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E-Book

Montessori für zu Hause

AutorClaudia Schäfer
Verlagdtv Deutscher Taschenbuch Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783423412100
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
Wie lässt sich Montessori-Pädagogik im häuslichen Bereich, in der Familie umsetzen?  Wie läßt sich Montessori-Pädagogik, seit langem fester Bestandteil der Kindergarten- und Grundschulerziehung und ursprünglich nur für diese konzipiert, im häuslichen Umfeld, in der Familie umsetzen? Diese Frage beantwortet Claudia Schäfer in ihrem pragmatischen und kompetenten Ratgeber. Sie erläutert Menschenbild und Erziehungsziele der Montessori-Pädagogik und gibt konkrete methodische Vorschläge für den familiären Erziehungsalltag. Ihr umfassender Blick beachtet Möglichkeiten und Grenzen des montessorischen Erziehungskonzepts und zeigt dessen Aktualität und besondere Tauglichkeit für die heutige Kleinfamilie auf.

Claudia Schäfer, geboren 1963, studierte Erziehungswissenschaften und ist Inhaberin des Montessori-Diploms. Sie war am Aufbau einer Montessori-Grundschule beteiligt, dort als Lehrerin tätig und hält regelmäßig Seminare und Vorträge zu pädagogischen Themen. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern in Freiburg.  

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Leseprobe

Das Leben einer willensstarken und talentierten Frau: Maria Montessori


Maria Montessori ist eine der bekanntesten Pädagoginnen des 20. Jahrhunderts und ihre pädagogischen Prinzipien beeinflussen weltweit die Erziehung in Kindergärten und Schulen. Aber ihr pädagogisches Werk und ihre Biografie sind bei weitem nicht so vertraut wie ihr Name.

Wer war diese Frau, welche Talente hatte sie, die versuchte, eine neue Erziehungswissenschaft zu begründen?

Lebensbedingungen und Kindheit zur Zeit von Maria Montessori


Maria Montessori wurde am 31. August 1870 in Chiaravalle in der Provinz Ancona geboren. Es war eine Zeit der politischen Veränderungen (die Nation Italien wurde ausgerufen) und des technischen Wandels. Für den Großteil der italienischen Bevölkerung brachte dies jedoch nicht direkt eine Verbesserung der Lebenssituation. Nach wie vor lebten sie als kleine Bauern oder FabrikarbeiterInnen in Abhängigkeit und Elend. Selbst die vielen Menschen, die in die Städte zogen und hofften, dort Arbeit in den neuen Fabriken zu finden, landeten häufig in den wachsenden Elendsvierteln. Bald schon waren die Städte übervölkert. Nur ca. fünf Prozent der männlichen Bevölkerung besaßen das Wahlrecht und nur wenige verfügten über Besitz und Bildung und damit über Rechte und Macht.

Im Jahr 1860 waren noch über drei Viertel aller Einwohner Italiens Analphabeten. Denn die meisten Kinder mussten früh für den Unterhalt der Familie mitsorgen, so dass sie für einen Schulbesuch keine Zeit hatten. Diejenigen, die der (seit 1856) allgemeinen Schulpflicht nachkommen konnten, waren einem starren und strengen Schulalltag ausgesetzt. Es galt, Wissen auswendig zu lernen, züchtig und bewegungslos in den schreberischen3 Schulbänken zu sitzen, und auch in den Familien herrschte ein strenger, patriarchalischer Ton. Denn Kinder wurden als minderwertige Noch-Nicht-Erwachsene gesehen, die von Eltern und ErzieherInnen zu formen seien.4 Für Mädchen war eine höhere Schulbildung nicht vorgesehen, nur einigen wenigen aus reichem Elternhaus war es möglich, ein LehrerInnenseminar zu besuchen.

