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Die Handlungsform der interinstitutionellen Vereinbarung

Eine Untersuchung des Interorganverhältnisses der europäischen Verfassung

AutorFlorian von Alemann
VerlagSpringer-Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl518 Seiten
ISBN9783540377115
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis74,99 EUR

Der Autor analysiert interinstitutionelle Vereinbarungen zwischen Europäischem Parlament, Kommission und dem Rat in ihrem historischen Kontext und ihrer verfassungsrechtlichen Bedeutung. Im ersten Teil: die zulässige und rechtlich bindende Handlungsform der Interorgankooperation. Im zweiten Teil: die verfassungsrechtliche Zuordnung. Mit Neubestimmung des Interorganverhältnisses, zur Weiterentwicklung der herkömmlichen Gewaltenteilungslehre.

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Leseprobe
"§ 14 Verfassungsfunktionale Aspekte interinstitutioneller Vereinbarungen (S. 373-374)

Wie sich in den vorangegangenen Überlegungen schon angedeutet hat, hat die Handlungsform der interinstitutionellen Vereinbarung einen engen verfassungsrechtlichen Bezug. Wenn sie sich einerseits als Funktion der Verfassungsentwicklung der Europäischen Union darstellen lassen kann, soll nun der umgekehrte Weg beschritten werden: die Aufarbeitung verfassungsfunktionaler Aspekte interinstitutioneller Vereinbarungen.

Die Fragestellung ist erklärungsbedürftig. Abstrakt mathematisch formuliert bezeichnet der Ausdruck Funktion eine abhängige Beziehung zweier Größen, bei denen der Wert der einen sich aus einer konditionalen Verknüpfung mit der anderen ergibt. Davon wird eine gewöhnlich als abhängige (x) und die andere als unabhängige (y) Variable bezeichnet.

Eine funktionale Betrachtungsweise bildet somit stets eine Relation zwischen ihrem Gegenstand und einem außerhalb stehenden Bezugspunkt ab. Strenggenommen macht daher die isolierte Untersuchung der Funktion eines Gegenstands keinen Sinn, weil es immer darauf ankommt, in Bezug worauf diese Funktion bestehen soll. Konkret bedeutet das, dass es die Funktion einer Rechtssatzform nicht gibt. Das gilt auch für die Handlungsformenlehre der Europäischen Union. Eine funktionale Analyse interinstitutioneller Vereinbarungen muss sich daher stets über ihren Bezugspunkt im Klaren sein.

Das Verfassungssystem der Europäischen Union bildet den Parameter der Untersuchung, anhand dessen funktionale Erkenntnisse über die interinstitutionellen Vereinbarungen gewonnen werden sollen. Das skizzierte Modell der europäischen Verfassung kann dazu herangezogen werden. Auf dieser Folie können verfassungsrechtliche Funktionen interinstitutioneller Vereinbarungen analytisch entwickelt werden. Der Verzicht auf einen bestimmten Artikel spiegelt die Offenheit der rechtlichen Kategorie Funktion. Angesichts eines steten Verfassungswandels kann es auch zu entsprechenden Funktionswandeln kommen.

Das Set von Parametern erweist sich somit real als variabel; die abhängige Variable ist bis zu einem gewissen Grad selbst unabhängig. Die Beschreibung unterschiedlicher Funktionen einer Handlungsform in einer Verfassung ist kein abgeschlossenes Projekt. Diese Studie kann daher lediglich einen Überblick über aktuelle Aspekte geben. Die Betonung verfassungsrechtlicher Funktionen bildet den begrenzten Fokus der Fragestellung r ab. Nicht jede funktionale Relation, die sich irgendwie im europäischen Integrationsgefüge verankern lässt, soll hier beleuchtet werden. Im Zentrum stehen vielmehr die Funktionen der Vereinbarungen für das institutionelle System der Verfassung.

