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Die Unternehmenskrise und deren Bewältigung im Turnaround

Spezifische Besonderheiten von Familienunternehmen

AutorThomas Treiber
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl101 Seiten
ISBN9783640941094
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich BWL - Unternehmensführung, Management, Organisation, Note: 1,3, Freie Universität Berlin, Sprache: Deutsch, Abstract: Jedes fünfte Unternehmen gelangt über einen Zeitraum von 10 Jahren in eine existenzbedrohende Krisensituation - aber nur ungefähr einem Drittel dieser Unternehmen gelingt eine erfolgreiche Bewältigung. Aus dieser Erkenntnis leiten sich die entscheidenden Fragestellungen der Turnaround-Forschung ab: Was unterscheidet jene Unternehmen, die die Krise erfolgreich bewältigen, von jenen die scheitern? Welche Rahmenbedingungen sind von Bedeutung, welche Strategien und Maßnahmen versprechen Erfolg? Wie gestaltet sich ein erfolgreicher Turnaround-Prozess? Kurzum: Was sind Erfolgsfaktoren des Turnarounds? Obwohl mittlerweile zahlreiche Arbeiten diese Thematiken erörtert haben, existieren noch immer zahlreiche 'blinde Flecke'. So befassen sich die meisten Studien fast ausschließlich mit betriebs- und finanzwirtschaftlichen, oder juristischen Aspekten - und vernachlässigen hierbei systematisch Sozialdimension und Kontext des Turnarounds. Dabei verweist fast jeder Praktiker darauf, dass es häufig die Qualität der sozialen Interaktion ist, die über Erfolg und Misserfolg des Turnarounds entscheidet. Des Weiteren wird ein Großteil der real existierenden Unternehmensformen durch die ausgeprägte Fokussierung auf den speziellen Typ der kapitalmarktorientierten Großunternehmung ausgeblendet. Vor dem Hintergrund dieser Forschungsausrichtung verwundert es denn auch nicht, dass ein spezieller Unternehmenstyp, methodisch schwer zugänglich und sozial komplex, in der bisherigen Turnaround-Forschung kaum Beachtung fand. Die Rede ist vom Familienunternehmen. Da nach Aussagen mehrerer Studien jedoch ca. zwei Drittel aller Unternehmen diesem speziellen Unternehmenstyp zugerechnet werden können, muss festgehalten werden, dass somit große Teile der empirischen Realität von der bisherigen Turnaround-Forschung bislang nicht erfasst wurden. Hier klafft eine große Forschungslücke. Die vorliegende Arbeit kann selbstverständlich nicht den Anspruch haben zur Schließung dieser Lücke beizutragen. Sie möchte vielmehr einen Überblick über den Forschungsstand der Unternehmenskrisen- und Turnaroundforschung geben und die in der konzeptionellen und empirischen Literatur genannten Erfolgsfaktoren des Turnarounds zusammenfassen. Auf dieser Grundlage sollen dann unter Integration der bestehenden Arbeiten der Familienunternehmensforschung die grundlegenden Spezifika von Krisen in Familienunternehmen skizziert werden.

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Leseprobe

3. Die Bewältigung der Krise im Turnaround


 

Im vorangegangenen Kapitel wurden die Grundbausteine einer allgemeinen Krisentheorie dargelegt. Die Untersuchung des aus der Sicht des Strategischen Managements wichtigsten Mosaikteils steht jedoch noch aus - die Bewältigung der Krise durch den Turnaround.

 

In diesem Kapitel soll sich nun an Hand relevanter Studien der Turnaround- Forschung und der Literatur angrenzender Forschungsgebiete auf die Suche nach Antworten auf die oben in den Raum gestellten Fragestellungen nach den Erfolgsfaktoren des Turnarounds begeben werden. Zunächst soll dabei im ersten Abschnitt der Begriff des Turnarounds vorgestellt und begrifflich abgegrenzt werden. Anschließend sollen jene Faktoren identifiziert werden, die den Erfolg der Krisenbewältigung maßgeblich beeinflussen. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die Darstellung der in der Turnaround-Forschung bislang vernachlässigten Akteursgruppen geworfen.

