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Contergan

Eine genealogische Studie des Zusammenhangs wissenschaftlicher Diskurse und biographischer Erfahrungen

AutorWalburga Katharina Freitag
VerlagWaxmann Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2005
Seitenanzahl454 Seiten
ISBN9783830965039
FormatPDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,40 EUR
Als Genealogie bezeichnet Foucault eine Analyse der Geschichte der Gegenwart, die die Konstitution des Subjekts im historisch-kulturellen Zusammenhang zu erklären vermag. Diese Denkfigur greift die Autorin in ihrer Studie auf, hält sich jedoch nicht an die foucaultsche Regel, sich dabei vom konstituierenden Subjekt zu befreien. Stattdessen gibt sie ihm einen angemessenen Ort, indem sie sich der Frage zuwendet, welche biographische Bedeutung die von orthopädischen, sonder- und heilpädagogischen Disziplinen entwickelten Normalisierungspraktiken aus der Perspektive derjenigen gewonnen haben, denen der Diskurs galt.
Die biographischen Erzählungen contergangeschädigter Frauen und Männer, so ein zentrales Ergebnis, lassen ihrerseits Regeln erkennen, nach denen biographisch 'wahres' Wissen entwickelt wird und Ablehnungen und Modifikationen der Bezeichnungs- und Normalisierungspraktiken verlaufen. Zudem geben sie Hinweise auf Bildung von gesellschaftlichen Gegenentwürfen, die kurz davor sind, in moralisch motivierte Kämpfe zu fließen.

Dr. Walburga Katharina Freitag, Erziehungswissenschaftlerin, leitet den Arbeitsbereich Lebenslanges Lernen am Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW), Hannover. Ihre gegenwärtigen Forschungsfragen sind, wie Hochschulen und andere relevante Institutionen die Anforderung umsetzen, Strukturen für Lebenslanges Lernen im hochschulischen Kontext zu schaffen und wie sich Lernverhältnisse für berufstätige Studierende ausgestalten. Öffnung der Hochschulen, Durchlässigkeit, Selektionsprozesse, Heterogenität und Gender sind wichtige analytische Kategorien.

