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E-Book

Patient im Recht

AutorGerald Bachinger, Katharina Leitner, Maria Kletecka-Pulker
VerlagMANZ Verlag Wien
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl254 Seiten
ISBN9783214137403
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Der Besuch beim Arzt oder in der Krankenanstalt ist oftmals geprägt von Unsicherheit.
- Welche Rechte habe ich als Patient?
- Wer entscheidet für mich, wenn ich nicht mehr kann?
- Habe ich ein Recht auf Kopie meiner Krankengeschichte?
- Muss ich mein Kind in der Schule impfen lassen?
Der Gesetzgeber hat eine Reihe von Regelungen für die unterschiedlichsten medizinischen Bereiche getroffen und räumt dem Patienten neben zahlreichen Rechten auch bestimmte Pflichten ein.
Dieser Ratgeber bietet eine Übersicht dieser Regelungen und beantwortet anhand von Fallbeispielen und mit praktischen Tipps alle Fragen rund um Rechte und Pflichten des Patienten.

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Leseprobe

XIV.   Besondere rechtliche Fragen zu Schwangerschaft und Geburt

Rund um Schwangerschaft und Geburt ergeben sich zahlreiche medizinrechtliche Fragen. Von besonderem Interesse sind rechtliche Fragen vor allem im Zusammenhang mit medizinisch unterstützter Fortpflanzung und damit zusammenhängenden Untersuchungen des Kindes (Präimplantationsdiagnostik PID) sowie Untersuchungen des Ungeborenen während der Schwangerschaft (Pränatale Diagnostik PND). Auch Fragen hinsichtlich eines Schwangerschaftsabbruches sind Gegenstand der folgenden Ausführungen.

A.   Medizinisch unterstützte Fortpflanzung

Vielen Paaren bleibt der Wunsch, Kinder auf natürlichem Weg zu bekommen, verwehrt. Eine Möglichkeit, sich den Kinderwunsch dennoch zu erfüllen, ist die medizinisch unterstützte Fortpflanzung. Darunter wird die Anwendung medizinischer Methoden zur Herbeiführung einer Schwangerschaft auf andere Weise als durch Geschlechtsverkehr verstanden.

Die Medizin bietet unterschiedliche Methoden der medizinisch unterstützten Fortpflanzung:

•   Das Einbringen von Samen in die Geschlechtsorgane der Frau,

•   die Vereinigung von Eizellen mit Samenzellen außerhalb des Körpers der Frau (sogenannte In-vitro-Fertilisation IVF),

•   das Einbringen von entwicklungsfähigen Zellen in die Gebärmutter oder den Eileiter einer Frau,

•   das Einbringen von Eizellen oder von Eizellen mit Samen in die Gebärmutter oder den Eileiter einer Frau.

Wann und wer jedoch eine solche Methode in Anspruch nehmen darf, ist rechtlich in Österreich streng geregelt. Die wichtigsten Bestimmungen dazu finden sich im Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG).

1.   Wer darf eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung in Anspruch nehmen?

Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist nur in einer Ehe, in einer eingetragenen Partnerschaft oder in einer Lebensgemeinschaft zulässig.

Außerdem ist Voraussetzung, dass

•   nach dem Stand der Wissenschaft und Erfahrung alle anderen möglichen und den Ehegatten oder Lebensgefährten zumutbaren Behandlungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft durch Geschlechtsverkehr erfolglos waren oder aussichtslos sind oder

•   Geschlechtsverkehr zur Herbeiführung einer Schwangerschaft den Ehegatten oder Lebensgefährten wegen der ernsten Gefahr der Übertragung einer schweren Infektionskrankheit auf Dauer nicht zumutbar ist oder

•   eine Schwangerschaft bei einer von zwei miteinander in eingetragener Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft lebenden Frauen herbeigeführt werden soll oder

•   eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung vorgenommen werden muss, um eine (in engem Rahmen) zulässige Präimplantationsdiagnostik durchzuführen.

Stehen mehrere aussichtsreiche und zumutbare Methoden zur Auswahl, darf zunächst nur diejenige angewendet werden, die mit geringeren gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Gefahren für die beteiligten Personen verbunden ist und bei der weniger entwicklungsfähige Zellen entstehen.

