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E-Book

Tu, was dich anlächelt

Von der Qual der Wahl zur Fülle des Lebens

AutorKatharina Ley
VerlagKreuz
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl200 Seiten
ISBN9783451346422
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Nur das tun, was uns anlächelt - das klingt gut. Katharina Ley zeigt uns, wie das gelingen kann, wie wir einen befreienden Umgang mit der Vielfalt, dem Nebeneinander von gegensätzlichen Gefühlen, Gedanken, Wünschen, dem ständigen Entscheiden und Wählen finden können: annehmen, Blockaden überwinden - und immer mehr tun, was uns anlächelt.

Katharina Ley, Psychoanalytikerin und Psychotherapeutin in eigener Praxis in Bern.Soziologin, Gruppenanalytikerin. Von 2001-2004 war sie als Traumatherapeutin in Südafrika tätig. Ihre Themen sind Frauen, Fortsetzungsfamilien, Geschwister, Versöhnung. Zahlreiche Veröffentlichungen.

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Leseprobe

Lächeln, wenn es schwierig ist


Alles, was aus Liebe zustande kommt, lebt.

Anne Michaels

 

Wir ersehen aus den Schilderungen über die Anfänge des Lächelns, dass ganz vieles in den frühesten Beziehungen stimmen muss, damit ein Kind lächelt. Damit ein später erwachsener Mensch eine so liebevolle und sichere Bindung ans Leben, an Menschen, an die Natur hat, dass er lächeln und anlächeln kann. Und dass er von Menschen und Dingen angelächelt werden kann – achtsam, wach.

Doch auch im Erwachsenenalter gibt es gottlob ja noch Möglichkeiten, Defizite aus der Kindheit ein Stück weit auszugleichen: durch gute Beziehungen, sei es eine Freundin, ein Lebenspartner, eine Therapeutin.

Wie kommen wir dazu, zu lächeln und angelächelt zu werden? Wir Menschen von heute, die in vielen, allzu vielen Verpflichtungen stecken, die so viel wollen und sollen und müssen. Wir, die wir uns in der unübersichtlichen Mannigfaltigkeit und Zufälligkeit unseres Lebens zurechtzufinden haben. Wir, die wir mit einer ungemeinen Dichte an Kommunikation und an Menschen umzugehen haben. Dichtestress. Wir, die wir ambivalente Bedürftigkeiten spüren, die uns manchmal nicht bewusst sind, und uns manchmal zerreißen. Wollen wir uns anlehnen oder freistrampeln? Wollen wir Stille haben oder im Strom schwimmen? Oft scheint es auch schwierig zu klären, ob die Verpflichtungen von innen, von uns aus kommen oder uns scheinbar oder wirklich von außen zugemutet werden. Und schon gar nicht klar ist, wie wir diese Ambivalenzen und Verpflichtungen überwinden und verwandeln können.

 

Ein Beispiel. Ich gehe auf einer fremden Straße dahin. Die Umgebung wirkt etwas unheimlich. Ein Mann kommt mir entgegen. Es ist eine ängstigende Situation. Was soll ich tun oder lassen? Den Gehsteig wechseln? Einfach meinen Weg fortsetzen? Ich setze meinen Weg fort. Was sonst? Der Mann, der mir entgegenkommt, ist nun schon recht nahe. Ich erkenne sein Gesicht und darauf ein breites Lächeln. Und schon ist er vorbei. Ich atme auf. Er hat mir wohl meine Angst angesehen und mit seinem Lächeln Entwarnung geben wollen: Es ist alles gut.

 

Und ein weiteres Beispiel. Meine Freundin Cristina sitzt wartend in ihrem Auto. Die Scheiben sind heruntergelassen. Es ist das Stadtzentrum von Johannesburg in Südafrika, ein kriminalitätsgebeutelter Ort. Ein schwarzer Mann nähert sich. Cristina ist sofort hellwach, angespannt. Ihr Gesichtsausdruck muss sich verändert haben. Der schwarze Mann sagt: »Sie glauben bestimmt, dass ich sie ausrauben will, Madam. Dem ist aber nicht so. Ich wollte nur fragen, ob sie einen Gärtner brauchen.«6

 

