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Das Glück ist ein Schmetterling

Vorlesebuch für Senioren. Heiter-besinnliche Kurzgeschichten

AutorBernd Saal, Irén Beer-Kuhner, Katrin Bendrich, Martina Rühl, Susann Winkler
VerlagSchlütersche
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl128 Seiten
ISBN9783842687912
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Heiter-besinnliche Kurzgeschichten für die Aktivierung und Erinnerungsarbeit. Ideal für Gruppenstunden oder die kleine Aufmunterung zwischendurch. Geschichten für die festlichen und alltäglichen Tage im Jahreskreis. Augenblicke des Glücks ergeben sich ganz von selbst beim (Vor-)Lesen der Geschichten dieses Buches. Die Autoren schreiben von Momenten der Freude, der Liebe und der Hoffnung: mal heiter, mal besinnlich, mal nachdenklich oder aufmunternd. Mit diesen Geschichten lassen sich Gespräche einleiten oder vergnügte Gruppenstunden veranstalten. Angeordnet im Jahreskreis illustrieren die kurzen Erzählungen Erinnerungen an Feiertage oder Erlebnisse, an die viele Senioren gern zurückdenken. Ein ideales Taschenbuch für die Aktivierung und Erinnerungsarbeit mit Senioren.

Irén Beer-Kuhner war Grund- und Hauptschullehrerin und arbeitet heute als Altentherapeutin in einem Seniorenzentrum. Katrin Bendrich ist Kauffrau im Gesundheitswesen und arbeitete zuvor mehrere Jahre in einer Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz. Martina Rühl arbeitet in einem Wohnbereich für Demenzkranke im stationären Bereich eines Pflegeheims. Sie ist Verfasserin des Buches 'Ich muss in die Schule' mit Geschichten 'aus der Welt der Demenz'. Bernd Saal war lange Jahre Pfarrer in Coburg, wo er seine Gemeinde und umliegende Altenheime immer wieder mit selbstverfassten Erzählungen begeisterte. Von ihm ist auch das Buch 'Der Apfelbaum im Schnee' erschienen. Susann Winkler ist Diplom-Heilpädagogin und arbeitet im Bereich soziale Betreuung. Ihre Passion: Das Schreiben von Kurzgeschichten, die u. A. unter dem Titel 'Bitte 3x täglich lachen' erhältlich sind.

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Leseprobe

Im neuen Jahr


Die heiligen drei Könige


Bernd Saal

Es gibt böse Geschichten. Da werden Verdächtigungen ausgesprochen, die keinen Funken Wahrheit enthalten. Da wird hinter dem Rücken Schlechtes über einen Menschen geredet. Die bösen Worte eilen von Mensch zu Mensch, stets kommt etwas hinzu, aber niemand hat den Mut zu sagen: »Halt! Wir wollen gut über unsere Mitmenschen reden. Wir wollen uns das Leben nicht noch schwerer machen, als es ohnehin ist.«

Doch einmal war alles anders.

Er erwachte ganz früh morgens. Noch im Halbschlaf glaubte er eine Stimme zu hören, die ihm sagte. »Die Welt ist freundlich. Lebe auch Du freundlich.« Dieser Satz begleitete ihn den ganzen Tag.

Als er durch die Stadt ging, schienen die Menschen diesen Satz zu rufen. Die Verkäufer lächelten ihn an. Die Menschen grüßten ihn verwundert, aber höflich. Jedes Gespräch, das er führte oder dem er lauschte, schien ihm zu sagen: »Die Welt ist freundlich. Lebe auch Du freundlich.«

Er dachte darüber nach, ob er wohl am Vorabend zu viel getrunken hatte, aber das konnte es eigentlich nicht gewesen sein. Er hatte nur Tee getrunken – mit einem kleinen Schuss Rum, das musste er zugeben. Doch das konnte seinen Zustand nicht erklären. Er fühlte sich auch nicht überarbeitet, obwohl die vergangenen Wochen sehr schwer für ihn gewesen waren. Nein, er fand einfach keinen Grund dafür, warum ihm jetzt alles zuzulächeln schien. Als er die tiefen Töne der Kirchenglocken hörte, ging er in den großen stillen Raum, setzte sich auf eine Bank und kam zur Ruhe. Vorn, neben dem Altar, stand eine große Krippe. Er konnte die heiligen drei Könige sehen. Sie sahen richtig schmuck aus in ihren feinen Gewändern und mit ihrer hoheitsvollen Haltung. Er kannte ihre Geschichte.

