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E-Book

Die Intelligenz der Evolution

Wenn mensch und Computer verschmelzen

AutorRay Kurzweil
VerlagVerlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl512 Seiten
ISBN9783462316186
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Der Visionär, der bislang richtig lag Beschleunigung ist das Gesetz der Zeit. Der entfesselte Fortschritt reißt alle Grenzen nieder. Computer überflügeln den Menschen in allen Belangen der Intelligenz und entwickeln Bewusstsein. Der Mensch »verbessert« seine natürliche Ausstattung mittels Gentechnik und Neuro-Implantaten. Ein neuer Evolutionssprung kündigt sich an. Der Computerpionier Ray Kurzweil hat unser Informationszeitalter mitgeprägt. Nun beschreibt er die digitale Revolution unseres Jahrhunderts. Seine Prognosen für die ersten beiden Jahrzehnte des 21. Jahrhunderts sind erstaunlich präzise. Um das Jahr 2029 kann das menschliche Gehirn »gescannt« und in einem Computer dupliziert werden. Die Debatte über das Bewusstsein und die Würde der Maschinen setzt ein ... Eine atemberaubende Vision, die weitreichende ethische und philosophische Fragen aufwirft. Im Vorwort schreibt Ranga Yogeshwar: »Dieses Zukunftsbuch ist ein Beleg für Kurzweils großartigen Instinkt. Es strahlt noch immer eine besondere Frische aus.«

Ray Kurzweil, Jahrgang 1948, ist ein US-amerikanischer Wissenschaftler, Computerpionier und Unternehmer. Kurzweil hat mit einer Vielzahl von Erfindungen unsere digitale Gegenwart geprägt: vom Flachbettscanner und dem durch seinen Freund Stevie Wonder inspirierten Syntheziser bis zu Lesemaschinen für Blinde und Sprach- und Texterkennungssysteme. Seit Dezember kann der Vordenker des Transhumanismus seine Visionen als Director of Engineering bei dem mächtigen Internetunternehmen Google umsetzen.

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Leseprobe
Inhaltsverzeichnis

Der Übergang ins 21. Jahrhundert

Heutige Computer übertreffen menschliche Intelligenz auf zahlreichen Spezialgebieten: so beim Schachspielen, bei der medizinischen Diagnose, dem An- und Verkauf von Aktien und der Lenkung von Mittelstreckenraketen. Andererseits ist die menschliche Intelligenz auf fast allen Gebieten anpassungsfähiger und flexibler. Noch immer sind Computer nicht in der Lage, Gegenstände auf einem Küchentisch zu beschreiben, einen Kinofilm zusammenzufassen, Schnürsenkel zu binden, den Unterschied zwischen einem Hund und einer Katze zu benennen (mit neuronalen Netzen – Computersimulationen menschlicher Gehirnzellen – ist dies theoretisch allerdings heute schon möglich), auf Witze zu reagieren oder andere komplizierte Aufgaben zu erfüllen, die ihre menschlichen Schöpfer glänzend meistern.[2]

Ein Grund für diese Defizite liegt darin, dass selbst die leistungsfähigsten Computer noch immer millionenfach einfacher als die menschliche Intelligenz funktionieren. (Sie reagieren zumeist nach vorgegebenen Mustern auf einfache Befehle.) Diese Ungleichheit wird allerdings schon Anfang des nächsten Jahrhunderts verschwinden. Seit der Erfindung von Rechenanlagen Anfang unseres Jahrhunderts haben sich deren Arbeitsgeschwindigkeit und Komplexität alle vierundzwanzig Monate verdoppelt (was jeweils eine Vervierfachung der Leistungsfähigkeit bedeutet). Da dieser Trend in Zukunft anhalten dürfte, werden Computer um das Jahr 2020 die Speicherkapazität und Rechengeschwindigkeit des menschlichen Gehirns erreichen.

Aber das gibt ihnen nicht automatisch auch die Flexibilität menschlicher Intelligenz. Ebenso wichtig sind die Organisation und die Inhalte dieser beiden Fähigkeiten, gewissermaßen die Software der Intelligenz. Ein Ansatz, Software nach Art des Gehirns zu entwickeln, besteht in der Umkehrtechnik – dabei wird ein menschliches Gehirn gescannt (was schon Anfang des nächsten Jahrhunderts möglich werden wird)[3], und die Nervenschaltungen werden auf einen ausreichend leistungsfähigen Neurocomputer (ein Rechner zur Simulation einer gewaltigen Anzahl menschlicher Neuronen) übertragen.

