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Rom und das Partherreich von der Zeit des Pompeius bis zum Beginn des Prinzipats

AutorBianca Müller
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl81 Seiten
ISBN9783640803644
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Geschichte - Weltgeschichte - Frühgeschichte, Antike, Note: 1,0, Bergische Universität Wuppertal, Sprache: Deutsch, Abstract: 1. Einleitung In dem facettenreichen Komplex der antiken Auseinandersetzungen zwischen Okzident und Orient nimmt das Verhältnis Roms zu den Parthern von der Zeit des Pompeius bis zum Beginn des Prinzipats zwar eine historisch bedeutsame Stellung ein, wird jedoch bis heute im forschungswissenschaftlichen Diskurs nicht gebührend systematisch thematisiert. Einer der Gründe dafür ist das langjährige Forschungsdesiderat hinsichtlich des parthischen Reiches selbst, welches ? abgesehen von zusammenfassenden Darstellungen älteren Datums ? erst 1996 dank der Veröffentlichung der Akten des Kolloquiums von Eutin, welche Untersuchungen basierend auf archäologischen, epigraphischen und numismatischen Neufunden beinhalten, eine Minderung erfahren hat. Im Hinblick auf die römisch-parthischen Beziehungen bezeugt die diesjährige Veröffentlichung 'Rome's wars in Parthia' von Rose Mary Sheldon das forschungswissenschaftliche Interesse insbesondere an den militärischen Sequenzen des zwischenstaatlichen Aufeinandertreffens. Sheldon thematisiert dem aktuellen Forschungsstand entsprechend die römischen Feldzüge in das Partherreich in der Zeit von der ausgehenden römischen Republik bis zum Einsetzen der Spätantike und stellt damit das englischsprachige Pendant zu Adolf Günthers wesentlich älteren Veröffentlichung 'Beiträge zur Geschichte der Kriege zwischen Römern und Parthern' dar.

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Leseprobe

3.  Das Imperium Parthicum


 


Eine Darstellung, die der altpersischen Dynastie und ihrer Bedeutung in der Antike gerecht wird, zeugt aufgrund der unzulänglichen Quellenlage und den wenigen Ausgrabungsfunden, wie bereits im vorangegangenen Kapitel angedeutet, von ungeheurer Schwierigkeit. Trotzdem erfährt die Entstehungs-geschichte und die imperiale Ausbreitung des Partherreiches eine Erörterung. Dadurch wird aufgezeigt, dass der zügige Aufstieg einstiger Nomaden zur Etablierung eines ernstzunehmenden Imperiums im Orient führte, welches ein politisches Gegengewicht zum Imperium Romanum darstellte. Demzufolge würde eine Unkenntnis der im Folgenden erarbeiteten Informationen dazu führen, die römischen-parthischen Beziehungen im Hauptteil dieser Arbeit nicht ausgewogen bewerten zu können.   

 

3.1  Überblick über die Entstehung und des Aufstiegs des Parther-reiches bis zum ersten römisch-parthischen Kontakt


 


Bevor eine summarische geopolitische Retroperspektive der Entstehung des Imperium Parthicum erfolgen kann, bedarf es zunächst einer begrifflichen Erläuterung. Diese ist notwendig, da sich in den römisch-griechischen Quellen verschiedene Bezeichnungen bezüglich des Partherreiches finden lassen. Die griechischen Autoren bezeichnen den Herrschaftsbereich der Parther als Parthyaia, die Landschaft hingegen als Parthyene. In den römischen Quellen wird Parthia als Bezeichnung für Parthien verwendet.[27] Es ist zu beachten, dass die eigentlichen Parther ausschließlich der einstigen achämenidischen Satrapie, also dem höchsten Verwaltungsbezirk Parthava im nordöstlichen modernen Iran entstammen.[28] So schreibt Dio, dass die Parther ursprünglich „nur einen bescheidenen Landesteil“ bewohnten und „über ihre Grenzen hinaus keine Herrschaft“[29] ausübten. Weiterhin berichtet er von dem einsetzenden Kampf der Generäle des Makedonenkönigs Alexander III., die sogenannten Diadochen, nach seinem Tod im Jahr 323 v. Chr. Folglich begann sein erobertes Riesenreich, welches das Achaimenidenreich beinhaltete, zu zer-fallen. Das Ende dieser Diadochenkämpfe fällt in das Jahr 281 v. Chr. und hatte die Ausbildung drei großer Monarchien zur Folge: die über Makedonien herrschenden Antigonidische, die Ptolemaieische, welche ihre Herrschaft über Ägypten ausübte, und die in Vorderasien herrschende Seleukidische. [30]