Eigentlich waren es Sterndeuter, aus denen die Überlieferung im Laufe der Jahrhunderte drei Könige gemacht hatte. Doch, ob Sterndeuter oder König, ob drei oder mehr – diese Männer waren mit ihren Gaben einem Stern gefolgt. Sie waren aufgebrochen, als es Zeit war und suchten ihren König, dem sie ihre Gaben darboten. Gold, Weihrauch und Myrrhe.

Er saß still auf seiner Kirchenbank und dachte nach. Der Tag war schon ein wenig sonderbar gewesen: die Stimme am frühen Morgen, die Erlebnisse mit den Menschen in seiner Stadt. Während er so nachdachte, fiel sein Blick wieder auf die Krippe und – das war doch nicht möglich! – die Figuren darin bewegten sich! Er sah, dass die heiligen drei Könige dem Jesuskind ihre Gaben brachten.

Der erste König reichte dem Jesuskind das Gold. Das kleine Kind in der Krippe nahm es in seine Hände, segnete es und gab es dem König zurück.

»Mit dem Gold kannst du Gutes und Böses tun. Du kannst den Armen und Kranken helfen oder Armeen bezahlen und Kriege führen. Nimm die Gabe, die du mir schenken wolltest und setze sie zum Segen ein für alle Menschen.«

Der König verbeugte sich tief und nahm das Gold wieder entgegen.

Der zweite König reichte dem Kind eine Schale mit Weihrauch. Auch diese Schale nahm das Kind entgegen, segnete sie und gab sie dem König zurück.

»Ihr Menschen zündet oft wohlriechende Kräuter an, wenn ihr betet. Der aufsteigende Rauch macht eure Gebete sichtbar.

Nimm die Gabe, die du mir schenken wolltest, wieder entgegen und denke daran, dass deine Gebete zu meinem Vater im Himmel dich zu deinen Mitmenschen führen sollen.«

Auch dieser König verbeugte sich tief und nahm sein Geschenk entgegen.

Der dritte König reichte dem Kind einen Korb mit Myrrhe. Das Kind in der Krippe nahm auch diese Gabe an, segnete sie und reichte sie dem König zurück.

»Myrrhe ist ein Zeichen für das Leid. In ihr spiegelt sich mein künftiges Leiden wider und auch dein zukünftiger Weg. Nimm die Gabe, die du mir schenken wolltest, zurück, und nimm deinen Weg an. Er wird dich verwandeln. Du wirst tief hinabsteigen in die Seelen der Menschen und du wirst ihnen helfen, ihre Seelen zu heilen.«

Auch der dritte König verbeugte sich tief und nahm sein Geschenk entgegen.

Dann war alles still. Unbeweglich verharrten die Figuren in der Krippe. Hatte das Licht ihn getäuscht? War er eingeschlafen und hatte geträumt? Er schüttelte den Kopf. Heute ist entschieden ein seltsamer Tag, dachte er.

Doch als er zur Tür hinausging und den Weg zum Marktplatz einschlug, da rief ihm ein Kind zu: »Alles Gute noch zum neuen Jahr!«

Und plötzlich ging ihm der Sinn all der seltsamen Geschehnisse auf, die ihm den ganzen Tag wiederfahren waren. Ja, das neue Jahr sollte gut werden. Es konnte gut werden – wenn er etwas dafür tat. »Die Welt ist freundlich«, dachte er. »Also will ich freundlich leben.«

So änderte er seine Haltung, seine Gedanken, seine Handlungen. Von nun war er freundlich zu allen Menschen und wie ein Samenkorn ging diese Freundlichkeit auf, spross und wuchs und gedieh. Später dachten die Menschen in der Stadt: »Was ist das doch für eine schöne Zeit! Wir reden freundlich miteinander, grüßen uns höflich, helfen uns – und wenn mal jemand etwas Böses sagt, dann rufen wir gleich »Halt – wir wollen uns das Leben doch nicht noch schwerer machen, als es ohnehin ist.«

Das Kind in dem goldenen Boot


Bernd Saal

Es war einmal ein ganz normaler Junge, der in einer ganz normalen Stadt aufwuchs. Dort gab es eine Schule und ein Rathaus, eine Kirche, einen Bäcker, einen Metzger und selbst einen Supermarkt. Der Junge wuchs auf, ging zur Schule, spielte am Nachmittag, machte seine Hausaufgaben – jeder Tag ging so vorüber und ein Tag glich dem anderen.

