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E-Book

Das Ende der freien Wahl

Wie Medien und Politik die Wähler beeinflussen

AutorStefan A. Brandtner
Verlagepubli
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl201 Seiten
ISBN9783745095319
Altersgruppe1 – 99
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
Demokratische Wahlen sind eine wichtige Errungenschaft der aufgeklärten Gesellschaft. Doch wie unbeeinflusst sind wir als Wähler tatsächlich? Politiker, Wahlkampfberater, Medien und soziale Netzwerke wirken auf die Volksmeinung ein. Wo liegen die Grenzen zwischen Aufdeckungsjournalismus, Information und Propaganda? Dirty Campaigning und Wahlbeeinflussung sind die neuen Schlagworte, aber wie neu sind die wirklich? Zuletzt wurden auch in Europa der Wahlprozess immer wieder Verdächtigungen unterzogen: Immer wieder wird Wahlbetrug in Betracht gezogen. Eine emotionale Verunsicherung macht sich breit. Was ist politisches Framing? Welche Rolle spielen soziale Netzwerke im Wahlkampf? Welche Auswirkungen hatte die sogenannte Flüchtlingskrise auf die Politik? Warum wollen Anbieter wie Facebook und Instagram künftig noch stärker in die Algorithmen eingreifen? Ist Politik dramaturgisches Theater? Wie stark beeinflussen TV-Duelle eine Wahl? Was sind Influencer? Wie funktionieren Meinungsumfragen und Journalismus? Mit welchen Mitteln beeinflussen Zeitungen? Wie stark wirken sich Covers und Fotomontagen auf das Bild der Politiker aus? Welchen Stellenwert haben Polit-Inserate in den Medien? Diese und viele anderen Themen werden berührt. Ziel dieser Schrift ist es, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen, um Bürgern einen kritischen Blick zu ermöglichen. Der Versuch, zwischen Wissenschaft und populärer Analyse zu vermitteln. Eine politische Schrift ist es nicht. Sie haben die freie Wahl oder nicht?

Geboren in Salzburg. Studium Politwissenschaften und neue Medien. Autor und freischaffender Journalist bei mehreren Zeitungen.

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Leseprobe

1. Das gespaltene Volk
 


Spricht man mit Bürgern oder folgt den Diskussionen in sozialen Netzwerken, bekommt man zwei Impulse. Der erste Eindruck ist: eine große Politverdrossenheit nach den Enttäuschungen der letzten Jahre und eine wachsende Bereitschaft, das geringere Übel zu wählen. Zweitens sind Menschen dennoch überzeugt, ihre eigene Wahl zu treffen. Doch wie frei entscheiden wir wirklich? Natürlich gibt es Wählergruppen, die seit Jahren angestammten Parteien wählen, weil sie es immer getan haben.  ›Gesinnungswähler‹, auf deren Entscheidung tagesaktuelle Meldungen wenig Einfluss haben. Immer größer wird die Anzahl der Wechselwähler, die unberechenbar die Fronten wechseln und nicht einmal von den Meinungsforschern einzuschätzen sind. In den letzten Jahren wurde gerade in der österreichischen Presse das Bild vermittelt, das Land sei gespalten. Medien unterstellten sogar latenten Nationalsozialismus. In Österreich sowie in Deutschland wurde eine regelrechte Kampagne inszeniert, die einen Scheideweg zwischen ›rechts‹ und ›links‹ beobachten. 
In Österreich war dies vor allem 2000 (schwarzblaue Regierung 1) und 2017 (schwarztürkise Regierung) präsent. Dabei wird vergessen, dass die Rechtsrucksdiskussion ein alter Hut ist, welche schon seit den 1970er Jahren geführt wird. Aktuell wurde Kritik durch Skandale in schlagenden Verbindungen mit deutschnationaler Gesinnung verstärkt. Doch die Mitgliederzahl in solchen Vereinen wird landesweit mit 3-4000 Mitgliedern beziffert. Soziologisch stellt dies nicht gerade einen repräsentativen Schnitt der Bevölkerung dar. Egal, wo man heute angesiedelt ist: eine Bedrohung für die andere Richtung ist man auf jeden Fall. So ist mit einiger Besorgnis festzustellen, dass medial und politisch instrumentalisiert wird. Wenn ein Pensionist, der die Auswirkungen des Krieges noch miterlebt hat, eine eher linke Partei wählt, hat dies andere Gründe, als wenn es jüngere Generationen machen. In den ärmeren Schichten sind es aber durchaus auch ältere Menschen, die FPÖ und AfD wählen. Dies hat einen guten Grund. Existenzielle Ängste wurden jahrelang durch Politik und Medien geschürt. Bedrohungsszenarien von Leib, Wohl, Kindern und Land werden jeden Tag gezeichnet.
Durch den medialen Overkill (der Überforderung von Informationen), ist es kaum mehr möglich, wahre und falsche Nachrichten zu trennen. Wie werden Menschen beeinflusst, die nicht die Zeit oder Möglichkeit haben, sich täglich der Flut an Informationen zu widmen? Sie bilden sich ihre Meinung aus ihrer eigenen Erfahrung. Die Welt vor der Haustür ist der Maßstab der Einschätzung. Trotz permanentem Gerede von Wirtschaftswachstum hat sich das soziale Gebilde auch in reicheren Ländern verschlechtert. Immer mehr Konzerne oder Firmenkonstruktionen schlittern nach Privatisierungen in den Konkurs.  Nach der Globalisierung strebt alles in die Zweiklassen-Gesellschaft.  Privatversicherung. Privatsparpläne. Privatkrankenkassen. Privatpension. 
Das gescheiterte amerikanische Modell hat längst den Weg zu uns gefunden.
Menschen arbeiten auch bei uns oft in mehreren Jobs, haben Mühe, ihre Kinder zu versorgen und keine Zeit, täglich alle Medien zu prüfen. Parallel zu den politischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind Veränderungen in der Bevölkerung bemerkbar. Die demografische Lage ist völlig neu und alarmierend. Die Zahl der Singlehaushalte hat sich fast verdoppelt. Alleinerziehende Eltern, zerstrittene Familien und hundert-tausende Kontaktabbrechern, die sich nach jahrelangen Konflikten von ihren Familien oder Freunden abwenden, bestimmen das Volk. Die Zerrissenheit ist groß. 24% Paare sind ohne Kinder, 7,4% alleinerziehende Eltern, 37,2% Singlehaushalte und fast 30% Personen ab 65 Jahren sind eine dramatische Entwicklung.



