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E-Book

Kultursoziologie

Paradigmen - Methoden - Fragestellungen

VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl402 Seiten
ISBN9783531923000
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis26,96 EUR
In dem Band führen namhafte Soziologinnen und Soziologen in ihre Art, Kultursoziologie zu betreiben, ein. Sie erläutern ihre theoretischen Prämissen, Untersuchungsfelder und Fragestellungen sowie die ihrem Ansatz entsprechenden Methoden.

Mit Beiträgen von Jürgen Gerhards, Andreas Reckwitz, Karl-Siegbert Rehberg, Johannes Weiß, Thomas Luckmann, Angela Keppler, Gabriele Rosenthal, Stefan Hirschauer, Andreas Hepp, Paula-Irene Villa, Wolfgang Ludwig Schneider, Andreas Göbel, Hartmut Esser und Armin Nassehi



Dr. Monika Wohlrab-Sahr ist Professorin für Kultursoziologie am Institut für Kulturwissenschaften der Universität Leipzig.

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Leseprobe
V. Beobachtungen kultureller und kultursoziologischer Beobachtung (S. 339-340)

Kultur als Beobachtungsform

Wolfgang Ludwig Schneider


I. „Kultur“ in den Geistes- und Sozialwissenschaften

Wenn von „Kultur“ die Rede ist, fällt es zunächst schwer zu sagen, was nicht darunter fällt. Archäologen etwa zählen dazu nicht nur schriftliche Dokumente, Monumente oder Kunstwerke, sondern auch Werkzeuge und alle möglichen Gegenstände des alltäglichen Gebrauchs. Will man wissen, wie der Begriff „Kultur“ eingegrenzt werden kann, dann muss man danach fragen, was er ausschließt, d.h. wovon denn jemand, der von „Kultur“ spricht, das dadurch Bezeichnete zu unterscheiden wünscht. Je nach dem, was als Gegenbegriff verwendet wird, verändert sich die Abgrenzung und damit die Bedeutung des Ausdrucks „Kultur“. Die hier wohl prominentesten Gegensatzpaare sind „Kultur“ versus „Natur“ sowie „Kultur“ versus „Gesellschaft“.

„Kultur“ versus „Natur“ – diese Unterscheidung findet sich etwa in der philosophischen Anthropologie (Gehlen, Plessner), der daran anknüpfenden Wissenssoziologie (Berger/Luckmann) und im Strukturalismus (Lévi-Strauss). Von „Kultur“ ist dabei die Rede, wenn es um Verhaltensweisen und Interaktionsmuster geht, die nicht durch Instinkte gesteuert oder auf dem Wege der Konditionierung erworben werden, sondern durch sinnhafte Orientierung und Symbole reguliert sind.

„Kultur“ erstreckt sich hier auf den gesamten Bereich subjektiv bzw. objektiv sinnstrukturierten Verhaltens. Wo immer vom Erleben oder Handeln einzelner Akteure, von sozialen Beziehungen oder von gesellschaftlichen Zusammenhängen geredet wird, ist dann auch notwendig „Kultur“ im Spiel.2 Der Kulturbegriff erscheint insofern als zentrales Element einer allgemeinen Theorie des Sozialen. „Kultur“ versus „Gesellschaft“ – diese Distinktion nimmt bereits in der älteren geisteswissenschaftlichen und soziologischen Thematisierung von Kultur eine zentrale Position ein (vgl. Rehberg 1986), so u.a. bei Dilthey, Scheler, Mannheim und Weber.