 

3.1 Definition und begriffliche Abgrenzung


 

Über die angloamerikanische Literatur hat der Begriff des Turnarounds auch Eingang in den deutschen Sprachgebrauch gefunden. Im Allgemeinen kann er mit „Kehrtwende“ oder „Richtungsänderung“ übersetzt werden und wird inhaltlich mit einer Wendung zum Besseren verbunden.[94]

 

In der Literatur existiert eine Vielzahl definitorischer Versuche, wobei ein Turnaround grundsätzlich als „recovery of a firm’s economic performance following an existence-threatening decline” verstanden werden kann.[95] Die Überwindung einer Unternehmenskrise ist der gemeinsame Nenner jedweder Turnaround-Definition; ursächlich für deren Vielzahl sind meist lediglich die unterschiedlichen Perspektiven auf das gleiche Phänomen. Verwenden manche Autoren den Begriff um den Prozess der Gesundung eines Unternehmens darzustellen, so benutzen ihn andere als ex-post Bezeichnung für eine erfolgreich bewältigte Krise. Eine weitere Gruppe von Autoren fokussiert wiederum die Management-Aktivitäten.[96] So postuliert bspw. Chowdhury (2002), dass ein: „turnaround occurs when a firm preserves through an existence- threatening performance decline and ends the threat with a combination of strategies, systems, skills, and capabilities; and achieves sustainable performance recovery”.[97] In der Konsequenz ist der Turnaround-Begriff somit nicht nur von verwandten Begriffen wie Sanierung oder Krisenmanagement abzugrenzen (s.u.), sondern es gilt vielmehr auch seine diversen Bedeutungsfacetten wie die Turnaround-Situation, das Turnaround-Management, den Turnaround-Prozess und den Turnaround-Erfolg deutlich zu differenzieren.

 

Auf der Grundlage des allgemeinen Verständnisses vom Turnaround im Sinne einer „recovery of a firm’s economic performance following an existence-threatening decline” wird in der Turnaround-Literatur gerade im Hinblick auf weitere empirische Untersuchungen die Frage nach der Operationalisierung von Performance diskutiert. Hier dominiert in der Literatur bislang eindeutig die Messung an Hand von Profitabilitätskennzahlen wie dem Gewinn vor Steuern oder dem ROI.[98] Eine kritische Betrachtung der verschiedenen Operationalisierungsmöglichkeiten bietet Pandit (2000), der jedoch eher relationale Kennzahlen oder subjektive Einschätzungen von Entscheidungsträgern oder Stakeholdern empfiehlt.[99]

 

Vor allem wird debattiert, wann ein „existence-threatening decline“ (Turnaround- Situation) und eine „recovery“ (Turnaround-Erfolg) vorliegen.[100] Schendel et al. (1976) definieren in ihrem wegweisenden Beitrag eine „downturn phase“ bspw. über die Profitabilität als „four years of uninterrupted decline in net income as normalised by GNP growth.” und eine „recovery“ als „four years of increase in GNP normalized net income with allowance for a two year deviation between the downturn and upturn phase.”[101] Einen Überblick über verschiedene Operationalisierungen der Turnaround-Situation und des Turnaround-Erfolgs liefern Pearce & Robbins (1993).[102] Da eine allgemein anerkannte Operationalisierung bislang jedoch nicht zu existieren scheint - und eine detaillierte Operationalisierung für den Zweck dieser Arbeit auch nicht benötigt wird - kann sich im Folgenden aber mit theoretischen Konzeptualisierungen begnügt werden.