Quelle: APA/ORF.at

 

Es bedeutet, dass in absehbarer Zeit niemand mehr eine staatliche Person bekommen kann, weil sich die Alterspyramide noch verschlimmert. Sie sickert nach unten, reiht sich nahtlos in die Langzeitsarbeitslosen über 50, deren Einstellung für Unternehmen unwirtschaftlich ist. Hier wird besonders durch die missglückte Zuwanderungspolitik noch mehr Verunsicherung geschaffen.

Die Generationen der 1970er bis 1990er-Generationen werden spürbare Nachteile in der Lebensplanung und Altersbetreuung haben. 
Die Finanzkrisen werden heute dafür verantwortlich gemacht. Der Druck auf die immer größer werdende Gemeinde der Single- und Patchworkhaushalte wird dabei selten berücksichtigt. Es gibt also weit mehr ökonomische Probleme. Im Augenblick wird in Österreich gerade das gesamte Sozialsystem verändert. Jüngste Pläne sehen drastische Einschränkungen für Arbeitslose und Mindestsicherung vor. Gleichzeitig wurde umgehend eine Förderungsaktion für über 50-jährige eingestellt. In Deutschland hat das Harz-IV-Modell schon große Auswirkungen auf das Volk. Zur selben Zeit findet eine wirtschaftliche Umverteilung von sozialen Geldern statt. Der Widerspruch kann schwer kommuniziert werden. Einerseits bedingen Arbeits- und Versicherungszeiten einen Anspruch auf soziale Leistungen, anderseits werden Völker davon ausbezahlt, die keinerlei Anspruch erworben haben. In der Politik und Wirtschaft gilt dies nicht. Noch immer werden Millionenabfertigungen bezahlt und wer ein paar mühsame Jahre in der Politik zugebracht hat, verdient danach gut bei Pharmakonzernen oder als Berater in der Wirtschaft. Dabei ist nicht ihr Know-How hohe Gagen wert, sondern ihre berufliche Vernetzung. Immerhin sind viele Quereinsteiger; einfache Verhältnisse vermitteln Volksnähe. Sehr verwirrend und auch täuschend sind Zahlen, Studien, die in allen Bereichen als Untermauerung verwendet werden.
Für das Volk, aber auch die Medien, wird die Ohnmacht der wahren Auslöser oftmals auf Menschen mit integrativem Hintergrund projeziert. So kam es zuletzt in zahlreichen europäischen Ländern zu einem Anstieg der Rechtsparteien.
Dies steht im Zusammenhang mit einem 2015 von der deutschen Bundesregierung durch ein Posting in Twitter ausgelöstes Phänomen, welches die Flüchtlingskrise genannt wird. Der Tweet, der Europa in ein Chaos stürzte, hatte nur hundertvierzig Zeichen.



