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E-Book

Schön!

Biblische Aspekte von Schönheit

VerlagVerlag Katholisches Bibelwerk
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl152 Seiten
ISBN9783460510708
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
In der Bibel begegnen uns schöne Menschen, Frauen wie Männer, aber auch die Schöpfung wird als schön bezeichnet. Schönheit wird im biblischen Kontext sichtbar in Handlungen, Beziehungen und Kommunikation, sie zeigt sich in und mit der Schöpfung und natürlich im Blick auf Gott. Das Buch stellt biblische Texte mit verschiedenen Aspekten von Schönheit vor, und auch wie alte Schönheitskonzepte damit durchbrochen werden.

Dr. Sophie Thöne, geb. 1979, ist ausgebildete Grundschullehrerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Kassel. Sie promovierte zu 'Raum und Geschlecht im Hohelied'. Schwerpunkte u.a.: Liebe und Sexualität, Tierethik, Narratologie.

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Leseprobe

Das alles hat Gott »schön« gemacht! (Koh 3,11)


Facetten eines biblischen Begriffes


Katrin Brockmöller

Das erste Mal wurde ich als Studentin mit der Frage nach dem biblischen Verständnis von Schönheit konfrontiert. Wir hörten eine Vorlesung über das Hohelied. Schon im ersten Kapitel stolperte ich: »Braun bin ich, doch schön!« (Hld 1,5; alte Einheitsübersetzung). Ich erinnerte mich sofort an ein Ereignis in der dritten Klasse. Ich bin vom Hauttyp eher dunkel und hatte als Kind einen dunklen Lockenkopf. Die »bösen Jungs« versuchten, mich auf dem Schulhof wegen meiner Hautfarbe zu hänseln. Meine Mutter hat mich mit der einzig hilfreichen Waffe für so eine Situation ausgestattet: »Die sind einfach dumm. Sie wissen nicht, dass die Hautfarbe nichts damit zu tun hat, wie gut jemand denken kann, wie liebenswert, begabt, sportlich und vor allem wie schön eine Frau ist.« Mit diesem vollkommen klaren Konzept war die Sache für mich geregelt. Die Hänselei hörte auf, weil ich selbstbewusst meine Hautfarbe zu lieben begann. Ich hatte zudem eine Besonderheit entdeckt, die mich von anderen unterschied!

Über »Braun bin ich, doch schön« habe ich mich deshalb als Studentin sehr empört. Hier gibt es keinen Gegensatz, das war mein tiefes Empfinden.

Im Verlauf der Vorlesung klärten sich einige Fragen: Wir lernten, die Hautfarbe als sozialgeschichtliches Merkmal zu lesen: Gebräunt war die Frau, weil sie auf dem Feld arbeiten musste und nicht als »Prinzessin« im Palast ihre Haut vor der Sonne schützen konnte. Die Hautfarbe war also eine soziale Markierung.

Gleichzeitig diskutierten wir, wie das kleine hebräische Wörtchen waw zu übersetzen sei: Sind die beiden Sätze als zwei gleichwertige Aussagen zu verstehen (braun und schön) oder ist das hier als Gegensatz zu lesen (braun, doch/aber schön)? Das konnte man weder über Sozialgeschichte noch mit Grammatik lösen. Aus dem kleinen Satz entstand ein Lehrstück über die Deutungsmacht beim Übersetzen: Es gibt fast immer verschiedene Möglichkeiten.

Schönheit ist nicht abstrakt!


In der hebräischen Sprache gibt es zahlreiche Begriffe für »schön«, die je nach Zusammenhang noch weitere Bedeutungsfelder mit sich tragen. Die häufigsten sind tov – gut, richtig, schön; jafæh – schön, lieblich; na’am – schön, anmutig (als Nomen auch: Glanz); hod – Pracht, Schönheit; hadar – Herrlichkeit, Schönheit; kabod – Schwere, Schönheit. Im Neuen Testament erscheinen die griechischen Wörter kalos – gut, schön, passend und agathos – richtig, schön, gut.

Was genau die einzelnen Worte bedeuten, erschließt sich immer erst im Zusammenhang und ist zudem abhängig von Voreinstellungen der Übersetzenden. Interessant ist, dass im biblischen Weltbild Schönheit nichts ist, was an sich existiert. Schönheit muss sich immer erweisen oder zugesprochen werden. Schönheit ereignet sich über Funktionen, Aufgaben, Handlungen, Beziehungen, Bewegungen, Begegnungen, Kommunikation und Qualität unter Männern und Frauen, in und mit der Schöpfung und natürlich im Blick auf Gott.

Schön und gut?


In biblischen Texten gibt es auch Menschen, vor deren Schönheit gewarnt wird. Sie bringen Unglück, weil sie zu moralisch schlechten Handlungen oder zur Gefährdung des eigenen Lebens verführen.

Überraschend ist aber die enge Verbindung von »schön und gut« in dem berühmten Wörtchen tov. Hier zeigt sich beispielhaft, wie stark der Begriff der Schönheit davon abhängen kann, ob ein Mensch seiner Aufgabe folgt. Das erste Mal verwendet Gott selbst dieses Adjektiv. Er bewertet mit »gut« in Gen 1,1–2,3 zunächst einzelne Abschnitte seines Werkes und schließlich die gesamte Schöpfung mit »sehr gut«!

