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Globale Luftfracht-Netzwerke: Laufzeiten und Struktur

Laufzeiten und Struktur

AutorRichard Vahrenkamp
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl94 Seiten
ISBN9783656101406
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,99 EUR
Forschungsarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich BWL - Beschaffung, Produktion, Logistik, Universität Kassel (Fachgebiet Logistik), Sprache: Deutsch, Abstract: In der öffentlichen Wahrnehmung gilt Luftfracht stets als besonders eilbedürftig. Dass dies aber nicht für das Frachtsegment General Cargo zutrifft, soll im Folgenden erläutert werden, wo die Bedeutung der Luftfracht für die Weltwirtschaft aufgezeigt wird. Der Schwerpunkt der Betrachtungen liegt dabei auf dem interkontinentalen Warentransport. Den methodischen Ansatz stellt eine logistische Analyse von Prozessabläufen dar, die Aussagen über Haus-zu-Haus-Laufzeiten gestatten. Die Luftfracht wird in einem Wettbewerbsumfeld abgewickelt, das von Luftfrachtspeditionen, benachbarten Airports und Airlines (Carriern), aber auch dem internationalen Schiffsverkehr aufgespannt wird. Bei der Luftfracht werden die Segmente General Cargo und Expressfracht getrennt erörtert und verschiedene Segmente der Spezialfracht behandelt. Der Frachttransport im Linienverkehr wird vom Charterverkehr abgehoben. Sofern nicht anders angegeben, beziehen sich im Folgenden die Daten auf den Linienverkehr. Die Charakteristika, Potenziale und die Entwicklung dieser Segmente des Luftfrachtmarktes werden detailliert erläutert. Ein Laufzeitvergleich soll die Überlegenheit der Expressfracht gegenüber der General Cargo aufzeigen, die aufgrund zahlreicher Schnittstellen, aber auch zeitfressender Zollverfahren vergleichsweise lange Laufzeiten aufweist. Im Kontext der Diskussion um Nachtflugverbote an deutschen Flughäfen kann hier festgestellt werden, dass die vergleichsweise langen Laufzeiten von General Cargo im Widerspruch zur oftmals behaupteten Eilbedürftigkeit stehen und keinen Bedarf an Nachtflügen begründen können. Das Wachstum auf dem Gebiet der Expressfracht rechtfertigt hier die These von einer Industrialisierung der Luftfracht, die anhand der folgenden Ausführungen belegt werden soll.

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Leseprobe

2 Begriff und Kennzeichen der Luftfracht


Neben den oben genannten Merkmalen weist die Produktion von Luftverkehrsleistungen folgende spezifische Merkmale auf:

Zersplitterung der Anbieter. Nahezu jeder Staat der Erde unterhält eine Staatsairline

(Flagcarrier), um seine Souveränität zu unterstreichen (Dienel 1998). Dieses führt zu einem

breiten Angebot von Airlines mit meist bloß kleiner Kapazität auf dem Luftfrachtmarkt. In der Europäischen Union kommt die Privatisierung und Konzentration der Flagcarrier auf

wenige große Firmen voran. Die Belgische Airline Sabrena ist vom Markt verschwunden. Die

holländische KLM hat mit Air France fusioniert. Die Austrian Airlines und Swiss Air sind Tochtergesellschaften der Lufthansa geworden. In der EU sind die großen Airlines, wie die

Lufthansa, Air France-KLM und British Airways nicht mehr in Staatsbesitz. Im Jahre 2011 fusionierte British Airways mit dem spanischen Flagcarrier Iberia.

