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Drogenabhängige Eltern. Auswirkungen auf kindliche Entwicklungsprozesse und sozialpädagogische Formen der Intervention

AutorSvenja Pfeifer
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl76 Seiten
ISBN9783656642794
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Pädagogik - Allgemein, Note: 1,5, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Sprache: Deutsch, Abstract: Kinder drogenabhängiger Eltern sind eine von den Hilfesystemen noch immer vernachlässigte Gruppe. Aktuell leben in Deutschland etwa 40000-50000 Kinder drogenabhängiger Eltern (vgl. Klein 2008, S. 130), wobei die Auswirkungen elterlicher Abhängigkeit auf die körperliche, emotionale, psychosoziale und psychische Entwicklung der Kinder unterschätzt werden. Der Ausbau von Hilfsangeboten für die Kinder - die bisher kaum Berücksichtigung fanden - ist aufgrund dessen zwingend notwendig, da bisherige Maßnahmen sich vorwiegend auf die suchtkranken Eltern und nicht auf die Familie als Ganzes beziehen. ... Ziel dieser Arbeit ist es, Gründe für den elterlichen Gebrauch bzw. Missbrauch illegaler Drogen aufzuzeigen, die rechtlichen Grundlagen hierzu zu klären sowie darauf aufbauend respektive die Risiken und Gefahren für Kinder drogenabhängiger Eltern darzustellen. Weiterhin werden Wechselwirkungen zwischen elterlicher Abhängigkeit und den (möglichen) Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder aufgezeigt, wobei die Kinder nicht isoliert von den Eltern behandelt werden können, da abhängige Eltern zumeist ebenfalls von einer Suchtproblematik ihrer Eltern betroffen und somit auch Kinder drogenabhängiger Eltern waren. Abschließend werden sozialpädagogische Formen der Intervention aufgezeigt und erläutert. Dabei wird sowohl auf die Herausforderungen und Aufgaben der Hilfesysteme als auch auf die Hilfe für Kinder drogenabhängiger Eltern eingegangen. Insbesondere wird auf die Notwendigkeit einer intensiven Kooperation und Vernetzung von verschiedenen Hilfesystemen hingewiesen, um die Kinder zu schützen und in ihrer Entwicklung zu fördern. Weiterhin soll die Thesis auf die bisher vernachlässigte Tatsache aufmerksam machen, dass die Themenbereiche der elterlichen Abhängigkeit und den Kinder von drogenabhängigen Eltern miteinander verbunden sind und die strikte Trennung von Kindern und ihren drogenabhängigen Eltern nicht erfolgen sollte. Daher ist die Perspektive aus der diese Arbeit betrachtet werden sollte und aus der sie verfasst wurde, eine systemische. Es wird somit nicht darauf abgezielt, Kinder in drogenabhängigen Familiensystemen unabhängig von ihren Eltern zu betrachten, sondern versucht, die Familie in ihrer Ganzheitlichkeit und Komplexität zu verstehen.

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Leseprobe

4 Drogengebrauch und Drogenmissbrauch


 

Dieses Kapitel wird mögliche Gründe für den Gebrauch und Missbrauch illegaler Drogen aufzeigen sowie die Wechselwirkungen von diesem und deviantem Verhalten der Suchtkranken erläutern. Zudem werden die Auswirkungen des Drogengebrauches auf die Gesundheit und das Verhalten der Konsumenten dargelegt.

 

An dieser Stelle muss der Fokus zunächst auf die drogenabhängigen Eltern gelegt werden, um abzuleiten, welche Risiken und möglichen Auswirkungen sich daraus für deren Kinder ergeben. Anzumerken ist jedoch, dass die Gründe für den Drogen-missbrauch der Eltern gleichermaßen auch für eine mögliche Abhängigkeit der Kinder im Erwachsenenalter gelten, auf die in Kapitel 5.1.2.3 eingegangen wird.

 

4.1 Mögliche Gründe für den Gebrauch


 

„Wer sein Selbstwertgefühl schon als Kind aus dem Besitz bzw. aus dem Konsum von Statusgütern bezieht und wer eine Zukunft vor Augen hat, die mit Angst machenden Risiken gepflastert ist, wird sich nur schwer vom Konsum Glück verheißender und Wohlbefinden versprechender Drogen abhalten lassen“ (Lehmkuhl 2008, S. 49).