Das bedeutet, dass eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung der „letzte Ausweg“ sein muss. Dies kann entweder deshalb sein, weil eine Schwangerschaft auf natürlichem Weg erfolglos ist, weil durch den Geschlechtsverkehr eine Ansteckungsgefahr besteht (z.B. HIV) oder weil zwei homosexuelle Frauen einen Kinderwusch haben. Die Schwangerschaft darf zudem dann künstlich herbeigeführt werden, wenn es notwendig ist, dass eine spezielle medizinische Untersuchung an der befruchteten Eizelle „im Reagenzglas“ erfolgt. Diese sogenannte Präimplantationsdiagnostik wird weiter unten noch näher behandelt.

Alleinstehende Frauen dürfen somit die medizinisch unterstützte Fortpflanzung nicht in Anspruch nehmen.

2.   Wessen Eizellen oder Samenzellen dürfen für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung verwendet werden?

Grundsätzlich dürfen für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung nur die Eizellen und der Samen der Ehegatten, eingetragenen Partner oder Lebensgefährten verwendet werden. Nur, wenn eine dieser Personen nicht fortpflanzungsfähig ist oder bei einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung von zwei homosexuellen Frauen, dürfen Eizellen oder Samen von dritten Personen verwendet werden.

Beispiel

A und B möchten gerne ein Kind. Es stellt sich jedoch heraus, dass die Eizellen von A nicht für die Herbeiführung einer Schwangerschaft geeignet sind. A und B wenden sich daher an eine Krankenanstalt, die medizinisch unterstützte Fortpflanzungen durchführen darf. Die Spenderin S stellt ihre Eizelle zur Verfügung und A und B können auf diesem Weg ein Kind bekommen.

3.   Wer darf Eizellen oder Samen spenden?

Es dürfen nur Personen Eizellen oder Samen spenden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, einsichts- und urteilsfähig sind und der Verwendung der Samen und Eizellen schriftlich zugestimmt haben. Personen, die Eizellen spenden, dürfen nicht älter als 30 Jahre sein.

Außerdem dürfen Spender ihre Samen oder Eizellen stets nur bei derselben Krankenanstalt spenden. Man darf also nicht in mehreren Krankenanstalten Spender sein.

4.   Darf der Spender Geld für seine Samenzellen oder Eizellen verlangen?

Nein, die Überlassung von Samen oder Eizellen darf nicht Gegenstand eines entgeltlichen Rechtsgeschäftes sein. Personen, die spenden, dürfen also keinen Gewinn machen. Allerdings ist es erlaubt, ihnen ihre Aufwendungen zu ersetzen. Die Kosten für die Anfahrt zur Krankenanstalt, den Verdienstentgang aufgrund des Aufenthaltes in der Krankenanstalt oder ähnliche entstandene Kosten dürfen ersetzt werden.

Beispiel

A und B möchten ein Kind. A hat jedoch selbst keine Eizellen. S erklärt sich daher bereit, Eizellen zu spenden. Dafür muss sie extra mehrmals nach Wien anreisen. Um die Eizellen zu gewinnen ist eine Hormonbehandlung nötig, wodurch S mehrere Wochen nicht arbeiten kann. Diese entstandenen Kosten dürfen S ersetzt werden. Vereinbaren A und B mit S jedoch, dass sie ihr € 15.000,– geben, wenn S ihre Eizellen spendet, so wäre dies nicht erlaubt.

Auch die Vermittlung von Spendern und die Werbung für das Spenden von Eizellen oder Samen sind verboten.

5.   Wer muss bei einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung aufgeklärt werden?

Der Arzt muss die Ehegatten, eingetragenen Partner oder Lebensgefährten sowie eine allfällige dritte Person, die Eizellen spendet, aufklären.

Die Aufklärung hat spätestens 14 Tage vor der medizinisch unterstützten Fortpflanzung zu erfolgen.

