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Müssen Eltern Psychologen sein?

Eine gesellschaftskritische Einführung in pädagogisch-psychologisches Basiswissen. Mit Akzentuierung der Wechselbeziehung zwischen Erziehung und dem Zustand der Gesellschaft.

AutorKlaus Lindenlaub
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl248 Seiten
ISBN9783844842708
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,49 EUR
Müssen Eltern Psychologen sein? Wörtlich genommen natürlich nicht. Eltern sollten aber über das entwicklungspsychologische Grundlagenwissen verfügen, das ihnen dabei hilft, ihre Kinder sicher durch die unterschiedlichen Entwicklungsphasen zu lotsen. Das Wissen über die Grundstrukturen der Persönlichkeitsentwicklung, über die einzelnen Phasen der Kindheit und die ihnen zugrunde liegenden Wünsche und Antriebe ist dabei allemal von großem Nutzen. Gerade für heutige Eltern, die ja in besonderer Weise die negativen Einflüsse unserer Gegenwartskultur zu spüren bekommen. Klaus Lindenlaub (Jahrgang 1936), der sowohl als Pädagoge wie auch als Psychotherapeut beruflich tätig war, zeigt in eindringlicher Weise und leicht verständlich auf, worauf es bei der Erziehung im Wesentlichen ankommt. Der engagiert gesellschaftskritische und zuweilen zornige Grundton verleiht dem Text eine temporeiche Spannung, die das Buch bis zur letzten Seite zu einer fesselnden Lektüre macht.

Klaus Lindenlaub (Jahrgang 1936), der sowohl als Pädagoge als auch als Psychotherapeut beruflich tätig war, zeigt in eindringlicher Weise und leicht verständlich auf, worauf es bei der Erziehung von Kindern und Jugendlichen im Wesentlichen ankommt. Der engagiert gesellschaftskritische und zuweilen zornige Grundton verleiht dem Text eine temporeiche Spannung, die das Buch bis zur letzten Seite zu einer fesselnden Lektüre macht.

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Leseprobe
DIE VERSCHLUNGENEN PFADE DER
ANGST

Impulse aus dem Unbewussten

Wir wissen, dass Angst uns nicht grundlos in Alarmbereitschaft versetzt. Im Normalfall sind akute Gefahrensituationen die Gründe. Aber es kommen auch eingegangene Risiken als Ursache infrage – Vorgänge mit möglichem Gefahrenpotential und auch solche, die wir lediglich imaginieren.

Angst ist weder objekt- noch situationsgebunden. Was gefährlich ist oder werden kann und somit Angst auslöst, entscheidet ein Prozess, der sich zunächst in unserem Bewusstseinssystem – in einer unserer drei seelischen Zentralfunktionen – abspielt.

Für die Bewertung dessen, was wir wahrnehmen, spielt der unbewusste Bereich unseres Bewusstseinssystems eine entscheidende Rolle. Unter Zuhilfenahme des dort gespeicherten kollektiven Wissens über Bedrohlichkeiten und den ebenso gespeicherten Informationen über alle bisher individuell durchlebten Geschehnisse wird jede bewusst oder unbewusst wahrgenommene aktuelle Situation einer Prüfung unterzogen. So wird, wie wir später noch genauer erfahren, jedes reale Erlebnis und auch jedes unserer Vorhaben über eine Vielzahl überwiegend unbewusst ablaufender seelisch-geistiger Prozesse zunächst mit den Informationen verglichen, die über gleiche oder ähnliche Lebensereignisse aus früherer Zeit gespeichert sind. Entsprechend des Ergebnisses der Überprüfung erfolgt – zur Einleitung von Verhaltensmaßnahmen – die Impulsgebung an die beiden anderen Zentralfunktionen: das Gefühlssystem und das Antriebssystem.

Wahrgenommene Lebenssituationen, die mit positiven Erinnerungen verbunden sind, lösen auf diesem Wege Wohlbefinden aus. Das Verhalten ist dann von Entspannung und Gelassenheit geprägt. Reale Bedrohlichkeiten – aber auch Ereignisse, die aufgrund individueller lebensgeschichtlicher Erfahrung vorbelastet sind – lösen Angstreaktionen aus.

