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E-Book

Liebe auf Dauer

Was Partnerschaft lebendig hält

AutorHans Jellouschek
VerlagKreuz
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783783180282
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis6,99 EUR
Eine erfüllte, dauerhafte Partnerschaft muss kein Wunschtraum bleiben. Der bekannte Paartherapeut zeigt auf dem Hintergrund seiner 30jährigen therapeutischen Erfahrung, wie Partner ihre Beziehung so gestalten können, dass beide aus freien Stücken dauerhaft beieinander bleiben. Beständigkeit der Zuneigung und Liebe kann gelingen auch in Zeiten, in denen Scheidungen fast etwas Normales sind.

Hans Jellouschek, geboren 1939, gestorben 2021, Dr. theol., Lic. phil., Transaktionsanalytiker (DGTA), Eheberater, Lehrtherapeut für Transaktionsanalye und systemisch-integrative Paartherapie. Langjährige Erfahrung im Bereich Fort- und Weiterbildung von Beratern und Therapeuten, Coaching und Training für Führungskräfte. Er lebte in der Nähe von Stuttgart. Weitere Informationen unter www.hans-jellouschek.de

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Leseprobe

2 Lernen Sie einander gut kennen
Die Kunst, die Fremdheit zu überwinden


»Ich bin völlig überrascht, wie anders du bist!«


Ich erinnere mich an ein Paar in der Therapie, dem ich die Aufgabe gegeben hatte, sich einmal in der Woche zusammenzusetzen und ein Gespräch in der Form zu führen, dass der eine erzählen sollte, was ihn gerade innerlich bewegte, während der andere nur zuhören und nachfragen, nicht aber mit eigenen Aussagen dazwischenkommen durfte, und nach einer bestimmten Zeit sollten sie die Rollen wechseln. »Diskussionen« über das Gesagte sollten keine stattfinden. Das Paar hielt sich an diese Regel, und als ich sie wieder traf, rief die Frau aus: »Das war eine schwierige Übung! Ich bin völlig überrascht und hätte nie gedacht, wie anders mein Mann ist, als ich bin!«

Wenn zwei Menschen sich ineinander verliebt haben, besteht ein Teil ihrer Verliebtheit darin, dass sie sich einander so wunderbar vertraut fühlen. »Als hätten wir uns schon hundert Jahre lang gekannt«, sagen sie manchmal. Dieses Gefühl der Vertrautheit ist in der Regel keine Täuschung. Verliebtheit besteht ja gerade darin, dass zwei sich in der Tiefe berühren, dass es eine Begegnung ihrer Herzen gibt, die sie tief miteinander verbindet. Oft wird erst viel später deutlich, was das war oder ist: ein ähnliches Schicksal zum Beispiel, das sie einander so nahefühlen lässt, eine Gemeinsamkeit in wesentlichen Lebenseinstellungen, die sie intuitiv erfassen, oder eine wunderbare Ergänzung, die sie wechselseitig fasziniert. »Die beiden verstehen sich«, sagen dann die Leute bewundernd oder ein wenig neidvoll, wenn sie beobachten, wie sie miteinander umgehen. In der Verliebtheit erfassen wir tatsächlich Wesentliches von der Person des anderen und von den Möglichkeiten, die wir miteinander an Entfaltung und Entwicklung haben (Willi 2002, S. 137–146).

Das heißt allerdings noch nicht ohne Weiteres, dass wir den Weg der Realisierung dafür auch finden und gehen werden. Und noch weniger heißt es: Dass wir den anderen dadurch schon wirklich kennen. Wir kennen etwas von ihm, vielleicht etwas Wesentliches, aber ganz Vieles bleibt im Dunkel, im Verborgenen. In der Verliebtheit entdecken und erfassen wir, was vom anderen zu uns passt, das andere blenden wir aus. Wir bemerken es nicht, oder wir schauen bewusst ein wenig weg davon. Das lässt sich allerdings im Alltag des Zusammenlebens nicht durchhalten. Da zeigt sich dann, dass vieles am anderen neu, fremd, ja befremdlich ist. Diese Erfahrung bringt oft die ersten Enttäuschungen in die Liebe und läutet das Ende der Verliebtheitsphase ein. Ist das der Anfang vom Ende?

