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Werner Peiner - Verführer oder Verführter

Kunst im Dritten Reich

AutorDr. Dieter Pesch, Martin Pesch
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl172 Seiten
ISBN9783656172819
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis35,99 EUR
Fachbuch aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Kunst - Kunstgeschichte, , Sprache: Deutsch, Abstract: Der Maler Werner Peiner gehörte in der Zeit des Nationalsozialismus zu den gefragtesten Staatsmalern. Als Direktor der Hermann-Göring-Malerschule schuf er mit seinen Studierenden unter anderem die Vorlagen für die Bildteppiche der Neuen Reichskanzlei in Berlin. Adolf Hitler setzte ihn 1944 auf die Liste der gottbegnadeten Künstler. Seine Verstrickung in den Nationalsozialismus hat der Maler sein Leben lang geleugnet. Anhand des umfangreichen schriftlichen Nachlasses konnte die Wahrheit über Werner Peiner als Exponent des Nationalsozialismus erstmals historisch belegt werden.

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Leseprobe

Vorwort


 

„Malerei des Nationalsozialismus. Der Maler Werner Peiner"1 lautet der Titel einer Publikation der Kunsthistorikern Anja Hesse, die diese 1993 in Braunschweig an der Hochschule für Bildende Künste im Fachbereich Kunstwissenschaft als Dissertation vorlegte. Hesse beleuchtet vor allem das künstlerische Werk Peiners, seine Gemälde und Gobelin-Entwürfe, um für die dreißiger und vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts die Verstrickung des Künstlers in die Propaganda des NS-Staats und dessen Adaption nationalsozialistischer Ideologeme und Theoreme nachzuweisen.

 

Nikola Doll spürte in ihrer 2003 von der Fakultät für Geschichtswissenschaften an der RuhrUniversität Bochum angenommenen Dissertation der Abhängigkeit Werner Peiners von seinem Förderer Hermann Göring nach. In ihrer Publikation „Mäzenatentum und Kunstförderung im Nationalsozialismus. Werner Peiner und Hermann Göring"2 gelingt es ihr, in sowohl kunsthistorischen als auch historischen Fragestellungen die Peinersche Idee einer Meisterschule für Malerei in Dahlem-Kronenburg, Kreis Euskirchen, als eine von nationalsozialistischem Gedankengut bediente und infiltrierte Ausbildungsstätte für „Offiziere der Kunst"3 aufzudecken.

 

Bereits 1977 hat der aus Baasem bei Kronenburg gebürtige Arzt und Kunsthistoriker Otto Baur einen Bericht über „Werner Peiner und die Meisterschule für Malerei in Kronenburg/ Eifel"4 veröffentlicht. Obwohl er nach seinen umfangreichen Recherchen, u.a. nach einem Interview mit Peiners Meisterschüler Heinz Hindorf (1909-1990)5, erwog, auf eine Veröffentlichung zu verzichten, weil Peiner von den befragten Zeitzeugen „so ungünstig" geschildert wurde, publizierte er in der Festschrift zum 700-jährigen Bestehen Kronenburgs einen für den Künstler wohlwollenden Artikel. Seine langjährige Verehrung für den Künstler und die persönliche Bekanntschaft haben hierbei denAusschlag gegeben.

 

„Ist Peiner dem Kreis Euskirchen peinlich?" titelte die Kölnische Rundschau im Juli 19776, einen Monat vor der 700-Jahrfeier in Kronenburg. Baurs Festschrift-Artikel hatte die Idee zu einer Ausstellung angestoßen, eine Beratung im Kreistag wurde angesetzt. Sie erfolgte elf Monate später, im Juni 1978, in einer Sitzung des Kulturausschusses des Kreises Euskirchen. „Malerische Qualität unter aller Kanone"7 bekundeten Experten des Rheinischen Museumsamts im Landschaftsverband Rheinland. Damit war die Diskussion über eine Ausstellung, abgesehen von einigen Leserzuschriften, beendet.