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Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Vorwort5
Inhalt7
1 Einleitung11
2 Methodologische Anmerkungen zur ersten Studie17
2.1 Diskurs, Wissen, Macht und Körper bei Foucault17
2.1.1 Diskurse als Ordnungsprinzipien des Wissens18
2.1.2 Diskursanalyse20
2.1.3 Körperpolitik: Körper und Gefühle21
2.1.4 Wissen und Macht23
2.1.5 Vom ‚Wissen – Objekt‘ zum ‚Wissen – Subjekt‘ oder: Lust und Begehren als Positivitäten der Macht24
2.2 Sortierung des Materials der ersten Studie26
2.3 Disziplinen, Forschungs- und Publikationsphasen – ein Überblick28
3 Konstruktion des ‚Dysmelie-Kindes‘32
3.1 Prolog: Das unsichtbare Phänomen ‚Thalidomid-Polyneuritis‘33
3.2 Zeichensuche: Das sichtbare/unsichtbare Phänomen ‚Thalidomid-Embryopathie‘36
3.3 Bezeichnungspraktiken44
3.4 Naturalisierungspraktiken48
3.5 Juristische Absicherung der medizinisch (an-)erkannten Zeichen und Schädigungen50
3.6 Folgen der Ein- und Ausschlusspraktiken53
4 Medizinische Habilitationspraktiken54
4.1 Dominanz des orthopädischen Blicks56
4.2 Wortführer des Diskurses59
4.3 Orthopädisches Behandlungsprogramm63
4.3.1 Normalisierung durch Richten der Glieder, Arm- und Beinprothesen63
4.3.2 Frühprothetisierung als neues Behandlungsdispositiv65
4.3.3 Prothesen und Operationen zur Korrektur der unteren Extremitäten70
4.4 Thematisierung des Einflusses externer Akteure auf die Behandlungspraktiken72
4.4.1 Thematisierung der Eltern72
4.4.1.1 Integration ins Elternhaus73
4.4.1.2 Die Mutter als ‚beste Therapeutin‘77
4.4.1.3 Behandlungswünsche der Eltern78
4.4.1.4 Zuweisung von Verantwortung und Zuständigkeit bei Misserfolgen80
4.4.2 Beziehungen zu politischen Akteuren und Finanziers von Projekten82
4.4.3 Wissenschaftliche Forschungsförderung85
4.5 Funktion des Diskurses86
4.6 Legitimation und Absicherung der Behandlungspraktiken87
5 Psychosoziale Habilitationspraktiken88
5.1 Dominanz des heil- und sonderschulpädagogischen Blicks89
5.2 Wortführer des Diskurses91
5.2.1 Mental-Health-Gruppe München e.V.91
5.2.2 Heilpädagogisches Institut der Pädagogischen Hochschule Hannover97
5.2.3 Forschungsgemeinschaft ‚Das körperbehinderte Kind‘ e.V., Köln104
5.2.4 Institut für Sonderpädagogik der Pädagogischen Hochschule Reutlingen112
5.2.5 Schulpsychologischer Dienst der Hamburger Behörde für Schule, Jugend und Berufsausbildung120
5.2.6 Deutsche Gesellschaft zur Förderung der Hör- und Sprachgeschädigten122
5.2.7 Sonderforschungsbereich 88 der Universität Münster125
5.3 Funktion und Legitimation des Diskurses129
5.4 Umsetzungsprobleme131
5.5 Einflussnahme medizinischer Habilitationspraktiken133
6 Berufsbildungsdiskurs136
6.1 Zentrale Themen und Gestalter des Diskurses138
6.1.1 Berufsfähigkeit und Vermittelbarkeit aus der Sicht der Sonderschulpädagogik138
6.1.2 Berufseignungsdiagnostik und Kritik an der Berufswahlvorbereitung141
6.1.3 Berufsberatung durch die Bundesanstalt für Arbeit145
6.1.4 Arbeitserprobung und Berufsausbildung in Berufsbildungswerken147
6.1.5 Berufsverbleibsstudien: „Was aus ihnen wurde“152
6.2 Funktion und Wirkung des Berufsbildungsdiskurs159
7 Methodologische Anmerkungen zur zweiten Studie163
7.1 Von der Prothetisierung des Körpers zur Hermeneutik des Subjekts163
7.2 Biographieforschung und das interpretative Paradigma166
7.2.1 Die idealtypische Gestaltung der Interviewsituation170
7.2.2 Die formale Analyse biographischer Narrationen171
7.3 Interviews mit contergangeschädigten Frauen und Männern177
8 Geschichten der biographischen Auseinandersetzung mit ‚wahrem‘ Wissen179
8.1 Elisabeth Henze179
8.1.1 Kurzbiographie179
8.1.2 Struktur und Themen des Interviews183
8.1.3 Strukturelle Analyse der Erzählung185
8.1.3.1 Hoher Preis für den Zugang zum Regelschulsystem185
8.1.3.2 In den Fängen der Medizin: Normalisierung der Beine192