 

Das Seleukidenreich sah sich in einer seiner Grenzprovinzen bald mit Gefahren von außen konfrontiert. Bedeutend für die hier verfolgte Darstellung ist an dieser Stelle lediglich die Erwähnung der Invasion des nomadischen Reiter-volks der Parner, ein Teilstamm der Skythen.[31] Unter der Anführung des Arsakes fielen die parnischen Eindringlinge, ein Teilstamm der Skythen in die zum Seleukidenreich gehörende Satrapie Parthava, östlich des Kaspischen Meeres gelegen, ein und eroberten sie.[32] Damit nutzte Arsakes, der Begründer und Namensgeber der Arsakidendynastie, die günstige Gelegenheit der misslungenen Ostpolitik des Seleukidenreiches und eroberte innerhalb von 15 Jahren, höchstwahrscheinlich zwischen 250 und 235 v. Chr., einen Großteil der iranischen Besitzungen von den Seleukiden.[33] Darunter fallen neben der Kernprovinz Parthyene, nördlich an die Ausläufer des Kopet-Dag-Gebirges grenzend, die Astauene, also das nördliche Atrektal und das südlich angrenzende Hyrkanien. Strabon zufolge

 

 

waren er [Arsakes] selber sowohl als seine Nachfolger schwach wegen der Kriege die sie ständig gegen die ihres Landes Beraubten zu führen hatten; dann aber wurden sie dadurch daß sie dank ihrer Erfolge in den Kriegen sich das jeweils benachbarte Land nahmen so stark daß sie schließlich Herr über das ganze Gebiet diesseits des Euphrats wurden. Sie nahmen sich auch einen Teil der Baktriane.[34]

 

Der griechische Geschichtsschreiber fasst damit grob die Eroberungsfeldzüge des Arsakes I., seiner Nachfolger und die Begründung des parthischen Großreichs unter dem Arsakidenkönig Mithridates I. im folgenden Jahrhundert zusammen.

 

Zum parthischen Reich gehörten derzeit somit die Provinzen Apavarkatikene, östlich an Parthyene anschließend, das südlich des Kaspischen Meeres gelegene und im Süden an die Wüste Dascht-e Lut grenzende Komisene und Choarene. Des Weiteren zählten nun auch im Osten des Imperiums Teile des graeco-baktrischen Reiches zu den parthischen Besitzungen. Als Königssitz und Hauptstadt der Parther[35] nennt Strabon Hekatompylos[36], welches höchstwahrscheinlich südöstlich des Kaspischen Meeres bei dem iranischen Damghan zu lokalisieren ist.[37]

 

Mithridates I., der in Anknüpfung an die altpersische Tradition um 145 v. Chr. den Titel „König der Könige“ annahm, gelang es, das parthische Machtgebiet nicht zuletzt aufgrund des fortschreitenden Untergangs der hellenistischen Seleukidendynastie weiter auszubauen. Unter seiner Herrschaft erfolgte die Eroberung Mesopotamiens im westlichen Iran. Nach der erfolgreichen Einnahme der größten Stadt des Landes, des am Tigris gelegene Seleukia, gelang es den Parthern weiter südlich in Babylonien einzudringen.[38] Die Eroberungen im Westen wurden abgerundet durch die Annexion der Gebiete Elymais und Persis.[39]

 

