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E-Book

Universalcode 2020

Content + Kontext + Endgerät

AutorChristian Jakubetz
VerlagUVK Verlagsgesellschaft mbH
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783739800417
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
»Von WDR-Intendant Tom Buhrow stammt der schöne Satz, früher seien Moderatoren von Nachrichtensendungen wie der Prophet auf dem Berg Sinai erschienen und hätten im Stil einer Predigt ihre Nachrichten verkündet. Heute, so Buhrow weiter, stehe auf dem Berg eine Webcam und das Publikum würde vom Propheten erwarten, dass er mit ihnen chattet...« Nichts bleibt, wie es ist: Der Wandel in Medien, Journalismus und Kommunikation geht ungebremst weiter. Aber wie damit umgehen? Was muss man wissen, was muss man können, wenn man in Medien, Journalismus und Kommunikation arbeitet? »Content + Kontext + Endgerät«: Der erfahrene Journalist und Berater Christian Jakubetz erklärt in seinem Buch »Universalcode 2020«, auf was es heute in Medien, Journalismus und Kommunikation wirklich ankommt und in welche Richtung wir Medienmacher gehen werden. Informationsdirektor Thomas Hinrichs sowie Christian Daubner und Silvia Renauer berichten, wie der Informationsbereich des Bayerischen Rundfunks trimedial aufgestellt wird und was sich für die jetzigen und künftigen Mitarbeiter dadurch ändert.

Christian Jakubetz lebt als Autor, Dozent und Berater in München. Seine journalistische Laufbahn führte von verschiedenen Tageszeitungen über das ZDF und N24 zu SevenOne Intermedia. Hier geht es zum Weblog von Christian Jakubetz: www.blog-cj.de

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Leseprobe

A7 IN ECHTZEIT UND IN VERGANGENHEIT

In den Anfangszeiten des digitalen Journalismus gab es den verständlichen wie untauglichen Versuch, Journalismus in einen Ablaufplan zu stecken. Dem Journalisten zu sagen, was er als Erstes zu machen hat, dann als Zweites – und was irgendwann am Ende der Kette noch Zeit hat. Dieser Versuch ist deshalb untauglich, weil er voraussetzt, dass jedes Ereignis von jedem Medium gleich zu behandeln sei. Was man damals auch noch nicht wissen konnte: Inzwischen gibt es so viele Kanäle, dass es unmöglich ist, sie alle zu bespielen. Wohl aber kann man voneinander trennen: Journalismus, der in Echtzeit stattfindet. Und Journalismus, der über Vergangenes berichtet, es analysiert, kommentiert, einordnet. Die Trennung ist insofern neu, weil der Echtzeit-Journalismus erst seit kurzer Zeit eine Rolle spielt. Er ist erst möglich geworden durch neue Hardware (insbesondere Smartphones), schnelles mobiles Netz und entsprechende Software. Und natürlich durch veränderte Nutzergewohnheiten. Insbesondere soziale Netzwerke, die ja nichts Anderes sind als ein virtuelles Abbild der Gegenwart, haben dazu geführt, dass Dinge nahezu in Echtzeit berichtet und kommentiert werden. Wenn man so will, dann war Twitter das erste Tool zur Echtzeit-Berichterstattung. Inzwischen sind etliche andere hinzugekommen, mittlerweile ist sogar das Livestreaming von Bewegtbild so einfach geworden, dass es jeder machen kann. Was bedeutet, dass Journalisten sich in Zukunft häufiger mittendrin in einem Geschehen melden. Ohne Planung, ohne Programm. Weil die Wirklichkeit und die Gegenwart sich nicht immer an Planungen halten. Der andere Teil ist derjenige, der Ereignisse aus der Vergangenheit aufnimmt. Wobei dieser Teil, ebenso wie der Echtzeit-Journalismus, auf die gesamte Multimedia-Klaviatur zurückgreifen kann. Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Formen des Journalismus bezieht sich also ausschließlich auf seine Inhalte und seine jeweilige Funktion. In den Darstellungsformen sind beide multimedial. Das vorausgesetzt, muss man an eine digitale Publikation anders herangehen als an bisherige konventionelle Produktionen. Und um dies wiederum realisieren zu können, benötigt man vor allem eines: eine Idee, ein Konzept, wie und wo und wann man was umsetzen möchte. Und vor allem: eine Idee davon, was sich für Echtzeit-Journalismus eignet.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Niemand behauptet, dass Journalisten künftig zu jedem Thema eine solche Kette von Produktionen vorlegen müssen. Nach wie vor wird es weiterhin Ressorts und Themen geben, in denen Echtzeit-Journalismus keinerlei Rolle spielt. Davon abgesehen, dass es schon immer eine Aufgabe des Journalismus war zu unterscheiden: Ist etwas wichtig oder eher nicht? Mit einer Inflation von Livestreams und anderen Echtzeit-Tools ist niemandem geholfen, den Journalisten nicht und am allerwenigsten dem Nutzer.