Der Riese Tur Tur ist umso größer je weiter weg er ist. Wenn man Tur Tur von Weitem sieht, ist er riesig. Doch er ist ein Schein-Riese. Wenn man näher kommt, wird er immer kleiner. Wenn wir vor ihm stehen, ist er gleich groß wie du und ich. Tur Tur ist ein Schein-Riese. Und er ist sehr einsam. Und wenn er einsam und weit weg ist, dann ist er eben riesengroß und macht allen Angst. Er sehnt sich so nach Nähe. Aber erst wenn jemand wagt, ihm näher zu kommen, merkt er, dass der Riese nur ein Schein-Riese ist – der Nähe sucht, und ein Lächeln, und Zuneigung.7

 

»Siehst du den Mond dort stehen? Er ist nur halb zu sehen und ist doch rund und schön. So sind wohl manche Sachen, die wir getrost belachen, weil unsere Augen sie nicht sehn«, befand Matthias Claudius.

 

Was wir wahrnehmen, ist oft anders, als wir meinen. Unsere Wahrnehmung ist begrenzt.

Unsere Gefühle setzen uns Grenzen. Angst schüchtert ein. Misstrauen engt ein. Wir sind oft zerrissen, widersprüchlich, ambivalent. Sollen wir nun das eine oder das andere tun? Uns dem Mann auf der Straße und dem Riesen Tur Tur nähern oder ihm ausweichen? Wie entscheiden wir uns? Erleben wir die Zerrissenheit nur als Qual und entscheiden uns aufgrund unserer Angst zu Flucht oder Standhalten?

Wir Menschen sind keine Zauberer. Viele von uns haben schwere Lasten aus den frühesten Lebensmonaten, aus Kinder- und Jugendjahren zu tragen. Ich erlebe in meiner Praxis und in meinem Leben täglich das Leiden von Mitmenschen, die in ihren frühen Jahren zu wenig Liebe und Betreuung erfahren haben. Die Belastungen drohen jede Lebensfreude zu erdrücken. Hinzu kommt, dass die Ängste, Sorgen und Nöte, die Zwiespalte und Vorwürfe, die sich Menschen oft machen, ungleich stärker wiegen als die faktische Situation. Es ist damit eine doppelte Belastung, die erlebt wird: die reale schwierige Situation und die Sorgen und Illusionen, die ein Mensch sich macht und die sich zu verselbstständigen drohen. In solchen Situationen ist eine therapeutische Behandlung empfehlenswert. Es braucht eine kompetente, wohlwollende Begleitung, um sich seinen Problemen anzunehmen.

Anstehende Probleme werden von den meisten Menschen von der negativen Seite, von der Abwehr her betrachtet. Ich plädiere für den Blick auf die Fülle, auf das Mögliche, auf die Wünsche und nicht auf die Abwehr.

 

Das Lächeln: Es wird auch ins Lächerliche gezogen. Wieso eigentlich? »Lächle oder stirb«, heißt Barbara Ehrenreichs Buch über die von ihr behauptete Verdummung der Welt durch die Ideologie des positiven Denkens. Sie ist nur eine von ganz vielen, die das Lächeln mit dem positiven Denken gleichsetzen und das Kind mit dem Bade ausschütten. Lächeln ist auch nicht einfach Glück und schon gar nicht Verdummung. Lächeln meint, eine achtsame, friedvolle Beziehung aufzunehmen: zu sich, zu anderen.

 

Ein Lächeln schenken – auch dem Gezerre von Gefühlen in uns, auch den Widersprüchen, den Ambivalenzen in uns, den Nöten und Ängsten, die ebenso zu unserem Leben gehören wie das Lächeln. Es sind nicht nur die Wehen und Qualen in unserem Innern, die uns oft das Lächeln und Lachen vergessen lassen. Oft ist zu viel da. Platzmangel, Dichtestress, Erschöpfung und noch vieles andere, was nicht einfach angelächelt werden kann.

Wir leben in einer Welt voller Gewalt, mit Einschüchterung, Unterdrückung, Armut, Vertreibung. Die tägliche Zeitungslektüre, das Radio anhören, die Bilder im Fernsehen – sie offenbaren uns ein Schreckenskabinett, dringen in uns ein, erschrecken und beelenden uns.

