In diesem Teil werden die theoretisch erarbeiteten Grundlagen in einem praktischen Versuch mit Schülerinnen und Schülern umgesetzt, um einen möglichen Bedarf an Lernstrategien darzulegen. Dazu werden von der Leserin oder vom Leser Grundkenntnisse zu den im theoretischen Teil beschriebenen Lernstrategien für ein gutes Verständnis vorausgesetzt.
Zuerst wird der Grundstein für die offizielle Untersuchung gelegt, indem die Lernstrategien anhand einer Schülerumfrage ausgewählt werden. Anschliessend wird ein Versuch mit vier Klassen aus verschiedenen Stufen, spezifisch im Fach Geografie, durchgeführt. Die Strategien werden mittels fünf- bis fünfzehnminütigen Lerninputs vermittelt und mit persönlichen Beispielen und einem Anleitungsskript verdeutlicht. Dieser Versuch geschieht auf freiwilliger Basis, da die Initiative von den Schülerinnen und Schülern kommen soll. Aber die Teilnahme ist nach erfolgter Zusage verbindlich und die Schülerinnen und Schüler können den Versuch nicht grundlos abbrechen.
Das Experiment findet in vier Klassen statt, in einer Sekunda (11. Schuljahr), einer Quarta (9. Schuljahr) und zwei Tertien (10. Schuljahr). Dies aus dem einfachen Grund, da meine Betreuungsperson an diesen Klassen unterrichtet und der Zugang im Rahmen der Untersuchung einfacher möglich ist. Da keine quantitative Statistik zu den Versuchen gemacht wird, ist keine spezifische Auswahl nach Geschlecht und Alter nötig.
Eine der Tertia-Klassen ist eine Talent-Förderungs-Klasse. Im Rahmen des Schulversuches "Profil A" müssen die Schülerinnen und Schüler rund einen Drittel des Schulstoffes in ausgegliederten Unterrichtsgefässen selbständig erarbeiten. Bei dieser Klasse kann von einem bereits erhöhten Selbständigkeitsgrad ausgegangen werden. Es ist eine sehr interessante Vergleichsgruppe, da das Interesse zu effizientem Lernen allenfalls höher ist als bei anderen Klassen.
Im Weiteren ist speziell, dass die Sekunda meine eigene Klasse ist und damit andere Voraussetzungen gegeben sind. Der kollegiale Umgang und die gegenseitige Unterstützung der Maturaarbeiten sind die prägnantesten Voraussetzungen. Sie bringen Vor- und Nachteile mit sich. Ein Vorteil ist, dass viele Schülerinnen und Schüler am Versuch teilnehmen und so die Aussagekraft der Untersuchung verstärken. Der Nachteil ist, dass viele Schülerinnen und Schüler die Teilnahme mit der Unterstützung der Arbeit begründen und nicht ein verbessertes Lernverhalten anstreben. Diese Tatsache kann zu Ungenauigkeiten im Ergebnis führen.
In diesem Abschnitt werden bestimmte Lernstrategien ausgewählt, die für die Untersuchung verwendet werden. Er dient als Basis für die weiteren Untersuchungsteile.
Um die Bedürfnisse der Klassen abzuklären wird in vier Klassen eine Umfrage zu verschiedenen Lernstrategien durchgeführt. Die Schülerinnen und Schüler werden gebeten zu jeder Lernstrategie zwischen eins und zehn einzuschätzen, wie gut die Kenntnisse über die entsprechenden Strategien sind, wie oft sie angewendet werden und wie stark sie daran interessiert sind. Die Umfrage ist im Anhang 1 zu finden. Der Zeitrahmen, um die Umfrage auszufüllen beträgt zwischen 15 und 20 Minuten.
Insgesamt werden 81 Fragebögen ausgefüllt. Bei der Auswertung wird die Zehnerskala auf eine Fünferskala gekürzt, damit das Ergebnis besser zu überblicken ist. Bei der Auswahl der Lernstrategie wurde der Schwerpunkt auf das Interesse gelegt, denn es ist wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler etwas anwenden können, wofür sie sich interessieren.
Die Mittelwerte auf der X-Achse fassen den selbsteingeschätzten Kenntnisstand dieser Methoden - keine (Wert 0) bis zu sehr guten Kenntnisse (Wert 5) - bzw. die Häufigkeit der Anwendung und dem Interesse gegenüber diesen Methoden zusammen.
Abbildung 4 - Auswertung der ersten Umfrage (Balkendiagramm)
Aus der Statistik geht hervor, dass folgende Lernstrategien auf erhöhtes Interesse stossen. Es ist sinnvoll diese bei der Vermittlung von Lernstrategien als Lernbotschafter zu bevorzugen.
