte ich meinem Freund auch sofort. Doch der setzte, wie immer, seinen Willen durch. „Wir schauen uns noch mal in einem anderen Tierheim um.“ Das war seine Antwort darauf.

  Also fuhren wir noch zu einem weiteren Tierheim. Dort saß ein kniehoher, weißer Mischlingshund. Er hatte seine Zähne in das Gitter von dem Zwinger, in dem er saß, geschlagen, rüttelte daran herum, bellte und zog und zerrte an dem Gitter herum und führte sich auf wie ein wildgewordener Stier. Er wollte wohl unbedingt aus dem Zwinger raus, raus aus seinem Käfig, was ich absolut verstehen konnte. Die Tiere dort taten mir alle total leid. Der Mann aus dem Tierheim sagte, dass dieser ein Straßenhund, aus Rumänien gekommen, gerade erst eine Nacht hier sei. Wir könnten ihn aber sofort mitnehmen. Da war mir klar, warum der arme Kerl so an dem Gitter herumrüttelte, er kannte dieses Eingesperrtsein überhaupt nicht, das arme Tier. Jedoch lag mir der Beagel noch immer in den Knochen. Ich sagte zu meinem Freund, dass ich erst noch mal eine Nacht darüber schlafen wollte, aber wieder entschied mein Freund ohne Rücksicht auf mich, und er sagte zu mir: „Nein, wir nehmen den Hund aus Rumänien mal mit.“

  Ich weiß eigentlich gar nicht, warum ich immer und immer wieder mit genau solchen Menschen in meinem Leben privat zu tun habe und diese immer wieder anziehe, obwohl ich solche dominanten Menschen überhaupt nicht abkann. Seit meiner Kindheit im Heim hasste ich dominante, egoistische, kalte und rücksichtslose Menschen, und trotzdem zog ich in der Vergangenheit immer und immer wieder solche Menschen an und ließ mich auch privat mit solchen Menschen ein.

Außer Christian, mein Exmann, der zwar auch dominant war, aber auch gleichzeitig ein unheimlich liebevoller, rücksichtsvoller und besorgter Mann. Ich wusste wirklich nicht, wie das mit meinem jetzigen Freund noch enden sollte ‒ oder enden würde.

  Der Mann von dem Tierheim holte also den Hund aus dem Käfig. Der arme Hund war sehr, sehr ängstlich. Das war für mich absolut verständlich, denn er hatte ja vorher noch gar nichts mit Menschen zu tun gehabt, und er hatte auch eine sehr lange Fahrt hinter sich. Der Tierpfleger brachte den Hund zu uns, und ich wollte auf ihn zugehen und versuchte, beruhigend auf ihn einzureden: „Wer bist denn du?“ Doch das arme Tier war so verschreckt, dass es sich sofort hinter meinem Freund versteckte, als es meine Stimme hörte.

  Die Leiterin des Tierheims wollte unbedingt ein Foto von dem Hund und mir machen. Vielleicht wollte sie damit beweisen, dass wieder ein Tier vermittelt wurde. Ich tat ihr den Gefallen und nahm den ängstlichen Hund auf meinen Arm. Eigentlich war das dumm von mir. Ich hätte „Nein“ sagen sollen oder „Ich möchte das nicht, Sie sehen doch, dass der Hund Angst hat!“. Warum ich es nicht tat, weiß ich heute nicht mehr.

  Dann packten wir das kleine Monster in unser Auto. Es zitterte und zitterte wie Espenlaub, das arme Tier. Wir fuhren mit ihm nach Hause. Unterwegs überlegten wir uns, wie der Hund heißen sollte, und letztendlich hieß er natürlich so, wie mein Freund es wollte, wie immer.

  Ich war einfach nicht in der Lage, mich bei solchen Menschen durchzusetzen. Wenn ich dann eine ganze Weile alles in mich hineingefressen hatte, rastete ich irgendwann aus und explodierte wie ein Pulverfass. Und trotzdem brachte das bei solchen Menschen gar nichts. Sie blieben selbst nach meinem Ausraster genau so, wie sie letztendlich waren.

  Unser Hund hieß also so, wie mein Freund es wollte, nämlich Wuffi. Wuffi war ein Rüde und angeblich kastriert. Wir stellten Wuffi zu Hause erst einmal etwas zu fressen hin. Er war wie ausgehungert und schlang alles in sich hinein, und das so hastig, bis er sich übergab. Seit dem Tag, an dem er sich übergeben hatte, ließ er zukünftig auch mal etwas in seinem Fressnapf liegen.