Auch in der weiteren Entwicklung der Soziologie setzt sich dieser Trend fort: So unterscheidet Mertons Anomietheorie (1949) zwischen Sozialstruktur und kultureller Struktur, Habermas (1976) unternimmt eine „Rekonstruktion des historischen Materialismus“, die mit Weber, Parsons u.a. gegen Marx den Einfluss kultureller (und hier besonders: normativer) Strukturen auf die evolutionäre Herausbildung komplexerer Gesellschaftsformationen bis hin zur modernen Gesellschaft betont. Luhmann (1980–1995) konfrontiert die Transformation der gesellschaftlichen Differenzierungsform mit der Ideenevolution unter dem Titel „Gesellschaftsstruktur und Semantik“. Bei allen Unterschieden in der genaueren Bestimmung der Begriffe und ihrer Beziehung zueinander wird Kultur hier jeweils im Kontext von Gesellschaftstheorie thematisiert und die Frage nach Beziehungen der Determination bzw. der Kovariation von Kultur und Sozialstruktur aufgeworfen.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt5
Vorwort7
Einleitung9
Literatur22
I. Klassiker der (Kultur-)Soziologie weiterdenken23
Der Mensch als Kulturwesen. Perspektiven der Philosophischen Anthropologie24
I. Kultursoziologische Voraussetzungen24
II. Philosophische Anthropologie25
1. Max Scheler (1874–1928)26
2. Helmuth Plessner (1892–1985)28
3. Arnold Gehlen (1904–1976)30
III. Anthropologische Grundlagen der Kultursoziologie32
IV. Natur versus Gesellschaft heute39
Literatur47
„Der Begriff der Kultur ist ein Wertbegriff“ – Über einen problematischen Grundsatz Max Webers51
1.51
2.51
3.53
4.55
5.56
6.58
7.60
8.60
9.61
10.63
11.64
12.66
Literatur68
„Teilweise zufällig, teilweise, weil es doch Spaß macht“70
II. Empirische Kultursoziologie in der Tradition derWissenssoziologie96
Perspektiven einer kultursoziologischen Medienanalyse97
1. Ein Zugang97
2. Theoretische Grundlagen100
3. Methodische Prinzipien106
4. Zwei Beispiele111
4.1 Eine Produktanalyse: Gewaltdarstellung im Fernsehen111
4.2 Eine Rezeptionsanalyse: Familiäre Tischgespräche115
4. Eine abschließende These120
Literatur121
Kommunikationskultur und Powerpoint Ein wissenssoziologischer Zugang123
1. Einleitung: Wissenssoziologie und Kultur123
2. Sinn, Wissen und Kommunikation125
3. Die Kommunikationskultur von Powerpoint9131
a) Performanz, Raum und Teilnahmestruktur131
b) Kommunikative Gattungen, Medien und Milieus136
c) Kommunikationskultur und geschwätzige Gesellschaft138
4. Zurück zur Theorie: Wissenssoziologisches Erklären140
Literatur143
Zur Interdependenz von kollektivem Gedächtnis und Erinnerungspraxis. Kultursoziologie aus biographietheoretischer Perspektive146
Einleitung146
Erinnerungspraxis und kollektives Gedächtnis151
Das homogenisierende kollektive Gedächtnis der Deutschenaus der Sowjetunion161
Resümee167
Literatur168
III. Sinn, Praxis, Diskurs: Perspektiven nach demCultural Turn171
Auf dem Weg zu einer kultursoziologischen Analytik zwischen Praxeologie und Poststrukturalismus172
1. Die Faszination der Kultursoziologie172
2. Vier französisch-amerikanische Impulse zugunsten der ‚neuen Kultursoziologie’176
3. Das praxeologische Quadrat der Kulturanalyse: Praktiken, Diskurse, Artefakte, Subjektivierungen182
4. Makrokulturelle Entitäten und ihre Destabilisierungen: Felder, Lebensformen, Genealogie, Hybridisierung189
Literatur196
Die Exotisierung des Eigenen. Kultursoziologie in ethnografischer Einstellung199
1. Soziologie als Kulturwissenschaft200
2. Das Problem der Soziologie: Ein Mangel an Fremdheit202
3. Das ethnografische Register204
3.1. Ethnologische Kulturanalyse: Verstehen des Fremden204
3.2. Chicago School: Exploration von Sonderwelten206
3.3. Soziologie des Alltäglichen: Befremdung des Vertrauten208
4. Ethnografisch Arbeiten: Explikation impliziten Wissens213
5. Schluss215
Literatur216
Medienkultur kritisch erforschen: Cultural Studies und Medienanalyse218
1. Einleitung: Cultural Studies als kritische Medienanalyse218
2. Kreislauf der Medienkultur: Mediatisierte Kultur als komplexe Artikulation221
3. Methodischer Rahmen: Implikationen des Kreislaufs der Medienkultur229
4. Praktisches Vorgehen: Drei Schritte der Medienkulturanalyse233
4.1 Kulturelle Muster analysieren233
4.2 Vielfach vergleichen235
4.3 Multiperspektivisch kritisieren236
5. Fazit: Medienkultur kritisch erforschen237
Literatur238
Subjekte und ihre Körper. Kultursoziologische Überlegungen241
Programmatische Vorbemerkungen: Eigensinn statt Verkörperung241
1. Subjekt – Individuum: Die soziologischen Traditionslinien244
2. Who is Who? Subjektivationsprozesse zwischen Diskurs und Praxis247
Exkurs: „Könnte der Tango-Tanz mit Worten beschrieben werden... bräuchteman ihn nicht mehr tanzen“252
3. Subjektivation und Normen255
4. Performative Mimesis258
5. Programmatischer Ausblick261
Literatur262
IV. Diesseits des Cultural Turn: Die Perspektiveerklärender Soziologie265
Kultursoziologie diesseits des „Cultural Turn“266
1. Kritik der Prämissen des cultural turn267
2. Vornamen als Indikator zur Analyse kultureller Prozesse278
2.1 Transnationalisierung der Alltagskultur279
2.1.1 Transnationalisierung als „Verwestlichung“279
2.1.2 Ursachen für den Prozess der Transnationalisierung281
2.1.3 Die Erklärung des Erfolgs bestimmter ausländischer Vornamen283
2.2 Akkulturation von Migranten am Beispiel der Vornamen286
2.2.1 Unterschiede zwischen verschiedenen Migrantengruppen286
2.2.2 Erklärung der Unterschiede288
3. Zusammenfassung293
Literatur295
Sinn, Kultur, Verstehen und das Modell der soziologischen Erklärung298
Das Modell der Soziologischen Erklärung299
Sinn, Kultur und Verstehen301
„Gute Gründe“305
Deutungsmuster309
„Objektive Hermeneutik“313
Was also?321
Literatur323
V. Beobachtungen kultureller undkultursoziologischer Beobachtung325
Kultur als Beobachtungsform326
I. „Kultur“ in den Geistes- und Sozialwissenschaften326
II. „Kultur“ als operativ fungierendes Gedächtnis der Kommunikation329
III. „Kultur“ im Modus der Beobachtung zweiter Ordnung333
IV. Kulturreflexion341
V. Offenheit des Kontextes, Unsicherheit der Interpretation und Pluralitätder Bedeutungszuweisungen348
VI. Resümee357
Literatur359
Kultur im System Einige programmatische Bemerkungen zu einer systemtheoretisch informierten Kultursoziologie362
1. Kultur als Reflexionsbegriff365
2. Kultur als Generator von Sprechern368
Postkoloniale Migranten368
Transsexuelle370
3. Dialog der Kulturen375
Finis380
Literatur381
Die Kultur und ihre Soziologie – wissenschaftssoziologische Überlegungen383
1.383
2.386
3.387
4.390
5.392
6.393
7.396
Literatur399
Autorinnen und Autoren401

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