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E-Book

Online-Journalismus

Was man wissen und können muss. Das neue Lese- und Lernbuch

AutorHenning Noske
VerlagKlartext Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl292 Seiten
ISBN9783837515046
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Online-Journalismus. Das ist die Zukunft des Journalismus: Schreiben, Recherchieren, Präsentieren im Netz, auf Computer, Tablet und Smartphone. Zur eigenen Marke werden, in den Medien, aber auch in sozialen Netzwerken und mit Blogs. Doch wie geht das? Wie macht man es richtig? Was ist online anders? Dieses Buch führt auf Basis eines gründlichen journalistischen Handwerks in den Online-Journalismus ein. Seine hohe Praxisorientierung mit vielen Tipps und Arbeitsbeispielen macht es gleichermaßen für angehende oder etablierte Journalisten sowie für Schüler, Volontäre und Studenten interessant. Henning Noskes Lese- und Lernbuch über den Online-Journalismus ist für alle, die wissen wollen, wie es mit dem schönsten, vielseitigsten, manchmal aber auch härtesten Beruf der Welt jetzt weitergeht. Und was man wissen und können muss, um im Journalismus künftig zu bestehen. In seiner Tour d'horizon durch die wichtigsten Themen kommt auch der Spaß am Erzählen nicht zu kurz. Das Wichtigste: • Wie sich der Journalismus verändert und treu bleibt • Teaser, Cliffhanger und Co. - so schreibt man richtig für das Web 2.0 • Multimedia, Crossmedia, Storytelling, Mobile Reporting • Verantwortung und Qualität im Online-Journalismus • Recherche, Blogs und soziale Netzwerke • Die wichtigsten Ausbildungswege

Henning Noske, Jahrgang 1959, leitet die Stadtredaktion der Braunschweiger Zeitung. Er hat einen Lehrauftrag für Printjournalismus an der TU Braunschweig und wurde mit mehreren Journalistenpreisen ausgezeichnet. Von ihm ist in der Bibliothek des Journalismus (Klartext Verlag) bereits der Band 'Journalismus. Was man wissen und können muss' erschienen.

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Leseprobe

5 »To tease or not to be«


Hypertext


Beim Journalismus online, beim Publizieren im Netz, bewegen wir uns gewissermaßen im dreidimensionalen Raum. Unser Leser, der User, kann jederzeit abschweifen, zurückgehen, wegwischen, einen Link nutzen, wegklicken, herunterscrollen. Schlicht gesagt: Er oder sie kann machen, was er will.

Dies hat erhebliche Konsequenzen für den Journalismus. Viel mehr als in der gedruckten Zeitung kommt es online darauf an, in jedem Moment, buchstäblich in jeder Sekunde klarzumachen, dass es wichtig ist, jetzt am Ball zu bleiben.

Im Print hat der Leser die Möglichkeit, schnell einen Eindruck zu scannen. Wie groß ist der Beitrag? Wie ist die Hierarchie auf der Seite angeordnet? Und vor allem: Wie viel Zeit wird erforderlich sein, dies alles zu bewältigen? Wir wollen uns deshalb den Werkzeugen zuwenden, die der Online-Journalist benötigt, um seinem Leser im Netz klarzumachen, warum er gerade jetzt hier richtig ist und am Ball bleiben sollte. Dies sind die strategischen Werkzeuge, die dieses erleichtern.

Der Teaser


Das wichtigste Werkzeug ist der Teaser in Verbindung mit der Überschrift. Häufig werden Teaser und Überschrift als eigene Genres behandelt. Ich werde jedoch im Folgenden ganz bewusst den Teaser gemeinsam mit der Überschrift behandeln. Denn beide kann man nicht trennen. Im besten Falle funktioniert eine Überschrift als Teaser – und ein Teaser als Überschrift.

Idealerweise wiederholen sich in Überschrift und Teaser die Schlüsselbegriffe und Reizwörter nicht. Sie bauen vielmehr aufeinander auf, bilden eine Einheit, die zum Weiterlesen anreizt. Doch eine Wiederholung ist nicht das Problem. Problematischer ist es, wenn Schlüsselbegriffe eines Beitrags weder in der Überschrift noch im Teaser auftauchen.