 

„Streit um NS-Maler Werner Peiner erhitzt Eifler Gemüter" gab die Deutsche Presseagentur zu bedenken, als im August 2011 der Vorstand des Fördervereins Maler der Eifel e.V. eine Dokumentation über den Maler Werner Peiner ankündigte. „Ich bin ganz dagegen, solche Künstler nicht zu zeigen. Wir sind heute reif genug dafür. Wenn eine solche Ausstellung kommentiert ist und auch gezeigt wird, welche Rolle Peiner im Dritten Reich gespielt hat, dann soll man das zeigen! Es gab eine solche Diskussion auch mit einer Ausstellung von Arno Breker. Ich war dafür, dass man das zeigt. Der Breker war ein begabter Bildhauer, kommt von der Düsseldorfer Kunstakademie. Später verkehrte er mit Goebbels, und dann wurde daraus der Breker, der so schrecklich ist. Wenn man den Lebenslauf von Breker - den von Peiner kenne ich nicht - dokumentiert und die Entwicklung aufzeigt, ist das ja auch informierend und zeigt, wie Talent missbraucht werden konnte und sich missbrauchen ließ. Immer wenn man mit Verboten anfängt, ist das eine zweischneidige Sache. Das ist immer ein Zeichen von Schwäche [...]", antwortete Günter Grass, Literatur-Nobelpreisträger8, auf die Frage des Journalisten Klaus Pesch9, ob man einen Nazimaler ausstellen dürfe.

 

Die unter dem Titel „Kunst im Dritten Reich - Werner Peiner - Verführer oder Verführter" 2012 gezeigte Ausstellung im KunstForumEifel in Schleiden-Gemünd und die die Ausstellung begleitende Publikation ist eine vor allem historische Dokumentation, die mittels persönlicher schriftlicher und gedruckter Quellen des Künstlers selbst sowie anhand zeitgenössischer kunsthistorischer und schriftstellerischer Bewertung und Berichterstattungen in Zeitungen und Zeitschriften und mit Zeitzeugenaussagen den Menschen und Künstler sachlich und objektiv, soweit das im zeitlichen Abstand möglich ist, darstellt.

 

Die 1976 entstandene Autobiografie „Ein Künstlerleben in Sturm und Stille"10 ist Grundlage der Untersuchung, die hierin niedergelegten Aussagen mit Peiners früheren schriftlichen Arbeiten abzugleichen, Widersprüche aufzudecken und der historischen Wahrheit möglichst nahezukommen.

 

Hierzu wurden herangezogen u.a. das Manifest „Geistiges Gesetz der Hermann Göring-Mei- sterschule für Malerei" n, das Typoskript „Die Malerei und ihre Aufgabe"12, die Publikation „Das Gesicht Ostafrikas"13 sowie das Tagebuch der Hermann Göring-Meisterschule14 (HGM). Zeitgenössische schriftliche und mündliche Quellen Dritter dienten als Nachweise ergänzend. Alfred Stange, von 1935 bis 1945 Ordinarius für Kunstgeschichte in Bonn, Vertrauter Alfred Rosenbergs, dessen „Mythus des 20. Jahrhunderts", vor allem der zweite Teil „Das Wesen der germanischen Kunst"15, zu seinem kunsthistorisch-geistigen Bekenntnis wurde, verfasste 1942/43 das Typoskript „Werner Peiner"16, welches im Verlag der Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe17, 1935 von Heinrich Himmler, Reichsführer SS, und Walther Darré, Reichsbauernführer und Leiter des Rasse- und Siedlungshauptamtes, gegründet, erscheinen sollte18. Der in Gesprächen mit Werner Peiner zustande gekommene, nicht redigierte Entwurf, ist ebenso wie die Schriften Ernst Adolf Dreyers „Werner Peiner. Vom geistigen Gesetz deutscher Kunst"19 und „Werner Peiner-Vom Wesen seiner Kunst"20 sowie die Einschätzung Kurt Karl Eberleins im Ausstellungskatalog der Preußischen Akademie der Künste21, die Publikationen des zweiten Kunsthistorikers der HGM, Johannes Sommer22, und die Untersuchung A. Oriol Angueras23, 1949 erschienen, Grundlage für die kunsthistorische und historische Einschätzung des Künstlers und seiner Kunst.