Es gibt eine Vielzahl denkbarer Szenarien, wie in einer Maschine Intelligenz auf menschlichem Niveau erzeugt werden könnte. Wir werden in der Lage sein, mit neuronalen Netzen und anderen Paradigmen kombinierte Systeme so zu entwickeln und zu trainieren, dass sie »natürliche Sprache«, d.h. menschliche Sprache – gesprochene Worte wie geschriebene Texte – verstehen und daraus Wissen und Erkenntnisse ableiten und verarbeiten können. Die Fähigkeit, aus Sprache oder schriftlichen Texten Wissen zu exzerpieren, ist bei der heutigen Generation von Computern nach wie vor begrenzt, doch wächst ihre Kompetenz auf diesem Gebiet rasant. Im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts werden Computer Texte selbstständig lesen, speichern und verarbeiten. Dann können sie mit jeder Art Literatur – mit Büchern, Fachzeitschriften, wissenschaftlichen Veröffentlichungen und anderem Material – gefüttert werden. In einem weiteren Schritt werden Maschinen selbstständig Wissen erwerben: Sie wagen sich in die physische Welt hinaus, nutzen die verfügbaren Quellen und Informationsdienste und tauschen das erworbene Wissen untereinander aus (was Maschinen viel leichter fällt als Menschen).

Sobald Computer ein menschliches Niveau an Intelligenz erreicht haben, werden sie auch diese Stufe zwangsläufig rasch überwinden. Rechner hatten gleich nach ihrem Erscheinen begonnen, den Menschen an Gedächtnisleistungen und der Fähigkeit zur Informationsverarbeitung zu überflügeln. Heutzutage speichern Computer mühelos und jederzeit abrufbar Milliarden von Fakten. Dagegen bereitet es Menschen oft schon Schwierigkeiten, wenn sie sich eine Handvoll Telefonnummern merken sollen. Rechner durchforsten in Bruchteilen von Sekunden Datenbanken mit vielen Millionen Einträgen. Auf ihre Wissensbasen kann jederzeit zugegriffen werden. Maschinen, die eine Intelligenz auf menschlichem Niveau mit der dem Computer innewohnenden höheren Arbeitsgeschwindigkeit, Zuverlässigkeit und Kommunikationsfähigkeit vereinen, werden Fantastisches leisten.

Obwohl die Neuronen von Säugetieren auf wunderbare Weise ihren Zweck erfüllen, sind sie ihren technischen Entsprechungen gegenüber deutlich im Nachteil. Ein Großteil ihres komplexen Aufbaus dient statt der Informationsverarbeitung der Aufrechterhaltung der eigenen Lebensfunktionen. Zudem arbeiten Neuronen sehr langsam. Elektronische Schaltungen funktionieren mindestens eine Million Male schneller. So könnte ein Computer mit menschlichen Fähigkeiten, indem er abstrakte Begriffe versteht, Muster erkennt oder andere typisch menschliche Intelligenzleistungen erbringt, mit einer gewaltigen Wissensbasis umgehen, die sich aus dem gesamten von Menschen und Maschinen zusammengetragenen Wissen speist.

Dass Computer mit der menschlichen Intelligenz ernsthaft konkurrieren werden, halten viele unter Berufung auf den momentanen Stand der Technik für ein Hirngespinst. Wer zu Hause mit seinem Computer umgeht, hat nicht den Eindruck, dass er es mit echter Intelligenz zu tun hat. Wie sollte diese Maschine Humor haben, eine Meinung vertreten oder eine andere der Fähigkeiten zeigen, in denen menschlicher Geist brilliert?

Aber die Computertechnik macht eine rasante Entwicklung durch. Fähigkeiten, die vor zwei Jahrzehnten nicht für möglich gehalten wurden, werden heute technisch umgesetzt. Zum Beispiel sind Computer heutzutage schon in der Lage, fortlaufend gesprochene Texte exakt zu erfassen und niederzuschreiben; sie sind dialogfähig, da sie Eingaben – schriftlich oder mündlich – verstehen und intelligent beantworten können. Sie werten medizinische Verfahren – Elektrokardiogramme, Blutuntersuchungen usf. – so zuverlässig wie Ärzte aus und bestreiten ganz selbstverständlich Schachweltmeisterschaften. Zu den Errungenschaften des nächsten Jahrzehnts gehören simultan dolmetschende Telefone, elektronische Assistenten, die einen auf Anfrage mit jeder erdenklichen Information versorgen, und eine Vielzahl weiterer Maschinen mit immer breiter gefächerten und flexibleren Intelligenzleistungen.

