Im folgenden Oberkapitel soll der DaF-Unterricht präzisiert werden. Zum einen wird kurz der Lehrplan der Europäischen Schule Brüssel für Deutsch als Fremdsprache vorgestellt, zum anderen ist das Lehrwerk im Fremdsprachenunterricht sowie speziell im DaF-Unterricht Gegenstand des Kapitels. Hier werden sowohl konzeptionelle Merkmale als auch die unterschiedlichen Positionen, die sich in der Fachliteratur gegenüber Lehrwerken finden, behandelt. Nachfolgend ist die Motivation im Fremdsprachenunterricht und besonders im DaF-Unterricht Gegenstand dieses Kapitels, welches Aufschluss über die Rolle und Bedeutung von Motivation und Interesse geben soll. Abschließend wird das Motivationsmodell von Rheinberg vorgestellt, wobei der Fokus auf dessen Implikationen für den Unterricht liegt.
Der Lehrplan der Europäischen Schule für alle LIII-Sprachen, also für diejenigen Sprachen, welche nach der Zweitsprache als dritte Sprache (= Fremdsprache) gelehrt werden, wurde von der Arbeitsgruppe „Standards in LIII“ erstellt. Diesem Lehrplan liegt der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen für Sprachen (GER) zugrunde, der ebenfalls Zwischenstufen für die Sprachenniveaus vorgibt. Die Niveaustufe A2+ befindet sich demnach zwischen A2 und B1. Der Lehrplan gliedert sich in Lernziele, didaktische Prinzipien, fachspezifische Lernziele, Inhalte sowie die Bewertung der Lernerfolge. Der letzte Punkt wird im Folgenden nicht ausgeführt, da er für diese Arbeit nicht relevant ist.
Aufgrund der Tatsache, dass sich diese Arbeit auf eine Analyse der Lehrwerke für die Sekundarstufe I (speziell s4 und s5[5]) beschränkt, sollen folglich nur einige Lernziele und Inhalte der Sekundarstufe I genannt werden.
Zunächst lässt sich anführen, dass das Erlernen der LIII von Klasse s1 bis s5 verpflichtend ist und wöchentlich drei Stunden LIII-Unterricht erfolgen.
Nach der s5 soll die LIII-Niveaustufe A2+ erreicht sein. Die Schüler mit Deutsch als Fremdsprache erreichen, gemäß GER, am Ende ihrer Schullaufbahn das Niveau B1+.
Allgemeine Lernziele sind nicht nur die Schaffung fächerbezogener Grundlagen, sondern auch die Förderung der persönlichen Entwicklung. So stehen unter anderem die Entwicklung der kommunikativen Kompetenzen im Fokus sowie die Sensibilisierung für kulturelle Unterschiede und deren Ausdrucksformen.
Laut Lehrplan erhebt die Auflistung der didaktischen Grundsätze keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Dennoch wird als übergeordnetes Lernziel die Entwicklung der kommunikativen Sprachkompetenz genannt. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Förderung der Fertigkeiten Hören, Lesen, Gesprächsteilnahme, Sprechen sowie Schreiben. In der Unterrichtspraxis soll nach Möglichkeit ausschließlich die Zielsprache verwendet werden, zusätzlich wird auch der Einsatz weiterer Sprachfertigkeiten empfohlen. Sinnvoll ist zudem, die Lernfortschritte der Schüler zu berücksichtigen und die Fehler als Basis für eine Weiterentwicklung der Sprachkompetenz zu nutzen. Der Lehrplan sieht es vor, vielfältige Methoden und binnendifferenzierte Aufgaben zum Gegenstand des Unterrichts zu machen. Des Weiteren steht die Vermittlung von Lernstrategien im Fokus. In der Unterrichtspraxis soll zudem der funktionale Aspekt der Sprache hervorgehoben werden, damit grammatische sowie morphologische Elemente als Ausdrucksmittel angesehen werden und ihr Anwendungsbezug deutlich wird. In der Unterrichtspraxis ist es die Aufgabe der Lehrkraft, sowohl die unterschiedlichen Lernstile, Lernschwierigkeiten sowie Stärken und Schwächen der Schüler zu nutzen als auch den Einsatz von Lernhilfen der „Informations- und Kommunikationstechnologie” zu ermöglichen. Schließlich ist es wichtig, sprachsoziologische Aspekte der Sprache zu vermitteln, wie beispielsweise Sprachregister und Sprachvarianten.
Die fachspezifischen Lernziele für die Lernstufe 2 (s4 und s5) bauen auf den erworbenen Fähigkeiten der Lernstufe 1 auf. Im Folgenden werden nur einige Aspekte angesprochen: Die Schüler sollen am Ende der s5 Alltagsgespräche, Alltags- sowie literarische Texte verstehen und darüber hinaus selbstständig Gespräche über Alltagsthemen führen können. Neben der Vertiefung der Kenntnisse über kulturelle Besonderheiten des Zielsprachenlandes und über inter-kulturelle Verhaltensweisen steht auch der Umgang mit dem Internet im Fokus der Unterrichtspraxis, um das eigene Sprachlernen zu organisieren und das Sprach-vermögen weiterzuentwickeln.
