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Handbuch des Blockflötenspiels

AutorHans-Martin Linde
VerlagSchott Music
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl132 Seiten
ISBN9783795785628
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Der renommierte Interpret Hans-Martin Linde erörtert in seinem universalen Handbuch in drei Themenkomplexen grundlegende Fragen zur Blockflöte und gibt fundierte Antworten zum Instrument selbst, seiner Bau- und Funktionsweise und der richtigen Auswahl und Pflege, zur Spielweise, mit Informationen zur Atmung, zum Klang, zur Grifftechnik und Artikulation sowie schließlich zur Wiedergabe von Blockflötenmusik von der Zeit des frühen Mittelalters bis ins 20. Jahrhundert. Abbildungen von verschiedenen Instrumenten, Schaubilder, historische Illustrationen, Notenbeispiele und Grifftabellen veranschaulichen die dargelegten Sachverhalte. Beides - die Information und die Darstellung - ergibt ein Handbuch, das jedem Blockflötenspieler, Schüler wie Lehrer, als unverzichtbare Informationsquelle über eines der beliebtesten Instrumente dient.

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Leseprobe

Die Blockflöte

Akustische Grundlagen

Die Blockflöte ist eine am einen Ende offene, am anderen Ende durch die Anblasevorrichtung verschlossene Röhre. Hauptmerkmal aller Flöteninstrumente ist die Schneidenkante (Labium), die den Atemstrom zerteilt. Bei der Blockflöte wird der Atemstrom in einer durch die Form des Kernspaltes festgelegten Breite und Höhe auf das Labium gelenkt. Darin unterscheidet sich der Anblasevorgang der Blockflöte von dem der Querflöte, bei welcher die Lippen des Bläsers den Atemstrom zu formen haben. Beim Auftreffen des Luftstromes (Lamelle) aus dem schmalen Kernspalt der Blockflöte auf das Labium entstehen hier abwechselnd auf unterer und oberer Seite der Labiumkante Luftwirbel. Ein Teil dieser Wirbel gelangt an der Unterseite des Labiums in das Flötenrohr, während der andere Teil oberhalb der Kante nach außen strömt. Die Wirbel an der Unterseite drehen sich nach rechts, die an der Oberseite nach links. Hierdurch wird das Luftband in Schwingungen versetzt. Der so entstehende Ton wird Schneidenton genannt. Beim Auftreffen der Wirbel auf die Schneidenkante entsteht überdies eine Stoßwelle, deren Rücklauf die Bildung des nächsten Spaltwirbels beeinflussen kann. Das schwingende Luftband ist imstande, ein schwingungsfähiges Gebilde – in unserem Falle die Luft in der Blockflöte – zu Resonanzschwingungen anzuregen.

Die Luftteile innerhalb des Flötenrohres bewegen sich in Richtung von deren Längsachse (longitudinale Wellen). Sie sind abhängig von den durch den Schneidenton hervorgerufenen Druckveränderungen. Das Bewegungstempo dieser Luftteile (Schwingungszahl) ist maßgebend für die Tonhöhe. Bei größerer Schnelligkeit wächst die Tonhöhe an, bei nachlassender sinkt sie. Gewisse Stellen der Luftsäule bleiben unbewegt. Derartige stehende Wellen nennt man Wellenknoten. Zwischen ihnen findet die Bewegung der Luftteile statt (Wellenbauch). Je kleiner der Abstand der Wellenknoten ist, desto schneller wird die Schwingung und damit der Ton entsprechend höher. Der einfachste Schwingungsvorgang (Grundschwingung) ruft den Grundton der Flöte hervor. Dieser tiefste Teilton der Flöte, der beim Schließen aller Grifflöcher entsteht, besitzt entsprechend der Länge des Rohres die größte Wellenlänge. Am offenen Ende der Röhre ist die Geschwindigkeit der Luftmoleküle am größten (Geschwindigkeitsbauch), der Druck hingegen am kleinsten (Druckknoten). Dieser Grundwelle sind noch einige kürzere Wellen überlagert. Die entstehenden Teiltöne nennt man Obertöne. Sie sind für die Färbung des Flötenklanges verantwortlich. Höhere Töne als der Grundton werden durch Öffnen der Grifflöcher erzeugt, da die Öffnung eines Griffloches eine Verkürzung der schwingenden Röhre bedeutet. Das Flötenende wird also sozusagen verschoben.

Wirbelablösung am Blockflötenlabium

Die Tonhöhe kann durch Veränderung des Winddruckes variiert werden. So sagt Martin Agricola1: Die untersten acht Töne ganz messig blas/Die andern sieben etwas schneller las/die nechstē vier begerē ein schnellern wind/die öbirsten ij gehe ganz geschwind. Der Winddruck liegt bei der Blockflöte mit 10 bis 40 mm WS um eine Größenordnung tiefer als bei den meisten anderen Blasinstrumenten. Es ist ein Maßstab für die Reinheit eines Instrumentes, eine nach Schalldruck und Reinheit der Intonation möglichst ausgeglichene Winddruckkurve zu erzielen. Unsere heutige Forderung nach sauberer Intonation in chromatischer Tonfolge über gut zwei Oktaven stellt erhebliche Anforderungen an die Herstellung der Blockflöte. Darin liegt auch der Grund dafür, daß sich viele billige und deshalb oft schlechte Blockflöten auf dem Markt befinden.

