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Die Bedeutung von Sport und Bewegung für psychisch erkrankte Menschen unter besonderer Berücksichtigung der Depression

AutorKerstin Woltkamp
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl89 Seiten
ISBN9783656869498
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2014 im Fachbereich Soziale Arbeit / Sozialarbeit, Note: 1,3, Katholische Fachhochschule Nordrhein-Westfalen - Abteilung Münster, Sprache: Deutsch, Abstract: Ziel meiner Arbeit ist es herauszufinden, welche Bedeutung Sport und Bewegung für psychisch erkrankte, insbesondere für depressiv erkrankte, Menschen haben. Psychische Erkrankungen überschreiten alle Grenzen - kulturelle, ökonomische, emotionale und intellektuelle - und können somit jeden treffen. Die Jahresprävalenz beträgt rund 30%. Offensichtlich stellen psychische Erkrankungen ein gewichtiges, sogar allumfassendes Problem unserer Gesellschaft dar (Comer 2008: 1 ff.). Es stellt sich die Frage, was man präventiv, aber auch im Rahmen einer Therapie und Rehabilitation tun kann, um den psychischen Störungen entgegenzuwirken. Laut populären Hochglanzmagazinen stellen sportliche Aktivitäten immer ein wirksames Heilmittel für unsere seelische Gesundheit da (vgl. Fuchs/ Schlicht 2012: 1). Auch in der Praxis hat sich neben Psycho- und Pharmakotherapie inzwischen Sport und Bewegung als enorme Ressource etabliert (vgl. Weigelt u.a. 2012: 91). Dies wirft die Frage auf, wie sich die möglichen Wirkmechanismen sportlicher Aktivitäten erklären und ob positive Effekte des Sporttreibens unter allen Umständen und für alle Facetten der seelischen Gesundheit zu erwarten sind. Ebenso die Frage nach der Rolle der Sozialen Arbeit in diesem Kontext. Auf diese Fragen wird nachfolgend eingegangen werden. Zu Beginn dieser Arbeit bedarf es eines generellen Verständnisses von Sport und Bewegung. Nachfolgend wird auf psychische Erkrankungen, zunächst allgemein und daran anschließend sehr detailliert auf Depression als Schwerpunkt dieser Arbeit, Bezug genommen. Ich habe mich für den Themenschwerpunkt Depression entschieden, da er zum einen die häufigste psychische Störung darstellt und in Bezug auf den positiven Einfluss durch Sport eine gute empirische Absicherung hat (vgl. Brooks/ Wedekind 2009: 127). Die Befundlage von Depressionen ist deutlich robuster als die Befundlage anderer psychischen Erkrankungen (vgl. Schwerdtfeger 2012: 186). Schließlich stelle ich im 4. Kapitel den Zusammenhang von Sport bzw. Bewegung und psychischen Erkrankungen dar. Einleitend gehe ich auf Grundaspekte ein und erwähne exemplarisch den Einfluss von Sport und Bewegung auf verschiedene psychische Erkrankungen und folglich sehr ausführlich auf die Depression. [...]

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Leseprobe

3. Psychische Erkrankungen: Das Beispiel der Depression


 

Auch wenn in dieser Arbeit der Schwerpunkt auf die Depression liegt, möchte ich diese in ein generelles Verständnis von psychischen Erkrankungen einbetten. Zunächst geht es allgemein um psychische Erkrankungen, was es bedeutet psychisch erkrankt zu sein, wie sehen die Dimensionen aus, wie entstehen psychische Erkrankungen, was sind typische Symptome, etc. Auch erläutere ich kurz die Krankheitsbilder der Schizophrenie, Sucht und Angststörung, da ich diese weiter hinten in meiner Arbeit in einem Zusammenhang zu Sport und Bewegung darstelle. Im zweiten Unterkapitel gehe ich speziell und sehr detailliert auf die Depression ein. Abschließend erläutere ich, wie wichtig die Soziale Arbeit mit psychisch erkrankten, vor allem depressiv erkrankten, Menschen ist.

 

3.1 Wesentliches über psychische Erkrankungen


 

Der Begriff „psychische Erkrankung“ ist aufgrund der vielfältigen Formen psychischen Verhaltens schwer nach allgemeinen Kriterien zu definieren (vgl. Denner 2008 b: 14). Nach Comer (2008: 2) hat sich keine der im Laufe der Jahre vorgeschlagenen Definitionen durchgesetzt, wobei die meisten Definitionen Merkmale, wie Abweichung, Leidensdruck, Beeinträchtigung und Gefährdung gemeinsam haben. Diese sind z.B. bei Stemmer-Lück (2009: 24) detailliert nachzulesen.