Echtzeit-Journalismus ist nur sinnvoll, wenn man es mit einem nachrichtlich geprägten Medium zu tun hat. Interessante Frage am Rande zudem: Kann das alles von einem einzigen Journalisten bewältigt werden? Vermutlich hat die Antwort darauf weniger mit technischen Aspekten als mit der Fähigkeit zum Multitasking zu tun. Wer von sich selbst glaubt, so etwas gut bewältigen zu können, wird an dieser Stelle keinen Widerspruch ernten. Ebenso wenig aber sollte man jemanden verurteilen, der von sich glaubt, dazu nicht in der Lage zu sein (der Autor dieses Buches beispielsweise ist für Multitasking gänzlich ungeeignet).

Eines der Phänomene des digitalen Journalismus ist übrigens, dass sich Abläufe und Anforderungen an Journalisten in den Häusern zunehmend annähern: Es spielt keine wirkliche Rolle mehr, ob wir solche zusätzlichen Aufgaben Print- oder TV-Journalisten abverlangen. In der Digitalisierung sind sie alle gleich – Twitter macht keinen Unterschied, ob jemand ursprünglich für Fernsehen oder Zeitung arbeitet. Diese Einschränkungen ändern nichts daran, dass man an eine solche Fülle von Aufgaben strukturiert herangehen muss. Je multimedialer ein Thema angegangen werden soll, umso mehr Planung erfordert es. Bei aller Vereinfachung, die digitale Technik in den letzten Jahren erfahren hat, gilt trotzdem: Bevor man sich an die Arbeit macht, sollte man sich darüber im Klaren sein, welche Anforderungen ein Thema stellt – technisch wie inhaltlich.

Das gilt vor allem, wenn man Dinge vernetzen will, sei es zeitlich, sei es über Plattformen hinweg oder aber in der „Königsdisziplin“ in einem Stück, in dem die verschiedenen Darstellungsformen ineinander verschmelzen sollen. Wer jemals versucht hat, ein multimediales Stück mit Video, Audio, Animation, Text und Bild in einem zu produzieren, der weiß, dass es ohne einen Plan nicht geht. Tipp aus der Praxis: Klein anfangen, in überschaubaren Größen planen, nicht verzetteln. Wer zu viel auf einmal will, läuft Gefahr, ganz schnell und ganz grandios zu scheitern. Wie so oft, gilt auch hier: Weniger ist manchmal mehr, digitaler Journalismus ist keine Sache der Quantität.

Zu den Planungen gehören simple organisatorische Dinge. Als Journalist mit einem Notizblock eine Veranstaltung zu besuchen, ist das eine. Mit einer Videokamera oder einem Aufnahmegerät zu einem Termin zu gehen, ist etwas ganz anderes. Weiß der Veranstalter oder der Interviewpartner davon, dass man dort filmen will? Ist er überhaupt damit einverstanden? Sind die Verhältnisse vor Ort so, dass man drehen und aufnehmen kann? Und wenn es um eine größere Veranstaltung geht: Wie kann ich mir einen geeigneten Platz für meine Kamera ergattern?