Wie bereits geschildert, ist die Höhe des Winddruckes und damit auch die Windgeschwindigkeit von Einfluß auf das Klangspektrum. Bei Erhöhung des Winddruckes beobachtet man ein Ansteigen der Schneidentonfrequenz und der Höhe des Grundtones. Wird der Winddruck weiter gesteigert, kommt die Schneidentonschwingung allmählich in die Nähe des zweiten Pfeifenteiltones. Von einem bestimmten Druck an wird dieser stärker als der Grundton erregt. Geschieht das unkontrolliert, spricht der Bläser vom „Überschlagen“ oder „Kieksen“. Gesteuert bewirkt dieser Vorgang das Überblasen, das freilich nur bei einem Teil der Holzblasinstrumente (Querflöten, Barockoboe) und Orgelpfeifen ohne Zuhilfenahme einer Oktavklappe oder eines Überblasloches ausgeführt wird. Bei der Blockflöte geschieht das Überblasen durch das Öffnen von etwa 1/10 des Daumenloches. Die Wellenlänge des gegriffenen Tones wird auf diese Weise halbiert, und die Oktav erklingt. Je weiter die Mensur eines Instrumentes ist, desto schwerer sprechen die Überblastöne an. Ein Beispiel dafür bieten die sogenannten „Renaissanceflöten“, die entsprechend alten Vorbildern weiter mensuriert sind als Blockflöten des barocken Typs. Ihr Umfang ist zwangsläufig kleiner (Altblockflöten f’ bis d’”) als bei der gut zweieinhalb Oktaven umfassenden Barockflöte.

Für die Praxis ist das Verhältnis von Pfeifenlänge zu Pfeifenquerschnitt, die Mensur, wesentlich. Im allgemeinen lassen sich in Röhren mit großem Querschnitt nur die tiefsten Teiltöne zu nennenswerten Amplituden (Schwingungen) anregen. Weite Flöten klingen deshalb sehr grundtönig, oftmals sogar dumpf. Je enger der Querschnitt im Verhältnis zur Länge ist, desto größer ist der Reichtum an höheren Teiltönen im Klangspektrum. Engmensurierte Flöten besitzen deshalb eine schwache Tiefe, weitmensurierte hingegen ein kräftiges Tiefenregister. Die starke Grundtönigkeit von Instrumenten großen Durchmessers ist besonders bei Verwendung von Holz als Baumaterial feststellbar. Metallene Instrumente besitzen diese Eigenart in bedeutend geringerem Maße. Derartige obertonarme Klänge verschmelzen schlecht mit anderen Stimmen. Soll eine Melodielinie von einer anderen möglichst deutlich abgehoben werden, erweist sich ein mehr grundtöniges Instrument als besonders vorteilhaft.

Die Höhe eines Tones ist weiterhin von der Geschwindigkeit abhängig, mit der die Luftwirbel an der Schneidenkante aufeinanderfolgen. Der Abstand der Luftwirbel voneinander ist ebenso groß wie der Abstand des Kernspaltes vom Labium. Bei kleinem Abstand von Kernspalt und Oberlabium ist der Ton höher als bei größerem Abstand.

Ein sehr schmales Labium bewirkt einen obertonarmen und verhältnismäßig leisen Ton. Bei steigender Labienbreite beobachtet man ein Anwachsen der Intensität aller Teiltöne. Die Vergrößerung des Labiums kommt also einer Vergrößerung der die Flöte anregenden Energie gleich. Hohe Wände an den Seiten des Kernspaltes verursachen einen hellen, süßen Ton, flache Wände hingegen einen offenen, streichenden Klang. Der Kernspalt kann mehr oder weniger gewölbt oder auch gerade verlaufen.

Von erheblichem Einfluß auf die Tonhöhe ist die Temperatur. Bei Veränderung der Temperatur der schwingenden Luftsäule ändert sich die Schallgeschwindigkeit. Dünnwandige Instrumente sind naturgemäß besonders empfindlich für auch kleinere Temperaturunterschiede. Der Blockflötenspieler weiß aus Erfahrung, daß bei größerer Erwärmung der Flöte die Tonhöhe steigt und daß sie bei niedrigerer Temperatur fällt.

Material und Wandstärke eines Instrumentes beeinflussen seinen Klang. Die Erfahrung lehrt, daß Flöten aus festem, dichtem Holz kräftiger klingen als solche aus weichem. Flöten aus festerem Holz besitzen außerdem einen größeren Reichtum des Klangspektrums. Schließlich lassen sich auf ihnen die höheren Teiltöne leichter und klangschöner hervorbringen.

Größe und Sitz der Grifflöcher sind wesentlich beteiligt an den Schwingungsvorgängen im Flötenrohr. Daraus erklären sich der verschieden weite Abstand und die mehr oder weniger schräge Bohrung einzelner Grifflöcher. Im Prinzip ist für die Töne der unteren Oktave der obere Rand, für die obere Oktave der untere Rand der Grifföffnungen maßgebend. Ist also beispielsweise d’” zu tief, so vergrößert der Flötenbauer das folgende Griffloch an seinem unteren Rand. Ist d” zu hoch, wird das folgende Griffloch am oberen Rand mit Hilfe von Schellack oder ähnlichem Material verkleinert. Doch ist auch der Grad der ins Innere der Flöte verlaufenden Abschrägung der Öffnung von Einfluß auf die Tonhöhe.

Weitere Unterschiede ergeben sich aus der Art der Bohrung. Die akustisch einwandfreie Berechnung eines Pfeifenkörpers ist nur bei dessen zylindrischer Bohrung möglich....

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