1. Verfassungsrechtliche Funktionen interinstitutioneller Vereinbarungen

Funktionale Elemente sind im Laufe der bisherigen Untersuchung schon gelegentlich angesprochen worden. Bisher standen allerdings jeweils andere Raster im Vordergrund. Methodisch ist die Untersuchung gesellschaftlicher Strukturen anhand des Konzepts der Funktion vor allem in den Sozialwissenschaften gebräuchlich . Als Funktion gilt dabei die Leistung eines Elements zur Herstellung oder Erhaltung eines bestimmten Systemzustands oder des Zustands eines anderen Elements im System."
Inhaltsverzeichnis
Vorwort6
Table of Contents8
Abkürzungsverzeichnis14
Einleitung18
§ 1 Problemstellungen und Forschungsinteressen22
§ 2 Methodische Vorbemerkungen25
§ 3 Historische Entwicklung der interinstitutionellen Zusammenarbeit31
I. Teil: Rechtsdogmatische Konzipierung und Einordnung interinstitutioneller Vereinbarungen38
§ 4 Die wissenschaftliche Debatte um die rechtliche Bewertung interinstitutioneller Vereinbarungen40
1. Frühe theoretische Konzepte gegen eine rechtliche Bindung41
2. Ansätze einer subjektiven Begründung rechtlicher Bindung44
3. Ansätze einer objektiven Begründung rechtlicher Bindung46
4. Aktuelle wissenschaftliche Bewertungen49
5. Rechtsprechung zu interinstitutionellen Vereinbarungen54
6. Anstatt einer Zusammenfassung57
§ 5 Identifikationsmerkmale interinstitutioneller Vereinbarungen59
1. Herkömmliche Begriffsverwendung61
2. Formale Identifikationskriterien64
3. Zusammenfassung70
§ 6 Interinstitutionelle Vereinbarungen in der Rechtspraxis der EU72
1. Verfahrensrechtliche Aspekte74
a. Initiative zur Normsetzung75
(1) Primär- und sekundärrechtliche Regelungen des Initiativrechts75
(2) Initiativen zum Abschluss interinstitutioneller Vereinbarungen in der Praxis81
b. Aushandlung des Normtextes89
c. Verabschiedung98
d. Veröffentlichung103
e. Aufhebung und Änderung106
(1) Regelungen zur Aufhebung und Änderung in den interinstitutionellen Vereinbarungen108
(2) Materieller Gehalt der Derogationsklauseln113
f. Zusammenfassung117
2. Formale Aspekte118
a. Sprachliche Aspekte120
b. Aufbau124
c. Bezeichnung130
d. Begründung135
e. Sonstige Merkmale137
f. Zusammenfassung141
§ 7 Systematische Einordnung als Handlungsform des Unionsrechts145
1. Vergleich zu ähnlichen Regelungsformen im nationalen und internationalen Recht146
a. Nationales Recht149
(1) Deutschland149
(2) Frankreich153
(3) Italien155
(4) Belgien156
(5) Großbritannien und USA156
b. Internationales Recht159
c. Zusammenfassung160
2. Systematische Stellung in der Unionsrechtsordnung161
a. Abgrenzung gegen andere Formen der interinstitutionellen Kooperation162
(1) Beschlüsse163
(2) Brief- oder Notenwechsel167
(3) Allgemeinpolitische gemeinsame Erklärungen168
(4) Gemeinsame Erklärungen im Haushaltsverfahren170
(5) Erklärungen zu Rechtsakten171
(6) Vorbereitungsakte172
(7) Verhaltenskodizes172
(8) Vereinbarungen zwischen anderen Institutionen174
(9) Fazit177
b. Organisationsrechtliche Deutung interinstitutioneller Vereinbarungen178
3. Interinstitutionelle Vereinbarungen als Handlungsform des Unionsrechts192
a. Die Handlungsform als rechtsdogmatische Kategorie193
b. Interinstitutionelle Vereinbarungen als Handlungsform des Unionsrechts199
c. Folgen der Einordnung als Handlungsform207
§ 8 Zulässigkeit und Grenzen interinstitutioneller Vereinbarungen211
1. Die Kompetenzordnung der Europäischen Union211
a. Reichweite des Prinzips der begrenzten Ermächtigung213
b. Typenfindungsrecht der Organe219
2. Zulässigkeit interinstitutioneller Vereinbarungen226
a. Kompetenzgrundlagen interinstitutioneller Vereinbarungen227
(1) Ausdrückliche primärrechtliche Ermächtigungen227
(2) Organübergreifendes Selbstorganisationsrecht als ungeschriebene Kompetenzgrundlage230