- Assoziationsbilder herstellen (2.88 / 5 Pkt.)
- Wissen visualisieren (2.94 / 5 Pkt.)
- Lernpartnerschaften herstellen und klären (2.88 / 5 Pkt.)
- Lernthemen gewichten (2.89 / 5 Pkt.)
- Merksätze und Eselsbrücken (2.88 / 5 Pkt.)
- Anwendungsfälle/Beispiele suchen (2.94 / 5 Pkt.)
Reflektionsstrategien auszutesten macht in dieser Untersuchung keinen Sinn, da der Versuch mit den Schülerinnen und Schülern nur einmal durchgeführt wird. Dafür wären mindestens zwei Untersuchungen nötig.
Manche Strategien kennen die Schülerinnen und Schüler sehr gut und wenden sie oft an. Gerade deswegen stossen die Strategien nicht auf Interesse. Dem ist vermutlich so aus dem einfachen Grund, dass das Gehirn neugierig ist, gerne neue Dinge erfährt und nicht immer mit gleichen Techniken arbeiten möchte.
Wenn man einen Interessenvergleich macht zu den verschiedenen Strategien in den einzelnen Klassen, so kann kein deutlicher Unterschied festgestellt werden.
4.3 Verlauf der Vermittlung
In diesem Abschnitt wird erläutert, wie die Vermittlung der Strategien verläuft und welche Unterlagen dazu ausgeteilt bzw. weitergegeben werden.
Bei jeder Klasse wird ein fünf- bis zehnminütiger Input mit einer PowerPoint-Präsentation durchgeführt. Zusätzlich zum Input werden den Schülerinnen und Schülern in einem Skript verschiedene Lernstrategie-Anleitungen abgegeben, in der sie detailreichere Informationen zu den einzelnen Lernstrategien finden.
Die Anleitung und die PP-Folien findet man im Anhang dieser Arbeit (Anhang 2 + 3). Die Absicht dieser Anleitung ist, dass diese Dokumentationen später von weiteren Lerncoaches gebraucht werden können. Dies wird in einem späteren Teil der Arbeit wieder aufgenommen.
Das Ziel der Durchführung ist es, sechs verschiedene Lernstrategien in Kurzform zu vermitteln, aus denen die Schülerinnen und Schüler mindestens zwei auswählen und dann damit ihre Prüfung vorbereiten. Dabei wird auch eine selbst entwickelte Lernstrategie eingeführt.
Diese „WhatsAppGruppenStrategie“ wird im Abschnitt 3.4.3.1 erläutert.
Nachfolgend wird erklärt in welchen Klassen der Besuch zu welchem Zeitpunkt stattfindet und wie diese Besuche verlaufen.
Eins bis zwei Wochen vor dem Input wird eine Informationsmail an die gesamte Klasse und die Klassenlehrperson verschickt mit dem Angebot zum freiwilligen Besuch des Inputs. Dieser findet im Rahmen der Klassenstunde der jeweiligen Klassen statt. Während der Präsentation zirkuliert ein Teilnahmeblatt, auf welchem die Schülerinnen und Schüler ihre Teilnahme bestätigen und ihr Motiv erläutern, warum sie an diesem Input teilnehmen. Dieses Formular ist im Anhang 4 zu finden.
Fachexpertin R. „anonym“ erläutert ein mögliches Motiv, warum Schüler oftmals zu solchen Anlässen kommen: „Vielmals spielt der Gruppenprozess eine Rolle. Also wenn ein paar Meinungsfinder sagen, dort gehen wir schauen, dann hat man 15 Leute da.“ [23]
Die erste Vermittlung, die durchgeführt wird, findet in der Talentförderungsklasse 18f statt. Die Erwartungen bei dieser Vermittlung werden aus meiner Sicht nicht erfüllt, denn es erscheinen mit fünf Schülerinnen verhältnismässig wenige (vergleiche dazu Kapitel 4.1).
Eine mögliche Ursache ist, dass die Klassenstunde in der Mittagspause stattgefunden hat, was zu einer Minimierung der Teilnehmenden führen könnte, obwohl ein Snack angeboten war und dies mitgeteilt wurde.
Es erscheinen klar weniger Schülerinnen und Schüler als bei der Vermittlung in der Klasse 18b. Für die Vermittlung ist dies angenehm, doch für die Auswertung wären fünf bis zehn zusätzliche Interessenten von Vorteil, denn dadurch wird die Aussagekraft der Untersuchung verstärkt.
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