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Aussöhnung mit dem inneren Kind

AutorErika J. Chopich, Margaret Paul
VerlagUllstein
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl256 Seiten
ISBN9783843707695
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
Die Quelle der Lebensfreude in uns selbst Durch die Integration des Kindes in uns können wir als Erwachsene unser volles Potential entfalten. Denn nur so werden Verletzungen aus der Kindheit unser Leben nicht länger vergiften und stören. Erschließen Sie sich eine sprudelnde Quelle von Kreativität, Lebensfreude und Vitalität, indem Sie sich Ihrem inneren Kind zuwenden.

Dr. Erika J . Chopich, Psychotherapeutin, entwickelte mit Margaret Paul die als »Inner Bonding« bezeichnete Therapieform und lebt in Santa Fé.

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Leseprobe

Kapitel 1


In dir lebt ein inneres Kind


Alle Menschen, die wir als »Genies« bezeichnen, sind Männer und Frauen, denen es auf irgendeine Weise gelungen ist, der Gefahr zu entgehen, jenes neugierige, staunende Kind in sich zu betäuben und einzulullen.

Wishcraft
Barbara Sher

Jeder von uns hat zwei verschiedene Persönlichkeitsaspekte: den Erwachsenen und das Kind. Wenn diese beiden Teile in Kontakt miteinander sind und Zusammenarbeiten, entsteht ein Gefühl der Ganzheit. Wenn die beiden Teile jedoch nicht in Kontakt miteinander sind, sei es, daß wir verletzt sind, nicht richtig funktionieren können oder unreif geblieben sind, entsteht in uns ein Gefühl von Konflikt, Leere und Alleinsein.

Es ist sehr wichtig, das innere Kind klar und positiv wahrzunehmen. In unserem Kulturkreis sind Kinder traditionell weniger wert als Erwachsene – sie werden als weniger wichtig und als weniger klug angesehen. Als Kinder haben wir uns meistens als machtlos erlebt. Deswegen bedeutet Kindsein für uns fast immer Machtlosigkeit und Bedeutungslosigkeit. Darüber hinaus halten wir unser inneres Kind häufig für einen Störenfried, weil uns in der Kindheit so oft gesagt wurde, daß wir schlecht wären und Unruhe und Sorgen verursachen würden. Da man uns als Kind nicht wirklich wertgeschätzt hat, mag es für uns selbst jetzt ebenfalls schwer sein, das Kind in uns zu schätzen. Wir halten es für unwichtig, brechen den Kontakt zu ihm ab und setzen so unsere Kindheitserfahrungen endlos weiter fort. Das ist der Grund für unser Gefühl von Elend und Unglück. Unser inneres Kind wahrzunehmen und wertzuschätzen ist die wesentliche Voraussetzung, um eine heile, ganze Persönlichkeit zu werden.

Das innere Kind – was ist das?


Das innere Kind erlebt das ganze Spektrum intensiver Gefühle Freude und Schmerz, Glück und Traurigkeit. Das innere Kind funktioniert in der Sphäre von Sein, Fühlen und Erleben, die der rechten Gehirnhälfte zugeordnet ist. Im Gegensatz dazu steht der Erwachsene, der über das Machen, Denken und Handeln der linken Gehirnhälfte gebietet, zugleich aber ebenfalls über eine ganze Skala von Gefühlen verfügt. »Tun« bezieht sich auf die äußere Welt und auf Aktivität, während »Sein« sich auf die Existenz auf einer inneren, emotionalen und spirituellen Ebene bezieht. »Tun« ist eine äußere Erfahrung, während »Sein« eine innere Erfahrung ist.

Im folgenden erzählt Erika, wie sie ihr inneres Kind während eines plötzlichen und intensiven Moments der Trauer tröstete.

