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E-Book

100 Jahre Christian Broda

Ein Leben im Zeichen großer Justizreformen

VerlagStudienverlag
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl198 Seiten
ISBN9783706558938
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis23,99 EUR
Die Darstellung der größten Justizreformen von Christian Broda anlässlich seines 100. Geburtstags! Die Beiträge dieses Bandes ehren das Lebenswerk des wohl bedeutendsten Justizministers der Zweiten Republik - Christian Broda. Anlässlich seines 100. Geburtstages widmete sich das Symposium seinen bemerkenswerten Leistungen, nämlich der Modernisierung von Staat und Gesellschaft sowie seinen juristischen und sozialpolitischen Errungenschaften in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Christian Broda war ein Mann der Tat: Die meisten seiner Reformvorschläge wurden im Parlament einstimmig beschlossen. Im Rahmen derTagung wurde sein Einfluss auf verschiedenste Bereiche ebendieser außergewöhnlichen Justizreformen erörtert. Die interessanten Abhandlungen dazu sind in der vorliegenden Publikation versammelt, u.a. die Eröffnungsreden von Justizminister Dr. Wolfgang Brandstetter und Altbundespräsident Dr. Heinz Fischer sowie zahlreiche weitere Beiträge der Wegbegleiter/innen Brodas, von Vertreter/inne/n der höchsten Justizbehörden und der Lehre. Mit Beiträgen von: Wolfgang Brandstetter, Gertrude Brinek, Heinz Fischer, Rudolf Forster, Gerhard Hopf, Hannes Jarolin, Gottfried Korn, Peter Kostelka, Claudia Kuretsidis-Haider, Marcus Lutter, Roland Miklau, Alfred Noll, Daniel Pabst, Jürgen M. Pelikan, Susanne Reindl- Krauskopf, Sepp Rieder, Birgit Tschütscher und Maria Wirth

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Leseprobe

Hannes Jarolim


Begrüßung


Sehr geehrte Familie Broda, sehr geehrter Herr Bundesminister, geschätzte Präsidenten der Oberlandesgerichte, sehr geehrte aktuelle und ehemalige MitabeiterInnen dieses Hauses in den unterschiedlichsten Funktionen, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freunde!

Ich darf hier namens der Sozialdemokratischen Parlamentsfraktion besten Dank dafür entbieten, dass wir diesen tollen Rahmen heute zur Feier eines der ganz großen Politiker und des größten Justizpolitikers der Zweiten Republik gefunden haben. Es ist in der Tat keine Selbstverständlichkeit, dass zu einem derartigen Anlass, dem 100. Geburtstag von Christian Broda, eine derartig große Anzahl ausgewiesener Experten und Politiker, Richter, Persönlichkeiten aus dem gesamten Leben hier erschienen ist. Lassen Sie mich ganz kurz, so wie es mein Auftrag ist, zu dieser Veranstaltung einleitend sagen:

Christian Broda ist ein Name, eine Persönlichkeit; wir sehen ihn vor uns, aber wenn man länger darüber nachdenkt, dann wird diese Persönlichkeit eine Idee, eine Einstellung, eine Entwicklung, eine Weltanschauung – es ist Humanismus auf höchstem Niveau. Eine Persönlichkeit, die es wie wenige, ich würde im Justizbereich sagen, wie keine andere versucht und auch daran geglaubt hat, durch Überzeugungsarbeit, durch intensives Miteinanderumgehen, auf die Menschen zugehen, diskutieren und so die Justizpolitik zu gestalten, wie das in unser aller Sinne, also jenem der Gesellschaft und der Menschen, das Beste war. Er war ein Reformer im Interesse und zum Nutzen aller Menschen, und das hat ihn besonders ausgezeichnet. Aber nicht nur, dass er im theoretischen Bereich und auch im menschlichen Bereich besonders qualifiziert war, er war auch jemand, der gewusst hat, dass es nicht reicht, wenn das nur besprochen wird, es muss auch umgesetzt werden! Und daher waren die Worte von Erich Kästner auch sein Leitspruch: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“

Und auf diese Art und Weise ist es Christian Broda gelungen, ganz wesentliche Fortschritte innerhalb seiner Wirkungszeit durchzuführen. Der Zugang zum Recht, das war sein großes Kredo, und dieser Zugang zum Recht hat auch dazu geführt, dass, wenn das Recht einmal gesetzt bzw. beschlossen worden war, es auch auf besondere Weise publiziert wurde. Sie kennen sicher alle die kleinen Büchlein, die in sehr großer Anzahl aufgelegt worden sind, aus denen dann die mehr oder weniger komplizierten Rechtsmaterien auch für die einfachen Menschen erkennbar und lesbar werden sollten.