 

Nach Hülshoff (2011: 13) gibt es eine Vielzahl von biografischen, familiären, kulturellen, sozialen und politischen Faktoren, welche krank machen können. Somit umfasst die Krankheit immer den gesamten Menschen in all seinen Bezügen. Die Entwicklung einer Störung lässt sich letztlich als bio-psycho-sozialer Prozess beschreiben (vgl. Stemmer-Lück 2009: 114). Demnach werde ich bei Symptomen, Ursachen und Therapien der Depression Unterteilungen in diese drei Ebenen des Menschen vornehmen und miteinander in Verbindung setzen. Denn, um z.B. eine Depression zu verstehen, wird nicht nur das Wissen über körperliche Erscheinungsformen, sondern auch über das psychische Erleben und über die Beziehung zur Umwelt benötigt (vgl. Hülshoff ebd.).

 

Das klassische medizinische Krankheitsmodell definiert Krankheit als „einen regelwidrigen Funktionszustand körperlicher Organe, der eine spezifische Ursache, bestimmte Grundstörung, typische Symptome und eine beschreibbare Prognose aufweist“ (Hülshoff 2011: 16). Jedoch erfasst dieses naturwissenschaftliche Modell nur einen Teil der Erkrankung. Psychologische, pädagogische und soziokulturelle Aspekte, sowie Potenziale des Patienten und seiner Umwelt werden nicht berücksichtigt. Auch der WHO zufolge ist Gesundheit „ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefinden“ (Waller zit. in ebd.). Erscheinungsformen, Symptome, Diagnostik und Therapie sind zunächst Aspekte der biologischen Ebene. Jedoch ist es auch wichtig Verlusterlebnisse, Ängste, sozialen Rückhalt bei Freunden und in der Familie, psychosoziale und berufliche Rehabilitation in den Blick zu nehmen. Denn all diese Faktoren wirken sich stark auf die Lebensqualität aus und stärken zugleich das Immunsystem und tragen somit sekundär zur Genesung bei (vgl. Hülshoff 2011: 17). Außerdem richtet sich die Definition von krank und gesund nach kulturellen Gegebenheiten, z.B. erkennen wir im sog. „Zappelphilipp“ heute das hyperkinetische Syndrom (vgl. ebd.: 15).

 

Auch im „Psychologie Lexikon“ (vgl. Reclam 2010: 159 ff.) wird eine klare Unterscheidung zum medizinischen Krankheitsmodell vorgenommen. Die klinische Psychologie arbeitet mit dem Konzept der „Störung“, welches Beeinträchtigungen als Abweichung von einer Norm darstellt. Psychische Störungen äußern sich in emotionalen Reaktionen, im Verhalten, im Denken und in Art und Intensität körperlicher Empfindungen. Zweitens werden sie von psychosozialen Faktoren beeinflusst. Viele Veränderungen psychischer Vorgänge müssen erfragt, beobachtet und interpretiert werden. Eine objektive Feststellung, wie etwa beim Bluthochdruck, ist nicht möglich.

 

Insbesondere sind psychosomatische Krankheitsmodelle für meine Arbeit von Relevanz. Sie stellen Wechselwirkungen zwischen körperlichen Phänomenen und seelischem Erleben dar, wie z.B. das Stress-Coping-Modell von Lazarus zeigt (vgl. Hülshoff 2012: 264) (vgl. Kapitel 4.1.3).

 

Weiterhin ist die Compliance durch die Kooperation in der Therapeuten-Patienten-Beziehung wichtig. Diese wird durch den Glauben an die Wirksamkeit der Therapie, Zufriedenheit mit der Behandlung, soziale Unterstützung, Glaube an die Ernsthaftigkeit der Erkrankung, klare Behandlungsvorgaben, sowie Empathie des Therapeuten unterstützt. Zudem können psychosoziale Risiko- sowie Schutzfaktoren beim Entstehen und bei der Entwicklung psychischer Erkrankungen bedeutsam sein (vgl. Hörning 2011: 27) (vgl. Kapitel 3.2.4).

 

Außerdem ist für die Behandlungsorientierung zunächst wichtig, ob überhaupt ein Krankheitserleben vorliegt, wie Stemmer-Lück (2009: 52 ff.) zeigt. Es geht vor allem um den Leidensdruck infolge psychischer Störungen und um die Veränderungsmotivation, welche von Emotionen und von kognitiven Funktionen begleitet ist. Dies meint die Fähigkeit das Problem zu erkennen und einen Hilfewunsch, sowie die Behandlungsbereitschaft zu äußern. Auch sind persönliche Ressourcen, wie aktiver und gesunder Lebensstil, gute Beziehungsgestaltung, sowie die Fähigkeit zum Alleinsein, Distanzieren und Entspannen wichtig. Diese verhelfen den Patienten ihre Störungen, Symptome, Verhaltensmuster oder Probleme in einer konstruktiven und adaptiven Weise zu bewältigen. Grundsätzlich haben alle Menschen Ressourcen, welche es zu entdecken, zu aktivieren und zu fördern gilt. Zudem ist das Krankheitserleben durch erlebte Beeinträchtigungen im Alltagsleben oder durch Stigmatisierungen bestimmt. Ebenfalls ist die subjektive Krankheitstheorie der Klienten am Krankheitserleben beteiligt. Sie beeinflusst die Erwartungen an eine Behandlung und ist mitunter vom Alter, Geschlecht und Gesundheitssystem geprägt.

