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Legespiele im Mathematikunterricht der Grundschule unter besonderer Berücksichtigung des Tangrams

AutorUta Heider
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl128 Seiten
ISBN9783638525497
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis20,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Mathematik - Geometrie, Note: 1,0, Bergische Universität Wuppertal, 87 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Der Geometrieunterricht in der Grundschule wird bis heute noch vernachlässigt. Als Grund geben die Lehrerinnen und Lehrer häufig an, dass der Unterrichtsstoff der Arithmetik durchgearbeitet werden müsse und für geometrische Themen deshalb zu wenig Zeit übrig bleibe oder aber die Erstellung und Bereitstellung von geeigneten Materialien erfordere einen zu hohen Aufwand. Diese Einstellung schlägt sich auch in den in NRW zugelassenen Lehrbüchern für Mathematik nieder. So enthalten im Durchschnitt nicht mehr als 11,8 % der Seiten eines Mathematikbuchs geometrische Aufgabenstellungen. Bedenkt man die Tatsache, dass Geometrieaufgaben flächenmäßig wesentlich mehr Platz in Anspruch nehmen als beispielsweise Additionsaufgaben, so macht der in Mathematikbüchern für die Grundschule behandelte Lehrstoff der Geometrie nur einen kleinen Bruchteil aus. Dabei ist Geometrie im Unterricht mindestens genauso wichtig wie die Vermittlung von arithmetischen Rechenfertigkeiten, da die Schüler im Alltag immer wieder mit geometrischen Sachverhalten konfrontiert werden (z.B. Verkehrsschilder, Straßenkarten, etc). 'Speziell mit der Geometrie werden die Herausbildung des logischen Denkens und des Vorstellungsvermögens [...] in Zusammenhang gebracht.' [...]

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Leseprobe

3. Parkettierungen


 

Um die Legespiele ausführlich vorstellen zu können, muss zuvor auf Parkettierungen eingegangen werden, da ein Kennzeichen von Legespielen deren parkettierfähige Spielsteine sind.[36]

 

Zunächst soll der Begriff der Parkettierung geklärt werden, um dann einen möglichen Einsatz der Parkettierungen im Unterricht der Grundschule zu skizzieren.

 

3.1 Begriffsbestimmung und parkettierfähige Formen


 

Eine einheitliche mathematische Definition des Begriffs „Parkettieren“ gibt es nicht. Grundsätzlich versteht man aber unter dem Begriff des Parkettierens „[…] eine lückenlose und überlappungsfreie Überdeckung der Ebene […]“[37]. Dabei finden sich die Unterschiede der verschiedenen Definitionen hauptsächlich in der Voraussetzung, mit wie vielen verschiedenen Formen eine Fläche parkettiert werden darf.

 

Während Lauter Parkettierungen nur für deckungsgleiche Figuren definiert[38], können bei Besuden[39] auch verschiedene Figuren zum Parkettieren einer Fläche verwendet werden, solange ein wiederkehrendes Muster entsteht.

 

Ein weiteres Kennzeichen von Parkettierungen, welches in der Bedingung von Besuden schon anklingt, liegt in der Möglichkeit, das beim Auslegen der Fläche entstehende Muster an allen Rändern beliebig weit fortführen zu können.

 

Parkettierungen sind aber keine Erfindung der Mathematik, sondern kommen schon in der Natur vor. Ein sehr eindrückliches Beispiel sind die regelmäßigen sechseckigen Basaltsäulen an der Küste Nordirlands, die beim Abkühlen der heißen Basalt- Lava entstanden sind.[40] Ein dem Lebensraum eines Grundschulkindes näheres Beispiel dürften aber die ebenfalls aus regelmäßigen Sechsecken bestehenden Bienenwaben sein.

 

Die in der Natur vorkommenden Parkettierungen wurden von den Menschen in verschiedenen Bereichen übernommen, so z. B. beim Pflastern von Plätzen oder Gehwegen, wie auch in der Kunst.