Wie wir tatsächlich funktionieren, wurde mir auf einer Reise nach San Diego klar, die ich zusammen mit einer Freundin unternahm. Wir besuchten »Sea World«, um einen neugeborenen kleinen Wal zu besichtigen. Während wir das Tier beobachteten, hielt ich zugleich Ausschau nach meinem Freund Orky, einem großen Mörderwal. Ich liebte Orky und wußte ihn von den anderen Walen zu unterscheiden, aber ich konnte ihn diesmal einfach nicht entdecken.

Plötzlich schauderte es mich, da ich sah, wie Taucher ein Transportbecken im hinteren Teil des Geländes abstellten. Auf einmal wußte ich, daß Orky tot war. Wir rannten wie von Sinnen auf die andere Seite des Beckens und fragten die Wärter, was denn passiert sei. Sie behaupteten, alles wäre in Ordnung – sie zeigten auf einen kleinen weiblichen Wal und sagten mir, das sei Orky. Ich aber wußte es besser. Meine Ängste wurden bestätigt, als ich mit einem der Taucher sprach.

Vor Kummer und Trauer fühlte ich mich wie gelähmt. Meine beiden Persönlichkeitsanteile, das Kind und der Erwachsene, waren traurig und weinten, aber jeder der beiden Teile erlebte den Kummer auf einer anderen Ebene. Mein Erwachsener war nicht nur traurig, sondern wütend und empört. Ich war wütend darüber, daß man mich angelogen hatte und vermutete, daß Orky wahrscheinlich vernachlässigt worden war. Der erste Impuls meines inneren Erwachsenen war, etwas zu tun – mit einem der Verantwortlichen zu sprechen und eine Erklärung zu verlangen. Dann hörte ich die Stimme meines inneren Kindes. Ihm war es ganz egal, wer in die Sache verwickelt war und wie das passieren konnte – der Schmerz war so groß, daß es im Augenblick keine Wut spüren konnte. Es wußte nur, daß es seinen Freund verloren hatte und ihn niemals wiedersehen würde. Es fühlte sich traurig und bedrückt, weil es sich noch nicht einmal von ihm hatte verabschieden können.

Ich entschied, daß ich zuerst Verantwortung für mein inneres Kind übernehmen müsse: bevor ich irgend etwas anderes unternehmen würde, würde ich ihm einfach erlauben, Kind zu sein und den Kummer zu durchleben. Ich setzte mich auf eine Bank und weinte und schluchzte einige Minuten lang bitterlich. Ich war froh, daß ich entschieden hatte, mit meinen Nachforschungen zu warten, bis das Kind in mir sich ausgeweint hatte. Hätte ich dem Kind diesen Raum und die Erfahrung der Trauer nicht gewährt, wäre es mir viel schwerer gefallen, mit meinem Schmerz fertig zu werden. Mein inneres Kind hätte dann nicht nur unter dem Verlust Orkys gelitten, sondern auch unter dem Mangel an Fürsorge.

Das Kind ist unsere instinktive Seite; es steht für die Gefühle, die »aus dem Bauch« kommen. In anderen Zusammenhängen wurde das Kind auch schon mit dem Unbewußten gleichgesetzt, aber wir sind uns seiner nur deshalb nicht bewußt, weil wir ihm so wenig Aufmerksamkeit geschenkt haben. Wenn wir wirklich etwas über das Unbewußte erfahren wollen, dann wird es dem Bewußtsein leicht zugänglich. In unserem inneren Kind sind die Gefühle, Erinnerungen und Erfahrungen aus der Kindheit gespeichert, an die wir uns zurückerinnern können, wenn wir versuchen, von ihm zu lernen.

Wir können das Kind auf unterschiedliche Weise betrachten: als Kind, das vom inneren Erwachsenen geliebt wird, und als Kind, das nicht geliebt, das kritisiert, vernachlässigt und vom inneren Erwachsenen verlassen wird. Es gibt aber nur ein einziges inneres Kind. Zu jedem Zeitpunkt wird dieses Kind vom inneren Erwachsenen entweder geliebt oder nicht geliebt, und seine Gefühle und sein Verhalten resultieren direkt daraus, ob der innere Erwachsene die Wünsche, Bedürfnisse und Gefühle des Kindes kennenlemen und die Verantwortung für sie übernehmen möchte oder ob er sich vor diesem Wissen und dieser Verantwortung schützen will.