(3) Sekundärrechtliche Ermächtigungen237
b. Schöpfung der Handlungsform interinstitutionelle Vereinbarung238
(1) Formlücken der europäischen Verfassung239
(2) Erklärung Nr. 3 zum Vertrag von Nizza241
(3) Interinstitutionelle Vereinbarungen als Besitzstand der EU242
c. Fazit: interinstitutionelle Vereinbarungen als Handlungsform des organübergreifenden Selbstorganisationsrechts243
3. Grenzen der Zulässigkeit interinstitutioneller Vereinbarungen244
a. Inhaltliche Kompetenzgrenzen245
b. Kompetenzausübungsgrenzen249
4. Zwischenergebnis250
§ 9 Rechtliche Wirkungen interinstitutioneller Vereinbarungen252
1. Aspekte rechtlicher Bindung253
a. Rechtsbindungswillen259
(1) Rechtsfähigkeit der Organe260
(2) Kontraktualistische Deutung interinstitutioneller Vereinbarungen264
(3) Problem des Bindungswillens265
b. Kooperationspflicht269
c. Verbindlichkeit kraft Kompetenz271
(1) Kompetenz zum Erlass bindender Normen273
(2) Interinstitutionelle Vereinbarungen als bindende Rechtsakte275
d. Kontraktualistischer Verpflichtungsmodus interinstitutioneller Vereinbarungen276
2. Verhältnis zu anderen Rechtsakten279
a. Aktives Derogationsvermögen281
b. Passives Derogationsvermögen283
3. Mittelbare Rechtswirkungen285
a. Erhöhung von Begründungspflichten286
b. Schaffung von Vertrauenstatbeständen288
c. Auslegungsanleitung290
d. Dynamisierung des Verfassungsrechts292
4. Zwischenergebnis295
§ 10 Justiziabilität interinstitutioneller Vereinbarungen298
1. Direkte Justiziabilität299
a. Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage300
(1) Klagegegenstand300
(2) Klageberechtigung310
(3) Richtiger Beklagter316
b. Begründetheit der Nichtigkeitsklage318
c. Weitere Verfahrensarten323
2. Interinstitutionelle Vereinbarungen als Maßstab für andere Akte324
a. Interinstitutionelle Vereinbarungen als wesentliche Formvorschriften325
b. Verstoß gegen interinstitutionelle Vereinbarungen als Vertragsverletzung328
c. Untätigkeitsklage auf Grundlage einer interinstitutionellen Vereinbarung330
3. Zusammenfassung331
§ 11 Zusammenfassung des I. Teils334
II. Teil: Verfassungstheoretische Einordnung interinstitutioneller Vereinbarungen335
§ 12 Verfassungsentwicklung und interinstitutionelle Vereinbarungen337
1. Die Haushaltsverträge von 1970/75339
2. Die Europäische Union nach Maastricht346
a. Haushaltsdisziplin 1993349
b. Interinstitutionelle Konferenzen350
c. Sicherung der Haushaltsbefugnisse des Parlaments356
d. Fazit358
3. Die Vorbereitung der Osterweiterung359
a. Vertrag von Amsterdam360
b. Vertrag von Nizza365
c. Verfassungsvertrag vom 29. Oktober 2004368
4. Zusammenfassung369
§ 13 Exkurs: Modellskizze der Europäischen Verfassung371
1. Verfassungsstrukturen374
2. Verfassungsprinzipien379
a. Herrschaft des Rechts380
b. Demokratie384
3. Zusammenfassung388
§ 14 Verfassungsfunktionale Aspekte interinstitutioneller Vereinbarungen389
1. Verfassungsrechtliche Funktionen interinstitutioneller Vereinbarungen390
a. Stabilitätsfunktion391
b. Flexibilitätsfunktion394
c. Vernetzungsfunktion401
d. Publizitätsfunktion405
2. Funktionale Bedeutung interinstitutioneller Vereinbarungen408
§ 15 Interinstitutionelle Vereinbarungen in der Organverfassung der EU411
1. Das Interorganverhältnis der europäischen Verfassung411
a. Institutionelle Prinzipien414
(1) Autonomie419
(2) Institutionelles Gleichgewicht423
(3) Loyale Zusammenarbeit436
b. Verhältnis interinstitutioneller Vereinbarungen zu den institutionellen Prinzipien441
c. Die Interorganbeziehungen der europäischen Verfassung revisited446
2. Singularität interinstitutioneller Vereinbarungen als verfassungsrechtliches Problem450
§ 16 Zusammenfassung des II. Teils456
Gesamtergebnis460
Summary474
Anhang486
Literaturverzeichnis489
Sachregister529

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