 

Die Gründe für einen Drogengebrauch bzw. -missbrauch sind vielfältig und komplex. Oftmals spielen hierfür persönlichkeitsspezifische Merkmale ebenso eine prägende Rolle, wie gesellschaftliche Umstände. Den einen Grund zu manifestieren ist infolge-dessen unrealistisch. „Niemals wird hierfür allein ein einziger Entwicklungsfaktor verantwortlich sein“ (Rost 2008, S. 40). Vielmehr wirken „genetische, gesellschaftliche, soziale und familiäre Faktoren ebenso wie das Erziehungsverhalten, Schule und Peer-group“ (ebd.) zusammen. Für mögliche sozialpädagogische Interventionen ist es jedoch relevant, die unterschiedlichen Gründe für den Gebrauch und Missbrauch illegaler Drogen zu kennen. Die Hintergründe elterlicher Abhängigkeit sind auch deshalb von Bedeutung, da sie sich im Erziehungsverhalten der Eltern widerspiegeln und diese somit die Entwicklung ihrer Kinder dementsprechend beeinflussen.

 

Hurrelmann nimmt in diesem Zusammenhang Bezug auf problematische Lebens-umstände, die den Drogenkonsum und -missbrauch begünstigen können. So sei die heutige Gesellschaft durch einen enormen Spielraum von Freiheit gestaltet, der viel Platz für Selbstverwirklichung lasse, aber auch den Druck von Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit erhöhe (vgl. Hurrelmann 1997, S. 87). Wenn zu diesem ohnehin hohen Druck auch noch kritische Lebensereignisse, wie Verlust des Partners - ob durch Trennung oder Tod - dazukämen, so sei die Möglichkeit eines Drogenkonsums auffallend hoch (vgl. Hurrelmann 1997, S. 87 f.). „Unter Alleinlebenden findet man mehr Abhängige legaler und illegaler Drogen, [...] als unter Zusammenlebenden“ (ebd., S. 88).

 

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Drogengebrauch und Drogenmissbrauch als Begleiterscheinung kritischer Lebensereignisse und Belastungen auftreten kann, „die sich aus den strukturellen Herausforderungen und Anforderungen der heutigen Lebensweise in Familie, Schule, Arbeitswelt und Freizeitbereich“ (ebd., S. 104) ergeben. Insbesondere die gesellschaftlich hervorgerufene Unsicherheit in Partnerschaft, Familie, Eltern-Kind-Beziehung oder aber auch im Arbeitsleben bietet Nährboden für Konflikte, Verlustängste, Frust und Streitereien, die wiederum die Gefahr bürgen, dass der Konsum von illegalen Drogen zu einer Art „Bewältigungsstrategie“ wird (vgl. ebd.). Doch auch kann der Konsum eine Art Protest gegenüber Wertvorstellungen und den Vorstellungen der Eltern sein sowie eine Möglichkeit darstellen, sich Zugang zu neuen Freunden zu schaffen, die sich dann in ähnlichen Kreisen bewegen. Die Risiken von Arbeitslosigkeit und Armut, die zu sozialer Isolation und Kontrollverlust führen können, müssen dabei ebenfalls Berücksichtigung erhalten (vgl. ebd., S. 89-104). Die vermeintliche Kompensation der Probleme durch Drogenkonsum führt zu einem weiteren Kontrollverlust in genannten Lebensbereichen und resultiert in einer negativen Endlosspirale, da die Drogenwirkung nachlässt und somit temporär putativ bewältigt geglaubte Probleme erneut auftreten. Folglich wird die jeweilige illegale Substanz wiederholt eingenommen, wodurch es zu einer Gewöhnung an die Substanz (Toleranzentwicklung) und zu nachlassender Wirkung bei gleicher Dosis kommt. Zwangsläufig ist eine permanente Steigerung der Drogendosis notwendig, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Es endet in einem Kreislauf der Abhängigkeit, wie Abb. 2 im Anhang verdeutlicht.

 

Doch nicht nur kritische Lebensereignisse spielen eine wesentliche Rolle, auch Persönlichkeitsspezifika sind von Relevanz. So ist ein „hoher Ausprägungsgrad von Sensationssucht und Grenzüberschreitungen“ (Lehmkuhl 2008, S. 49) charakteristisch für mögliche Gründe des Drogenkonsums.

 

Entsprechende Vorbilder tragen ebenfalls prägend dazu bei, wobei davon ausgegangen wird, dass bei mehr als einem Drittel der Drogenabhängigen mindestens ein Elternteil selbst von einer Suchtproblematik betroffen gewesen ist. Ferner wirken sich „inadäquate Erziehungsmaßnahmen“ (ebd.) sowie unstete Familienkonstellationen suchtbegünstigend aus, die durch Verluste nahestehender Personen oder Trennung von diesen geprägt sind (vgl. ebd.). Weitere Risikofaktoren für „die Entwicklung einer späteren Suchterkrankung (stellen - Anm. des Verf.) aggressives Verhalten, mangelnde Selbstkontrolle, erhöhte Impulsivität, Gefahrenblindheit, vorschnelles Handeln, ausgeprägte Suche nach unmittelbaren Verstärkern und erhöhte Empfindlichkeit für Außenreize“ (Lehmkuhl 2008, S. 49 f.) dar. Laut Remschmidt und Schmidt (2000) können auch „Verhaltensauffälligkeiten, wie zum Beispiel das hyperkinetische Syndrom oder Störungen des Sozialverhaltens, [...] das Auftreten von Suchter-krankungen begünstigen und den Verlauf der Symptomatik beeinflussen“ (Lehmkuhl 2008, S. 50).