Am Anfang des nächsten biblischen Buches nach der Genesis wird der kleine Mose als Baby mit diesem Adjektiv bewertet (Ex 2,2). »Weil sie (die Mutter) sah, dass es ein schönes Kind war, verbarg sie ihn drei Monate lang.« Nun wird vermutlich jede Mutter ihr Kind schön finden, aber die Eigenschaft »gut« im moralischen Sinn kann man einem Baby wohl kaum zuschreiben. Was also meint tov hier? Vermutlich ist es wie ein Signalwort, das schon dem kleinen Mose alles das zuschreibt, was seine Lebensaufgabe sein wird. Er wird Gottes Volk aus der Knechtschaft in das verheißene Land führen – darin ist er »gut«. Er trägt dazu bei, dass die grundsätzliche Bewertung »sehr gut« aus Gen 1 wieder Bestand haben kann.

Auch Rebekka wird in der Erzählung ihrer »Entdeckung« als Frau für Isaak als tov bezeichnet (Gen 24,16). Rebekka wird zur »perfekten Ehefrau«, nicht nur weil sie körperlich schön ist. Ja, ihre Schönheit wird eben gerade nicht körperlich beschrieben, sondern sie ist »schön und gut«, weil sie präsent ist in der Begegnung am Brunnen und »recht« zu handeln versteht, weil sie (gegen ihre Familie) sofort zum Aufbruch bereit ist wie Abraham, weil sie einen Segen erhält (wie Abraham), weil offensichtlich die gesamte Ereigniskette der Brautwerbung von Gott geführt ist und schließlich, weil Rebekka einfach die perfekte Nachfolgerin der Erzmutter Sara ist.

Schön, weil es Unterschiede gibt!


Eine völlig andere Spur von Schönheit zeigt sich im dritten Kapitel des Buches Kohelet. Das berühmte Gedicht über die Zeit im Kapitel 3,1–9 beschreibt die Pole und die großen Spannungen des menschlichen Lebens: Von der Geburt zum Tod, von der Liebe zum Hass, von Zerreißen und Nähen, von Krieg und von Frieden, …

Kohelet schaut sich das alles genau an. Er sieht die Bestimmung des Menschen eben darin, Gottes Auftrag zu erfüllen. Und er bewertet das alles mit »schön«: »Das alles hat er schön gemacht zu seiner Zeit. Überdies hat er die Ewigkeit in ihr Herz hineingelegt.« (Koh 3,11) Im Wechsel, im Unterschied, im Hin- und Her des Lebens erkennt Kohelet eine Grundstruktur göttlichen Ursprungs. Völlig jenseits der Frage nach individuellem Leid, persönlicher Schuld oder geteilter Verantwortung – auch wenn alle ihren göttlichen Auftrag leben, bleibt dieser Wechsel als Konstante. Und Kohelet erkennt: Das alles ist schön.

Allerdings verwendet Kohelet hier nicht (vgl. Gen 1,1–2,3) tov (gut, schön), sondern ein anderes Wort für »schön«: jafæh. Dieses allerdings nur zweimal im ganzen Buch (nur 3,11 und 5,17)! Vermutlich will Kohelet damit zum Ausdruck bringen, dass die Schönheit der Welt weit tiefer liegt, als die Beobachtung oder Wertung der Gegensätze von »gut und böse«. Für »gut« gibt es kein alternatives Wort und so muss er ausweichen in der Wortwahl.

Für Kohelet ist also die Welt »schön« nicht trotz, sondern gerade in ihren Gegensätzen. Das ist keine Abschwächung von der Wertung mit »sehr gut« in Gen 1,31.

Raus aus dem Schönheitswahn!


Im Neuen Testament wird über Schönheit von Menschen kaum gesprochen. Während im Alten Testament die wichtigen Personen immer »schön« sind, weil »Schönheit« ihre Gottesnähe und vor allem ihren Auftrag zeigt, ist im Neuen Testament das Thema kaum existent. Und auch die Frage, ob Jesus »schön« war, stellt sich erstmals der Kirchenvater Origines im 3. Jahrhundert (seine Antwort lautet allerdings: Nein, hässlich!). Vermutlich liegt das daran, dass Jesus auf dem Hintergrund des alttestamentlichen Gottesknechtes gedeutet wurde. Dieser Gottesknecht aber ist nun genau das Gegenteil eines schönen Menschen: »Er hatte keine schöne und edle Gestalt, sodass wir ihn anschauen mochten. Er sah nicht so aus, dass wir Gefallen finden an ihm. Er wurde verachtet und von den Menschen gemieden…« (Jes 53,2–3).

Dennoch ist dieser hässliche Mensch derjenige, der Erlösung für das Volk bewirken wird – eine Art literarisches Paradox. In der Beschreibung der Folter und der Ermordung Jesu werden die Texte aus Jesaja allerdings zur sprachlichen Vorlage. Nur aus ihnen kann verständlich gemacht werden, dass der leidende und geschundene Mensch genau der ist, der eben nicht von Gott verlassen ist. Das ist der Weg, auf dem die Fürsorge für Kranke, für Menschen mit körperlichen wie seelischen Behinderungen als Gottesbegegnung gelebt werden kann. Nichts an menschlichen Körpern muss abgelehnt werden, weil uns in jeder Form, in jeder Gestalt, in allen Facetten jederzeit der Gottesknecht/Christus begegnet. Das ist wahrlich erlösend.

Schöne, weil perfekte Tat einer...


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