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Kulturwelt, Diskurs und Lebensstil

Eine diskurstheoretische Erweiterung der Bourdieuschen Distinktionstheorie

AutorRainer Diaz-Bone
VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl456 Seiten
ISBN9783531919409
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis42,25 EUR
Das Buch legt die Theorie und Methode für die Analyse des lebensstilbezogenen Sinns kultureller Genres vor. Anhand einer beispielhaften Diskursanalyse von Heavy Metal- und Techno-Zeitschriften wird die Anwendbarkeit des diskurstheoretischen Ansatzes für kultursoziologische Forschung demonstriert. Ausgezeichnet mit dem Dissertationspreis der DGS 2004.

Rainer Diaz-Bone ist Professor für Soziologie mit dem Schwerpunkt qualitative und quantitative Methoden am Soziologischen Seminar der Universität Luzern.

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Leseprobe
4 Diskursive Kulturproduktion (S. 137-138)

4.1 Einleitung

In diesem Kapitel soll neben einzelnen Arbeiten im Feld der Kulturproduktion insbesondere der institutionalistische Ansatz oder auch Produktionsansatz (production perspective) als Vervollständigung der Theoriebasis berücksichtigt werden. Der Institutionalismus soll ermöglichen, die bisherigen Theorien auf kleinere Bereiche der Räume zu beziehen und gleichzeitig neue Aspekte erfassbar zu machen. Die Hinzuziehung des Institutionalismus soll die „Mikroanalyse“ des kulturproduktionellen und massenmedialen Zusammenhangs von distinktiven Diskursen einerseits und Institutionen, Techniken, Konventionen, Formen und Materialien andererseits ermöglichen.

Die aus dem Institutionalismus, dem Produktionsansatz entlehnten Konzepte der Kunstwelten und – in ihrer allgemeineren Form – der Kulturwelten sind Konzepte für die kleineren Einheiten der Felder der diskursiven Kulturproduktion. Hier ist die Herstellung von Kultur in institutionellen Settings und unter Berücksichtigung der kulturindustriellen Marktstrukturen als Prozess Gegenstand der Analyse. Die Struktur der Kulturproduktion ist innerhalb der Kulturwelten vergleichbar.

Die hier beobachteten Prinzipien können auf die unterschiedlichen Felder, in denen die „croyance“ (Bourdieu) kollektives Produkt ist, übertragen werden. Die Entstehung unterschiedlicher Kulturniveaus ist selbst eine solche, die nur unter Hinzuziehung der weiteren (gesamtgesellschaftlichen) Räume und in sozialhistorischer Betrachtung erklärt werden kann. Dennoch ermöglicht die Hinzuziehung des Produktionsansatzes bereits eine bessere Analyse der diskursiven Konstruktion der Wertigkeit von Kultur.

Der Charakter dieses Abschnittes ist ein synthetischer. Hier soll der Produktionsansatz einbezogen werden und gleichzeitig eine Synthese mit den Theorien der Distinktion und der Diskurstheorie erfolgen, die Dreh- und Angelpunkt wird für die hieran anschließenden Reflexionen zur medial vermittelten diskursiven Kulturproduktion und der darauf fußenden beispielhaften empirischen Anwendungen.