 

Die vielfältigsten Parkettierungen wurden von dem Niederländer Maurits Cornelis Escher in seinen Kunstwerken umgesetzt. Dass die Figur, mit der eine Fläche parkettiert wird, nicht nur eine einfache Grundform sein muss, sondern in ihrer Komplexität durchaus variieren kann, zeigt er sehr eindrucksvoll. Dabei findet man auch bei ihm Parkettierungen, die mit nur einer Form auskommen (Reptilien, Abb. 6), aber auch solche, bei denen eine Fläche mit zwei oder mehreren Parkettierformen ausgelegt wird (Fische und Vögel (Symmetriezeichnung C), Abb. 2).

 

 

Abb.2

 

Dies führt zu der Frage, welche Formen überhaupt parkettierfähig sind. Bei der Beantwortung dieser Frage beschränke ich mich auf Vielecke, welche gradlinig begrenzt sind, da die Spielsteine der meisten Legespiele diese Gestalt haben. Krummlinig begrenzte Parkettierungsformen, wie M. C. Escher sie fast ausschließlich verwendet, und sie auch in vielen Bildpuzzles vorkommen, sollen nur am Rande betrachtet werden, da sie im Mathematikunterricht der Grundschule weniger Beachtung finden. Allerdings wird Escher im Mathematikbuch „Leonardo“ erwähnt, wenn auch seine Parkettierungen nicht in ihrer ganzen Komplexität behandelt werden.[41]

 

Dabei soll es in diesem Fall nur um Parkettierungen gehen, bei der die gesamte Fläche mit kongruenten Formen ausgelegt wird. Bei Formen, mit denen dies nicht möglich ist, könnten die entstandenen Lücken mit einer weiteren Form gefüllt werden. Die Auslegung der Fläche wäre damit wieder lückenlos und es gäbe in der Parkettierung nur Doppelkonturen – also Konturen, die sowohl zu der einen, wie auch zu der anderen Parkettierungsform gehören. Diese Doppelkonturen stellen ein Kennzeichen der Parkettierung dar.

 

Das Dreieck ist unabhängig von seinen Winkeln grundsätzlich parkettierfähig. An der Stelle, an der die Dreiecke beim Parkettieren zusammenstoßen, dem sogenannten Knotenpunkt[42], ist jeder der drei Innenwinkel zweimal vertreten. Da die Innenwinkelsumme des Dreiecks genau 180° beträgt, ist ein lückenloses Auslegen der Fläche möglich. Beim Parkettieren müssen dann die einzelnen Kantenlängen des Dreiecks berücksichtigt werden.

 

 

Abb.3

 

Ähnlich verhält es sich mit jedem beliebigen Viereck. Jeder der vier Innenwinkel stößt genau einmal an einem Knotenpunkt (vgl. Abb. 3) zusammen, da die Innenwinkelsumme doppelt so groß wie in einem Dreieck ist. Mit 360° ist deshalb jedes beliebige Viereck parkettierfähig.[43] Eine Ausnahme bildet nur das überschlagene Viereck (Abb. 4), da bei diesem keine Innen- oder Außenwinkel definiert werden können.

 

 

Abb.4

 

Aber schon das Fünfeck ist nicht mehr bedingungslos parkettierfähig. Es gibt zwar beliebig viele Fünfecke, mit denen eine Fläche mit nur einer Form parkettiert werden kann, das „Fünfeck muß dann aber verschiedene Innenwinkel haben“[44].

 

 

Abb.5

 

Hat es z. B. „2 rechte Winkel, 2 Winkel von 114,3° und einen Winkel von 131,4° (zusammen 3 · 180°)“[45], so lassen sich diese gleichseitigen Fünfecke so zusammenlegen, dass sich je drei (2 · 114,3°+ 1 · 131,4°) oder vier Winkel (4 · 90°) an einem Knotenpunkt zu 360° ergänzen.

 

Jeweils vier jener Fünfecke lassen sich zu einem Sechseck vereinigen. Das entstehende Muster enthält ein Zerrbild der Parkettierung mit einem regelmäßigen Sechseck.