Das ungeliebte Kind


Wenn der innere Erwachsene sich davor schützen möchte, die Gefühle und Bedürfnisse des Kindes wahrzunehmen und es ablehnt, die Verantwortung für sie zu übernehmen, dann trennt er sich durch die verschiedenen Formen von Selbstanklage, Vernachlässigung und Bequemlichkeit von seinem inneren Kind. Das Kind fühlt sich dann ungeliebt, verlassen und sehr allein. Es schließt daraus, daß es schlecht, falsch, nicht liebenswert, unwichtig und unzulänglich sei, sonst würde es nicht entweder ganz konkret von den Erwachsenen (Eltern und Großeltern) oder sogar von seinem inneren Erwachsenen im Stich gelassen werden. Die äußeren und inneren Trennungen rufen im Kind intensive Gefühle der Furcht, Schuld und Scham hervor; es fühlt sich in der Welt und in sich selbst allein und verlassen. Das Kind lernt auf diese Weise, sich vor Zurückweisung, Verlassenwerden und Kontrolle zu fürchten, zuerst von Seiten der Bezugspersonen seiner Umwelt und dann von Seiten des inneren Erwachsenen, und schließlich projiziert es diese Ängste auf andere und glaubt ganz allgemein, daß die anderen es ablehnen, es verlassen oder versuchen, es zu kontrollieren.

Das Gefühl des Alleinseins ist das schmerzhafteste Gefühl, das wir erleben können. Es verursacht so tiefe Qual, daß wir alle danach streben, uns vor diesem Gefühl zu schützen. Wenn unsere Eltern uns als Kinder ablehnen, tadeln, verlassen, mißhandeln oder gar mißbrauchen, dann ist der Schmerz darüber so unerträglich, daß der innere Erwachsene den Kontakt zum inneren Kind abschneidet, um diese Gefühle nicht zu spüren. Dann fühlt sich das innere Kind nicht nur einsam und allein auf der Welt, sondern es fühlt sich auch in sich selbst allein und leer; es gibt niemanden, keinen Anteil seiner Persönlichkeit, der es vor den Verletzungen der anderen beschützt.

In der Kindheit und Jugend lernt das verlassene innere Kind, die innere Erfahrung des Verlassenwerdens auf andere zu projizieren. Wenn das innere Kind sich vom inneren Erwachsenen kontrolliert, kritisiert oder vernachlässigt fühlt, projiziert es diese Gefühle auf andere und erlebt die anderen als kontrollierend, kritisierend oder treulos, gleichgültig, ob das nun wirklich der Fall ist oder nicht. Die Wut, die das innere Kind auf den inneren Erwachsenen spürt, weil er es verlassen hat, wird ganz allgemein auf andere übertragen. Das Kind glaubt allmählich, daß das Verlassenwerden nur durch äußere Umstände und andere Menschen geschieht, da es selbst keine Möglichkeit hat, seine Wut dem inneren Erwachsenen gegenüber auszudrükken. Der lieblose innere Erwachsene nimmt die Gefühle des inneren Kindes nicht wahr. Die Wut und die Vorwürfe, mit denen wir als Erwachsene andere konfrontieren, sind nicht nur eine Projektion der elterlichen Ablehnung auf andere, sondern auch eine Projektion des inneren Verlassenseins.

Das verlassene innere Kind hat ständig Angst davor, unrecht zu haben, weil es glaubt, daß die Reaktion darauf Ablehnung sei. Deshalb kämpft es darum, immer »das Richtige« zu tun. Es wird süchtig nach Vorschriften und Regeln, um sich vor Ablehnung weitgehend zu schützen. Es strebt danach, perfekt zu sein und glaubt, daß das möglich sei. Perfektionismus und die Angst vor dem Irrtum sind Symptome der inneren Trennung zwischen Erwachsenem und...

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