  Wuffi mochte die ruppige Art von meinem Freund von Anfang an überhaupt nicht. Er verkroch sich, wann immer er ihn sah. Vertrauen hatte Wuffi zu mir noch keines gefasst, aber er lief zumindest nicht mehr vor mir weg.

  Ich ging mit ihm Gassi, natürlich alleine, denn von meinem Freund war keinerlei Unterstützung zu erwarten.

  Nachdem die erste Nacht mit Wuffi herum war, beschloss ich, ihn wieder ins Tierheim zurückzubringen. Es war noch keine emotionale Bindung da, weder von ihm noch von mir, und ich empfand Wuffi einfach als viel zu anstrengend. Ich sprach also zu meinem Freund: „Lass uns den Hund heute wieder zurückbringen, ich schaffe das nicht, das ist mir einfach zu viel.“ Mein Freund aber widersprach mir: „Nein“, sagte er, „lass uns doch mal ein paar Tage warten, und wenn es dann nicht geht, dann bringen wir ihn wieder zurück.“

  Wie immer geschah, was mein Freund wollte. Ich war mir aber sicher, dass ich nach ein paar Tagen meinen Hund niemals wieder hergeben könnte, egal wie anstrengend er für mich war. Das würde ich mit Sicherheit nicht übers Herz bringen ‒ und genauso war es dann auch. Nach ein paar Tagen konnte davon, den Hund ins Tierheim zurückzubringen, überhaupt keine Rede mehr sein.

  Wuffi verlor langsam seine Angst vor mir und freute sich sogar, mit mir Gassi zu gehen. Nur vor meinem Freund hatte er weiterhin Angst und verkroch sich immer vor ihm. Das wunderte mich gar nicht, denn am zweiten Morgen hatte der Hund in die Wohnung gekackt und daraufhin geschah etwas, was der Hund ihm nicht mehr verzeihen konnte.

  Mein Freund besaß ein Haus, und das Schlafzimmer befand sich im ersten Stock, also konnte sich der Hund überhaupt nicht bemerkbar machen, wenn er rausmusste. Somit traf den Hund aus meiner Sicht keinerlei Schuld, absolut gar keine. Außerdem war er ein Straßenhund, er kannte eine Wohnung gar nicht, und auch da musste er sich erst daran gewöhnen. Ich hörte also meinen Freund am Morgen unten im Wohnzimmer laut herumbrüllen, daher stand ich auf, ging hinunter und fragte ihn, was denn los wäre. Er hatte den Hund bereits getreten und rausgeworfen. Ich dachte, ich raste aus. Nur weil Wuffi in die Wohnung gemacht hatte, verhielt er sich so? Und dann wunderte er sich, dass Wuffi zukünftig noch mehr Angst vor ihm hatte und nur noch vor ihm weglief! Ich war so sauer auf meinen Freund! „Wie kann man einen Hund nur treten?“, fragte ich ihn. „Spinnst du? Das ist ein Lebewesen!“ Bei Tieren verstand ich wirklich keinen Spaß, da wurde ich bei Vorfällen wie diesem stinksauer. Sie waren schließlich auf uns Menschen angewiesen, und gerade dieser Hund, der sowieso so ängstlich war, hatte es nicht verdient, dass man ihn so behandelte.

  Am nächsten Morgen ging ich dann als Erste runter, denn ich hatte Angst, dass mein Freund den Hund wieder treten könnte, falls er wieder in die Wohnung gekackt hätte. Leider war es tatsächlich so. Wuffi hatte wieder in die Wohnung gemacht. Ich schimpfte zwar auch mit ihm und schickte ihn nach draußen, aber ich tat ihm nichts. Warum sollte ich ihm auch was antun, er war nun mal ein Straßenhund und musste sich erst an die Wohnung gewöhnen. Das würde eben noch eine Weile dauern. Ich machte schnell alles weg, so dass mein Freund nichts mitbekam.

  Wie dem auch sei, nun hatte ich einen Hund, der extreme Angst vor meinem Freund hatte, was ich absolut verstehen konnte. Mein Freund konnte keinerlei Beziehung zu Wuffi aufbauen. Er fand es total blöd von dem Hund, dass der vor ihm Angst hatte. Klar, wie sollte mein Freund das auch verstehen? Für meine Begriffe war dieser emotional tot. Einfühlungsvermögen für andere, das war für ihn ein totales Fremdwort.

  So zog die Zeit, die ich im Osten lebte, ins Land. Mein Tag war ausgefüllt mit Gassigehen, Kochen, Waschen, Putzen, um dann nach getaner Arbeit vollkommen erschöpft auf die Couch zu...

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