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40 Jahre Türken in Berlin

Dokumentation und medienwissenschaftliche Analyse des TV-Ideen-Wettbewerbs für Kinder und Jugendliche im Offenen Kanal Berlin

AutorThomas Funke
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl101 Seiten
ISBN9783640139910
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis10,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Medien / Kommunikation - Film und Fernsehen, Note: 1,0, Technische Universität Berlin (Sprache und Kommunikation), 9 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: In dieser Arbeit beschäftige ich mich mit dem Thema '40 Jahre Türken in Berlin'. Es handelt sich um die Dokumentation und medienwissenschaftliche Analyse eines TV-Ideen-Wettbewerbs für Schüler und Jugendliche im Offenen Kanal Berlin. Sie ist in drei Phasen eingeteilt: Die erste Phase gilt der Erarbeitung der dazu notwendigen Medien. Die zweite Phase behandelt die Werbung bis zu den Prämierungen der besten Ideen. Die dritte Phase umfasst abschließend den gesamten Prozess der Umsetzung, welche etwas hervorgehoben werden muss, denn sie beschreibt eine innovative Methode im Erstellen von Drehbüchern, die in diesem Wettbewerb angewandt wurde. Sie machte die schnelle Umsetzung der Ideen in fertige Filmstoffe möglich.

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Leseprobe

1. Einleitung – 40 Jahre Türken in Berlin

 

Am 30. Januar 2003 findet auf einer Festveranstaltung im Offenen Kanal Berlin (OKB) der TV-Ideen-Wettbewerb unter den Schirmherrschaft von der Ausländerbe-auftragten Frau Barbara John seinen Abschluss. Dieser Wettbewerb wurde durch den Förderverein des Offenen Kanal Berlin e.V. und auf Initiative seines Vorsitzenden Professor Dr. Knilli im Jahre 2001 ins Leben gerufen. Er wurde in Zusammenarbeit mit Studenten der Medienberatung der Technischen Universität Berlin, an welcher Herr Knilli als Dozent wirkt, durchgeführt. Das Thema des Wettbewerbes ergab sich während der Vorbereitungen. Zum einen wurde die türkische und die deutsche Bevölkerung als die größten Nutzergruppen des OKB analysiert. Zum anderen stand das 40 jährige Jubiläum des Anwerbervertrages zwischen Deutschland und der Türkei an. Verschiedene Reaktionen aus der Bevölkerung auf dieses Jubiläum zeigten die Aktualität dieses Themas. So kam in Interviews mit deutschen und türkischen Schülern und Schülerinnen offensichtlich eine von den Einheimischen und den Zuwanderern akzeptierte und praktizierte weitgehende Getrenntheit im Alltag zum Vorschein. Die deutschen Schüler und Schülerinnen wussten nicht, warum es Türken in Berlin gibt. Die türkischen Jugendlichen gaben vor es zu wissen, doch auf Nachfragen kamen keine eindeutigen Antworten. So erzählten sie ausweichend vom Generationskonflikt innerhalb der türkischen Familien mit gemischten Staatsangehörigkeiten in Berlin. 

 

