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Luther und die Gnade: Eine Betrachtung des Gnadenverständnisses im Kontext der reformatorischen Wende

AutorSören Friedrich
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl67 Seiten
ISBN9783955496548
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Zu Beginn des 16.Jahrhunderts ist die Welt geprägt von den fatalen Vorstellungen der Kirche über die Zusammenhänge der biblischen Christusdarstellung und dessen Gnadenverheißung. Dies betrifft auch Martin Luther, der glaubt, seine guten Taten würden vor Gott Gerechtigkeit und Heil erwirken. Insbesondere aber durch die neue Sichtweise von Römer 1,17/18 wandelt sich Luthers Betrachtungsweise gegenüber dem göttlichen Anspruch und damit auch sein Gnadenverständnis. Die vorliegende Studie hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Weg Luthers von seinem Frühverständnis bis hin zur ausgereiften Lehrmeinung um 1520 über die Gnade nachzuzeichnen. Dies geschieht mit Hilfe einer vergleichenden chronologischen Gegenüberstellung der entscheidenden Themen der lutherischen Theologie: Glauben, Demut und Gericht.

Sören Friedrich wurde 1984 in der Lutherstadt Wittenberg/Sachsen-Anhalt geboren. Nach dem Abitur entschied er sich für den christlichen Glauben und besuchte hieraufhin für zwei Jahre die Bibelschule der Gemeinde auf dem Weg in Berlin, ehe er für ein Jahr