 

Alle regelmäßigen konvexen Vielecke mit einer höheren Eckenanzahl (n) als sechs sind nicht parkettierfähig. Dies kann man mit Hilfe der Innenwinkelsumme beweisen.

 

Bezeichnet man die Winkel eines regelmäßigen Polygons mit α, so ergänzen sich diese Winkel im Knotenpunkt einer Parkettierung zu 360°. Nimmt man jetzt an, dass genau k Ecken in diesem Punkt aneinander liegen, so gilt k·α = 360°. Mit der Innenwinkelsumme eines Polygons kann man die Gleichung n·α = (n-2)180° aufstellen. Daraus ergibt sich die Gleichung 2n = k(n-2), die nur für n = 3, n = 4 und n = 6 lösbar ist.[46]

 

Nicht- konvexe Vielecke stellen aber z. B. die Polyominos dar. Die durch Zusammenfügung von Quadraten gleicher Größe entstandenen Formen sind ebenfalls parkettierfähig, was ja auch die Grundaufgabe bei den Polyominos ist.[47] Dabei können isomorphe Polyomino- Steine oder aber auch – wie bei dem Legespiel – unterschiedlich gestaltete Spielsteine zur Parkettierung verwendet werden.

 

Krummlinig begrenzte Parkettierungsformen entstehen meist aus den oben erwähnten Formen mit Hilfe verschiedener Techniken, die die Parkettierfähigkeit der Form berücksichtigen und beibehalten.

 

 

Abb.6

 

Als Beispiel kann man hier wiederum die Reptilien von M. C. Escher heranziehen. In diesem Ausschnitt der Zeichnung kann man sehr gut erkennen, dass die Parkettierform der Echse aus einem regelmäßigen Sechseck entstanden ist. Die in dieser Parkettierform ausgesparten Stücke (Fuß, Schnauze, Schwanz) wurden an die entsprechenden Außenkanten des Sechsecks wieder angesetzt, so dass die entstehende Figur parkettierfähig bleibt. Das ursprüngliche Bienenwaben-muster ist in der Abbildung aber ebenfalls noch zu erkennen.

 

3.2 Einsatz von Parkettierungen im Unterricht


 

Parkettierungen ermöglichen einen intensiven Umgang mit unterschiedlichen Flächenformen. Vor allem die geometrischen Grundformen wie das Dreieck, Rechteck und Quadrat werden mit ihren Eigenschaften (Kantenlängen, Winkeln, Symmetrien) beim Parkettieren „begriffen“. Parkettieren ist also eine gute Möglichkeit, geometrisches Wissen über diese Formen zu wiederholen und zu vertiefen.

 

Beim Parkettieren müssen die Kinder die Eigenschaften ihrer Parkettierungsform beachten und können dadurch Erfahrungen mit der Deckungsgleichheit von Flächen machen, die eine Vorbereitung auf Kongruenzabbildungen in höheren Klassen darstellt.

 

Durch den handelnden Umgang mit den Formen beim Parkettieren lassen sich aber nicht nur Erfahrungen zur Deckungsgleichheit von Figuren machen, sondern auch zur Symmetrie, da die Figuren beim Versuch der Flächenauslegung auch gedreht oder umgeklappt werden können.

 

Den Kindern sollten dabei sowohl einfache als auch komplexere Formen zur Verfügung stehen. Durch das Verwenden einer einfachen Parkettierform wird gewährleistet, dass das Kind früher oder später ein Erfolgserlebnis hat und dadurch motiviert ist, weitere und auch schwierigere Formen auszuprobieren. Beim Auslegen einer Fläche mit komplexen Formen sind Fehler, also falsches Aneinanderlegen einer parkettierfähigen Form, so dass eine Fläche nicht mehr lückenlos ausgelegt werden kann, sehr viel wahrscheinlicher. Diese Fehlversuche sollte man nicht nur nicht verhindern, sondern sogar versuchen sie zu ermöglichen, da gerade sie dafür...

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