»Teasen« – das bedeutet in der Hauptsache Reizen. Inzwischen können Lehrbücher allein über Teaser geschrieben werden. Es gibt sie in den unterschiedlichsten Formen und Variationen. Deshalb wollen wir uns jetzt mit den wichtigsten Strukturen und Funktionen des Teasers beschäftigen und vor allem fragen: Wie schreibt man ihn richtig?

Schreiben online – Meine Teaser-Werkstatt


Was unterscheidet den Teaser eigentlich von der klassischen Nachricht? Zunächst einmal nicht viel. Wie diese orientiert sich auch der Teaser ganz schlicht am Wichtigsten. Und dies sind die W-Fragen. Was passiert? Wer tut es? Wo ist es geschehen? Wann ist es geschehen? Warum ist es geschehen?

Die Funktion des Teasers ist jedoch nicht nur eine inhaltliche, sondern in ganz entscheidender Weise auch eine optische, orientierende. Letztlich eine Entscheidungshilfe. Der Online-Leser ist, wie gesehen, ein flüchtiger Kunde. Mit der Qualität eines Teasers entscheidet sich, ob er bei uns bleibt. Besser gesagt: ob er oder sie sich für unseren Beitrag entscheidet. Das ist der entscheidende Unterschied. Im Print reichen ein Blick oder eine Drehung des Kopfes. Online ist der bewusste Klick erforderlich.

Ein Teaser ist extrem kurz. Die Überschrift hat sechs bis zehn Wörter. Es folgen zwei oder maximal drei Sätze.

Das muss reichen. Um den ultimativen Klick, um den es geht, zu generieren, muss der Teaser funktionieren. Die Spannbreite reicht dabei von einer gut gemachten Schlagzeile über eine aussagekräftige Unter- oder Vorzeile bis hin zu einem möglichst kompakten, eingängigen Kurz-Text, den man im Print vielleicht als Vorspann bezeichnen würde. Die Länge des Teasers ist dabei von Fall zu Fall und von Redaktionssystem zu Redaktionssystem unterschiedlich, aber klar ist immer: Ein Teaser ist wie ein Lasso, knackig kurz, es knallt und fesselt! Diese Regel gilt immer.

In Content-Management-Systemen der Redaktionen gibt es zudem feste Vorgaben für Teaser. Reporter und Redakteure schreiben sie bis zu der vorgeschriebenen Anzahl von Wörtern oder Anschlägen in die vorgegebenen Boxen. Das ist komfortabel, befreit aber nicht von der Verpflichtung, sich intensiv mit dem Teaser-Schreiben auseinanderzusetzen. Es ist und bleibt der Schlüssel, online gelesen zu werden.

Es geht also um nicht mehr und nicht weniger als die Ankündigung einer großen Sache. Wenn wir davon nicht überzeugt sind, brauchen wir nicht anzufangen und lassen es bleiben. Das ist die ganze Philosophie des Teasers. Wer weder von sich noch von seiner Geschichte überzeugt ist, wer sie also nur halbherzig betreibt, kann auch nicht stark teasern. Sonst ist er ein Betrüger. Oder droht einer zu werden. (Oder er will sogar einer sein. Aber davon später mehr beim Thema Cliffhanger und Clickbaiting.)

Die Schlagwörter und Schlüsselbegriffe


Zunächst ist es wichtig, die Schlagwörter und Schlüsselbegriffe der eigenen Story bestens zu kennen. Dies ist auch im normalen redaktionellen Alltag, in welchem Zusammenhang auch immer, eine entscheidende Tugend. Wer die eigene Geschichte nicht auf den Punkt bringen kann, scheitert. Er kann sie in der Konferenz nicht vertreten, durchsetzen oder verteidigen. Er kann sie als Volontär oder freier Mitarbeiter in der Redaktion nicht unterbringen.

Auch in der gedruckten Zeitung wird ein Beitrag schwach bleiben, wenn der Autor nicht in der Lage ist, seine zentrale Aussage, sein Anliegen und seine Stärke in einer starken Formel zusammenzufassen. Diese Verkaufsformel ist letztlich nichts anderes als der Teaser. Und für ihn muss man die drei wichtigsten Begriffe seiner Story identifizieren, kennen und attraktiv in die kürzeste Form verpacken.