Bei realer Bedrohung sind die entsprechenden Angstreaktionen auch von außen betrachtet nachvollziehbar. Anders ist das bei Angstreaktionen, die aufgrund individueller Erfahrungswerte ausgelöst werden. In solchen Fällen kann die aktuelle Situation, die in einem vorbelasteten Menschen Angst auslöst, Außenstehenden völlig unbedrohlich erscheinen. Was dem Umfeld wie auch Betroffenen allerdings häufig verborgen bleibt, ist, dass die Angstreaktion dann nur bedingt dem aktuellen Ereignis zuzuordnen ist. Von ihm ist sie ausgelöst. Verursacht ist sie von einem ähnlichen, in früherer Zeit durchlebten Ereignis, das in der Regel unter anderen Begleitumständen als im aktuellen Fall erlebt und schließlich verdrängt wurde. Das unbewusste Abrufen dieses frühen Geschehens, das damals möglicherweise von Gefühlen wie Hilflosigkeit, Ausgeliefertsein oder Panik begleitet war oder gar traumatisch erlebt wurde, überlagert nun die Wahrnehmung des aktuellen Ereignisses und beeinflusst das Verhalten des jeweils Betroffenen.

Erkennbar bleibt aber nur der Zusammenhang zwischen der harmlos scheinenden momentanen Situation und der unverhältnismäßig heftigen Reaktion des Betroffenen darauf. So erscheint das Verhalten erheblich überzogen und damit auffällig.

In unserer Lebensrealität ist es völlig normal, vor Raubtieren, Feuersturm, entfesselten Wasserfluten und Erdbeben Angst zu haben. Wenn jemand diesen Gefahren ausgesetzt ist, dann ist dessen Angst und dessen Reaktion auf sie genauso nachvollziehbar wie die Angst der Menschen vor den Gewalttaten mancher Artgenossen. Solche Angstauslöser sind unstrittig, denn deren Bedrohungspotential ist allgemein anerkannt.

Anders ergeht es Menschen, die mit Angstverhalten auf allgemein als ungefährlich geltende Lebenssituationen reagieren und Angstzustände durchleben, wenn sie in Menschenansammlungen geraten oder sich in geschlossenen Räumen aufhalten. Diesen Menschen wird häufig krankhaftes Verhalten oder gar mangelnder Realitätsbezug unterstellt, ebenso wie jenen, die Angstverhalten zeigen, wenn sie bei einem Zoobesuch vor einem gesicherten Raubtiergehege stehen oder wenn sie sehen, wie der Nachbar sein Schwimmbecken mit Wasser füllt. Solche leichtfertigen Urteile werden gefällt, weil in diesem Zusammenhang das kollektive Wissen auf der Erkenntnis basiert, dass Raubtiere uns nur in freier Wildbahn bedrohen und Wasser nur bei Überschwemmungskatastrophen eine Gefahr ist. Und nicht zuletzt auch deshalb, weil die meisten Menschen die Situation der anderen aus der eigenen Weltsicht und der eigenen Gefühlswelt heraus bewerten. So steht das Urteil über andere oft auf sandigem Boden.

Wenn allerdings die verschütteten ursächlichen Zusammenhänge solchen Verhaltens offenbar werden, wird manch vordergründig unrealistisch scheinendes Angstverhalten auch für Außenstehende nachvollziehbar. – Wenn eine in früheren Zeiten verdrängte Gefahrensituation aus dem unbewussten Bereich der Seele wieder ins Bewusstsein zurückgeholt und somit erkennbar gemacht werden kann. Wenn also deutlich wird, dass die Angst – auch die vor einem eingesperrten Raubtier beispielsweise – auf ein früheres Gefahrenerlebnis mit einem solchen zurückgeht und nunmehr schon der Anblick dieses Tieres, obwohl es in einem sicheren Käfig ist, den Betroffenen das frühere Ereignis in seiner Vorstellung neu durchleben lässt, – und wenn herausgefunden werden kann, dass das Wasser in einem Schwimmbecken einem Menschen die Angst deshalb in den Nacken treibt, weil es ihn daran erinnert, wie er in einer früheren Zeit nur mit Glück vor dem Ertrinken gerettet werden konnte, dann wird auch der Sinn dieser Angstreaktionen verstanden.