Er kann es sein. Dann nämlich, wenn ich daran festhalte, dass die Verliebtheit mit der in ihr erfahrenen genauen Passung zwischen dir und mir schon die Liebe schlechthin sein soll, und wenn ich die Fremdheit, auf die ich stoße, wenn auch die bisher unbekannten Seiten des anderen hervortreten, als einen Gegensatz dazu erlebe. Dann nämlich beginne ich, was M. L. Moeller (1988, S. 138 ff.) »den anderen kolonialisieren« nannte. Das heißt: Ich sperre mich dagegen, den anderen als anderen wahrzunehmen, ich hole ihn sozusagen in das Gebiet meines eigenen Ich herein und beginne zu bekämpfen, was sich am anderen dagegen sträubt, auf diese Weise »eingemeindet« zu werden. So stellt zum Beispiel Rilke in seinem berühmten Gedicht den Orpheus dar: Er nimmt Eurydike nur als seine bewunderte und ihn bewundernde Muse wahr, kann jedoch nicht akzeptieren, dass sie »in der Unterwelt« eine andere geworden und durch eine eigene Entwicklung gegangen ist. So dreht er sich nach ihr um, um sie wieder unter seine Kontrolle zu bringen, und verliert sie dadurch endgültig (vgl. dazu Jellouschek 2001, S. 87–102).

Interesse, Neugier, Staunen


Wir kennen den anderen, auch wenn wir heftig in ihn verliebt waren oder sind, noch sehr wenig, ja wir werden ihn niemals wirklich »durch und durch« kennen lernen. Das heißt aber: Ich muss mich darauf einstellen, dass mein Mann, meine Frau – nicht nur im Sexuellen, wie uns seinerzeit Oswald Kolle nahezubringen suchte – ein »unbekanntes Wesen« ist. Ein unbekanntes Wesen, das es erst kennen zu lernen gilt. Damit ich nicht – wie so mancher »Orpheus« männlichen und weiblichen Geschlechts – böse Überraschungen erlebe, ist es darum von Vornherein besser, mich mit einer gewissen Entdeckerlust auf den anderen einzulassen. Dazu gehören: Interesse am anderen und eine gewissermaßen »ästhetische Haltung« ihm gegenüber.

Was ist damit gemeint? Um ein etwas banales (aber zugleich auch »basales«) Beispiel zu wählen: Wenn ich merke, dass der Partner das Geschirr in der Ablage lieber bis morgen früh stehen lässt, während ich mir angewöhnt habe, es sofort abzutrocknen und wegzuräumen, habe ich die Wahl, entweder darüber befremdet zu sein und es zu kritisieren, oder ich kann mit Interesse feststellen, dass der andere in diesem Punkt anders ist als ich, und ich kann zu ergründen suchen, warum. Er hat vielleicht sogar gute Gründe für sein Verhalten, zum Beispiel, dass das Geschirr so abtropfen kann und ein Abtrocknen gar nicht mehr nötig ist … Statt den anderen zu »kolonialisieren«, mache ich so einen Schritt aus meiner Welt heraus in die Welt des anderen, und unter Umständen erweitere ich auf diese Weise sogar meine eigenen Sichtweisen und Handlungsoptionen.

»Ästhetische Einstellung« dem anderen gegenüber: Das heißt, ich beobachte mit Neugier, Interesse und Staunen das Anderssein des anderen. »Aha, du machst das so. Interessant, so ist das bei dir! Wie kommt es, dass du das so machst, dass du dazu diese Meinung hast, dass du dich in diesem Zusammenhang so verhältst …?« Ich beginne den anderen und seine Welt zu erforschen. Ich gehe nicht mehr davon aus, dass er genau so ist wie ich, sondern ein anderer …

Das bekommt der Liebe sehr gut. Denn Liebe hat doch damit zu tun, dass ich aus mir heraus auf den anderen zugehe, dass ich den anderen nicht »mir einverleibe«, sondern mich dem anderen »hin-gebe«. Durch das Anderssein des anderen, wenn ich mich mit Neugier, Interesse und »ästhetischer Haltung« dem öffne, werde ich aus meinen – oft ja recht engen – Ichgrenzen herausgelockt auf eine spannende Reise in das weite Land des anderen. Das tut dem anderen gut, weil er sich so in seiner Eigenart respektiert und geachtet fühlt, und das tut auch mir gut, weil ich ein wenig mich selber lassen lerne.