Die Ursachen dafür liegen in der Geschichte. Als die Türkei 1954 von der Bundesrepublik Deutschland einen Kredit in Höhe von 225 Millionen Mark erhielt und ein Jahr später ein Handelsabkommen folgt, dachte noch niemand an den wenig später einsetzenden Arbeitskräfte-Export. Doch trotz dieses Abkommens wuchsen in der Türkei rings um die Großstädte Ankara, Istanbul und Izmir in den 50er Jahren Slums, sogenannte gecekondu, in denen vor allem verarmte Landbauern lebten. Die Arbeitslosenzahlen stiegen. Als die Landflucht noch mehr zunahm und die Unzufriedenheit immer öffentlicher spürbar wurde, kam die Bundesrepublik Deutschland der Türkei zu Hilfe. Theodor Heuss verkündete bei einem Türkei-Besuch 1957, dass die schnell wachsende deutsche Wirtschaft ausländische Arbeitnehmer aufnehmen wolle. Noch im gleichen Jahr wurden 150 qualifizierte Arbeitskräfte nach Kiel geschickt. Offiziell machten sich aber erstmals im Juni 1961 eine 93 Mann starke Arbeitergruppe auf den Weg nach Deutschland. Nach 1961 wurden mit dem bilateralen Anwerberabkommen die Tore Deutschlands für Türken weit aufgetan, wenn sie es schafften von den deutschen Ärzten in Istanbul ein Gesundheitszeugnis zu erhalten. Neben den Land-Anatolen kamen aber auch schon von Anfang an gebildete türkische Großstädter nach Berlin, oft mit abgeschlossener Berufsausbildung, erzogen im Geiste Atakürks und aufgewachsen mit europäischer Kultur. Dies waren die ersten Schritte zu einer immer mehr zunehmenden Zahl von Einreisewilligen. Vor allem West-Berlin profitierte davon. Denn ihm fehlte nach dem Mauerbau 1961 das Arbeitskräfte-Reservoir aus dem Ostteil der Stadt und dem Umland. In  nur fünf Jahren, von 1961 bis 1966, stieg die Anzahl der Türken in Berlin im gleichen Maße, wie in über dreißig Jahren zuvor zwischen den beiden Weltkriegen. „So waren es 1905: 308 und 1938: 3310 Türken in Berlin. Von 1961 bis 1966 stieg die Zahl von 284 auf 5698 sprunghaft an.“ [GRE-98] So geschah, was der Dichter Orhon Murat Ariburun, der selbst einmal eine zeitlang in Berlin Kreuzberg lebte, so beschrieb: „Ein Anatolien entstand in der Mitte Deutschlands“. [VER-01]

 

Die 60er

 

In den 60ern kamen zuerst Frauen, um in der damals noch stark ausgebauten Textil- und Elektromontageindustrie zu arbeiten. Sie waren mehr gesucht als Männer, da sie für weniger Lohn arbeiteten. Die Bundesregierung und Unternehmen verfolgten ein Rotationsprinzip, welches die ausländischen Arbeitskräfte nur einige Jahre in Deutschland duldete. Danach wurden sie wieder in ihre Heimatländer zurück-geschickt und durch Neu-Angeworbene ersetzt. Die meisten Türken in Berlin lebten daher praktisch ohne Kontakt zur deutschen Bevölkerung. Sie wohnten in notorisch überbelegten und schlecht ausgestatteten Gastarbeiterwohnheimen und versuchten ihrerseits, in möglichst kurzer Zeit viel Geld anzusparen. Zum Deutschlernen bestand kein Anlass – und bei den oft außerordentlich harten Arbeitsbedingungen auch keine Gelegenheit.

 

Die 70er

 