Die Auflistung der zu erwerbenden Inhalte ist sehr oberflächlich und wird deshalb nur in aller Kürze wiedergegeben. Aufbauend auf den Inhalten der Lernstufe 1 sollen die Schüler am Ende der Lernstufe 2 folgende inhaltliche Aspekte erworben haben: Neben guten Kenntnissen in Aussprache und Rechtschreibung sollen erweiterte Kenntnisse des Wortschatzes, der Idiomatik, der morphologischen sowie grammatikalischen Strukturen erworben werden. Zudem steht die Vermittlung differenzierter Kenntnisse des Kulturraumes des Zielsprachenlandes unter Einbezug literarischer Texte im Vordergrund.
Dieses Kapitel thematisiert sowohl das Lehrwerk im fremdsprachlichen als auch speziell im DaF-Unterricht. Beide Perspektiven erlauben eine präzise Herausarbeitung der konzeptionellen Merkmale, des Aufbaus sowie der verschiedenen Standpunkte zum Einsatz von Lehrwerken.
Leupold (2006: 1) charakterisiert das Lehrwerk im Fremdsprachenunterricht als ein „viel diskutiertes Medium”, da sich immer häufiger die Frage stellt, ob es im Zuge der Entwicklung hinsichtlich didaktischer, methodischer oder auch fachwissenschaftlicher Erkenntnisse zu schnell rückständig wird und folglich nicht dem aktuellen Stand der Forschung entspricht. Neuner (1997, zitiert nach Maijala 2007: 555) wählt aufgrund dessen die Bezeichnung „Einweg- bzw. Wegwerflehrwerke” und spiegelt somit die durch neue Erkenntnisse der Linguistik, Pädagogik etc. gefährdete Aktualität der Lehrwerke wider.
Berücksichtig man die letzten Jahrzehnte, die durch einen starken Wandel fach-didaktischer Methoden geprägt waren (vgl. dazu Rösler 2012), ist eine Veränderung der Lehrwerkkultur für den DaF-Unterricht beobachtbar:
In den 50er Jahren herrschten Lehrwerke vor, in denen die direkte Methode praktiziert wurde, in den 70er Jahren erschienen hingegen Lehrwerke, die sich an der audio-oralen Methode orientierten. Beide Richtungen fokussieren besonders die Sprachkompetenz in der Fremdsprache, allerdings werden andere Schwerpunkte gesetzt (vgl. dazu Borg-wardt 1993; Dobre 2006).
Als in den Folgejahren die Diskussion um die kommunikative Kompetenz aufkam, setzten die Lehrwerkautoren ihren Fokus auf die Berücksichtigung kommunikativer Kompetenzen. Neben der sich durchsetzenden „Outputorientierung” und den Vorgaben des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen waren Lehrwerke zudem auf Handlungsorientierung, Lernstrategievermittlung und Selbstevaluation ausgerichtet (vgl. Leupold 2006: 1ff.).
Nach Rösler (2012: 43) ist es notwendig, dass DaF-Lehrwerke einen inneren Aufbau besitzen, indem ihre inhaltlichen Elemente wie Wortschatz, Grammatik, Textsorten etc. einer sinnvollen, ansprechenden und informativen Struktur folgen. Darüber hinaus muss gewährleistet sein, dass die Bestandteile der verschiedenen Lektionen didaktisch zweckmäßig miteinander verbunden sind sowie interessante Übungen und Aufgaben bieten.
Das Lehr- und Lerntempo wird durch die jeweilige Progression des Lehrwerks bestimmt: Lehrwerke, die eine steile Progression haben, behandeln innerhalb kurzer Zeit weit mehr neue Materialien als Lehrwerke mit einer flachen Progression. Diese Lehrwerke bieten längere Zeitspannen für die Bearbeitung einzelner Inhalte und somit ausreichend Raum für vertiefende Übungen oder Exkurse. Nach Breitung et al. (2001: 1044) ist die Themenprogression vor allem für regionale DaF-Lehrwerke ein entscheidendes Element, da sie zielgruppenorientiert und für den Lerner attraktiv sein müssen. Dabei bestimmt das Thema indirekt auch die Textsorte, die zu erwerbenden Fertigkeiten, den Wortschatz sowie die grammatischen Strukturen. Zudem ist generell die Reihenfolge bedeutend, in der grammatische Phänomene eingeführt werden: Die grammatische Progression eines Lehrwerks ist oft selbsterklärend und schlüssig. Beispielsweise wird der Indikativ vor dem Konjunktiv eingeführt, allerdings erweist sich die Frage, ob zuerst das Präteritum oder das Perfekt eingeführt werden soll, als zunehmend komplexer (vgl. Rösler 2012: 44).
...