Wir wissen auch, dass es ihm ein großes Anliegen war, die Gleichheit nicht nur VOR dem Gesetz, sondern auch DURCH das Gesetz sicherzustellen. Er hat einmal Anatole France, den großen französischen Gelehrten, zitiert, der sagte: „Die großartige Gleichheit vor dem Gesetz verbietet den Reichen wie den Armen unter Brücken zu schlafen, auf den Straßen zu betteln oder Brot zu stehlen.“ Der Satz beweist eindrucksvoll, dass die Gleichheit vor dem Gesetz nicht reicht. Und das war, was Broda erkannt und auch umgesetzt hat, indem er eben die Gleichheit durch das Gesetz geschaffen hat und in einer Unzahl unterschiedlicher Rechtsmaterien – beispielhaft kann man da das Konsumentenschutzgesetz, das Mietrechtsgesetz und die Verfahrenshilfe nennen – umgesetzt hat, sodass jene, die über nicht so starke Ellbogen verfügten, auf Augenhöhe ihre Interessens- und Rechtskonflikte lösen konnten.

Christian Broda hat immer drei Kredos gelebt bzw. angewandt, wenn es darum gegangen ist, sich einem Problem zu nähern.

Das erste, das auch in den demokratiepolitischen Bereich sehr stark hineingespielt hat, war: „Die Demokratie steht und fällt mit dem Demokratiebewusstsein der Menschen und der Gesellschaft.“ Aber das Demokratiebewusstsein entwickelt sich nicht im luftleeren Raum, dahinter standen auch seine Erfahrungen aus den Jahren 1927 und 1934 und auch die Befürchtung und die Erkenntnis, dass all das, was man hier gemeinsam erarbeitet hat, dann nicht wirkt, wenn es nicht in der Gesellschaft insgesamt in der gesamten Breite ankommt, umgesetzt, nachvollzogen und auch als richtig empfunden wird. Diese Einstellung hat Christian Broda auch in seinem gesamten Wirken, in seinem Bestreben gelebt, womöglich immer einstimmige Gesetzesbeschlüsse zu erreichen. Es ging darum, Überzeugungsarbeit zu leisten, auch wenn es in dem einen oder anderen Fall auch mehrere Jahre waren; am Ende standen dann – mit einer Ausnahme – immer einheitliche Beschlussfassungen.

Ein weiterer Spruch war: „Bei großen Vorhaben gibt es kein Überstimmen, sondern nur ein Übereinstimmen.“ Meine Damen und Herren, das klingt so selbstverständlich, aber es kommt auf die tatsächliche Toleranz an, es kommt auf die demokratische Selbstdisziplin in der angewandten Politik an. Diskussionen sollten so geführt werden, dass man – und das ist nicht immer leicht, und ich, der ich nicht erst seit kurzem im Parlament bin, kann das bestätigen – aufeinander zugeht, und zwar so, wie Broda das auch gelebt hat, nie vergessend, dass es auch ein Morgen gibt, nie vergessend, dass wir im Hohen Haus der Gesellschaft, der Bevölkerung verpflichtet sind, und nie vergessend, dass wir ein gemeinsames Ziel erreichen und nach außen auch präsentieren und erklären sollten.

Ein weiterer Satz war: „Es kann kein Strafgesetz und kein Familienrecht von 51 % gegen 49 % der Bevölkerung beschlossen werden.“ Völlig klar, aber ab und zu ist es notwendig, sich dessen zu besinnen und zu sagen: „Ok, wir haben jetzt eine Diskussion, wir haben eine heftige Diskussion, wir haben – vielleicht auch weil sich die Verhältnisse geändert haben – eine besonders medial begleitete Diskussion, aber wichtig ist es doch, immer wieder auf die Metaebene zurückzugehen, nachzudenken, einen neuen Ansatz zu bringen und dann doch vielleicht eine gemeinsame Lösung zu finden.“ Und mit diesen Kredos war dann auch die Justizpolitik Christian Brodas ausgestattet.