Doch eines Tages merkte der Junge, dass er seine Freunde verloren hatte. Sie hatten alle keine Zeit mehr für ihn. Sie waren mit so vielem anderen beschäftigt, dass niemand mehr mit ihm auf der Straße Fußball spielen wollte. Keiner hatte die Zeit, am Fluss entlang zu streifen oder im Herbst Drachen steigen zu lassen. Der Junge war immer öfter allein und saß mit seinem Ball auf der Bank im Park.

Seine Freunde hatten keine Zeit, weil sie nach der Schule ihre neuen Computerspiele ausprobierten. Jeder saß dann in seinem Zimmer und spielte gegen andere, die auch in ihrem Zimmer saßen, irgendwo auf der Welt.

Der Junge kam sich ganz sonderbar vor und dachte: »Ich gehöre sicher einer anderen Welt an.« Und weil er so dachte, stand er eines Tages von seiner Bank auf und ging davon. Er steckte die Hände in die Hosentaschen, verließ die Stadt und suchte die Welt, zu der er wohl gehören würde. Dort hätten die Menschen Zeit für ihn – das wusste er.

Als seine Eltern abends nach Hause kamen, da vermissten sie ihren Sohn zwar. Aber sie dachten sich, er sei bei seinen Freunden und setzten sich erst einmal vor den Fernseher. Doch als es spät und später wurde, bekamen sie es mit der Angst zu tun und begannen, seine Freunde anzurufen. Aber die wussten von nichts, sie hatten den Jungen schon lange nicht mehr gesehen.

Der Junge aber ging fort, mit den Händen in der Hosentasche. Er ging durch Wälder, Dörfer und Städte. Er überquerte Flüsse und kam bis ans Meer. Dort wurde ihm seine Einsamkeit bewusst. Grau lag das Meer da, unüberwindlich und kalt. Der Junge weinte und suchte Schutz in den dürren Gräsern der Dünen. »Morgen gehe ich zurück«, sagte er sich. »Ich finde die Welt nicht, zu der ich gehöre.«

Doch als der Mond aufging und er übers Meer blickte, da sah er einen goldenen Schimmer auf den Wogen tanzen. Ein goldenes Boot kam auf ihn zu. Ein Kind saß darin und winkte ihm zu. Der Junge stieg ins goldene Boot und fuhr hinaus aufs Meer.

Dort draußen deutete das Kind aufs Meer und sagte zu dem Jungen: »Das ist deine Welt. Sie ist einsam und leer und voller Traurigkeit. Du kannst darin nicht leben. Niemand kann in einer solchen Welt leben. Deshalb bin ich zu dir gekommen. Ich möchte dir etwas zeigen. Doch damit ich das tun kann, musst du etwas tun. Du musst dich umdrehen und zurückschauen.«

Der Junge zögerte. Das Boot schwankte und er hatte Angst, dass er über Bord fallen würde, wenn er sich jetzt umdrehte. Aber das Kind nickte ihm freundlich zu und so stand er tapfer auf und blickte zurück. »Aber ich sehe ja nichts«, wollte er gerade ausrufen, als er einen hellen Lichtschein bemerkte. Immer heller wurde der und der Junge erkannte, dass der Strand direkt vor ihm lag: Warm war er und weiß glänzte – und er war voller Menschen!

Direkt vor ihm standen seine Eltern und winkten ihm zu. Sie waren noch in der Nacht aufgebrochen und hatten ihn gesucht. Auch seine Freunde waren da, mit ihren Eltern. Stundenlang hatten sie in der Kälte nach ihm Ausschau gehalten, bis sie ihn entdeckten – im Park, den Anorak über den Kopf gezogen, den Ball in der Hand. Der Junge hatte sein ganzes Abenteuer nur geträumt. Er war eingeschlafen, vor Kälte und vor Müdigkeit. Hätten seine Eltern, seine Freunde und deren Eltern ihn nicht gesucht – er wäre vor Kälte gestorben.

Diese Nacht veränderte die ganze Stadt, denn...

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