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 3., Theologie Luthers in den Frühschriften: 3.1, Luthers frühes Gottesverständnis: Um das Jahr 1513 beginnt für Luther ein ganz bedeutender theologischer Umformungsprozess, der viele theologische Kernthemen wie Glauben, Rechtfertigung, Heilsgewissheit oder Demut betrifft. Grundlage dieser Themen ist Luthers Verständnis darüber, wie Gott selbst ist und wie der Mensch von Gott her gesehen wird. Diese Sicht Luthers ist letztlich ausschlaggebend für seine Auffassung der Gnade. Bei der Lektüre der Frühschriften Luthers, wie der ersten Psalmvorlesung und der Vorlesung über den Römerbrief, wird der Leser (noch) in eine Atmosphäre von beständiger Unsicherheit und Angst hineingezogen. Gott ist für Luther zu jener Zeit völlig unberechenbar und sein Handeln ist ihm verborgen, so wie beim Theologen Oswald Bayer nachzulesen ist: 'Was Gott ist und was der Mensch ist, liegt derzeit noch im Ungewissen'. Gott ist für Luther derzeit der Feind aller menschlichen Denkweisen, Vorlieben und Handlungen, die stets Zeichen ihrer Überheblichkeit und Egozentrik sind. Dabei hat Gott es sich zur Aufgabe gemacht, diese aus dem Menschen auszutreiben und ihn davon zu befreien. Offensichtlich ist, dass Luther eine beklemmende Furcht davor hatte , Gott nicht gefallen oder genügen zu können. Dies ist aus seinen Worten nicht zu übersehen, wie in jener Äußerung: 'Immer also müssen wir der Sünde fürchten, immer uns vor dem Angesicht Gottes anklagen und richten.' Aus lauter Angst vor dem ewigen Höllenfeuer ist Luther in seinen Aussagen über den Ewigen mit kritischen Aussagen i.d.R. sehr zurückhaltend. Viel betont er seine Gerechtigkeit und Unantastbarkeit aber es ist ihm gleichwohl anzumerken, wie sehr er sich über Gottes angebliche Hartherzigkeit ärgert. Wie später noch zu sehen sein wird, verweist Luther ausdrücklich auf den (blinden) Gehorsam, den Anweisungen Gottes aus der Schrift gegenüber. Wie er Gott einzuschätzen habe, weiß Luther nicht so recht. Wenn er an seinen Charakter denkt, so kommen ihm viele entgegengesetzte Eigenschaften in den Sinn (Leben und Tod; Liebe und Hass; Lebensgewährung und Lebensversagung; böse und gut, sowie Unglück und Glück) die im Allgemeinen sowohl Gott als auch dem Teufel zugeschrieben werden. Gottes Wesen muss Luther daher schlussendlich unbegreiflich bleiben. Das Negative, das Dunkle und unendlich Ferne, was er an ihm sieht, sowie die Bedrängnis, die er bei ihm wahrnimmt, bereiten Luther Angst. Ungewöhnlich direkt wird Luther in einer dramatischen Formulierung, bei welcher er beschreibt, dass ihm ohne Christi Gott zum Feind, ja gar zum Dämon wird. Gott, so glaubt Luther, könne nicht er selbst sein, wenn er nicht im Voraus zum Teufel wird. 3.2., Das frühe Promissioverständnis im Zusammenspiel: mit Demut und Glauben Es ist ersichtlich, wie sehr Luther darauf eingeht, mit welcher Haltung oder welchem Verhalten der Gläubige auf die Gnade hoffen kann. Dabei geht in seinen Argumentationen meist alles Bedeutende vom Gläubigen aus. Er 'muss' dies oder jenes tun, er 'muss' jene Einstellung haben, etc. Dazu ist folgender Vers exemplarisch, weil er veranschaulicht, was vom Menschen erwartet wird, um der Rechtfertigung teilhaftig zu werden: 'Wer glaubt, d.h. wer sich selbst richtet, wird selig, d.h. wird nicht mehr gerichtet.' Dieser Bibelvers mit seiner hinzugefügten Erklärung beschreibt das frühe Promissioverständnis Luthers. Er hebt die absolute Willensbekundung des Menschen hervor, welche sich durch Sündenbewusstsein, Bittgebet und Eigenanklage ausdrückt. Nur durch den Vollzug dieser Handlungen, darf der Mensch hoffen, einen barmherzigen Gott vorzufinden. Noch fehlt es an der Gewissheit des Glaubens. Um das Heil zu erlangen wird gefordert, sich selbst völlig zu entäußern und sich aller weltlichen Vorlieben zu entledigen. Ob allerdings das Maß an Hingabe und Entsagung reicht, bleibt offen. 'Kann aber der Sünder des Heils nur gewiß sein, indem er in unendlichem Regress via negationis auf sich selbst reflektiert, ist die Sündenvergebung identisch mit seinem Sündenbekenntnis, dann ist er des Heils faktisch gerade nicht gewiß.' Von einer festen Gewissheit oder Zusage (promissio) kann mitnichten gesprochen werden, alles ist noch reichlich unsicher und diese Unsicherheit schimmert durch viele seiner Aussagen. Auch die Buße des Gläubigen für all sein Fehlverhalten erwirkt vor Gott noch keinerlei Sicherheit. Eine Rechtfertigung kann nur erhofft werden. Ob sie wirklich eintrifft, hängt auch davon ab, inwiefern der Mensch zu täglicher Selbstverleumdung und Selbstanklage bereit ist. Eine Rechtfertigung und damit einhergehende Heilsgewissheit allein aus Glauben, ist für Luther derzeit noch völlig undenkbar. Vielmehr käme ihm dann der Gedanke auf, die erlangte Sicherheit würde im Gläubigen Gleichgültigkeit und Lauheit im täglichen Kampf gegen die Sünde erzeugen. Ein solcher Frieden aber wäre trügerisch und könnte sich beim gerechtfertigten Menschen leicht in Stolz oder Übermut umschlagen. Unsicherheit und Unruhe sind für Luther zu jener Zeit alles andere als negative Begleiterscheinungen im Leben des Christenmenschen. Vielmehr sind sie sogar Kennzeichen eines wahren und echten Glaubens und sollen angestrebt werden. Denn der wahre Christ befindet sich stetig im Kampf mit den weltlichen Lüsten, ist von ihnen allezeit umgeben und bedrängt. Sicherheit müsste dann darauf zurückzuführen sein, dass sich der Gläubige zu sehr der sündhaften Welt angepasst und ihr in Denken und Handeln gleichförmig geworden ist. Bis zum letzten Gericht bleibt somit für den Gläubigen noch völlig offen, ob seine Demut den Anforderungen Gottes genüge getan hat: 'Darum kann es keine Gewißheit geben, sondern nur Ungewißheit und in ihr Klage und Jammern um Barmherzigkeit.' Professor Dr. Matthias Kröger beschreibt, es sei eben gerade der Wille Gottes, den Christenmenschen in eine Ungewissheit zu führen, da nur die Furcht vor Gott (und seinen Entscheidungen) die Sünden nicht anrechnen wird. Eine von Gott gegebene Sicherheit ist für Luther aus diesem Grund absolut ausgeschlossen. Demjenigen, der in dieser Furcht ist, ist die Gnade verheißen und darf darauf hoffen, dass seine Tränen einst von Gott abgewischt und in Freude verwandelt werden. Zunächst klingt es paradox, wenn gesagt wird, dass gerade der GLÄUBIGE sich seiner Rechtfertigung nicht sicher sein, d.h. nicht glauben, darf. Doch würde dieser davon ausgehen, vollkommen vor Gott gerechtfertigt zu sein, könne er nach Luthers damaligem Verständnis keineswegs wahrhaft demütig sein. Er vertraut und glaubt aber insofern Gott und seinem Wort, dass er die Sünde (an-)erkennt und somit seine Bedürftigkeit vor Gott eingesteht. Wenn der Christ begreift, dass er durchweg sündhaft, schlecht unverdorben ist, fühlt er sich erst recht nicht würdig, der Annahme Gottes teilhaftig zu werden und ist daher voller Ungewissheit. Hierin zeigt sich der Mensch nun demütig und kann darauf hoffen, von Gott gerechtfertigt zu werden. Nur wenn die Demut ungewiss ist, also mit ihr keine Absicht verfolgt wird, gilt sie als rein. Eine Demut dagegen, die im Sinn hätte, aus sich heraus und aufgrund ihrer selbst Gott gefallen zu können, wäre keineswegs echt, sondern letztlich nur Mittel zum Zweck. Treffend beschreibt Kroeger Luthers damaliges Glaubensverständnis wenn er sagt, dass ein echter Glaube ungewiss sein muss, damit Gott seine gnädige Rechtfertigung erweisen kann und Gott hierin einem solch demütig Glaubenden Gnade schenken wird. Dies, so Kroeger, sei in der Römerbriefvorlesung die unangezweifelte Voraussetzung für die Rechtfertigung.
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