Die Familienrechtsreform 1975: Heini Keller hat einmal gesagt, diese Reform sei die tiefgreifendste von allen Reformen Christian Brodas, und vermutlich stimmt das auch. Wir alle assoziieren ihn ja hauptsächlich mit den Strafrechtsnovellen 1971 und 1975, aber diese Novelle, diese Familienrechtsreform war der eigentliche Aufbruch aus der Entmündigung in die Gleichberechtigung in der Keimzelle der Gesellschaft, wie Broda das gesagt hat. Diese Reform war richtungsweisend, weil wir umdenken mussten in der Gesellschaft, in der auf einmal nicht mehr der Mann das Haupt der Familie war, in der es die volle Gleichberechtigung – auch beim Unterhalt und bei den Lebensbedürfnissen – gab, als die unehelichen Kinder plötzlich gleichgestellt waren und am Ende des Tages, wenn eine Ehe nicht so funktionierte, wie die Partner sich das wünschten, nun auch die Möglichkeit bestand, wieder voneinander zu gehen. Auch jetzt diskutieren wir immer noch – man kann sagen im Geiste Brodas –, ob es sinnvoll ist, dem anderen bei der Auflösung der Ehe ein Verschulden nachweisen zu müssen, wie wir das ja teilweise noch immer haben und damit Situationen herbeiführen, die sehr oft noch das Letzte an gegenseitiger Wertschätzung nehmen und vielfach Kinder durch eine allfällige Zeugenschaft auch noch erheblich in ihrer weiteren Entwicklung schädigen. Diese Keimzelle war es, die Christian Broda gemeint hat, wenn er gesagt hat: „Demokratie in der Familie bedeutet natürlich auch Ausfluss auf die Demokratie in der Gesellschaft, aber auch umgekehrt.“ Und er hat Recht gehabt, wir können wohl nicht ernsthaft in einem Bereich Demokratie leben, nicht aber im anderen, und ich denke, dass wir hier schon ein schönes Stück weitergekommen sind.

Der 7. Februar 1968 war dann einer seiner Glanztage, Christian Broda wird später sagen: „Mein schönster Tag im Parlament“, – die Aufhebung der Todesstrafe. Als Ziel hat er auch die „gefängnislose Gesellschaft“ apostrophiert, und es ist nachvollziehbar und es ist wichtig und ihm zu verdanken, dass man abseits der Nebel des Alltages auch Möglichkeiten und Ziele stets zu verfolgen hat, die dann auch in Alltagsentscheidungen Korrelative sein können. Wenn Broda etwa sagte: „Es kann nicht die Qualität eines Staates in der hohen Anzahl von Gefängnissen und von Inhaftierten liegen“, so hat er Recht gehabt, meine Damen und Herren. Und wir wissen alle, wenn man etwa die USA und Kanada vergleicht, so kommen in den USA – und das bei Existenz der Todesstrafe – auf 100.000 Einwohner 700 Häftlinge und in Kanada kommen auf 100.000 Einwohner 100 Häftlinge, also 1 zu 7. Es kann niemand, der die USA und Kanada persönlich oder aus den Medien kennt, sagen, dass in Kanada die absolute Verwüstung durch Kriminalität stattfindet und in den USA nicht. Es ist eher umgekehrt. Alleine schon durch diesen Umstand sieht man, dass die Anzahl von Haftplätzen eine Gesellschaft nicht wirklich weiterbringt, sondern es – und das hat auch Broda gesagt – darauf ankommt, wie eine Gesellschaft mit der Schaffung von Alternativen zu Haftstrafen umgeht. Ich erinnere hier etwa an die Diversion.

Wir machen immer wieder große Fortschritte, aber es ist einer der wesentlichen Punkte, den Christian Broda uns hier gezeigt hat: der Stil. Er hat sich auch im Justizausschuss fortgesetzt. Es gelingt immer wieder, dass wir von...

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