In den 70er Jahren nahm die Arbeitsmigration nach Deutschland immer größere Ausmaße an. „In Berlin lebten 1973 bereits 79468 Türken.“ [GRE-98] Seit 1972 bildeten die Türken unter den ausländischen Arbeitnehmern die größte Gruppe. Der Höhepunkt der Arbeitsmigration war erreicht. Am 23. November 1973 verhängte die Bundesregierung einen Anwerberstopp. Nicht erst seit dieser Zeit zeigte sich, dass eine vorübergehende Verschiebung von Arbeitskräften weder sinnvoll noch durchzuführen war. Anstatt frisch eingetroffene Arbeitskräfte jeweils neu anzulernen, zogen viele deutsche Firmen es vor, die Arbeitsverträge bewährter ausländischer Mitarbeiter zu verlängern. Deshalb wurde das Rotationsprinzip von Arbeitgebern und der Bundesregierung aufgehoben. Je länger der Aufenthalt der jungen Türken in Berlin dauerte, desto stärker wurde deren Wunsch zu heiraten oder Ehepartner und Kinder nachzuholen. Die türkischen Familien verließen die Wohnheime und zogen in die billigen Wohnungen der sanierungsbedürftigen Gebiete in Kreuzberg, Wedding oder Tiergarten. Vor allem nach dem Anwerberstopp 1973 fürchteten viele Türken überall in Deutschland, dass auch der Familiennachzug bald verboten werden könnte. Ein versteckter Zuzug setzte ein. Durch die große Zahl der nachreisenden Familienangehörigen wurde das Leben in Deutschland einfacher. Im Gegenteil: Für Türken in Berlin traten nun neue Probleme auf. Die Erziehung ihrer Kinder zwang sie zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit der ihnen noch fremden und unbekannten deutschen Gesellschaft. Es kam zum ansteigen der Arbeitslosenzahl und zu einer zunehmenden Ausländerfeindlichkeit. Trotz allem gab es auch sichtbare Annäherungen zwischen Türken und Deutschen. So wurde die Ausländerfeindlich-keitsproblematik in Vereinen, politischen Vereinigungen und Parteien angegangen. Jetzt wo Deutschland, wo Berlin zur zweiten Heimat für die erste Generation und für deren Kinder wurde, war es um so wichtiger, diese Probleme anzugehen. Erschwert wurde dieses Vorhaben jedoch durch die vielen nachgezogenen türkischen Kinder, die oft ohne geringste Deutschkenntnisse kamen. Gleichzeitig bildete sich in Berlin ein eigenes türkisches Stadtleben mit türkischen Geschäften, Obst- und Gemüsehändlern, Reisebüros. Neben Geschäften fürs Alltägliche, wie kleinen Handwerksbetrieben, Schneidereien, KFZ – Werkstätten, etablierten sich auch einige Unternehmen, wie Glasereien und andere Unternehmensarten. In Berlin konzentrierte sich die türkische Alltagsinfrastruktur auf einige wenige Bezirke, die rasch weitere Türken aus anderen Stadtgebieten anzog. Aber auch innerhalb dieser Bezirke bildeten sich spezielle Konzentrationsgebiete. Wohnungen im schlechten Zustand wurden an Türken vermietet. So schuf die Migration einen bleibenden Charakter dieser Stadt. In den 70er Jahren betrug der Anteil türkischer Bewohner in einigen Kreuzberger und Weddinger Häuserblocks um die 60 Prozent. Ab 1975 wurde eine Zuzugsperre für Ausländer in Bezirke mit einem Ausländeranteil von über 12 Prozent angeordnet. Das betraf die Bezirke Kreuzberg, Wedding und Tiergarten. Die Zuzugssperre sollte diese Entwicklung aufhalten.

 

Die 80er

 

Zu Beginn der 80er veränderte sich die gesamte Situation. Bereits 1978 hatte die erste Ausländerbeauftragte der Bundesregierung anstatt von „Gastarbeitern“ von „Einwanderern“ gesprochen. Dies verschärfte die Ausländerfeindlichkeit zunehmend. Denn nach dem Militärputsch in der Türkei am 12. März 1971 und am 12. September 1980 konnte man in Deutschland einen deutlichen Anstiegt der Anträge auf politisches Asyl beobachten. „So kamen 1980 von 108000 Asylbewerbern allein 54 Prozent, knapp 60000, aus der Türkei. Im Jahr zuvor waren es nur 26 Prozent und 1976 sogar nur 7 Prozent gewesen. Auch wenn schon zu Beginn des Jahres 1981 die Zahlen wieder rasch zu sinken begannen, im Januar waren es noch 30 Prozent, im April 17 Prozent und im Juli nur noch 8 Prozent, so waren die Auswirkungen deutlich zu spüren.“ [GRE-98] Die politischen Migranten beeinflussten zunehmen die Wirtschaftsmigranten in deren politischen Überzeugungen. Nach kurzer Zeit begannen Gründungen erster Organisationen. Neben Studentenvereinen,  wurden Migrantenvereine gegründet, in denen sich das politische Parteienspektrum der Türkei wiederspiegelte. Weiterhin entstanden in Kreuzberg verschiedene türkische Kulturvereine, darunter Berlin Aile Tiyatrosu (heute Diyalog e.V.) und Tiyatrom. Die Mehrzahl der aus politischen Gründen Emigrierten ist nach einiger Zeit wieder in ihre Heimatländer zurückgekehrt, um dort den Kampf weiterzuführen. Doch den Samen ihrer Überzeugungen ließen sie hier. So begannen in der Gewerkschaft nun auch türkische Gewerkschaftler mitzuarbeiten. Türkische und deutsche Arbeiter standen bei Streiks und auch bei Demonstrationen hinter den selben Transparenten.

 

Dem schob die Bundesregierung einen Riegel vor. Sie erließ Gesetze, die den Familien- und...

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