Hinzu kam, dass im 19. Jahrhundert die meisten Familien weit mehr Kinder hatten als wir heute und dass viele Kinder nicht als Wunschkinder auf die Welt kamen. So empfanden etliche Eltern (laut Briefen und Schriften aus dieser Zeit) die Kinder oftmals eher als Last denn als Freude.5

Um die Jahrhundertwende, in der Zeit des allgemeinen Wandels, gerieten denn auch das kasernenhafte Schulsystem, die starren Lehrverfahren und der schematische Lehrplan ebenso wie die traditionellen bürgerlichen Erziehungsvorstellungen in die Krise. Man rief plötzlich das »Jahrhundert des Kindes« aus, und viele »Reformpädagogen« (Kerschensteiner, Litt, Petersen usw.) setzten sich für eine Pädagogik ein, die vom Kind ausging. Ja sogar die gesamte Kultur der damaligen Zeit wurde infrage gestellt, und es wurde nach neuen Werten und Lebensvorstellungen gesucht.

Auch Maria Montessori setzte sich in ihrem Leben zunehmend mit diesen Fragen auseinander und schuf viele pädagogische Antworten, indem sie eine kindgerechte Methode entwickelte.

Die erste promovierte Ärztin Italiens


Maria Montessori wuchs als einzige Tochter einer bürgerlich-katholischen Familie auf. Ihr Vater war Finanzbeamter und ihre Mutter Tochter eines Gutsbesitzers. Zwar war der Vater für politische Neuerungen eingetreten, aber im Alltag war es wohl eher Maria Montessoris Mutter, die sich Neuem gegenüber aufgeschlossen zeigte.

Bald nachdem die Familie Montessori nach Rom umgezogen war, kam Maria Montessori in die Schule, die noch den alten Lehrplan mit starren Lehrverfahren vermittelte. Bereits hier zeigte sie selbstständiges und kritisches Denken: Sie wehrte sich bald gegen die Schranken zwischen Jungen und Mädchen und gegen das unreflektierte Auswendiglernen. Ihre Grundeinstellung, der sie ihr Leben lang treu blieb, lautete: Veränderung ist möglich. Wir müssen sie nur machen. Mit dieser Einstellung setzte sie später sogar revolutionäre Forderungen durch.

Früh zeigte sich das besondere Interesse von Maria Montessori an Mathematik. Schon ihr Vater hatte Mathematik studiert. Obwohl dieses Fach den Jungen vorbehalten war, entschied sie sich nach ihren sechs Grundschuljahren für eine technisch-mathematisch orientierte Schule und plante, Ingenieurin zu werden. Das naturwissenschaftlich-logische Denken spiegelt sich in ihren späteren Erziehungsprinzipien und in den Montessori-Materialien wider.

Doch neben diesem logischen Denken schien diese Frau auch über ein großes Vertrauen in sich und ihre Intuition zu verfügen. Wie in ihrer Biografie berichtet wird, fällte sie einige ihrer Lebensentscheidungen völlig spontan. So überraschte sie eines Tages ihre Eltern damit, dass sie nun Medizin studieren wolle. Ein Studium, zu dem Frauen in Italien bis dahin eigentlich nicht zugelassen wurden. Bei ihrer ersten Anmeldung erhielt sie eine Ablehnung. Deshalb schrieb sie sich für Physik, Mathematik und Naturwissenschaften ein und bestand zwei Jahre später erfolgreich die Prüfungen.

Beharrlich setzte sie sich anschließend wieder für ihr geplantes Medizinstudium ein, suchte gar bei öffentlichen Stellen Unterstützung. Sogar Papst Leo XIII. soll ihr geholfen haben, und so wurde sie als Medizinstudentin angenommen. Mit Ausdauer, Können und Kraft bewährte sie sich in dieser Männerdomäne. Selbst die Tatsache, dass sie als Frau nur alleine abends Leichen sezieren durfte, schreckte sie nicht. 1896 schloss sie ihr Studium erfolgreich ab, nachdem sie kurz zuvor in einem Fachvortrag die männlichen Skeptiker und auch ihren bis dahin kritischen Vater überzeugt hatte. Als erster Frau Italiens wurde ihr der Doktortitel im Fach Medizin verliehen. Dadurch erlangte sie in ganz Italien Popularität.