 

Der Begriff der Turnaround-Situation wurde bereits im Zuge der definitorischen Annäherung an die Unternehmenskrise eingeführt. Seine potentiell synonyme Verwendung zum Unternehmenskrisenbegriff im Sinne der jüngeren englischsprachigen Literatur wurde ebenso festgestellt. Somit wird neben der Nichterreichung dominanter Ziele ausdrücklich der Tatbestand der Existenzbedrohung in die Definition integriert.[103]

 

Den Turnaround-Prozess gilt es zunächst vom allgemeinen Krisenverlauf zu differenzieren. Er umfasst jenen zeitlichen Abschnitt der Unternehmenskrise, in dem das Unternehmen versucht die Wende zum Besseren zu vollziehen.[104] Gelangt ein Unternehmen in eine Turnaround-Situation im oben genannten Sinne, so setzt - zeitglich zum Übergang von der latenten zur akuten Krise - ein objektives Turnaround- Erfordernis ein.[105] Da sich der Turnaround-Prozess jedoch vor allem von den Handlungen der beteiligten Akteure determiniert wird, soll dieser Prozess in der vorliegenden Arbeit erst über die Wahrnehmung der Krise durch maßgeblich beteiligte Akteure definiert werden.[106] Auf den Turnaround-Prozess wird im Verlauf der Arbeit noch näher eingegangen.

 

Unter den Begriff des Turnaround-Managements im funktionalen Sinne können in Anlehnung an Buschmann (2006) alle intendierten und emergenten Aktivitäten subsumiert werden, welche eine Wendung der existenzgefährdenden Unternehmensentwicklung und eine nachhaltige Profitabilität des Unternehmens bewirken können.[107]

 

Das Ziel des Turnaround-Managements, im Sinne des Turnaround-Erfolgs, kann zunächst als schieres Überleben konzeptualisiert werden. Teilweise wird in der Literatur ein Erfolg auch im Sinne eines substanziell und nachhaltig positiven Wandels in der Geschäftsentwicklung verstanden.[108] Im Rahmen dieser Arbeit soll der Erfolg des Turnarounds jedoch bereits als das Überwinden der existenzbedrohenden Situation durch eine zufriedenstellende Umweltadaption und die Erzielung einer die Stakeholder zufriedenstellenden Performance begriffen werden.[109] Ein Anknüpfen an die drei oben eingeführten drei dominanten Unternehmensziele Vermeidung von Insolvenztatbeständen (Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung), Erwirtschaftung eines durchschnittlichen Mindestgewinns und die Sicherung des Erfolgspotenzials bietet sich dabei an.

 

Aufbauend auf diesen Elementen kann ein Turnaround im Sinne dieser Arbeit somit zusammenfassend definiert werden als Prozess, in welchem der Einsatz von bestimmten außergewöhnlichen, teilweise radikalen Strategien und Maßnahmen zu einer nachhaltigen Bewältigung einer existenzbedrohenden Krise führen soll, so dass eine nachhaltige Umweltadaption und somit eine dauerhafte Erreichung der dominanten Unternehmensziele durch die beteiligten Akteure sichergestellt werden kann.

 

Neben dem Turnaround-Begriff existieren im Kontext der Bewältigung von negativen Geschäftsentwicklungen insbesondere in der deutschen Literatur noch weitere, ähnliche Begrifflichkeiten.

 

Abzugrenzen ist zum Beispiel der Ausdruck des Krisenmanagements, da unter diesen Begriff zum Teil ausdrücklich Krisenvorsorge und -vermeidung subsumiert werden.[110] Hinsichtlich des Begriffs der Sanierung müssen eine enge und eine - von jüngeren Arbeiten genutzte, mittlerweile allgemein anerkannte - weite Definitionsvariante unterschieden werden.[111] Während Sanierung im engeren Sinne lediglich auf finanzwirtschaftliche Maßnahmen abstellt,[112] beinhaltet Sanierung im weiteren Sinne auch organisatorische, leistungswirtschaftliche und strategische Maßnahmen,[113] und ist somit in großen Teilen deckungsgleich zum Tumaround-Begriff.[114] Auf eine weitergehende Darstellung des Begriffes der Restrukturierung soll ob der schillernden Definitionsvielfalt verzichtet werden. Diese Begrifflichkeit scheint vor dem Hintergrund der teils widersprüchlichen Aussagen der Literatur selbst für eine Begriffsabgrenzung kaum greifbar.[115] Festhalten lässt sich lediglich, dass in der angloamerikanischen Literatur der Begriff des „restructuring“ auf die Kapital- und Vermögensstruktur des Unternehmens...

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