Da klingt es verwegen, sich mit dem Lächeln zu beschäftigen. Tun wir es trotzdem.

Nicht mit dem TV-Lächeln, nicht mit den Verlogenheiten und Raffinessen, nein, mit dem Lächeln, das von Herzen kommt.

Was heißt das? Wir suchen die Stille. Wir achten auf unseren Atem. Wir üben uns in Mitgefühl, in Solidarität. Wir sind da. Das Lächeln entsteht im Herzen.

 

Ein Lächeln schenken: Das ist das Gegenmittel zum Gift der Gewalt und Gewaltrhetorik, zu den täglichen Szenarien von Katastrophen – von Menschen gemachten und naturbedingten. Oder wie es Barack Obama bei der Trauerfeier der Mordopfer von Tucson in Arizona im Januar 2011 sinngemäß ausgedrückt hat: Durch das Gedenken der Mordtat soll unser Instinkt der Empathie geweckt werden. Wir haben angesichts der sinnlos Ermordeten die Aufgabe, zu besseren Menschen zu werden, eine bessere Welt zu schaffen. Und wir sollen auf der Höhe dessen sein, was – als ein Beispiel – die am 11. September 2001 geborene Christina, jetzt ermordet, vom Leben und von den Menschen erwartet hat.

 

Ein Lächeln schenken. Schon immer haben mich lächelnde Buddhas fasziniert. Es ist ein Lächeln, das von innen her leuchtet. Die Fröhlichkeit ist ansteckend, denn manche Buddhas lachen aus vollem Hals. Beide rühren mich an, diejenigen, die selbstvergessen und geheimnisvoll lächeln und jene, die lachen. Der lächelnde Buddha steht für innere Freiheit und Heiterkeit. Der christliche Erlöser, Jesus, wird fast nur als Leidender und Schmerzensmann dargestellt. Er hängt am Kreuz und hat ein leidendes, gemartertes Gesicht. Weder Lächeln noch Lachen sind da angebracht.

Es gibt den Jesus der Bergpredigt des Neuen Testaments, der in ähnlichem Sinn wie Buddha Frieden und Versöhnung vermittelt hat. Jesus und Buddha haben Berührungspunkte, Überschneidungspunkte.

Doch es ist der Schmerzensmann, dessen Bild unsere Kultur prägt. Es sind die Drohungen von Hölle und Himmel, die die Kirchen zieren. Bei Jesus lässt sich kein Lächeln lernen. Kein Wunder, dass zunehmend Menschen aus dem Westen nach Osten blicken: zum lächelnden Buddha. Vielleicht gibt es ja einen Zusammenhang zwischen allen diesen schrecklichen Höllendarstellungen, mit denen Menschen über Jahrhunderte eingeschüchtert wurden, und der Gespaltenheit in unseren Köpfen: Man kann gleichzeitig lieb und böse sein. Man übt Gnade, solange die Untertanen gefügig sind – und man ist unerbittlich zu den Feinden. Der »liebe Gott« lässt beim Jüngsten Gericht fast seine ganze Schöpfung in Flammen aufgehen.

Jesus lächelt nicht. Manchmal, nur selten, lächelt die Madonna mit dem kleinen Jesus auf dem Schoß. Meistens ist auch Maria mit ernstem Gesicht zu sehen. Das Christentum erscheint als eine todernste Sache; nicht immer, aber oft und prägend, jedenfalls wie es noch bis vor Kurzem vermittelt wurde. Jesus hat uns das Lächeln nicht vorgemacht.

 

»Frieden ist jeder Schritt. Er verwandelt den endlosen Weg in Freude. Die strahlende Sonne ist mein Herz. Jede Blüte lächelt mit mir. Frieden ist jeder Schritt.« Diese bereits eingangs erwähnte Aussage von Thich Nhat Hanh lächelt mich an. So möchte ich leben, verbunden mit mir, verbunden mit allem und jedem auf dieser Erde. Mit einem Lächeln, das von innen, vom Herzen kommt. Auch wer gern und oft lächelt, ist nicht immer in Stimmung dazu. Ja, selbst dann, wenn es schwierig ist zu lächeln, selbst dann...

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