Diffuse und larvierte Angst

Wir fühlen uns mitunter seelisch wie auch körperlich unwohl, fühlen uns angespannt – spüren den gesamten Symptomkreis der Angst –, wissen aber nicht, woher dieses Gefühl kommt und wodurch es ausgelöst wurde.

Mit nicht erklärbaren Befindlichkeitsstörungen gehen wir im Normalfall recht salopp um. Wir akzeptieren z.B., dass trübes Wetter uns ins Grübeln bringen und niederdrücken kann. Und wir wissen, dass das Verhalten mancher Zeitgenossen unsere Gedanken mitunter negativ beeinflusst und damit auch unser Befinden. Andererseits wissen wir aber auch, dass ein plötzliches Angstgefühl wie von selbst wieder verschwinden kann, wenn wir uns irgendwann einer sinnvollen Beschäftigung zuwenden. Das ist gleichsam eine Eigentherapie. Denn mit der Konzentration auf konkrete, Erfolg versprechende Vorgänge können wir angstbesetzte Gedankeninhalte – bewusste wie unbewusste – aus unseren Gedankenbahnen vertreiben.

Viele Menschen sind allerdings nicht in der Lage, auf diese Weise mit Befindlichkeitsstörungen umzugehen. Angsterleben, das ohne eine aktuelle Bedrohung von unbewussten Gedanken ausgelöst wird, verläuft für sie anders. Sie erleben Angst als ein diffuses Gefühl: Es kommt aus dem Nichts, durchdringt scheinbar grundlos die Seele, ist nicht zuordenbar und wird vom Gefühl der Hilflosigkeit begleitet.

Die Situation der Betroffenen gleicht dem Kampf gegen den Ritter mit der Tarnkappe. Ebenso wie in jenem Gefecht der Gegner unsichtbar bleibt, ist in ihrer Realität der Grund des Angsterlebens nicht auszumachen. Jede Aktion scheint sinnlos. Und viele der Betroffenen fühlen sich dem Geschehen hilflos ausgeliefert. Hilflosigkeit aber ist ein Gefühl, das die Seele auf Dauer nicht ertragen kann. Die Betroffenen befinden sich in einer Situation, in der sie sich nicht mit einer identifizierbaren Gefahr auseinandersetzen können. Und so tun sie das in der Regel mit den seelischen und körperlichen Symptomen der Angst. Angst ist sodann in den Gedanken allgegenwärtig. Sie wird ständig erwartet. In letzter Konsequenz erscheint die Angst den Betroffenen so folgerichtig wie irrtümlich als die Bedrohung schlechthin. Sie haben Angst vor der Angst – und sitzen vor ihr wie das Kaninchen vor der Schlange.

Andere wiederum haben im Umgang mit der Angst eine scheinbar raffinierte Variante verinnerlicht: Sie verknüpfen das an sich nicht objektgebundene diffuse Angstgefühl mit beliebigen Objekten oder Alltagsereignissen. Mit diesen unbewussten Reaktionen ist es möglich, die Angst zu markieren. Ein unerklärbarer Angstzustand kann nun einem selbst wie auch Außenstehenden erklärbar gemacht werden. Und weil es unendlich viele Objekte und Situationen gibt, mit denen sich diffuse Angst verknüpfen lässt, kann diese nun in beliebig vielen Varianten erlebt werden. Angst hat nunmehr ein Gesicht. Die Betroffenen glauben jetzt zu wissen, wovor und warum sie Angst haben. Im Gegensatz zu diffus wahrgenommener Angst scheint die verknüpfte Angst jetzt nicht nur begründbar, sondern auch überschaubar, d.h. kontrollierbar zu sein. Vor allem aber scheint das Angsterleben nunmehr vermeidbar zu sein. Schließlich, so scheint es, können Situationen oder Objekte des Alltags – an die es gekoppelt ist – problemlos aus der Liste der Begehrlichkeiten gestrichen werden.

Egal woran Menschen die Angst koppeln – Möglichkeiten, die selbst erwählten Angstauslöser zu meiden,...

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