Um 139 v. Chr. verstarb Mithridates I. und hinterließ ein Imperium, das zu einer Weltmacht erwachsen war. Doch die Regierungszeiten der folgenden Könige waren geprägt von militärischen Rückschlägen an der Ost- und Westgrenze des Reiches.[40] Die Vorkommnisse bedürfen an dieser Stelle keiner näheren Betrachtung, da bereits unter Mithridates II. das Partherreich dank der Eroberungen Nordmesopotamiens, der Osrhoene, der Gordyene und der Adiabene eine Restauration seiner Großmachtstellung und sogar seine größte Ausdehnung erfuhr. Mit der Eroberung von Dura-Europos ist dem Parther-könig auch der erstmalige Vorstoß nach Syrien und damit über die Euphratgrenze gelungen.[41] Mit diesem Vorstoß wird deutlich, dass die parthische Westpolitik die Zielsetzung beinhaltete Syrien zu erobern und damit Zutritt zum Mittelmeer zu erhalten. Diese These deckt sich mit Wolskis Auffassung[42] und findet in Justins Erläuterungen Bestätigung[43]. Als weiterer Beleg für die expansionistischen Absichten der Parther gen Westen kann die Verlegung des Königssitzes nach Ktesiphon betrachtet werden, die dazu diente, von Mesopotamien aus Entwicklungen an der Westgrenze besser beobachten zu können.[44]

 

Das letze Drittel der Regierungszeit von Mithridates II. ist gekennzeichnet von der ersten Einflussnahme der Parther in Armenien[45]. Bedingt durch das parthische Eingreifen in Armenien trafen erstmals parthische und römische Interessenssphären aufeinander, so dass für die Folgezeit ein Krisenherd geschaffen war, der insbesondere in der römischen Kaiserzeit für politisch-militärische Auseinandersetzungen zwischen Parthern und Römern sorgen sollte. Doch zunächst schien die neu etablierte Arsakidendynastie für die Römer einem unbekannten politischen Faktor gleichzukommen. Jedenfalls lassen sich nur so die Begebenheiten des ersten offiziellen Kontaktes zwischen den Repräsentanten des Impericum Parthicum und des Imperium Romanum erklären, welche in Kapitel 4 näher betrachtet werden.

 

Strukturell und verfassungsrechtlich stellte das Partherreich ein uneinheitliches Gebilde dar. So waren manche Einrichtungen anhand des Vorbilds hellenis-tischer Monarchien geschaffen worden, andere folgten der Tradition des Achaimenidenreiches. Als Staatsoberhaupt fungierte der Großkönig, welcher der Familie der Arsakiden entstammen musste[46] und nach dem Begründer der Dynastie den Thronnamen Arsakes führte.[47] Die Sukzessionsordnung sah anfänglich vor, dass der älteste der königlichen Söhne nach „Stammes-brauch“[48] Anspruch auf die Thronfolge hatte, die polit-historische Wirklichkeit gestaltete sich jedoch bereits im 2. Jahrhundert v. Chr. abweichend. So folgte auf den Arsakidenkönig Phraates I. sein Bruder Mithridates I. obwohl gleich mehrere Söhne das politische Erbe hätten antreten können.[49] Folglich lässt sich festhalten, dass die Nachfolgeregelung ähnlich wie in hellenistischen Monarchien vom jeweiligen König getroffen wurde.[50]

 

Hinsichtlich des gesamtstrukturellen staatlichen Aufbaus belegt Widengren in einem umfassenden systematischen Vergleich der klassischen Autoren mit den orientalischen Quellen, insbesondere den iranischen und armenischen Funden, eine feudalistisch geprägte Organisationsstruktur.[51] Basierend auf seinen Erkenntnissen kann Zieglers älterer Auffassung, welche offenbar die orientalische Quellenlage außer Acht lässt und beinhaltet, dass typische feudalrechtliche Charakteristika über Jahrhunderte hinweg evolvierten und erst auf die parthische Spätzeit zutreffen, nicht zugestimmt werden.[52]

 

Das parthische Reich lässt sich als...

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