Im zweiten Jahrzehnt des nächsten Jahrhunderts werden die Grenzen zwischen menschlicher und maschineller Intelligenz immer stärker verschwimmen. Deutlich erkennbar wird dagegen die Überlegenheit der Computerintelligenz im Hinblick auf Geschwindigkeit, Zuverlässigkeit und Speicherkapazität sein. Und immer schwieriger wird es andererseits werden, zu bestimmen, wo menschliche Intelligenz noch überlegen ist.

Schon heute leistet Computersoftware mehr, als viele wahrnehmen. Bei Demonstrationen der jüngsten Entwicklung auf Gebieten wie der Sprach- oder Schrifterkennung erlebe ich es häufig, dass der Stand der Technik Beobachter völlig überrascht. Die einzigen Erfahrungen beruhen meist auf dem Umgang mit einem veralteten System, das über einen beschränkten Wortschatz verfügte, Pausen zwischen den gesprochenen Wörtern erforderte und dabei noch Fehler produzierte. Staunend erleben sie dann, wie heutige Systeme fortlaufend gesprochene Texte mit bis zu sechzigtausend verschiedenen Vokabeln zuverlässig wie eine Sekretärin niederschreiben.

Die Intelligenz von Computern nähert sich unaufhaltbar der unseren an. So vertraute Garri Kasparow 1990 beispielsweise noch darauf, dass ein Computer ihn im Schach niemals auch nur annähernd werde schlagen können. Die damals modernsten Systeme blieben hinter seinen Fähigkeiten weit zurück. Allerdings wurden die Computer kontinuierlich weiterentwickelt, wobei sie alljährlich 45 Bewertungspunkte aufholten. 1997 wurde Kasparow schließlich doch besiegt. Allerdings warnten viele vor voreiligen Schlüssen, und in der Tat sind zahlreiche menschliche Fähigkeiten weitaus schwieriger zu übertreffen als die beim Schach erforderlichen. Noch immer schneiden Computer auf vielen Gebieten – so beim Verfassen eines Buches – geradezu erbärmlich ab. Aber da ihre Leistungsfähigkeit exponenziell wächst, werden sich Erfahrungen wie die Kasparows im Schach auf anderen Gebieten wiederholen. In den nächsten Jahrzehnten werden Maschinen mit jeder beliebigen menschlichen Fähigkeit gleichziehen und sie schließlich auch übertreffen, sogar unsere großartige Fähigkeit, in einer breiten Vielfalt von Zusammenhängen Ideen hervorzubringen.

Wir haben uns angewöhnt, die Evolution als eine über Jahrmilliarden verlaufende Entwicklung anzusehen, die zwangsläufig in der Entstehung ihrer größten Errungenschaft gipfelte: in der menschlichen Intelligenz. Wenn Anfang des 21. Jahrhunderts auf der Erde eine neue Form der Intelligenz entsteht, die mit der menschlichen konkurriert und sie schließlich wesentlich übertrifft, so kommt dieser Entwicklung höchste Bedeutung zu – nicht weniger jedenfalls als der Entstehung der menschlichen Intelligenz, aus der sie entstanden ist. Diese Entwicklung durchdringt alle Aspekte des Menschlichen, die Arbeitswelt wie das Schulwesen, die Staatsführung, die Kriegführung, die Kunst und das menschliche Selbstverständnis.

Noch ist das alles Zukunftsmusik. Aber mit Computern, die an Komplexität mit dem menschlichen Gehirn konkurrieren und dieses schließlich übertreffen, erlangen Maschinen die Fähigkeit, abstrakte und schillernde Begriffe zu verstehen und angemessen auf sie zu reagieren. Dass Menschen als komplizierte Wesen erscheinen, rührt mitunter von ihren widerstreitenden inneren Bestrebungen her. Ihre von Werten und Gefühlen bestimmten Ziele geraten oft miteinander in Konflikt – ein...

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