Staatliche Subventionen: Viele Staaten subventionieren ihre nationalen Carrier, da sie ihr

Zeichen der staatlichen Eigenständigkeit erhalten sehen wollen. Der Zusammenbruch des

Ostblocks führte zur Gründung zahlreicher Staaten in Europa, die eigene Airlines unterhalten. Sowohl offene als auch verdeckte Subventionen sind in der Mehrzahl der Staaten üblich, was

besonders im Gefolge des Terroranschlags am 11. Septembers 2001 in Europa deutlich wurde. Die Zuwendungen für die Linien Swiss Air und Alitalia im Jahre 2004 unterstreichen

dies. Auch sind in den USA die unter Konkurrenzschutz (US-Chapter 11) stehenden Airlines zu beachten. Die Airlines der Emirate - Emirates, Qatar und Etihad - befinden sich im

Eigentum der Herrscherfamilien und treten, mit den Ölmilliarden abgesichert, als globale Player auf und dringen in Europa und Asien in die Märkte ein. So erwarb im Jahre 2011 Qatar

einen Anteil von 35 Prozent an der Luftfrachtfirma Cargolux. Im gleichen Jahr beteiligte sich Etihad an Air Berlin. Die Emirates sind im Jahre 2010 zur weltweit zweitgrößten Frachtairline

aufgestiegen (vergl. Tabelle 9-1). Die Folgen der staatlichen Subventionen sind die Verzerrung des Leistungswettbewerbs, die Verhinderung ökonomisch erforderlicher

Marktausscheidungen und die Entstehung weltweiter Überkapazitäten, insbesondere bei der Bellyfracht. Die in der IATA zusammengeschlossenen Airlines erreichten im Jahre 2010 nur

eine Kapazitätsauslastung (weight load factor) von 72,2% für Nurfrachtflugzeuge (IATA 2011, S. 28).

Bilaterale Luftverkehrsabkommen: Eine wirtschaftliche, globale Umlaufplanung der

Flugzeuge ist nur schwer erreichbar. Staatliche Vorschriften und Verkehrsrechte im

internationalen Verkehr führen zu einem beschränkten Marktzutritt. Die Luftverkehrsabkommen bestehen bloß bilateral zwischen je zwei Staaten. Dies führt zu

unwirtschaftlichen Pendelverkehren, die zumeist auf den beiden Relationen ungleichmäßig ausgelastet sind („unpaariger Verkehr“). Eine Verbesserung der Kapazitätsauslastung durch

Flüge mit einem Zwischenstopp in Drittländern kann wegen der bilateralen Abkommen nicht erreicht werden. Die Airlines müssen sich behelfen und unter den Verkehrsrechten

befreundeter Airlines fliegen.

Beschränkter Marktzutritt: Obwohl die Luftverkehrsmärkte in den USA und der EU bereits teilweise liberalisiert sind, existieren weiterhin Marktzutrittsschranken, wie die Landerechte von Drittländern, nationale Einschränkungen in der Eigentümerstruktur der Airlines 2 und

Vorrechte der (ehemaligen) Flagcarrier bei der Vergabe von Start- und Landerechten (Slots) und bei der Einrichtung von Abfertigungsstationen auf den Flughäfen. So hält die British

brüchen, Naturkatastrophen, Atomkatastrophen, Seuchen 3 und politischer Unruhen, welche deren Profitabilität in Frage stellen. Rund ein Drittel aller Flashspeicherkarten für Smartphones und Digitalkameras stammt aus Japan. Aber die Stromausfälle als Folge des Tsunamis in Japan im Frühjahr 2011 legten viele Chipfabriken still und resultierten in einem Rückgang an Luftfracht in

Japan. 4 In der Dekade 2001 bis 2010 wiesen die in der Iata organisierten Airlines in sieben Jahren aggregierte Verluste auf (Iata 2011, S. 14). Um einen Teil der Belastungen zu kompensieren, erheben die Airlines für die Beförderung von Fracht einen Zuschlag wegen erhöhter Treibstoffkosten.

In den Geschäftsfeldern der Fluggesellschaften nimmt der Passagierverkehr eine dominante Position ein. Dieses führte zur Kritik der Verbände der verladenden Wirtschaft, da die Nachrangigkeit der Luftfracht die Qualität der Leistungserstellung beeinträchtigte (Welsh 2011, S. 10, siehe auch Abschnitt 8.11). Nach einer Schätzung von Boeing erzielen die Fluggesellschaften