Ein Beispiel aus dem lokalen Bereich


Wir haben den Bericht oder die Reportage aus unserer Stadt über eine örtliche islam-kritische Pegida-Demonstration. Diese hat für hohe Wellen gesorgt, Befürworter und Gegner haben mehrere Demonstrationszüge angemeldet. Im Verlauf ist es dann tatsächlich zu Auseinandersetzungen zwischen Gegnern und Befürwortern, sogar zu vereinzelten Handgreiflichkeiten gekommen, die Polizei musste eingreifen. 20 Menschen wurden verletzt, einer schwer.

Aber am Ende haben Tausende dann doch friedlich demonstriert. Symbolisch schalteten Stadt und Kirche das Licht des Domes in der Stadt aus. Der Ministerpräsident forderte in seiner Ansprache, es müsse auch einen gesetzlichen Feiertag für Muslime geben. Der Islam gehöre zu uns. Der Oberbürgermeister der Großstadt kündigte an, sie wolle künftig um die Aufnahme von mehr Flüchtlingen und Einwanderern werben. Dies sei ein wichtiges Signal: Einerseits unterstreiche es die Weltoffenheit der Stadt, andererseits könne man die Menschen gut gebrauchen, denn in wichtigen Branchen fehlten bereits Arbeitskräfte, vor allem jüngere Menschen.

Bei dieser Passage gab es Pfiffe auf der Seite der Pegida-Anhänger, die sich bestätigt fühlten. Sie wurden vom starken Beifall der zahlenmäßig weit überlegenen Gegendemonstranten übertönt.

Schlagwörter und Schlüsselbegriffe, die sofort und sichtbar in der Überschrift und im Teaser vorkommen müssen, sind in dieser (in Teilen konstruierten) Geschichte zum Beispiel:

der Name der Stadt, des Ortes (z. B. Dresden oder Braunschweig)

Pegida, Antifa etc.

Gewalt, Krawall etc.

Hohe Teilnehmerzahl 20 000

Islamfeindlich

Friedlich

Politischer Vorstoß

Streit-Thema

Der Teaser muss um folgende Reiz-Kerne gebildet werden:

Prominente Namen (Ministerpräsident, Oberbürgermeister)

Feiertag für Muslime

Zuwanderungs-Stadt

Demonstrationsrecht

Zusammenstöße

Polizeieinsatz

Und jetzt kann die Kombinationsmaschine starten:

Beispiel 1


Pegida-Demo endet mit Gewalt.

Die Polizei muss bei schweren Krawallen in Dresden einschreiten. Es hatte friedlich begonnen: Ministerpräsident Müller forderte einen Feiertag für Muslime.

Beispiel 2


20 000 wollen Pegida nicht.

Dresden erlebt die bislang größte Demonstration gegen Islamfeindlichkeit. Oberbürgermeister Müller sagt: Flüchtlinge sollen in unsere Stadt kommen, wir brauchen sie.

Beispiel 3


Müller fordert Feiertag für Muslime.

Der Ministerpräsident startet in Dresden einen Vorstoß, über den heftig diskutiert werden wird. Doch auch das gab es: Verletzte nach der Pegida-Demonstration.

Was gar nicht geht, sind Zeile und Teaser nach dieser Melodie


Mein Freund, der Ausländer. Das weiche Wasser bricht den Stein. Gegen die unerträgliche Leichtigkeit des Wutbürger-Seins hilft die Klasse der Masse, die unmissverständlich und mit großem Nachdruck klarmacht, dass Weltoffenheit und Toleranz ...

Feuilletonistische Überschriften und Teaser funktionieren im Online-Journalismus nicht. Wir gewinnen den Leser nicht.

Noch ein Beispiel für ein »no go«


Angekommen im ostdeutschen Flachland. Erst war er der Fahrer von Kurt Schumacher, dann trug er die Tasche von Herbert Wehner, aber jetzt ist Stadt-Chef Müller mitten drin im real existierenden Gefühlsstau der Verängstigten und Entrechteten ...

Warum? Ist doch gut geschrieben


Aber: Weil die Schlüssel- und Reizwörter fehlen, dauert es zu lange, bis der Leser identifizieren kann, worum es hier eigentlich geht. Ohnehin müssen wir davon ausgehen, dass er oder sie...

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