Quelle: Twitter, 25.8 2015
 

Was anfangs als interner Vermerk und bürokratische Entlastung gedacht war, verbreitete sich wie ein Lauffeuer und wurde, erst als Einladungspolitik und schließlich als politischer Wende in ganz Europa kommuniziert. Dafür musste sogar das Asylrecht für alle Völker gekippt, werden. Freilich gilt die Neuregelung der Zuwanderung heite nicht nur für Syrien, sondern für alle Dritt-Länder. Alleine im vergangenen Jahr dürften 1450 Schiffe mit 120.000 Asylbewerber aus Afrika in Italien gelandet sein. Kriegsvertriebene aus Syrien oder Afghanistan waren kaum dabei. Die überwiegende Mehrzahl dieser Personen kam aus Subsahara-Afrika: aus Nigeria, Guinea, Elfenbeinküste, Bangladesch, Mali, Eritrea, Tunesien, Marokko oder Senegal.
Immer noch werden vor allem die deutschsprachigen Länder als reiche Nationen gesehen. Das Empfinden der eigenen Bevölkerung unterscheidet sich in vielen Fällen von diesem Bild. Es gibt also einen deutlichen Unterschied, wie Politik und Demokratie empfunden wird. 
Es sind offensichtlich diese gesellschaftliche Entwicklungen, welche im 21. Jahrhundert ein katastrophales Klima des Missvertrauens initiiert haben. Der Anstieg der Rechtsparteien kann aber auch mit diesem Vertrauensverlust der Großparteien erklärt werden. Historisch ist die Flüchtlingskrise ein prägnantes Ereignis wie 9/11 oder die (diversen) Finanzkrisen. Es hat sich viel verändert. Die Generation der Baby-Boomer (1946-1964) ist vorbei. Nach dem Fall der Mauer (1989) haben vor allem der Internet-Boom (1999), die Anschläge auf das WTC (2001), Die Ausweitung der EU, die Euro-Einführung (2002), die Finanzkrise (2008) und die Flüchtlingskrise (2015) das neue Jahrhundert bestimmt.
Die Flüchtlinge selbst, zumindest jene Personengruppen, die überhaupt Flüchtlinge sind, haben die Probleme nicht verschuldet. Die meisten von ihnen haben sich ein anderes Leben vorgestellt, als sie hier erwartet. So bedienten sich die Politiker und Presse der gleichen Rhetorik wie vor dreißig Jahren, als es um ein paar hunderttausend Gastarbeiter ging. In den Haider/Vranitzky-Zeiten stritt man um dreißigtausend Einwanderer.
Heute ist die Semantik der Diskussion unverändert. Die Einwanderer damals wollten um jeden Preis arbeiten und übernahmen darüber hinaus Jobs, die hierzulande niemand machen wollte. Sie wurden angeworben, um Arbeiten zu übernehmen, die im eigenen Land niemand machen wollte. Ein Teil der heutigen Flüchtlinge haben eine viel höhere Bildung. Die Flüchtlinge, die heute ankommen, sind nicht direkt mit den Gastarbeitern vergleichbar. Es gibt zwar aktuell viele offene Stellen in Deutschland, aber die Flüchtlinge verfügen oft nicht über die formalen Qualifikationen, die sie benötigen, um sie anzutreten. Ab dem Augenblick, wo sie einen positiven Aufnahmestatus erhalten, gelten sie aber nicht als Flüchtlinge, fallen aus den Statistiken und erhalten Gleichstellung bei sozialen Ansprüchen. Daher wurde die umstrittene Flüchtlingspolitik über emotionale Kanäle verkauft. Ganz überraschend war dies nicht. Es sind vier Voraussetzungen, mit denen man Staaten kontrollieren kann. Der ungehinderte Finanz & Spekulationsfluss (Finanzkrise), der freier Einwanderungsstrom (Flüchtlingskrise), der ungehinderte Strom von Öl, Benzin und Rohstoffen (Kriege in Iran, Syrien und Co) und die Kontrolle des Internet und der Telefondaten. Wie dies in sozialen Netzwerken (z.B von Facebook gemacht wird,...

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