Wenn wir uns auf solche Weise aktiv um die Eigenart(en) des anderen kümmern, lernen wir etwas ganz Wesentliches für die Partnerliebe, nämlich Empathie, Einfühlung. Einfühlung heißt, um ein Bild von R.Welter-Enderlin (1996) zu gebrauchen, »mich in die Schuhe des anderen stellen«. Ich gehe aus mir heraus auf seine Seite und betrachte vorübergehend nicht mehr aus meiner, sondern aus seiner Perspektive die Welt. Wenn Kurt erlebt, dass Lisa dazu neigt, pausenlos zu reden, ohne dass dabei viel Information herüberkommt, und ihn das zu nerven beginnt, kann er verstehen lernen, dass es ihr nicht auf die Information ankommt, sondern dass sie auf diese Weise Kontakt sucht und Verbindung herstellen will. Und wenn Kurt dazu neigt, sich für Lisas Geschmack allzu oft und zu lang hinter seine Bücher zu verkriechen, kann sie verstehen lernen, dass er diesen Rückzug braucht, um den Kontakt zu sich selber nicht zu verlieren. Jeder beginnt den anderen aus seiner Eigenart heraus zu verstehen. Das ermöglicht Akzeptanz, und es trägt unter Umständen sogar zur Erweiterung des eigenen Repertoires bei: Kurt kann an der Eigenart Lisas lernen, etwas mehr aus sich herauszugehen, und Lisa, gewisse Rückzugsphasen auch für sie wichtig und gewinnbringend zu entdecken.

Sich in die Schuhe des anderen stellen, die Dinge aus seiner Perspektive betrachten lernen, gerade dort, wo ich auf sein Anderssein stoße, das ist ein wesentliches Element einer dauerhaften Partnerliebe. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass es wechselseitig geschieht. Auf dieses Thema der Wechselseitigkeit werden wir noch ausführlich zu sprechen kommen. Hier sei nur so viel schon gesagt: Wenn es einseitig geschieht, wenn nur einer sich um das Verstehen des anderen bemüht und Einfühlung in den anderen übt, wird die Beziehung zu einem Ausbeutungsverhältnis. Selbst wenn Frauen »von Natur aus« in dieser Hinsicht die begabteren sein sollten, kann eine Beziehung heutzutage nicht mehr gelingen, wenn nicht die Männer sich ebenso um diese Haltung bemühen.

Das Kind im anderen kennen lernen


Den anderen kennen lernen, ihn in seiner Eigenart »erforschen« und verstehen lernen, das gilt ganz wesentlich auch für den Partner in seinem »Geworden-Sein«. Wir kennen den anderen nicht, wenn wir nicht auch seine Geschichte kennen und ihn aus dieser Geschichte heraus in dem, wie er jetzt ist, besser verstehen. Unsere Geschichte ist nicht nur etwas Vergangenes. Das Kind, das wir einmal waren, lebt in uns und zeigt sich immer wieder, oft allerdings versteckt oder »maskiert«. Wir müssen nach diesem Kind suchen, um es zu entdecken.

Was ich hier meine, kann ich am leichtesten an einem Beispiel deutlich machen: Friedrich und Gerlinde sind ein Paar, leben aber nicht zusammen, und die Frage, »Nägel mit Köpfen« zu machen, zusammenzuziehen, zu heiraten, oder aber sich zu trennen und eigene Wege zu gehen, steht in letzter Zeit ständig im Raum. Die beiden sind sehr verschieden, sie lebendig, sprudelnd, aktiv und initiativ, er bedächtig, zurückhaltend und ruhig. In der Verliebtheitsphase hat sie das sehr aneinander fasziniert, im Alltag wird es immer konflikthafter. Sie erlebt ihn passiv, sich entziehend, resignativ, er...

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