Zu Beginn der ersten Experimente von Tageszeitungen kursierte im Netz ein 80-Sekunden-Video, in dem ein Redakteur unfreiwillig komisch zur Schau stellte, was passiert, wenn man aufs Geratewohl mit einer Kamera unter dem Arm loszieht und versucht, vom Besuch des Bundespräsidenten in einer mittelgroßen deutschen Stadt zu berichten. Von technischen und inhaltlichen Unzulänglichkeiten abgesehen krankte das Video vor allem daran, dass der Reporter weder bei den Außenaufnahmen noch bei der anschließenden Pressekonferenz es schaffte, seine Kamera so zu positionieren, dass sie halbwegs in der Nähe des Bundespräsidenten und somit in der Lage war, anständige Bilder abzuliefern. Aus der dritten Reihe heraus gedreht, konnte man zwar erahnen, dass es sich bei dem Herrn da vorne wohl um den Bundespräsidenten handeln müsse, aber wirklichen Erkenntniswert brachte das Video niemandem.

Ohne es genau zu wissen, aber man ahnt zumindest, dass man es hier mit dem Werk eines Printmenschen zu tun hatte, der sich dachte, man könne ja mal die Videokamera mitnehmen, ein wenig herumprobieren und das Ganze dann mal online stellen – ist ja „nur“ Internet. Um in diesem Zusammenhang mit weiteren Missverständnissen aufzuräumen: „Nur“ Internet gibt es nicht, und wer die Resultate bemühten Übens ernsthaft als publizistische Leistung online stellen will, der macht einen dicken Fehler. Mit der Digitalisierung und dem Abwandern von Inhalten ins Netz sind schließlich nicht die Qualitätsansprüche der User verschwunden. Zumal man in diesem Fall derart dilettantisch ans Werk gegangen ist, dass selbst einem Außenstehenden sofort auffallen musste, dass man es hier unmöglich mit der Arbeit eines Profis zu tun haben kann. In dem Zusammenhang noch mal der Grundsatz: Medien erster und zweiter Klasse gibt es nicht, wer unter seinem Label publiziert, muss sich darüber im Klaren sein, dass seine Arbeit auch als Produkt dieses Labels wahrgenommen wird. Man kann sich also mit schlechter Arbeit seinen Namen ziemlich ruinieren. Grundsätzlich hat sich inzwischen eine Erkenntnis durchgesetzt, die man für selbstverständlich halten sollte: Natürlich gelten alle Qualitätsansprüche, die man an „analoge“ Texte, Töne, Bilder stellen kann, auch in ihren digitalen Entsprechungen. Das war nicht immer so. Noch 2013 hieß es in einem Lehrbuch zum Journalismus sinngemäß, das Netz habe einen großen Bauch, in dem auch manches Unverträgliche landen könne.

Das bedeutet allerdings auch, dass an digital arbeitende Journalisten so hohe handwerkliche und technische Anforderungen gestellt werden wie noch nie. Das kann man beklagen. Zu ändern ist es aber nicht mehr.

Und schließlich gibt es noch eine andere Aufgabe, vor der Journalisten stehen, wenn sie digital produzieren und nicht nur viele Inhalte auf viele Plattformen verteilen wollen: Sie müssen die Dinge in den richtigen Kontext setzen. Das bedeutet, dass die Tagesaktualität eines Mediums nur noch auf Online- und mobilen Endgeräten stattfinden wird. Kein anderes Medium ist derart prädestiniert für eine schnelle Berichterstattung wie das Internet. Diesen Schnelligkeitsvorsprung wird kein anderes Medium mehr einholen können – und insofern wäre es unsinnig, klassisches Nachrichtengeschäft auf anderen Plattformen als dem Web stattfinden zu lassen. Das allerdings stellt Journalisten auch vor die Frage, was sie mit ihren anderen Plattformen anstellen sollen. „More of the same“ ist keine Option, jeder Kanal muss etwas Eigenes bieten. Irgendetwas, was den Möglichkeiten dieses Kanals entspricht. Und...

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