weltweit nur ca. 15% ihrer Erlöse aus dem Frachtgeschäft (Elder 2011, S. 36). In der IATA-Statistik wird bei der beförderten Fracht unterschieden in domestic Verkehre und grenzüberschreitende, internationale Verkehre. Während in Europa wegen der vergleichsweise kurzen inländischen Entfernungen die domestic Verkehre nur für periphere Quell- oder Zielgebiete eine Rolle spielen, besitzen sie in den Ländern mit großer Ausdehnung, wie den USA, Russland, China, Indien, Brasilien und Australien, eine hohe Bedeutung. So besitzt der Verkehr innerhalb von Nordamerika den fünffachen Umfang vom Verkehr in Europa (vgl. Tabelle 3-6), der in Europa überdies zum überwiegenden Teil als Luftfracht per LKW gefahren wird (Conway 2004). In den USA wird der domestic Verkehr vor allem durch die Netzwerke der Paketdienstleister (UPS, FedEx) betrieben. Daher steht der Flughafen Memphis von FedEx an der Spitze der Frachtflughäfen weltweit, vgl. Abbildung 4-10. Nach den IATA-Statistiken betrug im Jahre 2010 das Verhältnis von international geflogener Fracht zu domestic geflogener Fracht ungefähr 32:68, gemessen in beförderten Tonnen (Verkehrsaufkommen, Iata 2011, S. 28f). In den IATA-Statistiken werden Fracht und Postsendungen getrennt. Der Anteil der Postsendungen an den internationalen Frachtverkehren beträgt ungefähr 1%, gemessen in beförderten Tonnen. Weitere wichtige Größen in den IATA-Statistiken, welche die Verkehrsleistung

Erreichbarkeit gesteigert und das Netzwerk enger geknüpft werden (Pompl 2007, S. 143). So hatte im Jahre 2000 Lufthansa Cargo mit Singapore Airlines Cargo, Japan Airline Cargo und SAS Cargo

die Frachtallianz WOW gegründet. 6 WOW erreichte mit 43 Frachtern und 760 Passagierflugzeugen 523 Zielflughäfen weltweit mit einem einheitlichen Konzept:

ein Vertrags- und Ansprechpartner über die gesamte Beförderungsstrecke,

lückenlose Informationen zum Frachtsendungsstatus,

gleiche Qualitätsstandards bei allen vier Partnern.

Man kann den Luftverkehr unter dem Aspekt der eingesetzten Flugzeugtypen unterscheiden, wobei die Wahl des Flugzeugtyps von dem jeweiligen Transportgut abhängig ist. Die Luftverkehrsgesellschaften, bei denen der Transport von Passagieren im Vordergrund steht, nehmen in den Passagierflugzeugen zusätzliche Fracht als Beiladung mit. Die Fracht wird dabei, zusammen mit dem Gepäck der Passagiere, im Unterflurfrachtraum (Lower Deck) befördert, während die Passagiere im Hauptdeck (Main Deck) befördert werden. Die Luftfracht ist damit ein Kuppelprodukt

eingesetzt werden müsste. Allein für Destinationen mit einem hohen Aufkommen an Luftfracht können Nurfrachtflugzeuge wirtschaftlich im Linienverkehr eingesetzt werden.


Über die Verteilung der weltweit geflogenen Fracht auf Belly-Flugzeuge und auf Nurfrachtflugzeuge liegen Statistiken der IATA für das Jahr 2010 vor (IATA 2010, S. 28f), die in folgender Tabelle dargestellt werden. Der Begriff der Gesamtfracht enthält auch bodengebundene Luftfrachtersatzverkehre (Road Feeder Services).


Tabelle 2-2: Anteil der Nurfrachter am Verkehrsaufkommen im Jahre 2010

Aus dieser Tabelle geht hervor, dass der Einsatz von Nurfrachtern im Domestic-Verkehr zu 57% der beförderten Tonnage geschieht und im internationalen Verkehr bloß zu 48%, was den hohen Einfluss der Bellyfracht im internationalen Verkehr unterstreicht.


(Quelle: Boeing Cargo Forecast 2010)

Einen geringen Anteil an den weltweit angebotenen Frachtkapazitäten haben Combi-Flugzeuge, die ihre Fracht nicht nur im Lower Deck, sondern auch in einem abgeteilten Frachtraum im hinteren Teil des Main Decks transportieren. Des Weiteren bietet...

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