4.2 Jenseits von Ästhetizisimus und Soziologismus


Eine kultursoziologische Analyse muss ihre Analyseebene freilegen, auf der sie eine Bestimmung von „Ästhetik“ findet und wo die soziologische Relevanz für die Analyse von Ästhetik entwickelt werden kann. Vera Zolberg hat darauf aufmerksam gemacht, dass eine soziologische Analyse von Kulturproduktion zwei Reduktionen vermeiden sollte. Die Kunstwissenschaftler versuchten die Scylla der Reduktion des Kunstwerks auf seine soziale Funktion und seinen sozialen Kontext zu vermeiden, während die Soziologen die Charybdis einer rein formalen Analyse des Werks und seiner immanent-ästhetischen Aspekte zu umschiffen suchten. Die Kunstsoziologin Zolberg plädiert für eine Komplementarität von interner und externer Analyse: Kunst- und Kulturobjekte sollen in sozialen Kontexten und hinsichtlich ästhetischer Kategorien untersucht werden. Die Analyse des sozialen Konstruktionsprozesses von Kultur (Kunst) ermögliche, den Zusammenhang von Kunst und Gesellschaft der Analyse zugänglich zu machen (Zolberg 1990: 12).
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsübersicht6
Inhaltsverzeichnis7
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis12
Vorwort zur zweiten Auflage13
Einleitung15
1 Theorie der Distinktion18
1.1 Theoretische und methodologische Ausgangspunkte19
1.2 Räume: Sozialer Raum und Raum der Lebensstile23
1.3 Strukturierte und strukturierende Praxis: Habitus und Distinktion31
1.4 Die Soziologisierung der Ästhetik40
1.5 Das Feldkonzept46
1.6 Theorie des Sprechens55
1.7 Desiderata der Distinktionstheorie63
2 Theorien des Diskurses68
2.1 Einleitung68
2.2 Die Mythenanalyse von Claude Lévi-Strauss69
2.3 Michel Foucault72
2.4 Michel Pêcheux94
2.5 Norman Fairclough106
3 Die Unterscheidung dreier Räume113
3.1 Diskurstheoretische Erweiterung der Distinktionstheorie113
3.2 Homologiekonzeptionen120
3.3 Vermittlungen127
4 Diskursive Kulturproduktion133
4.1 Einleitung133
4.2 Jenseits von Ästhetizisimus und Soziologismus133
4.3 Kulturwelten137
4.4 Genrekonstruktion155
4.5 Medienvermittelte Kulturproduktion170
5 Methodologie und methodische Schritte177
5.1 Methodologische Klärungen177
5.2 Die Entwicklung einer Vorgehensweise193
6 Einleitung in die Diskursanalyse204
6.1 Die Auswahl zweier Zeitschriften205
6.2 Perspektivprobleme216
6.3 Die redaktionelle Tätigkeit und die diskursive Repräsentation226
6.4 Das Textkorpus231
6.5 Zur Darstellung und Validierung der Ergebnisse233
7 Der Heavy Metal-Diskurs235
7.1 Die formale Organisation und die verwendeten Darstellungsformen236
7.2 Das Wissenskonzept der „Band“240
7.3 Die auf die Instrumente projizierte Ethik262
7.4 Das Wissen um die Studiotätigkeiten278
7.5 Musik- und Soundbeschreibung289
7.6 Das Konzert als Vollendung der Umsetzung298
7.7 Exkurs: Die Orchestrierung des Heavy Metal305
7.8 Die repräsentierte Differenzierung von Lebensbereichen311
8 Der Techno-Diskurs316
8.1 Die formale Organisation und die verwendeten Darstellungsformen320
8.2 Das hybride Konzept der „Technokünstler“325
8.3 Die musikalische Tätigkeit335
8.4 Distanzierungen zum kommerziellen Pol350
8.5 Die Entmaterialisierung der Instrumente364
8.6 Klassifikationsstrategien und Subgenrebindung371
8.7 Die Repräsentation des örtlichen Technogeschehens383
8.8 Die repräsentierte Entdifferenzierung von Lebensbereichen387
9 Verdichtung und Resümee390
9.1 Heavy Metal (HAMMER)390
9.2 Techno (RAVELINE)395
9.3 Tabellarischer Vergleich401
9.4 Resümee406
10 Die Foucaultsche Diskursanalyse als Sozio-Epistemologie (2009)412
10.1 Die Formation eines methodologischen Feldes414
10.2 Ausweitung des Anwendungsbereichs418
10.3 Warum Tiefenstrukturen?423
10.4 Mit Bourdieu und gegen Bourdieu425
10.5 Sozio-Episteme und Sozio-Kognition428
Literatur430

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