Im gleichen Jahr reiste sie als gewählte Vertreterin Italiens nach Berlin, wo sie eine Rede auf dem ersten internationalen Frauenkongress hielt. Maria Montessori engagierte sich hier für die Rechte der Frauen, ohne sich jedoch in feministische Denkschablonen einordnen zu lassen.

Nach Abschluss des Studiums begann sie als Ärztin in einer eigenen Praxis und u. a. an der psychiatrischen Universitätsklinik in Rom zu arbeiten. Eine ihrer dortigen Aufgaben war es, andere psychiatrischen Kliniken zu besuchen. In einer Anstalt für geistig behinderte Kinder – damals als »Idiotenasyl« bezeichnet – beobachtete sie etwas, das ihr pädagogisches Interesse weckte: Sie wurde in einen Raum geführt, in dem behinderte Kinder untätig herumsaßen. Die Anstaltswärterinnen beschwerten sich bei Dr. Montessori über eine Angewohnheit dieser Kinder. Sie würden mit dem Brot, das sie zu essen bekamen, herumspielen, dreckige Brotstücke vom Boden aufheben, es in den Händen zerquetschen und im Mund hin und her bewegen. Nachdem Maria Montessori sich in dem leeren, kargen Raum umgeschaut hatte, verstand sie den »Spielhunger« dieser Anstaltskinder. Es gab dort nichts, was sie berühren, befühlen und woran sie ihre Augen, Hände und Ohren hätten üben können.

Mit einigen dieser Kinder begann Maria Montessori zu arbeiten und widerlegte das damals immer noch vorherrschende Vorurteil, dass geistig behinderte Kinder nicht lernfähig seien. Sie beschäftigte sich mit den wichtigsten pädagogischen Schriften der letzten Jahrhunderte (Perrera, Rousseau, Pestalozzi, Fröbel) und fand vor allem in den Werken der Franzosen Jean-Marc Itard (1774  1834)6 und seinem Schüler Edouard Seguin (1812–1880) vieles, was auch sie aufgrund eigener Beobachtungen für beachtenswert hielt.

Bereits Seguin hatte Materialien entwickelt, mit denen sich geistig behinderte Kinder sinnvoll beschäftigen und sogar selber kontrollieren konnten, ob sie es richtig gemacht hatten. Zum Beispiel geometrische Körper, die in passende Aussparungen zu legen waren, Übungen für das Auf- und Zuknöpfen, Materialien, die sensorische Eindrücke wie auch motorische Fertigkeiten für Verrichtungen im täglichen Leben trainierten. Seguins Arbeit hatte bestätigt, dass es möglich war, behinderte Kinder zu bilden.

In der Zeitschrift ›Roma‹ veröffentlichte Maria Montessori 1898 ihre Erkenntnisse und setzte sich auf dem Turiner Pädagogik-Kongress vor ca. 3000 TeilnehmerInnen für Erneuerungen in der Erziehung geistig behinderter Kinder ein. Sie regte an, neue Sonderschulen mit veränderter pädagogischer Methode einzurichten und besondere Ausbildungskurse für ErzieherInnen und LehrerInnen durchzuführen. Auch hier überzeugte Maria Montessori durch rhetorische und fachliche Brillanz.

Im darauf folgenden Jahr gründete die »Nationale Liga für die Erziehung behinderter Kinder« eine Modellschule, an der LehrerInnen ausgebildet und gleichzeitig behinderte Kinder unterrichtet wurden. Man übertrug Maria Montessori die Leitung dieser Einrichtung. Hier hatte sie die Möglichkeit, die Materialien von Seguin intensiv weiterzuentwickeln.

Einige der behinderten Kinder, mit denen Maria Montessori gearbeitet hatte, bestanden im Lesen und Schreiben die Prüfungen an der staatlichen Grundschule – und bestanden sie zum Teil sogar besser als die »normalen« Kinder. Woraufhin Maria Montessori sich die Frage stellte, wie sich dann erst normal begabte Kinder entwickeln würden, wenn auch sie eine entsprechende Förderung erhielten. Ihr Wunsch, diese neue...

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