8.1.3.3 Trennungen, Misstrauen und Orientierungslosigkeit197
8.1.3.4 Ausbildung und Studium204
8.1.3.5 Opfer eines Überfalls und Jahre „Out of Space“210
8.1.4 Handlungskapazitäten und Handlungsverluste oder ‚Psychotherapie und Wen-Do als Wege der ‚Sorge um sich‘216
8.2 Heiner Offel221
8.2.1 Kurzbiographie221
8.2.2 Struktur und Themen des Interviews225
8.2.3 Strukturelle Analyse der Erzählung228
8.2.3.1 Kindheit im Krankenhaus228
8.2.3.2 Körperbehindertenschule und Trennung von den anderen ‚Contis‘234
8.2.3.3 Berufsvorbereitung und Ausbildung im Rehazentrum237
8.2.3.4 Verwirklichung der Interessen durch Hundezucht246
8.2.4 Handlungskapazitäten oder ‚Gesellschaftliche Partizipation und Anerkennung (nur) durch Hundezucht‘250
8.3 Vera Nickel254
8.3.1 Kurzbiographie254
8.3.2 Struktur und Themen des Interviews257
8.3.3 Strukturelle Analyse der Erzählung259
8.3.3.1 Entwicklung einer biographischen Identität als contergangeschädigte Frau259
8.3.3.2 Erwachsenenzeit: Kampf um das Zutrauen, Kinder groß zu ziehen und Kritik an den „Normis“270
8.3.3.3 Schul- und Berufsausbildung: Biographisch relevante Entscheidungen277
8.3.3.4 Erfahrungen mit dem medizinischen (Rehabilitations-)System281
8.3.4 Handlungskapazitäten oder ‚Pfeffer ans Leben geben‘291
8.4 Stefan Neumann295
8.4.1 Kurzbiographie295
8.4.2 Struktur und Themen des Interviews298
8.4.3 Analyse der Erzählung299
8.4.3.1 Widerstand gegen medizinische Normalisierungspraktiken und ein unhinterfragtes Leben mit kurzen Armen299
8.4.3.2 Schul- und Berufsausbildung302
8.4.4 Handlungskapazitäten oder ‚Rückhalt in der Herkunftsfamilie‘310
8.5 Susanne Grün313
8.5.1 Kurzbiographie313
8.5.2 Struktur und Themen des Interviews316
8.5.3 Strukturelle Analyse der Erzählung317
8.5.3.1 Erfahrungen mit dem medizinischen Rehabilitationssystem317
8.5.3.2 Problemloser Zugang zu normalen Bildungseinrichtungen321
8.5.3.3 Erste Beziehung und Studienbeginn328
8.5.3.4 Ausbildung und Berufstätigkeit beim Finanzamt333
8.5.3.5 Studium der Psychologie338
8.5.3.6 Nachschlag: Kritik an der Schulmedizin und noch einmal Prothesen341
8.5.4 Handlungskapazitäten oder ‚Die Feldenkrais-Methode als Weg zur Selbstwahrnehmung und Selbstsorge‘349
8.6 Bernd Kreienbrink352
8.6.1 Kurzbiographie352
8.6.2 Struktur und Themen des Interviews355
8.6.3 Feinanalyse der Erzählung356
8.6.3.1 Initiative der Mutter zur Umsetzung des Rechts auf Bildung356
8.6.3.2 Medizinische Verweigerungs- und Normalisierungspraktiken361
8.6.3.3 Sportliche Höchstleistungen367
8.6.3.4 Studium der Sozialpädagogik mit Schwerpunkt Schwerbehindertenarbeit369
8.6.4 Handlungskapazitäten oder ‚Sport als Weg zur Körperbeherrschung und Selbstentwicklung‘374
8.7 Annette Migula377
8.7.1 Kurzbiographie378
8.7.2 Struktur und Themen des Interviews380
8.7.3 Strukturelle Analyse der Erzählung381
8.7.3.1 Erfahrungen mit dem medizinischen Rehabilitationssystem381
8.7.3.2 Unkomplizierte Schulzeit im Regelschulsystem395
8.7.3.3 Ausbildung zur Erzieherin oder zur Beamtin?397
8.7.3.4 Bedeutung der Berufstätigkeit als Erzieherin im Heimbereich402
8.7.4 Handlungskapazitäten oder ‚Berührt werden und Gespräche als Wege der Selbsterkenntnis und ‚Sorge um sich‘409
9 Dispositive, biographische Erfahrungen, Macht, Lust und die ‚Sorge um sich‘413
9.1 Eltern unterstützen ihre Kinder und entscheiden gemeinsam ohne Rücksprache mit Disziplinen413
9.2 Biographische Bedeutsamkeit der Normalisierungspraktiken415
9.3 Wissenschaftliches versus biographisch ‚wahres‘ Wissen419
9.4 Epilog: Anerkennung als zentrales biographisches Thema423
Literatur429
Anhang451
Anhang 1: Medizinische Fachbegriffe451
Anhang 2: Siglen der Schriften von Michel Foucault453
Anhang 3: Siglen der Dysmelie-Arbeitstagungen (nach Tagungsjahr)453
Anhang 4: Transkriptionsnotation454

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