 

Ergeben sich aus Verhalten und Äußerungen eines Menschen Hinweise auf eine mögliche psychische Erkrankung, so muss diese zunächst diagnostiziert werden, um dann gezielt therapeutisch und sozialpädagogisch zu handeln (vgl. Schwarzer 2011: 216 ff.). Die Diagnostik umfasst ein erkundendes Gespräch, Beobachtung von Verhalten, eine körperliche medizinische Untersuchung und eine Erhebung des psychischen Befundes mit einhergehender Sozialanamnese. Schwarzer spricht hier auch von der Psychopathologie. Dies meint Beschreibung, Benennung und Einordnung psychischer Störungen. Hierzu verhelfen Klassifikationssysteme, wie das ICD-10 (International Classification of Diseases) der WHO oder das DSM-IV (Diagnostisches und Statistisches Manual psychischer Störungen). Im ICD-10 werden psychische Störungen in 10 Hauptkategorien eingeteilt, wie der Abbildung 1 (Anhang S. 61) zu entnehmen ist.

 

Zum einen gibt es psychotische Störungen, wie die Schizophrenie (siehe Abb. F2). Sie ist durch Denk- und Wahrnehmungsstörungen charakterisiert. Typische Symptome sind Wahn, Gedankenlautwerden, Halluzination, Beeinflussungsgefühl, Antriebsmangel, Teilnahme- und Leidenschaftslosigkeit und Affektabflachung (vgl. Müssigbrodt u.a. 2006: 49, Brand/ Kahlert 2012: 209).

 

Weiterhin können Menschen unter verschiedene stoffgebundene Süchte leiden (siehe Abb. F1), z.B. unter Alkohol- oder Drogensucht. Daraus ergeben sich Symptome wie depressive Verstimmtheit, Schlafstörungen, Übelkeit, Entzugserscheinungen, Halluzinationen, Angstzustände, Stimmungsschwankungen, Antriebsmangel, rechtliche oder soziale Probleme wie Schwierigkeiten in der Partnerschaft oder Probleme am Arbeitsplatz sowie Verhaltensänderung in Form von vermehrter Reizbarkeit (vgl. Müssigbroedt u.a. 2006: 35,44). Zudem gibt es Angststörungen (siehe Abb. F4), plötzliche Angst- oder Panikattacken treten auf und führen zur Furcht vor neuen Situationen, in denen solche Attacken auftreten können (vgl. ebd.: 77). Auch treten Affektstörungen (siehe Abb. F3) mit Veränderungen von Stimmung und Antrieb auf. Hierzu zählt neben manischen Störungen vor allem die Depression (vgl. ebd.: 61), welche ich im Anschluss an dieses Kapitel ausführlich erläutere. Es gibt noch eine Reihe weiterer psychischer Störungen (Demenz (siehe Abb. F0), Anpassungs- und Belastungsstörungen (siehe Abb. F4), Zwangsstörungen (siehe Abb. F4), Persönlichkeitsstörungen (siehe Abb. F6), Essstörungen (siehe Abb. F5), Intelligenzminderung (siehe Abb. F7), Entwicklungsstörungen (siehe Abb. F8), etc.), wie der Abbildung 1 (Anhang S. 61) zu entnehmen ist. Hierfür empfehle ich die präzise Übersicht von Müssigbrodt u.a. (2006: 147 ff.) nachzuschlagen. Um den Rahmen hier nicht zu sprengen, habe ich nur einige, für meine Arbeit relevante, psychische Störungen kurz definiert.

 

An dieser Stelle möchte ich auf einige Modelle psychischer Krankheit eingehen. Das bedeutsame Vulnerabilitätsstress-Modell lasse ich außen vor, da ich dies im Kapitel 3.2.4 beschreibe.

 

Nachfolgend wird das Salutogenese-Modell von Antonovsky erläutert (vgl. Stemmer-Lück 2009: 20 f.). Er kritisiert die pathogenetische Sichtweise für die Entstehung und Behandlung von psychischen Störungen. Viel wichtiger sei es, seiner Auffassung nach, zu fragen, wie es Menschen trotz...

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