Die exakte Begriffsklärung der Marke ist eine schwierige Angelegenheit und abhängig von der jeweils eingenommenen Perspektive und der jeweils „zeitgemäßen“ Auffassung von Marke, Marketing und Kommunikation.[53] Dennoch ist man sich in der Literatur über die grundlegenden Eigenschaften einer Marke einig. Deshalb scheint folgender Definitionsansatz dem gemeinsamen Nenner der Auffassungen von „Marken“ zu entsprechen: „Eine Marke ist ein differenzierendes Zeichen, das für eine Leistung steht und auf Kontinuität aufgebaute Botschaften langfristig erfolgreich an den Kunden kommuniziert.“[54] Hierbei muss betont werden, dass eine Marke ein Zeichen, ein Symbol ist, das u. a. durch seine Wiedererkennbarkeit die enormen Möglichkeiten der Markenkommunikation ermöglicht. „Die Relevanz der Marke ergibt sich aus dem Nutzen einer Marke für ein Unternehmen.“[55] Dieser Nutzen ist eng verbunden mit den Funktionen, die eine Marke erfüllen kann. Dieser Nutzen kann je nach Perspektive unterschiedliche Ebenen einnehmen. Für das Verständnis der vorliegenden Arbeit sind vor allem die endverbraucherrelevanten Funktionen von Bedeutung:
Abb. 5: Funktionspotenziale von Marken
Quelle: Vgl. Fuchs und Unger 2004, S. 33 in Anlehnung an Meffert, Burmann & Koers
Nach Adjouri und Stastny existieren zwei grundlegende Entstehungsstufen eines Markenprodukts, welche den Aufbau von der Leistung und Markierung bis zur Bedeutung und letztlich die Entstehung der Marke bzw. des Markenartikel erläutern:
Abb. 6: Die zwei Stufen der Markenbildung
Quelle: eigene Abbildung in Anlehnung an Adjouri und Stastny 2006, S. 63 f.
Aus der markierten Leistung (Produkt oder Dienstleistung) selbst ist noch keine Marke entstanden, sondern lediglich die Verbindung von Leistung zu definierten Zeichen (siehe Kapitel 3.2.1 Begriffsklärung Marke). Die Marke selbst ist die Bedeutung dieses Zeichens und entsteht durch seine Identität: “Die Markenidentität gibt vor, welche Nutzen, Eigenschaften, Gefühlswelten und Erlebnisse einer Marke an externe Anspruchsgruppen zu vermitteln sind.”[56] Sie ist das verdichtete abstrahierte Bild mit all seinen Versprechungen und Bedeutungen, was das Produkt oder die Dienstleistung für den Stakeholder rational und emotional verkörpern soll. Innerhalb der Organisation gilt die Markenidentität als die Leitlinie, nach der das gesamte Handeln ausgerichtet werden sollte um eine sogenannte Markenkonsistenz aufbauen und zielgerecht nach außen vermitteln zu können.[57] Nur dann können die Funktionspotenziale (siehe Kapitel 4.1 Begriffsklärung Marke, Abb. 6) effektiv ausgeschöpft werden.
Entstehung, Hintergründe und Bestandteile einer Marke sind eine sehr komplexe Angelegenheit, welche direkt oder indirekt meist mit der Historie von Produkten, Dienstleistungen des Unternehmens zusammenhängen. Entsprechend schwierig ist es, all diese Facetten den Anspruchsgruppen klar, deutlich und vor allem prägnant zu vermitteln. Aus diesen Gründen muss die Markenidentität auf wesentliche und zielführende Merkmale konzentriert werden – hierzu ist die sogenannte Markenpositionierung hilfreich.[58] „Die Markenpositionierung dient zur Abgrenzung der eigenen Marke von Konkurrenzmarken. Die gewählten Positionierungseigenschaften müssen dabei den Wünschen und Bedürfnissen der Konsumenten entsprechen und für diese relevant sein (Esch, 2010, S. 152 ff.).“[59] Hierzu dienen sogenannte „Insights“, welche Aufschluss, über psychologische Motive und Spannungen der Konsumenten bei bestimmten Angeboten geben.[60] Damit die Markenidentität für den Konsumenten auch sofort erkennbar und spürbar ist, muss ihre Positionierung eindeutig sein - sie besteht daher aus wenigen, aber relevanten und prägnanten Merkmalen der Marke.[61] Diese müssen intern und extern insbesondere durch passende Kommunikationsmaßnahmen vermittelt werden um das definierte Selbstbild der Marke möglichst verlustfrei in die Außenwahrnehmung der Marke, dem Markenimage, zu übersetzen: [62] Wie man an nachfolgender Abbildung erkennt, ist die Markenidentität Ausgangspunkt der Markenführung in Organisationen. Sie ist notwendig, um die Positionierung festzulegen, welche maßgeblichen Einfluss auf die kommunikative Umsetzung hat. Die Passgenauigkeit der kommunikativen Umsetzung auf die verabschiedete Positionierung entscheidet vor allem über das wahrgenommene Markenimage. Da das Markenimage als Ist-Zustand der Wahrnehmung beschrieben werden kann, ist das Image also hochgradig mitverantwortlich für den Erfolg der markenführenden Organisation.