 

Folgende Subgruppen gelten als besonders gefährdet mit Drogen in Kontakt zu kommen und diese vermehrt zu konsumieren:

 

„Adoleszente ohne feste soziale Anbindung

 

Adoleszente mit Schulschwänzen bzw. Ausschulung

 

Adoleszente mit psychischen Problemen bzw. Lernschwierigkeiten

 

vor allem Adoleszente, bei denen mehrere dieser Faktoren zusammen auftreten“ (ebd., S. 51)

 

Auch der Wunsch nach Unabhängigkeit, die Anpassung an die vermeintliche Freundes-gruppe, wenig bis gar kein Halt und Orientierung in der Familie sowie respektive ein geringes oder gestörtes Selbstwertgefühl stellen ein erhöhtes Konsumrisiko dar (vgl. ebd., S. 51). Dazu gehören auch „emotionale Labilität, Impulsivität, geringe Frustra-tionstoleranz sowie Aggression“ (Tossmann/Baumeister 2008, S. 185).

 

Psychische Faktoren müssen an dieser Stelle ebenfalls erwähnt werden, wobei auf die einzelnen Auffälligkeiten und Krankheitsbilder nicht näher eingegangen wird. „Psychische Auffälligkeiten wie Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen, dissoziale Störungen und depressive Störungen“ (Lehmkuhl 2008, S. 52) erhöhen das Risiko für einen späteren Drogenkonsum ebenso deutlich, wie posttraumatische Belastungsstörungen, phobische Störungen als auch Angststörungen (vgl. ebd.). Besonders bei Personen mit Angststörungen wurde ein erhöhter Substanzgebrauch festgestellt, da die illegalen Substanzen als „Angsthemmer“ missbraucht wurden (vgl. Zimmermann/Hollenbach 2008, S. 238). Ein erhöhtes Risiko für eine Abhängigkeit stellen zudem biologische Effekte, wie bspw. eine psychische Erkrankung der Eltern im Sinne von Persönlichkeitsstörungen oder einer Störung des Sozialverhaltens gleichermaßen wie „belastende psychosoziale Bedingungen in der Familie“ (Lehmkuhl 2008, S. 53) dar (vgl. ebd.). Dies ist insbesondere auf die Kinder drogenabhängiger Eltern zurückzuführen, da sie sich intrafamiliär mit psychisch stark belastenden Situationen konfrontiert sehen. Grundsätzlich nehmen die familiäre Situation und die Rolle der Eltern einen hohen Stellenwert ein, wenn es um die Gefahren von suchtbegünstigenden Faktoren geht. Weiterführende Ausführungen zu dieser Thematik finden sich in Kap. 5.1.2.3 wieder.

 

Zusammenfassend lässt sich also sagen: „Theorien, die der Entwicklungsdynamik des Substanzgebrauchs gerecht werden, gehen einhellig davon aus, dass das elterliche Verhalten und die familiären Besonderheiten einen besonders starken Einfluss auf den Konsumeinstieg in der Kindheit ausüben, wohingegen die Peer-Einflüsse sowie die sozialen und kulturellen Einflüsse in der Adoleszenz bedeutsamer werden“ (Tossmann/Baumeister 2008, S. 183). Die möglichen Gründe für den Gebrauch illegaler Drogen sind daher sehr heterogen und stets in ihrer Komplexität zu betrachten. Nicht zu unterschätzen ist dabei die Einflussnahme der Eltern bzgl. der Risikofaktoren für einen späteren Substanzgebrauch ihrer Kinder, da ein Konsumeinstieg während der Kindheit i. d. R. auf familiäre Einflüsse zurückzuführen ist (vgl. ebd., S. 187). Aufgrund dessen ist ein frühestmöglicher Beginn von präventiven Maßnahmen bei Familien mit drogenabhängigen Eltern ebenso unerlässlich wie die Familie - aus systemischer Perspektive - als Ganzes mit in die Präventionsmaßnahme einzubeziehen. Dies bedeutet auch, dass die Sozialisationsinstanzen - wie Kindergarten oder Schule sowie die verschiedenen Hilfesysteme - die bei Kindern...

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