6.   Worüber ist aufzuklären?

Die Aufklärung hat in einer für medizinische Laien verständlichen Sprache zu erfolgen und muss jedenfalls folgende Punkte beinhalten:

•   Die verschiedenen Ursachen der Unfruchtbarkeit;

•   die Methode, deren Erfolgsaussichten und Unsicherheiten sowie die Tragweite des Eingriffs;

•   die möglichen Folgen und Gefahren der Behandlung für die Frau und das gewünschte Kind;

•   die im Rahmen des Eingriffs angewendeten Medizinprodukte und Arzneimittel sowie deren Nebenwirkungen;

•   die mit dem Eingriff verbundenen Unannehmlichkeiten und möglichen Komplikationen;

•   die allenfalls erforderlichen Nachbehandlungen und möglichen Spätfolgen, insbesondere die Auswirkungen auf die Fertilität der Frau und

•   die mit dem Eingriff zusammenhängenden Kosten einschließlich zu erwartender Folgekosten.

Auf diese ärztliche Aufklärung kann nicht wirksam verzichtet werden.

Zudem muss der Arzt den beteiligten Personen eine psychologische Beratung oder psychotherapeutische Betreuung vorschlagen.

7.   Wer muss in die medizinisch unterstützte Fortpflanzung einwilligen?

Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung darf nur mit Zustimmung der Ehegatten, eingetragenen Partner oder Lebensgefährten durchgeführt werden. Bei Lebensgefährten, oder wenn der Samen oder die Eizellen einer dritten Person verwendet werden, gelten strengere Formerfordernisse. In diesen Fällen muss die Zustimmung in Form eines...

Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Patient im Recht1
Die Autoren6
I. Einleitung – Wozu dient dieser Ratgeber?12
II. Das Behandlungsverhältnis14
III. Patientenrechte und Patientenpflichten18
IV. Recht auf Selbstbestimmung24
V. Instrumente zur Selbstbestimmung (Vorsorgemaßnahmen)35
A. Patientenverfügung35
B. Vorsorgevollmacht in Gesundheits­angelegenheiten52
VI. Nicht einwilligungsfähige Patienten ohne Vorsorgemaßnahmen62
A. Sachwalterrecht62
B. Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger72
C. Wer entscheidet nun wann? (Übersicht)75
VII. Recht auf Aufklärung77
VIII. Recht auf Verschwiegenheit88
IX. Recht auf Dokumentation99
X. Die Elektronische Gesundheitsakte (ELGA)103
XI. Recht auf Achtung der Würde und Integrität110
XII. Recht auf Behandlung und Pflege114
XIII. Pflegende Angehörige117
XIV. Besondere rechtliche Fragen zu Schwangerschaft und Geburt123
A. Medizinisch unterstützte Fortpflanzung123
B. Präimplantationsdiagnostik (PID)130
C. Pränatale Diagnostik (PND)132
D. Schwangerschaftsabbruch135
E. Geburt141
XV. Impfen143
XVI. Unterbringung147
XVII. Heimaufenthaltsrecht160
XVIII. Organtransplantation169
XIX. Genetische Analysen zu medizinischen Zwecken176
XX. Forschung179
XXI. Ästhetische Operationen184
XXII. Piercen und Tätowieren196
XXIII. Recht auf Unterstützung durch die Patientenanwaltschaften202
XXIV. Haftung für Fehlverhalten205
XXV. Die Patienten-Entschädigungsfonds208
A. Gemeinsamkeiten aller Fonds210
B. Beispiel: Der NÖ Patienten-Entschädigungsfonds210
XXVI. Patientensicherheit212
XXVIII. Selbsthilfegruppen220
Serviceteil222
A. 10 Tipps für Ihre Sicherheit222
B. Folder: Sicher ist sicher224
C. Zuständigkeiten der Patientenanwaltschaften228
D. Adressen der Patientenanwaltschaften229
E. Adressen Dachverbände der Selbsthilfegruppen232
F. Weiterfu¨hrende Literatur und Gesetze (Auswahl)235
G. Ihre Checkliste fu¨r den Krankenhausaufenthalt238
H. Ihre Checkliste fu¨r den Arztbesuch239
I. Patientencharta241

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