Abb. 7: Zusammenhang zwischen Markenidentität, Positionierung, Kommunikation und Image
Quelle: eigene Abbildung in Anlehnung an Esch 2010, S. 91
Bei der Kommunikation der Marke Audi ist beispielsweise sehr gut nachvollziehbar, wie die Marke durch emotionale progressive Bildsprache, entsprechendem Text und grafischer Gestaltung in Richtung Innovation, Technik und Leistung positioniert wurde.
Abb. 8: Erklärendes Beispiel der Markenkommunikation bei Audi
Quelle: Audi Produktseite, Internet: http://microsites.audi.com/rs/index.html?locale=de_DE#/rs6avant/feature, Zugriff: 19.07.2014
Um das später dargestellte Modellkonstrukt besser nachvollziehen zu können, wird im nachfolgenden ein kurzer Überblick über die einzelnen Bestandteile der Markenidentität gegeben. Das Konstrukt der Markenidentität kennt mittlerweile viele verschiedene Herangehensweisen, welche in der Fachliteratur in verschiedensten Ausführungen und Versionen erläutert werden. Eine Mehrzahl dieser Erläuterungen gehen zurück auf das (modifizierte) Markensteurrad nach Esch. Hier wird in der Zusammensetzung der einzelnen Elementen zwischen sogenannten „Hard Facts“ und „Soft Facts“ unterschieden:
Hard Facts:
Markenattribute
> Eigenschaften des Angebots (bspw. bestimmtes Material)
> Eigenschaften des Unternehmens (bspw. größtes Verkaufsnetz)
Benefits (Markennutzen bzw. Nutzenversprechen)
> Sachlich-funktionaler Nutzen (bspw. „dämpft besser“)
> Psychosozialer Nutzen (bspw. „damit werde ich anerkannt“)
„Grundsätzlich gilt: Kunden kaufen keine Eigenschaften, sondern Nutzen (Rothschild, 1987, S. 156).“[63] Die Nutzenversprechungen werden bei der Erarbeitung einer Kommunikationsstrategie öfter mit Hilfe der Markenattribute begründet. Dieser sogenannte „Reason Why“ begründet innerhalb einer Kommunikationsmaßnahme die Kernbotschaft, die vermittelt werden soll und hilft somit, das Positionierungsziel der Markenstrategie zu erreichen.[64]
Soft Facts:
Markentonalität
Innerhalb der Markentonalität wird meist durch Adjektive beschrieben, wie sich die Marke anfühlen soll, also die Erfassung der Emotionen.
Markenbild
Innerhalb des Markenbilds geht es u. a. um visuelle Merkmale einer Marke, die durch ein sogenanntes „Corporate Design“ eine eindeutige Zuordnung und Wiedererkennbarkeit ermöglichen soll. Dazu gehören aber generell alle im engeren Sinne „spürbaren“ Bestandteile der Corporate Identity wie bspw. auch das „Corporate Behavior“.[65]
Kernelement des Markennavigationsrads und Bezugspunkt aller Bestandteile ist die Markenkompetenz, welche sich auf die Historie des Unternehmens, deren Herkunft, deren Rolle im Markt oder weitere herausstechende, differenzierende und vor allem relevante Assets beziehen kann (bspw. Patente, Herstellungsverfahren, etc.).[66] Bei der Dachmarke Nike könnte die Markenkompetenz bspw. der Fakt sein, größter Sportartikelhersteller weltweit zu sein. Daraus ließe sich für deren Markenidentität schlussfolgern, dass im Rahmen der Markenattribute und Benefits die Produkte und deren Nutzen hochwertig und anerkannt sein müssen. Entsprechend selbstbewusst, kompromisslos und stark könnte die Marke im Rahmen der Markentonalität und des Markenbilds auftreten.
Abb. 9: Das modifizierte Markennavigationsrad nach Esch
Quelle: eigene Abbildung in Anlehnung an Esch 2010, S. 102
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