 

Besondere kritische Betrachtung gilt den Lebenserinnerungen Peiners sowie den Angaben von Zeitzeugen aus den siebziger und achtziger Jahren, wie z. B. einem umfangreichen Interview mit Rolf Dettmann24, einem der ersten Schüler Peiners. „Jede Selbstbiographie ist ein so fragwürdiges Unternehmen, weil dabei notwendig vorausgesetzt wird, es gebe einen Stuhl, auf den einer sich setzen könne, um das eigene Leben von da aus zu betrachten [...]," stellte Albert Speer25 als Zitat Karl Barths seinen Erinnerungen voran. Wie sehr Speer gewollt und ungewollt irrte, hat Gitta Sereny26 mit „Battle with Truth" etikettiert. Wer die Aussagen Peiners und die Angaben der Zeitzeugen zum nationalsozialistischen Erleben mit den Eintragungen im Tagebuch der HGM vergleicht, stellt fest, dass immer dann, wenn persönliche Berührung mit dem NS-Staat, der NSDAP oder ihren Untergliederungen angesprochen wurde, die Erinnerung versagte, Nicht-Wissen vorgebracht oder das Geschehen banalisiert und verfälscht wurde.

 

Die Untersuchung ist zeitlich in drei Kapitel geteilt: in die frühe Zeit von 1919 bis 1933, in die Zeit des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945 (bis zur Entnazifizierung 1948) und in die Nachkriegszeit von 1945 bis zum Tod des Künstlers 1984. Peiners frühe Zeit ist in der kunsthistorischen Literatur bisher kaum berücksichtigt. Es wird wenig eingegangen auf seine künstlerischen Anfänge, die er als „Moderner" mit einerseits expressionistischen, andererseits ab den frühen zwanziger Jahren mit monumental aufgefassten - wenn auch kleinformatigen - Radierungen und in Öl gemalten, impressionistischen Landschaftsbildern einleitete. Sein künstlerischer Beginn war noch nicht durch die Abkehr von den „Ismen" geprägt, Kunstrichtungen, wie sie die Künstlervereinigung „Das Junge Rheinland" ab 1919 vertrat, die ihm später - wie er in seiner Autobiografie und in Zeitungsinterviews der dreißiger und vierziger Jahre bekannte - verhasst waren. Die kunstgeschichtliche Betrachtung begann in der Regel in der Zeit, als Peiner sich an die Neue Sachlichkeit in persönlich-romantischer Wiese anlehnte. Hätte Werner Peiner als Maler ohne die Nähe zu seinem Sponsor Hermann Göring und ohne die Vereinnahmung durch den NS-Staat existieren können? Wäre seine künstlerische Karriere gesichert gewesen durch Aufträge von Großbürgern, Kirche und Industrie? Wäre er trotz des Dritten Reichs als Künstler wahrgenommen worden? Was bewegte den Künstler, sich in die Hände Görings zu begeben? War es wirklich die Sorge um die Existenz - immerhin hatte er zu dieser Zeit eine Professur an der Kunstakademie Düsseldorf inne -, Opportunismus, ideologische Überzeugung oder ein Querschnitt von allem?

 

Während auf diese Fragen im ersten Teil der Untersuchung Antworten gefunden werden sollen, rankt sich der Fragenkomplex im zweiten Teil um den Künstler als Lehrer, als Leiter der Meisterschule einerseits und als Auftragnehmer für sich, die Schule und die Schüler andererseits. Fand Peiner, der als Professor der Düsseldorfer Kunstakademie27 die freie Lehre forderte, Erfüllung dieses Postulats an der Hermann Göring-Meisterschule für Malerei in Kronenburg? Ließen ihm die Aufträge, die ihn zum Staatskünstler beförderten, Zeit für die Lehre, für freie, schöpferische Arbeit? War Werner Peiner Nationalsozialist? Diese Frage wurde manchen Zeitzeugen, vor allem seinen Schülern, gestellt. Sie wurde stets verneint: Er war...

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